Birkenfeld usw. daherkommen zu sehen. Und dies war ihnen zu gönnen, denn sie sollten, auf dem Fluggelände angekommen und daselbst der Dinge harrend, die da kommen sollten, auch keinen einzigen Flieger mehr zu sehen bekommen. Das Wetter heiterte sich erfreulicherweise auf; bald aber mußte man in der großen Menge der Neugierigen ver­nehmen, daß Flieger Nr. 19 und sein Begleiter, Leutnant Müller, bei Maulbronn tödlich verun­glückt sei. Eine Spanne Zeit später würde diese Hiobspost dahin richtig gestellt, daß sich der schwere Unfall nicht bei Maulbronn, sondern in Moosbronn bei Bernbach ereignet Habs. Dazu kam die weitere schlimme Nachricht, daß auch das Flugzeug Nr. 16 auf seinem Flug über dieTeufelsmühle" Straßburg zu mit den Insassen schweren Schaden genommen habe. Fast gleichzeitig w«rdr der Feldtrlephonftelle gemeldet, daß der für heute engagierte Flugkünstler, der englische Kollege des Franzosen Pegoud, der heule seine Sturz- und Kurvenflüge vorführen sollte, untreu geworden sei und ausbleiben werde. Ebenso große Enttäuschung rief die Nachricht des Dr. Eckener von der Delag in Baden-Baden hervor, daß auch derZeppelin" nicht kommen könne. Dies alles war fast zu viel der Enttäuschung bei den nach vielen Tausenden zählenden Gästen, besonders für die, welche einen großen Teil ihrer Nachtruhe geopfert und sonstige Opfer nicht gescheut hatten, um das auf dem Gebiet der Flugtechnik in Aussicht gestellte Schauspiel erleben zu dürfen. So verlief die heutige so vielversprechende Flugveranstaltung. Man war selbsthereingeflogen!" Doch soll alles nachgeholt werden am Donnerstag (Himmelsfahrtstag) noch in dieser Woche, und die für heute bezahlten Eintritts­karten sollen auch am Donnerstag Gültigkeit haben. Ob sie wohl wieder kommen werden, alle die vielen Enttäuschten, die heute nicht auf ihre Rechnung kamen!? Man muß es abwartrn. In langen Schlangenlinien schickten sich die Massen zum Rück­weg nach Pforzheim an. Dieser Rückweg gestaltete sich für viele nicht so ganz gefahrlos. Obwohl die Fahrstraße dem Autoverkehr Vorbehalten und für Fußgänger eigentlich gesperrt war, wälzte sich der Menschenstrom dahin; die Lenker der unendlich langen Reihe von großen und kleinen Autos hatten alle Vorsicht zu beobachten, um nur in sehr gemäßigtem Tempo durchkommen zu können.

§. Pforzheim, 17. Mai. Der heutige Prinz- Heinrich-Flug erfüllte nicht alle Erwartungen, denn wegen des trüben unzuverlässigen Wetters sagte der Sturzflieger ab und auch die Viktoria Luise blieb aus. Ueberdies dämpfte bald die Kunde von einem schweren Unfall die Stimmung. Gegen hunderttausend Personen, die zumteil schon vor der Dämmerung nach dem 1 Stunde nördlich der Stadt gelegenen Flug- und Landungsplatz am Katharinen- laler Hof hinausgezogen waren, hielten die umliegen­den Höhen, Feldwege und Waldränder besetzt. Man rechnete, daß die um 4 Uhr in Darmstadt Auf­fliegenden die 100 Kilometer hieh-r in 1 Stunde zurücklegen würden und tatsächlich tauchte das erste Flugzeug schon 5.05 am nördlichen Horizont auf. Es war Nr. 10 der Lifte, ein Doppeldecker mit

Oberleutnannt v. Beaulieu und Hauptmann Geerdtz. Um 5.10 war er, von der Zuschauermenge freudig begrüßt, über dem Platz und warf seine Meldung herab, worauf er stolz gegen Westen abbog. Es folgten: L. 12 (5.29 Uhr). 18, 8, 16, 12 (5.39),

