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Zuffenhausen 23. März. Letzten Montag kamen ca. 80 Mitglieder des Handels- und Gewerbe- Vereins Ludwigsburg hieher, um Fabriken zu besuchen. Der Verein wurde vom hiesigen Gewerbeverein mit Musik auf dem Bahnhof empfangen und in vier Abteilungen durch die Glas-, Stuhl-, Leder-, Schuh- und Kunstbaumwollfabrik begleitet, wobei die Betriebe unter Führung der Fabrikanten eingehend besichtigt wurden. Auch die neue Paulusktrche mit ihrem elektrischen Geläute und elektrisch betriebenen Orgel erhielt einen kurzen Besuch. Bei einem gemütlichen Zusammensein im „Adler" wurde von verschiedenen Rednern der Gäste, der Gastgeber und und unseres aufstrebenden über 8000 Bewohner zählenden Ortes gedacht. — Am Dienstag verschaffte die Ortsgruppe des deutschen Flottenvereins jung und alt die hochinteressante Vorführung des Kine- matographen des Vereins. Nachmittags waren zwei Schülervorstellungen für 1100 Schulkinder, abends für die Erwachsenen. Die Darbietungen haben großen Beifall gefunden.
Besenfeld, 23. März. Ein Gefangenentransport in großem Stil erfolgte in den letzten Tagen von hier nach Freudenstadt. Bei dem Besenfelder Straßenbau war unter den arbeitenden Italienern eine kleine Meuterei ausgebrochen und ein Aufseher nur mit knapper Not dem Schicksal entgangen, mit Steinen totgeworfen zu werden. Fünfzehn der aufgeregten Söhne des Südens wurden dingfest gemacht und von drei Landjägern ans Amtsgericht eingeliefert.
Schramberg, 24. März. Ein 16jähriger Bursche hat lt. „Schwarzwälder Volksfreund" angeblich für eine Kapelle im katholischen VereinShaus mittels eines Schriftstücks mit der falschen Unterschrift eines hics. Vikars Gelder zusammengebcrtelt. Er besuchte fast ausnahmslos bessere katholische Häuser und erhielt dort Beiträge bis zu 5 Mark. Durch einen Herrn, der der Sache keinen Glauben schenkte, wurde der Schwindel entdeckt und der Täter gestern dem Gericht übergeben.
Ebingen, 23. März. Zu der Meldung vom 18. ds. betr. das Verschwinden des Rechtskonsulenten Wilhelm Wörnle wird uns von zuständiger Seite mitgeteilt, daß W. Wörnle allerdings nach Amerika gegangen ist, aber nicht als Flüchtling. Auch schwebte eine gerichtliche Untersuchung gegen Wörnle; doch haben sich die Anklagepunkte als völlig haltlos herausgestellt.
Gaildorf, 23. März. Unsere Oberamtsstadt, der im Jahr 1404 durch Kaiser Rupprecht von der Pfalz das Stadtrecht verliehen wurde, rüstet sich, die 500jährige Wiederkehr diese? Ereignisses in festlicher Weise zu begehen. In entgegenkommender Weise haben bereits die bürgerlichen
Kollegien in ihrer gestrigen Sitzung für diesen Zweck einen Beitrag von 800 verwilligt. — Auch für die Feier des 70jährigen Jubiläums des hiesigen Liederkranzes sind schon umfassende Vorbereitungen getroffen.
Ulm, 24. März. Ein Wirtssohn von Lehr hätte vor einigen Tagen beinahe seine Schwester erschossen. Zufolge Auftrags seiner Mutter kaufte der junge Mann als Sicherung gegen die Aufdringlichkeiten der Italiener in einem Ulmer Geschäfte einen Revolver. Er probierte denselben daheim im Beisein der Mutter und der Schwester. Einigemale knackte die Waffe leer, plötzlich aber entlud sich ein Schuß, dessen Geschoß dem Mädchen durch die Kleider ging und das Bein verletzte. Glücklicherweise war cs ein Streifschuß, sodaß eine ernstere Verletzung nicht eintrat. Der junge Mann gibt an, daß die Patrone versehentlich in der Trommel geblieben sein müsse, als der Verkäufer das Laden und Entladen vorzeigte.
Osnabrück, 23.März. Der evangelische Bund veranstaltete gestern Abend eine sehr eindrucksvolle Kundgebung gegen die Aufhebung des tz 2 des Jesuitengesetzes. Eine Erklärung wurde angenommen, in der das Verhalten der Regierung deutlich kritisiert und die Protestanten auf sich selbst angewiesen werden.
