50. Amts-

und Anzeigeblalt für den Aezirk Halm. 79. Jahrgang

SrscheinungStage! Dienstag, Donnerstag, SarnS- lag, »onntag. JnsertionSpreiS 10 Psg. pro Zeile für Stadt SezkkSorte; außer Bezirk 11 Psg.

Dienstag, den 29. Mar; 1904.

AbonnementSpr. in d. Stadt pr. Viertelt. Mk. 1.10 tncl. DrLgerl Bierteljührl. PostbezugSpreiS ohne vestellg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortSverlehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Psg.

Amtliche Aekarmtmachrmgen.

Die Maul- und Klauenseuche ist in Bondorf und Altingen, Oberamts Herren­berg, erloschen.

Calw, 25. März 1904.

K. Oberamt. Amtmann Ripp mann.

Bekanntmachung,

betr. die Ausstellung von Jagdkarte«.

Diejenigen, welche Jagdkarten für das Jahr 1904/05 zu erhalten wünschen, werden darauf auf­merksam gemacht, daß das Oberamt nur solchen Personen Jagdkarten auszustellen befugt ist, welche sich über das Nichtvorliegen der in Art. 8 und 9 des Jagdgesetzes vom 27. Oktober 1855 aufgeführten Gründe zur Versagung von Jagdkarten durch ein Zeugnis des zuständigen LchultheitzenarntS auswetsen.

Insbesondere gewährt der Besitz einer Jagd­karte für das Vorjahr keinerlei Anspruch auf die Verabfolgung einer neuen Karte.

Die Schultheitzenämter wollen die bei ihnen etngereichten Gesuche sofort mit dem hienach erforderlichen Zeugnis versehen hierher vorlegen und bei der Ausstellung der Zeugnisse eine gewissenhafte Prüfung der einschlägigen Verhältnisse der Gesuch­steller obwalten lassen.

Calw, 26. März 1904.

K. Oberamt.

Amtm. Rippmann.

An die Schultheißenämter und Fleischbeschauer.

Denjenigen Schultheißenämtern, in deren Gemeinden sich ein Fletschbeschauer befindet, gingen mit der Post 2 hektographierte Formulare zu einer

Statistik üver di- Fleischbeschau für den Zeit­raum vom t. April bis 3t. Dezember 1903

mit dem Auftrag zu, die Fletschbeschauer zur pünkt­lichen Ausfüllung dieser Formulare zu veranlassen. Ein Exemplar soll als Konzept für den Fleisch­beschauer dienen, das andere binnen 10 Tagen dem Oberamt als portopflichtige Dienstsache vor­gelegt werden.

Zugleich ist das Tagbuch des Fleischbeschauers über den genannten Zeitraum abgeschlossen, einzu­senden.

Calw, 26. März 1904.

K. Oberamt.

Amtm. Rippmann.

Tagesneuigkeiten.

fAmtliches aus dem Staatsauzeiger.j Se. Maj. der König haben allergnädigst geruht, den Eisenbahnpraktikanten Strudle zum Eisen- bahnasststenten in Calw zu ernennen.

Die 1. Schulstelle in Deckenpfronn wurde dem Schullehrer Eisenhart in Maichingen übertragen.

Wildberg, 25. März. Auf den heutigen Jahrmarkt waren zugeführt: 7 Paar Stiere, 39 Kühe, 11 Kalbiunen, 49 St. Schmalvieh, 170 Läufer, 450 Milchschweine. Verkauft wurden 4 Paar Stiere, zu 400540 10 Kühe zu 210438

4 Kalbinnen zu 250300 14 St. Schmalvieh

zu 90170 100 Läufer zu 4080 400

Mtlchschweine zu 2030 Handel etwas gedrückt.