11 (5.41), 19, den leider das Todeslos treffen sollte, ferner weitere 16 Flugzeuge, zusammen gegen 24 prächtige Fahrzeuge. Tauben und Zweidecker, in flotter Fahrt dahin. Ein Flugzeug hatte sich verirrt und wurde ganz im Osten sichtbar. Es war Nr. 5, das nach einer Viertelstunde zurückkam und flott passierte. Es war ein schönes Schauspiel, namentlich als 7 Flugzeuge auf einmal wie ein Ge­schwader großer Vögel über die Gegend zogen, und es fehlte nur die Sonne, um das Bild vollends zu einem wunderbaren zu gestalten. Bei diesen 24 blieb es, von den übrigen 16 hieß es, daß 2 noch nachträglich aufsteigen würden, es kam aber nicht mehr dazu. Statt dessen brachte der Draht nach dem Flugplatz die Trauerkunde, daß das 5. Flugzeug, ein Doppeldecker, welcher den Platz überquert hatte, Nr. 19, bei MooSbronn, am Fuß des Mahlberg, abgestürzt und verbrannt sei. Der Beobachter, der Leutnant Müller vom bayr. 8. Jnf.-Regiment, fand dabei den Heldentod für das Vaterland, der Führer. Leutnant Walz vom k. bayr. 8. Jnf.- Regiment, wurde schwer verletzt, aber noch lebend gefunden. Vorher traf noch die Nachricht ein, daß auch der Doppeldecker Nr. 16 infolge starken Nebels verunglückt sei, er muße eine Notlandung vor­nehmen und kam an der Teufelsmühle unweit Loffenau auf einen Baum nieder, wobei das Fahr­zeug in Trümmer ging und Leutnant Müller vom 7. Jägerbataillon eine Beinverletzung erlitt, während der Führer v. Hiddessen unverletzt blieb. Nach den Unfallstellen wurden sofort Autos abgesandt. Um */-9 Uhr begann dann das Rückfluten der Völkerwanderung nach der Stadt.

Neuenbürg, 17. Mai. Die Maiwitterung ist fortgesetzt kühl unv naß. Am heutigen Sonntag morgen waren unsere Berge tief mit Nebelschwaden verhängt; später heiterte sich das Wetter etwas auf. Gegen Mittag aber setzte wieder das alte Regen­wetter ein, das im Verlauf des Tages unaufhörlich an Stärke zunahm. In der Frühe zwischen 5 und 6 Uhr zeigten sich uns hier mehrere Flieger vom Prinz Heinrich-Flug von Pforzheim her kommend. Den ersten hörte man genau 5.15 über der Wil­helmshöhe daher schwirren, zu sehen war er des Nebels wegen nicht. Drei weitere kreisten über der Stadt; sie hatten wahrscheinlich die Orientierung verloren und sich bei dem herrschenden Nebel in unsere Berge verirrt; denn einer von ihnen kam von Südwesten (über die Miß) her, flog über die Stadt und das Schloß, um dann wieder gegen Westen zu verschwinden. Es waren Doppeldecker, von denen zwei nachher vermutlich beim Mahlberg und auf dem Teufelsmühleberg verunglückt sind, wie dies alsbald hierher gemeldet wurde. Näheres hierüber war in­zwischen nicht zu erfahren.

Alteusteig, 16. Mai. Der von hier geborene Goldarbeiter Ernst Wiegand entwendete in seiner Arbeitsstelle, in einer Pforzheimer Goldwarenfabrik

Goldabsälle im Wert von 230 Das Gericht verurteilte ihn dafür zu 6 Wochen Gefängnis.

Pforzheim, 14. Mai. Im badischen Landtag ist wieder einmal der langgehegte Wunsch Pforzheims nach einer Bahn durch das Würmtal von hier nach dem südöstlich gelegenen württ. Hinterland zur Besprechung gekommen, leider aber mit ebenso wenig Erfolg wie früher. Unsere Abgeordneten legten sich wieder ins Zeug. Odenwald bedauerte den ab­lehnenden Standpunkt der württ. Regierung, da die Bahn Len württembergischen Interessen nicht schaden könnte, und Stockinger fand wieder sehr kräftige Töne über die Kleinstaaterei, welche solchen Verkehrs­verbesserungen in den Grenzgebieten Schwierigkeiten bereiter. Aber auch die badische Regierung ist nach dem Empfinden der Pforzheimer gegenüber unseren Bahnwünschen wenig entgegenkommend. Denn von der Ministerbank wurde kühl erklärt: Die Höhe der Kosten stehe nicht im Verhältnis zu den Erträgen, bei dieser Sachlage habe die bad. Regierung keine Veranlassung, mit der württembergischen wegen der Bahn in Verhandlung zu treten. Es wird leider kaum etwas anderes übrig bleiben, als daß die Stadt Pforzheim mit der Zeit eine elektrische Bahn inS Würmtal denkt, und für diesen Fall stellt die Re­gierung allerdings Unterstützung in Aussicht. Eine Vollbahn freilich würde noch ganz anderen Zwecken dienen, sie schüfe eine neue direkte Verbindung vom Rhein her ins mittlere Württemberg. (S. M.)