Berlin, 23. März. Der Reiseplan des Kaisers sieht, wie dem Lokalanzeiger aus Rom gemeldet wird, einen Besuch der Häfen von Palermo, Marsala, Castania, Syrakus, Messina, Sorrent, Farent und Terracina, sowie der ligurischen Küste vor.
Berlin, 23. März. Nach der nunmehr vorliegenden amtlichen Uebersicht hat die Hochwasserkatastrophe im Jahre 1903 in Schlesien einen Schaden von insgesamt 21454 000 verursacht.
Berlin, 24. März. Der Kaiser wird am 29. ds. in Salerno und am nächsten Tage in Messina eintreffen, wo er bis 4. April Aufenthalt nehmen wird. Von dort aus wird der Monarch mehrere Ausflüge unternehmen, unter Anderem nach Taormina und dem Leuchtturm von Gamzzirri. — Der König von Italien wird vom Minister des Aeußern, Tittoni, begleitet sein und sich am Samstag nach Neapel einschiffen.
Berlin, 24. März. Ein schwerer Bau- Unfall ereignete sich heute beim Abbruch des bekannten Flora-Etablissements in Charlottenburg. Beim Einreißeu einer Saaldccke stürzte dieselbe mit einem Male zusammen und begrub 11 Arbeiter unter den Trümmern. Nach langen Bemühungen der Feuerwehr gelang es, die Verunglückten hervorzuziehen. Dieselben haben sämtlich schwere Ver
letzungen erlitten und wurden ins Krankenhaus überführt.
Berlin, 24. März. Der Korrespondent des Lok.-Anz. sendet aus Südwestafrika aus dem Aufstandsgebiet ein Telegramm, demzufolge die Abteilung unter Major v. Glasenapp wiederum zum Angriff bereit steht: der Angriff ist jedoch abhängig vom Eingreifen der Hauptabteilung in Okahandja. Die Hereros befinden sich noch in Owikokorero in einer ungemein starken, schwer zugänglichen Stellung. Es befindet sich dort ein Dornendickicht, dessen Länge eine ganze und dessen Breite eine halbe deutsche Meile beträgt. Die Stelle nebst den umliegenden Sammelplätzen der Hereros sind für die Artillerie, die nicht nahe an die Listeren herankommen kann, unerreichbar. Sämtlichen Verwundeten geht es gut.
Berlin, 24. März. Nach einem Petersburger Briefe der schlesischen Zeitung ist von Port- Arthur am 16. März der russische Panzerkreuzer Bajan auf eine japanische Miene aufgelaufen und in die Luft geflogen. Nur wenige von der Mannschaft sollen sich gerettet haben. Nähere Einzelheiten über das Unglück sind noch unbekannt.
Hamburg, 24. März. Außer dem Dampfer „Kaiser Friedrich" wurde der Hamburg-Amerika- Dampfer „Fürst Bismarck" an Rußland verkauft. Der „Kaiser Friedrich" geht von hier nach Danzig, dann nach Kronstadt, der „Fürst Bismarck" direkt übermorgen nach Kronstadt.
Wien, 23. März, lieber die zwischen Rußland und China eingetretene Spannung ist man an maßgebender Stelle pessimistischer Anschauung. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß China nur auf die günstige Gelegenheit warte, um in den Krieg akliv einzugreifen. Das Petersburger Kabinet sondierte bereits die Pariser Regierung, wie sich in diesem Falle Frankreich verhalten würde. Hier ist man überzeugt, daß Frankreich unter keinen Umständen sich in den Krieg verwickeln lassen werde.
— Petersburger Telegramme berichten heute, daß in der Umgebung Pekings 22000 Mann regulärer Truppen konzentriert find. Auch in diplomatischen Kreisen Pekings zweifelt man nicht Mehr an der Teilnahme Chinas am Kriege.
Neapel, 24. März. Der Kaiser ist heute Vormittag an Bord des „König Albert" im Golfe von Neapel eingetroffen und von den italienischen Behörden und der Bevölkerung herzlich bewillkommnet worden. Als der „König Albert", dem der Panzerkreuzer „Friedrich Karl" folgte, vom Hafen aus sichtbar wurde, ließ das italienische Geschwader seinen donnernden Salut erdröhnen. Die demsche Kolonie war dem Kaiser entgegengefahren.
