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72.
Neuenbürg, Mittwoch den 6. Mai 1914.
72. Jahrgang.
RunSIchau.
Berlin. 4. Mai. (Reichstag.) Präsident Dr. Kämpf eröffnet um 2ft4 Uhr die Sitzung. Die durch die Osterpause unterbrochene zweite Beratung des Gesetzentwurfs zur Aenderung der die Konkur- renzllausrl betreffenden Paragraphen des Handelsgesetzbuchs wird fortgesetzt. Der Berichterstatter berichtet über die Kommissionsverhandlungen. Ds hätten sich drei Differenzpunkie mit der Regierungsvorlage ergeben. Im ersten dieser drei Punkte, wonach die im Vertrag festgesetzte Entschädigung an den Angestellten mindestens die Hälfte der Bezüge des Angestellten betragen soll (die Regierung halte ein Drittel vorgesehen), habe sich der Staatssekretär Dr. Lisco bereit erklärt, den Wünschen des Reichstags zu entsprechen. Der zweite Punkt betreffe die Nichtigkeit der Konkurrenzklausel. Die Regierung hatte 1500 Mk. als Gehaltsgrenze angenommen und den Kommissionsbeschluß, der diese auf 1800 Mk. erhöht, für unannehmbar erklärt. Ein Kompromißantrag sämtlicher bürgerlichen Parteien wolle sicki dem Regierungsvorschlag anschließen. Der dritte Punkt betreffe das Recht des Prinzipals, auf der Einhaltung des Vertrags oder auf der Leistung der verwirkten Strafe zu bestehen. Die Kommission hatte beschlossen, den Prinzipalen ausschließlich das Recht auf Leistung der verwirkten Strafe zuzugeftehen. Das hat die Regierung ebenfalls für unannehmbar erklärt. In dem zweiten strittigen Punkt stelle ein Kompromißantrag die Regierungsvorlage wieder her. Ein Antrag der Sozialdemokraten betreffe zunächst die Nichtigkeit der Konkurrenzklausel und im Falle der Ablehnung des Antrags die Erhöhung der Mindestgehaltsgrenze auf 2000 Mk. — Der Abg. Hoch (Soz.) schilt die Vorlage eine Anleitung zum Betrug der Angestellten, wodurch er sich eine Rüge des .Präsidenten zuzieht. Der Zentrumssprecher Trimborn gibt sich alle erdenkliche Mühe, die undankbare Arbeit der bürgerlichen Parteien in die rechte Beleuchtung zu rücken. Die Vorlage stelle einen so erheblichen Fortschritt dar, daß es unverantwortlich wäre, sie an den geringen Meinungsunterschieden zwischen der Regierung und den Kompromißparteien scheitern zu lassen. In ähnlicher Weise sucht der nationalliberale Abz. Dr. Thoma die Haltung seiner Fraktion zu rechtfertigen. Schutz- bedürstige berechtigte Interessen, sowohl der Angestellten wie der Arbeitgeber, würden durch die Vorlage berücksichtigt. Der Fortschrittler Wald st ein bringt sachlich nicht viel mehr vor als seine bürgerlichen Vorredner. Der Mehrheitsbeschluß sei von einem „sachlichen Fanatismus" getragen. Man habe kein Gesetz gegen die Konkurrenzklausel, sondern eines gegen den Mißstand mit ihr schaffen wollen. Dasselbe wiederholt mit anderen Worten, nur mit stärkerem Nachdruck auf die Interessen der Unternehmer, der konservative Abg. Frommer. Nachdem noch die Abgg. Dombek (Pole), Mertin (Rp) und Mumm (wirtsch. Vgg.) für den Kompromißantrag eingetreten sind, erklärt Ministerialdirektor Delbrück, daß er diesen seinen früheren Darlegungen nichts hinzuzufügen habe. Dr. Bell vom Zentrum sieht in der Einigung der bürgerlichen Parteien in dieser Frage ein Zeichen der unüberbrückbaren Kluft, die auch in der Sozialpolitik zwischen den Ordnungsparteien und der Sozialdemokratie gähne. Der Nationalliberale Marquardt nimmt als Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Handlungsgehilfen eine Sonderstellung in seiner Fraktion ein. Er ist für ein unbedingtes Verbot der Konkurrenzklausel, schließt sich aber dem Kompromißantrag, soweit er nach seiner Ansicht keine Verschlechterung bringt, doch schließlich an. — Bei der Abstimmung werden alle sozialdemokratischen Anträge, mit einer Ausnahme, über die man am Dienstag abstimmen will, abgelehnt. Eine Entschließung im Sinne des Ausgleichsantrags und eine weitere Resolution, die das
