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66 .

Reuenburg, Samstag den 25. April 1914

72. Jahrgang.

Run-schau.

Das Ereignis in der hohen Politik des Reiches war die Berufung des neuen Statthalters für Elsaß-Lothringen, deren Bedeutung darin liegt, daß der Träger dieser Würde gewissermaßen souveräne Rechte genießt. Die Berufung des seitherigen preußischen Ministers des Innern, des Herrn von Dallwitz, hat nun der extremen Presse, vorab der Reichslande, aber auch im Reiche selber Anlaß gegeben, darüber zu zetern, der Mann sei verfehlt auf diesem Posten. Wir meinen, wenn etwas ver­fehlt ist, so ist es die Voreingenommenheit, diese Vorwegnahme des öffentlichen Urteils, bevor dem Statthalter überhaupt Gelegenheit gegeben ist, zu beweisen, wie er dies neue hohe Amt auffaßt und ausübt. Er wird keinen leichten Standpunkt haben in dem Lande, wo die Extreme zum Teil noch heftig aufeinanderftoßen, aber umso mehr wäre es angezeigt, Zurückhaltung zu üben und einmal ab- zuwarten, wie der Mann sich betätigt, dem auf alle Fälle hohe staatsmännische Fähigkeiten und ein er­freuliches Zielbewußtsein eigen sind.

Wie die Elsaß-Lothringer sich mit dem neuen Statthalter, den ihnen Kaiser und Reichskanzler zum Weißen Sonntag aus dem Süden ankündigten, dem bisherigen preußischen Minister des Innere von Dallwitz, abfinden werden, ist ihre eigene Sache. Er wird sicherlich mehr als der jetzt zurückgetretene Graf Wedel oder gar als dessen Vorgänger, die beiden Fürsten Hohenlohe, die Statthalterschaft als ein vom Kaiser verliehenesAmt" ausfassen, sich mehr als Beamter und nicht mehr so sehr als Landes­vater fühlen und selbst regieren, statt zu repräsentieren. Es wird nichts schaden, wenn der bisherige preußische Polizeiminister" strengere Ordnung in die Reichs­lande bringt und die Zügel fest anzieht. Mit seiner Ernennung und der Rückkehr der 99 er nach Zabern sollte ja der letzte Strich unter die böse Rechnung vom letzten Winter gemacht sein, hoffentlich zum besten des Reiches, als dessen Glacis Elsaß-Lothringen nun einmal solange angesehen werden muß, wie die Franzosen immer noch in Revanchegedanken schwelgen. Wir haben neulich am 50. Jahrestage der Schlacht bei Düppel Gelegenheit genug gehabt, darüber nach- zudenken, daß ohne jenen Tag die deutsche Einheit nicht zustandegekommen wäre, da aus diesem Kampfe Preußen als Großmacht hervorging und den Weg beschritt, der dann über Königgrätz nach Sedan und in den Krönungssaal von Versailles führte. So wie damals Schleswig-Holstein zum Markstein eines, großen Geschichtsabschnittes wurde, so ist es sieben Jahre später auch das Reichsland Elsaß-Lothringen geworden. An Marksteinen aber soll man nicht rütteln.

Die parlamentarische Tätigkeit nach der Osterferienpause hat jetzt zunächst in verschiedenen einzelstaatlichen Parlamenten, wie im preußischen Abgeordnetenhause und im sächsischen Landtage, wieder eingesetzt. Nächsten Dienstag folgt auch der Reichstag mit der nochmaligen Wiederaufnahme seiner Verhandlungen nach. Er hat freilich selbst jetzt noch immer ein recht reichhaltiges Arbeitsmaterial zu erledigen, so daß nun bald die Entscheidung darüber getroffen werden muß, welche Vorlagen bis Pfingsten noch definitiv verabschiedet werden sollen. Ueber Pfingsten hinaus den Reichstag zusammen­zuhallen, daran ist natürlich nicht zu denken.

Die im westpreußischen Wahlkreise Marien­burg-Schwetz stattgesundene Ersatzwahl zum Reichstage hat die Wiederwahl des bisherigen Vertreters des Wahlkreises, des Reichsparteilers v. Halem, ergeben, dessen Mandat für ungültig erklärt worden war. Hr. v. Halem hat die uner­wartet stattliche relative Mehrheit von 8490 Stim­men erhalten, auf seinen alten polnischen Gegner v. Saß-Jaworski fielen 7882 Stimmen. Man kann diesen deutschen Wahlsieg in einem von der polnischen

Hochflut besonders gefährdeten Gebiete der deutschen Ostmarken nur mit Genugtuung verzeichnen.

In Sachsen ist das Wahlabkommen zwischen den Nationalliberalen und der Fortschrittspartei für die Landtagswahlen nach langen Verhandlungen perfekt geworden; es bedarf nur noch der Zustimm­ung der beiderseitigen obersten Parieiinstanzen.