— Die „Hohenzollern", die im Arsenal-Kriegshafen
nur mein Vater die Enrscheidung! — „Also Papa," sie zog Falkenhayn mit sich zu ihrem Vater hin, „wir erwarten Dein „Ja"."
„E—erwarien D—Dein Ja!" Sauerbiers Stimme klang kläglich und weinerlich. „A—aber i-ich d—denke doch, Dein B—B—Bräutigam heißt R-NH-"
„Heißt von Folkenhoyn!" antwortete Olga schnell und scharf.
Die Kommandeuse hatte wieder auffahren wollen, doch wurde sie von dem Oberst zurückzehalten, der ein stummer, verwunderter Zuschauer der ganzen Szene gewesen war:
„Täubchen, mische Dich lieber nicht da hinein, laß sie ihre Suppe allein auseffen! Ich bin ja selbst ganz perplex, aber —"
„Ach, schweig' doch! Das ist ja unerhört! Ich rufe sofort Herrn von Rheinbach!"
Sie stürmte zum Salon hinaus und lief dabei beinahe in die Arme des alten Baron, der mit Hans und Ella im Begriff war, Herrn Sauerbier aufzusuchen. „Ach, da sind Sie ja!" Die Stimme der Kommandeuse schnappte vor Erregung über. „Hören Sie, was geschehen ist, und dann handeln Sie!" Und mit fliegenden Worten erzählte sie, was sich eben im Salon nebenan zuge- trogen hatte.
„Fräulein Olga und Falkenhayn haben sich verlobt?" — Das ist ja herrlich!" jubelte Hans.
„Gott sei Dank," rief gleichzeitig der Baron freudig. „Mir fällt ein Stein vom Herzen, jetzt erst vermag ich mich über die Ueberraschung, die Ihr Beide," er drohte lächelnd zu Hans und der tief errötenden Ella hinüber, „mir bereitet habt, wirklich zu freuen! — Laßt uns nun schnell Eure Sache zu Ende führen! — Tausend Dank für Ihre liebenswürdige Mitteilung, gnädige Frau!"
Er verbeugte sich hastig vor der Kommandruse und eilte, von dem jungen Paar gefolgt, in den Salon.
Frau von Blaffer stand mit offenem Munde da! War sie eigentlich plötz- ich verrückt acwcrden oder die Anderen? Sie faßte sich an ihren Kopf. — Oder
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spielte man mit ihr und wollte si: zum Narren machen? Das sollte ihnen tcmr zu stehen kommen. — Sie stürzte den anderen in den Salon nach. —
Hans war beim Eintritt sofort auf Olga zugetreten, die trotzig ihren Arm in den Falkenhayns gelegt hatte und mit böser Miene vor ihrem ratlos sich hin- und hsrwenden'oen Vater stand, der vor Aufregung so stark stotterte, daß er völlig unverständlich blieb.
„Ich höre soeben von d.m freudigen Ereignis Ihrer Verlobung, mein gnädiges Fräulein," rief er aus. „Gestalten Sie mir als Erstem, Ihnen und Ihrem ver»hricn Bräutigam meine herzlichsten Glückwünsche aukzusprechen." Und ehe Olga noch antworten konnte, fuhr er schnell fort, indem er sich an alle wendete: „Gleichzeitig erlaube ich mir, den Herrschaften meine geliebte Braut, Fräulein von Horgen, zu präsentieren."-
Eine allgemeine Bewegung entstand bei den Anwesenden auf diese Worte von Hans hin. Sauerbier und der Oberst blickten sich mit Gesichtern an, von denen eines dem andern an Verdutztheit nicht nachgab, während Frau von Blaffer außer sich ausrief:
„Das — das ist ja ein schmähliches Komplott."
„Ein K-K—K-Komplott!" stammelte Sauerbier.
Der alte Baron trat zu ihm und reichte ihm lächelnd die Hand.
„Die Jugend hat eben — über die Köpfe der Alten hinweg — selbstständig ihre Wahl getroffen. Da heißt es für uns: „sich fügen."
Hans wendete sich lächelnd zu seinem Vater:
„Ella und ich wollten nur dem ewigen Streit zwischen uns ein Ende machen, und lediglich deshalb haben wir uns verlobt."
Seine glückliche, kleine Braut lachte neckend:
„Und das nennst Du dem Streit ein Ende machen?"
„Du eröffnest mir ja nette Aussichten für die Zukunft," lachte Hans. „Wenigstens hoffe ich auf „Waffenstillstand" für die nächste Zeit."
„Lon, damit bin ich einverstanden — das soll gelten."--
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