Konkurrenzklauselgesetz auch auf nichtkausmänische Angestellte ausdehnen will, werden angenommen. Erst nach 8 Uhr vertagt sich das Haus, i Berlin, 5. Mai. (Reichstag.) Präsident Dr. i Kämpf eröffnet um 2 Uhr die Sitzung. Am Bundes- raistisch Kommissare, später Kriegsminister v. Falken- chayn. Aus der Tagesordnung stehen zunächst kurze Anfragen. — Der gestern zur namentlichen Ab- ^ stimmung zurückgestellte sozialdemokratische Antrag, i wonach bei der aus der Konkurrenzklausel sich ergebenden Erfüllungsklage Freiheitsstrafen un- ' zulässig sein sollen, wurde heute abgelehnt. Nachdem ^ noch eine Petition über die heimliche Warenvermittlung rasch abaeferiigt worden ist, kommt der Militär- i etat an die Reihe. Der Abg. Rogalla v. Bieber» ^ stein cherichtet kurz über die Verhandlungen der ^ Kommission, worauf der Kriegsminister v. Falken- j Hayn das Wort ergreift. Ruhig und sachlich trägt ! er vor, was er im Berichtsjahr für bemerkenswert : hält, und er kann mit dem. was in seinem Ressort i geleistet worden ist, Staat machen. Mit den Auf- s gaben, die die Durchführung der Wehrvorlage mit ! sich brachte, ist man sehr gut fertig geworden. Der ! Mannschaftsersatz konnte nicht nur mit Leichtigkeit
Dr. Delbrück eine Ansprache, in der er betonte, daß der neueste Riesendampfer der Hamburg Amerika- Linie abermals Zeugnis ablege von deutschem Wollen und Können, von der Macht und Größe des deutschen Vaterlandes.
Zum neuen deutschen Militärbeoollmächngten am Petersburger Ho>e ttt Generalleutnant vonChelius ernannt worden. Er wird seinen neuen Posten, der angesichts der einigermaßen gespannten Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland seine besonderen Schwierigkeiten darbietet, bereüs in nächster Zeit anlreien.
Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, hat die Reichsregierung die seit mehreren Jahren ruhenden Verhandlungen mit Oesterreich-Ungarn und den Niederlanden über die Einführung von Schifffahrtsabgaben auf Rhein, Elbe und den übrigen deutschen Flüssen in der letzten Aprilwoche offiziell wieder ausgenommen. Die Verhandlungen stehen in Zusammenhang mit der preußisch bayerischen Wiederaufnahme der Arbeiten der Marnkanalisation.
Berlin. 2. Mai. Im Berliner Rathaus trat heute vormittag die Verbandsversammlung des Verbandes Groß-Berlin unter dem Vorsitz des Ober-
s gedeckt werden, es blieben noch 38000 vollkommen ^ bürgermeifters Wermulh zur Beratung und Beschluß- j taugliche Mannschaften übrig, die nicht eingestellt ; fassung über d,e Frage des Watdankaufs zu- ! werden konnten. „Das nächste Mal!" ruft jemand ! sammen. Nach 4 ft-ständiger Verhandlung erfolgte j dazwischen und erregt damit große Heiterkeit. Die - die Abstimmung, in der sich die Versammlung mit j Schwierigkeiten, die der Offiziers- und Unteroffiziers- 67 gegen 27 Stimmen für den Erwerb der ; ersatz bereitet, sind noch nicht alle überwunden; die j'40 000 Morgen fiskalischen Forstes zum Preise von - Fortschritte sind aber nicht zu verkennen. Zum Schluß ° 50 Millionen Mark erklärte.