Stuttgart, 26. März. (Schwurgericht.) Angellagt zweier Verbrechen des versuchten Tot­schlags war heute der 20jährige Kaufmann Wil­helm Gottlob Buck von hier. Die Anklage vertrat Oberstaatsanwalt v. Herrschner. Die Verteidigung war Rechtsanwalt vr. Wilszcwsky übertragen. Zur Verhandlung waren 13 Zeugen und als Sach­verständige Medizinalrat vr. Köstlin und Assistenz­arzt im Katharinenhospital vr. Schmidt geladen. Der Angeklagte feuerte am Samstag, den 16. Januar d. Js., morgens 4 Uhr, auf dem alten Postplatz vor dem Cafö Menz hier aus seinem mit 4 scharfen Schüssen geladenen Revolver 2 Schüsse auf einen ledigen Kaufmann von Giengen und einen dritten auf einen andern ledigen Kaufmann von hier ab, wie die Anklage annahm, um sie zu töten, und verletzte elfteren am Brustbein, so daß er über 4 Wochen arbeitsunfähig war, während der letztere nicht getroffen wurde. Der Angeklagte gab an, er habe in jener Nacht in hiesigen Wirtschaften etwa 3 Liter Wein und 10 Glas Bier getrunken und sei beim Weggang aus dem Cafö von mehreren jungen Leuten verfolgt worden, von denen einer die Hand in der Tasche gehalten habe, wie wenn er gegen ihn einen Angriff machen wollte. An­gesichts dieser Verfolger sei er vom Schrecken wie gelähmt gewesen und wisse nicht mehr, daß er gegen dieselben geschossen habe. Erst andern Morgens als die Polizei ihn aus dem Beite geholt habe, habe er den Sachverhalt vollends erfahren. Er habe nicht gewußt, was er getan habe und keinen- falls auf jemand gezielt oder die Absicht gehabt irgendwen zu töten. Der verwundete Kaufmann bezeugte, daß er mit einer kleinen Gesellschaft in dem Cafö gewesen und der nachts gegen 2 Uhr dorthin gekommene Angeklagte von ihnen eingeladen worden sei, sich zu ihnen zu setzen. Dieser habe den Eindruck der Trunkenheit nicht gemacht. Er habe ihn anfangs für einen Ausländer gehalten, weil er italienisch gesvrochen und sich für einen Künstler ausgegeben und schwindelhaft renomiert habe. Als derselbe ihm dann seine Adreßkarte gezeigt habe, habe er ihn einen Schwindler genannt und sei fortgegangen um einen Schutzmann zu holen. Auf dem Rückweg zum Cafö seien 3 Per­sonen vor diesem gestanden, die er nicht erkannt habe, obgleich es zwei seiner Freunde und der An­geklagte waren. Plötzlich sei aus einer Entfernung von nur 3 Schritten nach ihm geschossen worden, von wem wisse er nicht. Eine Drohung oder eine Tätlichkeit sei nicht vorhergegangen. Aehnlich lauteten die Aussagen des nicht verwundeten jungen Kaufmanns und eines andern Zeugen. Der Angeklagte verschwand eiligst nach der Tat. Medizinalrat vr. Köstlin erklärte denselben für leicht erregbar, doch sei er damals durchaus nicht sinnlos betrunken gewesen. Oberstaatsanwalt v. Herrschner führte aus, es gehe aus dem guten Erinnerungsvermögen des Angeklagten und den Zeugenaussagen hervor, daß derselbe nicht bis zur Sinnlosigkeit betrunken war, wohl aber sehr erregt gewesen sei, als er zuerst auf den einen jungen Kaufmann zwei Schüsse richtete und auf den andern

einen solchen und zwar in der kurzen Entfernung von ein bis zwei Meter, bet welcher derselbe trotz seiner Erregung das Bewußtsein gehabt haben müsse, daß seine Gegner sofort tot auf dem Platze bleiben können. Hienach liege genügender Grund vor, den Angeklagten des versuchten Totschlags schuldig zu sprechen, wenn auch mit mildernden Umständen. Eine Freisprechung müßte zur Folge haben, denselben als gemeingefährlich in eine Irrenanstalt einzuweisen. Der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Milczewsky wandte ein, Tötungsabsicht sei nicht erweisbar, selbst der Verletzte habe an eine solche nicht geglaubt, es bilde keinen Unterschied, ob jemand mittels eines Revolvers oder eines Hiebs oder einer Stichwaffe verletzt werde, objektiv liege Körperverletzung vor, verübt in hochgradiger Trunkenheit von einem leicht erreg­baren, phantastisch veranlagten, sonst aber ordent­lichen und brauchbaren jungen Mann, ohne irgend­welche Vorstrafen. Er beantrage die Verneinung sämtlicher Schuldfragen, eventuell aber, falls die Geschworenen anderer Ueberzeugung wären, die Bejahung fahrlässiger Körperverletzung. Zur Ein­weisung in eine Irrenanstalt würde der vereinzelte Vorfall einen ausreichenden Grund nicht bilden. Nach nochmaligen Entgegnungen bejahten die Ge­schworenen nur vorsätzliche Körperverletzung in dem ersten Falle nebst mildernden Umständen und ver­neinten dagegen im zweiten Falle die Schuldfrage. Das Urteil lautet auf eine Gefängnisstrafe von 8 Monaten, wovon 2 Monate für Untersuchungshaft abgehen.

Stuttgart, 26. März. (Schwurgericht.) Eine Anklage wegen fortgesetzten Betrugs und wie­derholter Fälschung öffentlicher Urkunden wurde heute gegen den 18 Jahre alten Kaufmann Wilhelm Pusch ach er von Mainz verhandelt. welcher als Angestellter einer hiesigen Speditionsfirma in den Monaten September bis Dezember vorigen Jahres 20 amtlich beglaubigte Frachtbricfduplikate durch Ausradieren der richtigen Frachlbeträge und Ein­setzung etwas höherer Summen fälschte und dadurch den Geschäftsinhaber um etwa 130 schädigte, die er für sich verwendete. Zu seiner Entschuldigung brachte er hervor, daß er mit einem Monatsgehalt von 50 auszukommen genötigt war. Staats­anwalt Walser beantragte den Angeklagten unter Zubilligung mildernder Umstände schuldig zu sprechen. Auch der Verteidiger Rechtsanwalt Elwert befür­wortete mildernde Umstände mit Rücksicht auf die Jugend und die Unreife des Angeklagten. Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage in diesem Sinne und empfahlen ihn der Gnade des Königs. Der Angeklagte wurde zu einer Gefängnisstrafe von 4 Monaten 15 Tagen, woran für Untersuchungshaft 2 Monate abgehen, verurteilt. Als Sachverständiger war Rechnungsrat Stockmayer geladen.

H all, 26. März. (Schwurgericht.) Der 4. Fall, der gestern zur Verhandlung stand, betraf den 53 Jahre alten verheirateten Unterhändler Johann Schneider, gebürtig von Creglingen, wohnhaft in Wildenthierbach OA. Gerabronn, wegen Urkunden­fälschung und Betrugs. Der Angeklagte hat am 29. Okt. 1903 von dem Bauern Leonhard Ströbcl in WermutShausen OA. Mergentheim, 4 Stück