Pforzheim, 14. Mai. In der Angelegenheit der Bankfirma Greb u. Frühauf hier haben sich die Aussichten etwas gebessert. Es kommt nicht zum Konkurs. Heute nachmittag fand im Kaiserhof die zweite, wieder sehr stark besuchte Gläubigerversamm­lung statt, in welcher der Status, soweit möglich, vorgelegt wurde. Das von den Gesellschaftern noch beizubringende Kapital von 200 000 ^ ist schon unter die Aktien eingerechnet. Ziffernmäßig ergibt sich eine Bruttoquote von 50°/o, die Nettoquote dürfte zwischen 40 und 45°/o betragen. Die Versammlung stimmte einhellig der außerordentlichen Erledigung der Angelegenheit zu. In Streitfällen soll ein Schiedsgericht entscheiden.

Pforzheim, 16. Mai. Die Uraufführung des FestspielsDie Raben eck er" von Oskar Webel fand aus Anlaß des 29. Verbandstags der badischen Gastwirte aus der Burgruine des nahen eingemein­deten Dorfes Dillweißenstein vor einer ungeheuren Zuschauermenge statt. Der Verfasser des Stückes leitete das Spiel mit einerVorrede" ein, indem er, als Jurist auftretend, von der Geschichte der Raben­ecker erzählte und den Inhalt des Stückes erläuterte. Die Darsteller zeigten noch große Befangenheit, welche sie bei den Wiederholungen des Stückes wohl ablegen dürften.

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Darmftadt, 17. Mai. (Prinz Heinrich- Flug.) Der Start vollzog sich heute programmäßig und glatt. Das Wetter war verhältnismäßig gut. Der Himmel war bedeckt. Prinz Heinrich von Preußen und das hessische Großherzogspaar

Das Kreuz uou Koken.

Erzählung aus der Zeit der Tiroler Freiheitskämpfe.

Von Franz Wichmann.

15^ (Nachdruck verboten.)

Aus den Wunsch aller Deiner Landsleute", sprach der Geistliche,übergebe ich Dir dieses heilige Zeichen zum gottgefälligen Kamps. Trage und halte es in Ehren, wie es uns in Ehren gegeben ward, zum Ruhm Deines Voltes, Verderben des Feindes und zum Lobe des Höchsten!"

Unwillkürlich sank Nazl. den Schaft der Fahne um­klammernd, in die Kniee, während der Priester mit er­hobenen Händen den Segen Gottes auf die kampf­bereite Schar herabrief.

. Dann setzten Trommeln und Pfeifen von neuem em, die Glieder ordneten sich und mit festen Schritten ging es den Berg hinab. Vor ihnen lag die ganze ge­waltige Gebirgswelt ansgebreitet. Fernher dräuten in abenteuerlichen Gestalten die wilden Türme und Zinnen der Dolomiten, am Hochgebirge zur Rechten war schon der erste Schnee gefallen und zog sich, vom anhebenden Wind emporgestäubt, gleich weißen Wolken um die Gipfel. Im Süden aber verdunkelte sich der Horizont, ein grauer Dunst umflorte nach und nach die tiefe Vlnue des Himmels und die irren Lichter eines nahenden Gewitters spielten um Thal nnd Höhen.

Als mau zu dem tiefer gelegenen Wirtshaus öerabtam, ward Halt gemacht. Erst im Schutz der Dunkelheit durfte man einzeln nnd von verschiedenen weiten in Klausen einrückeu, um nicht vorzeitig die Aufmerksamkeit der französischen Posten zu erregen. Auch die Waffen mußten verborgen werden, nnd ungern nahm Nazl die kostbare Fahne, die er mit freudigem Dtolz der Schar vorangetragen, von der Stange nnd barg das Tuch an seiner Brust.

Bald herrschte laute Fröhlichkeit, und Sieges­zuversicht und Wein hielten die Menge länger fest, als

man beabsichtigt hatte. Mit Mühe setzten endlich Rautter und Unterthinner den Aufbruch durch.