! spendet Herr v. Falkenhayn den Verwaltungsbeamten - Berlin, 5. Mai. Die drei in Perm verurteilten ! hohesLob. Dersozialdemokr.Abg.Schulz-Erfurt holt deutschen Luftschiffer Berliner. Haase und Nicolai ! nunmehr zu einer langen, ätzend scharfen Etatsrede ! find sreigelassen worden. Sie trafen gestern in aus. Er sucht den Kriegsminister persönlick dadurch j Petersburg ein, nachdem der Deutsche Luftfahrer- : herabzuwürdigen, daß er behauptet, nur dem Umstand, s verband die Kaution von 6000 Rubel für jeden . daß er der Kandidat des Generalstabschefs gewesen s telegraphisch dem Gerichtshof überwiesen hatte. Die ! sei und obendrein das Wohlwollen des Kronprinzen : Verteidiger der Luftschiffer werden beim Senat Bs> genossen habe, verdanke er sein Amt. Diesen Ausfall z rufung gegen das harte Urteil einlegen. scheint der mit Worten bis an die Zähne bewaffnete - Berlin. 4. Mai. Ein hoher Offizier macht in Genosse dann als Ausgangspunkt zu einer längeren l der „Vossischen Zeitung" auf eine Angabe der Beschäftigung mit dem Kronprinzen benutzen zu wollen j „France Militaire" aufmerksam, die ein trauriges — aber Hr. Kämpf ist diesmal aus dem Posten, er ! Licht aus den Gesundheitszustand der fran- schwingt die Glocke und weist den Redner trotz hef- i zösischen Armee werfen. Danach betrug im Ligen Sträubens unerbittlich in die Schranken der - Februar die Kopfstärke der französischen Armee rund Kritik am Etat zurück. So bleibt Hrn. Schulz nichts , 720 000 Mann, von denen aber nur 652 000 Mann übrig, als die bekannten sozialdemokratischen Klagen j im Mutterlande anwesend waren. Hiervon befanden über bekannte Dinge zu wiederholen. Mit einem ! sich 280 000 Mann oder 42,7 Prozent von der Kopf- Ordnungsruf und mehreren Rügen beladen, verläßt : stärke in ärztlicher Behandlung. In einzelnen Armee- er nach etwa zweistündiger Rede unter dem stürmischen ! korps waren sogar mehr als die Hälfte der Kopf- Beifall seiner Freunde das Podium. Hr. Erzberger ; stärke erkrankt. Was das bedeutet, zeigt am besten
löst ihn ab. Der rührige Zentrumsmann gibt sich zunächst recht militärfromm. Er wendet sich in scharfen Worten gegen die militärfeindliche Sozialdemokratie, kritisiert dann aber auch scharf manchen „Mißstand". Natürlich ist ihm vor allem der Duell
ein Vergleich mit dem deutschen Heer. Im Januar d. I. betrug dessen Effektivstärke 731000 Mann, von denen nur 38 600 oder 5.3 vom Hundert erkrankten. Die Krankheitsziffern waren in Frankreich mehr als achtmal so groß, obwohl der Februar drei
j zwang ein Greuel. Der nationalliberale Führer s Tage weniger zählt als der Januar. Die Ursachen i Bassermann hat vieles zu loben, aber über die s dieser schlimmen Zustände liegen auf der Hand. Es i Soldatenmißhandlungen beklagt er sich bitter. ! sind insbesondere die durch die übereilte Einführung ! Die Schuldigen müßten sobald wie möglich aus dem ! der dreijährigen Dienstzeit hervorgerufene Ueber- Heer entfernt werden, und schwer sei das nicht, denn ! füllung der Kasernen und dann die Einstellung zahl- die Soldaten kennen ihre Schinder. In der Frage ! reicher Mindertauglicher, namentlich solcher, die noch des Preßreferats, meint Hr. Bassermann, müsse man ^ nicht das 21. Jahr erreicht haben.
! zu einer Verständigung kommen. Die Presse aller ! Korfu, 3. Mai. Der Lyzeumklub griechischer j Parteien spreche sich einmüttg für diese Einrichtung Damen aus Athen, welcher u. a. vaterländische ! aus. Die Intendantur müsse so ausgebaut werden. > L..
^ daß sie in der Lage sei, die Riesenheere der Neuzeit zu versorgen. Morgen Fortsetzung der Beratung des , Militäretats.
Die Mitglieder des Bundesrates und des Reichstages, welche auf Einladung der Direktion der Hamburg-Amerika-Linie deren neuesten Riesendampfer, die „Vaterland", in Cuxhaven besichtigt hatten, sind von diesem Ausflug nach der Wasser-
Trachten und Tänze pflegt, hat gestern dem Kaiser, der Kaiserin und der Königin der Hellenen eine eigenartige Huldigung dargebracht. Auf einer Bergwiese bei dem Dorf Analipsis oberhalb des Parks von Mon Repos, die einen prachtvollen Blick auf das Meer bietet, hatten sich unter alten Oel- bäumen etwa hundert junge Mädchen aus Athener Familien in malerischen Gruppen auf Matten gelagert; sie trugen Volkstrachten aus allen Teilen kante am Spätabend des Sonntag wieder in Berlin ' des vergrößerten Griechenlands. Vertreten eingetroffen. Bei dem am Sonntag vormittag auf - waren besonders Attika, Korinth. Kreta, Thessalien, i der „Vaterland" von der Hamburg-Amerika Linie ^ Mazedonien, der Peloponnes, Chios. Epirus, die ihren Gästen gegebenen Frühstück hielt Staatssekretär ägäischen und die jonischen Inseln. Daneben waren