Inzwischen hatte sich der ganze Himmel überzogen, und von den Dolomiten herüber quollen dichte, weiße Blassen, die sich über die Hochfläche auszubreiten be­gannen. Besorgt schauten die wetterkundigen Männer umher. Der Nebel kam. Wenn seine schweren, wässerigen Massen sich auf den Höben zusammenballten mußten sie den Marsch aufs äußerste erschweren und an einen geordneten Zug war aus dem schmalen Gebirgs- pfade nicht mehr zu denken.

Die Führer gaben sogleich ihre Weisungen für den Fall, daß die Schar sich vor dem Ziele allzu sehr zer­streuen sollte; die Wirtshäuser zum Rößl und zur Gams wurden als Sammelpunkte bestimmt.

Bald kroch in der Tbat der Nebel heran und hüllte alles in eine frühe Finsternis; wie dunkle Schatten glitten die Gestalten der Männer durch den lautlos wallenden Dunst. Die Trommeln und Pfeifen, durch­tränkt von Feuchtigkeit, verstnimuten; schweigend schritt man in einzelnen Gruppen weiter, bis auch diese sich trennten. DaS veränderte Wetter übte eine sichtbare Wirkung aus. Die freudige Stimmung, die der sonnen­klare Himmel unwillkürlich verbreitet hatte, war ver­schwunden: die schweren, grauen Wolken legten sich wie eine Ahnung kommenden Unheils auf die Herzen.

Ein Teil der Frauen war bei dem Wirtshaus zurückgeblieben, andere beteten noch in der Kapelle um Sieg und wieder andere schlugen den Weg nach ihren entfernten Höfen ein. Hier und da verschwand auch ein Mann im Nebel; immer mehr schmolz die Schar zu­sammen; vergeblich riesen die Führer durch den trüben Dunst einander zu und mahnten zu engerem Zu­sammenhalt.

Auch Nazl war von seinen Begleitern abgekommen. Von ferne hörte er noch ihre Rufe; aber je mehr er sich bemühte, sie wieder zu erreichen, um so weiter geriet er in die Irre. Kaum vermochte er noch die Nächst­

liegenden Gegenstände zu unterscheiden. Zuweilen glaubte er, einen der verlorenen Kameraden zu erkennen und eilte ans die Umrisse der Gestalt zu; aber wenn er ans Ziel kam, sah er eine verkrüppelte Tanne oder einen seltsam geformten Felsblock vor sich und vermochte nicht mehr die frühere Richtung wiederzufindeu.

Eine dumpfe Angst befiel ihn nnd machte sein Herz stärker klopfen. Auf ihm ruhte die Verantwortung: denn er trug ja die Fahne, die das Signal zum Losbruch geben sollte. Wenn er zu spät kam, konnte alles ver­eitelt werden. Und weiter hastete er durch den stickenden Nebel, weiter, ohne Weg und Steg, aufs Geratewohl nur der Richtung folgend, die er sich als die richtige einbildete. Das Terrain neigte sich stark, immer jäher fiel unter seinen Füßen der Boden zur Tiefk, er mußte sich dem Grunde des Eisackthals nähern. Plötzlich blieb er erschrocken stehen. War das nickst ein Hilferuf, der entsetzte Ausschrei eines in Gefahr Befindlichen, was da unter ihm heraufklang?

Kein Zweifel, dort, von den Schleiern des leise wallenden Nebels verdeckt, gähnte der Abgrund. Sollte einer der Heimkehrenden sich vor ihm befunden nnd in den Felsen sich verstiegen haben?

Da tönte der klagende Ruf noch einmal, matter und ängstlicher als zuvor Nazl verstand ihn nicht, aber er war entschlossen, Hilfe zu bringen um jeden Preis.

Mit aller Vorsicht wagte er sich an den Rand der Klippen vor und suchte mit seinen scharfen Angen das graue Nebclmeer zu durchdringen.

Wirklich, dort an den vorspriugeuden Felsen klammerst sich etwas Dunkles, wohl zwanzig Fnß unter ihm, an der fast senkrecht zur Tiefe stürzenden Wand. Der in Todesgefahr Schwebende, der geglalLt haben mußte, hier das Thal erreichen zu können, und im Nebel den Abgrund nicht gesehen, fand nun offenbar den Weg nicht mehr zurück. Nur mit Hilfe eines anderen war es möglich, wieder an der steilen Wand empor zu kommen. (Fortsetzung folgt.)