In der auswärtigen Lage muß das Ergebnis der Verhandlungen von Abbazia wertvoll er­scheinen. wo Graf Berchtold. der österreichische, und Marchese di San Giuliano, der italienische Minister des Auswärtigen, eine volle Ueberein- stimmung in den Fragen erzielten, die innerhalb des Dreibunds zwischen diesen beiden Staaten immer wieder Schwierigkeiten verursachten. Das ist ferner wichtig im Hinblick auf den Besuch des englischen Königspaares in Paris, der eine neue Bekräftigung der Entente cordiale zwischen England und Frank­reich bedeutet, wenn auch aus den französischen Wünschen, ein regelrechtes Bündnis, wie mit Ruß­land, daraus zu machen, nichts werden wird. Man hat in der Londoner Presse auf alle derartigen An­regungen deutlich abgewinkt und erklärt, die Triple­entente habe schon viel zu viele englische Opfer an Rußland erfordert und dürfe nun nicht auch noch zu einem Bündnis mit Frankreich samt allen damit verbundenen Verpflichtungen verdichtet werden. Man will in London freie Hand behalten, den Schieds­richter in den Kriegen zu spielen, die die Feftlands- mächte untereinander führen mögen, dicweilrn das Jnselreich, geschützt durch seine übermächtige Flotte, sich als Zuschauer alle Entschließungen vorbehält. Das war von jeher englische Politik; sie ist es so oft auf unsere Kosten gewesen, daß zur Abwechslung auch einmal Rußland und Frankreich ihren Aerger daran haben dürfen. Im übrigen tritt jetzt das Interesse an allen auswärtigen Angelegenheiten, auch an den immer noch schwierigen albanischen Grenz­verhältnissen und dem Kampfe des Fürsten Wilhelm gegen die griechischen Epiroten, zurück hinter der Zu­spitzung des alten Konflikts zwilchen Mexiko und den Vereinigten Staaten. Nachdem Präsident Wilson von Washington aus sich mit papierenen Protesten und diplomatischen Noten, außerdem aber mit einer geheimen Unterstützung der Rebellenführer in dem Kampfe gegen den mexikanischen Präsidenten Huerta lange genug begnügt hatte, macht er jetzt ernst. Bisher konnte die ganze mexikanische Revolution und ihre geheime Unterstützung durch die Amerikaner als ein Kampf um die Petroleumquellen Mexikos gelten, ein Kampf des berüchtigten Rockefellerlrusts gegen den Widerstand, der ihm in Mexiko gegen seine kapitalistischen Raubpläne erwachsen war. Jetzt hat Präsident Wilson, so lange er auch noch zauderte, dem Drängen der amerikanischen Dollarkönige nach­gegeben und sich zum offenen Kampfe entschlossen. Bisher hieß es nur, daß die Vereinigten Staaten sich Genugtuung für die Beleidigung von Marine­mannschaften verschaffen und einen Sühnesalut des amerikanischen Sternenbanners erzwingen wollen. Eine Kriegserklärung gebe es nicht, da die mexikanische Regierung gar nicht anerkannt sei. Aber in Veracruz, dem Hafen der Stadt Mexiko, wurden amerikanische Truppen gelandet und das Zollhaus gestürmt, wobei einige Tote und Verwundete auf dem Platze blieben. Außerdem ist so ziemlich die ganze Flotte der Ver­einigten Staaten unterwegs, um alle mexikanischen Häfen zu blockieren. Demnächst wird wohl eine amerikanische Landmacht die Grenze überschreiten. Die ganze Aktion wurde mit einem großen Geschrei eingrleitet, das bis jetzt eine verdächtige Ähnlichkeit mit dem Verhalten des Großmauls aufweist, der angesichts seines Feindes fürchterliche Gebärden macht und dann in den vorsichtigen Ruf ausbricht:Haltet mich, oder es gibt ein UnglückI" Die Amerikaner versichern denn auch feierlich, sie wollten keine Annexion Mexikos oder dergleichen, nurGenugtuung". Tatsächlich werden sie wohl zufrieden fein, wenn es

ihnen gelingt, den unbequemen Huerta vollends zu stürzen und ihnen willfährige Männer an die Re­gierung des unglücklichen Landes zu bringen, das dann von der Allmacht des Dollars vollends in der bekannten und berüchtigten Artfriedlich durchdrungen" werden kann, wie die Diplomaten so hübsch sagen, wenn sie einen unblutigen Raubzug meinen.

Der Londoner ZeitungAmerika" wird aus Mexiko telegraphiert: Dort herrscht fieberhafte Aufregung und man befürchtet eine Erhebung der Volks Massen. Die Ausländer in der Stadt scharen sich zusammen, um sich zu verteidigen. Präsident Huerta erklärte erneut, er werde sein Aeußerstes tun, um Leben und Eigentum der Fremden zu schützen.

Die im Befinden des Kaisers Franz Josef eingetretene Besserung macht erfreuliche weitere Fortschritte. Sollte das gegenwärtige sonnige warme Wetter anhallen, so steht die baldige vollständige Wiederherstellung des greisen Monarchen zu erwarten.

Das englische Königspaar hat in den ersten Tagen dieser Woche seinen Gegenbesuch in Paris für den Antrittsbesuch abgestattet, welchen Präsident Poincarä vergangenes Jahr am Londoner Hofe machte. Die Pariser Bevölkerung bereitete den eng­lischen Majestäten eine sehr warme Aufnahme. Bei der Galatafel im Elisäe zu Ehren der hohen Gäste wurden zwischen Präsident Poincare und König Georg die üblichen Trinksprüche gewechselt, an denen das bemerkenswerteste war, daß sie ängstlich das WortBündnis" vermieden; im sonstigen be­tonten die Trinksprüche natürlich die unveränderte Fortdauer der intimen Entente zwischen England und Frankreich. Jedenfalls stehen von der jüngsten Be­gegnung König Georgs mit dem Präsidenten Pom- care keinerlei politische Abmachungen besonderer Natur zu erwarten. Am Mittwoch vormittag empfing König Georg den russischen Botschafter v. Jswolski. Nachmittags wohnte das englische Königspaar ge­meinsam mit Hrn. und Frau Poincars der großen Truppenschau bei Vincennes bei. Alsdann besuchten die Majestäten das Pariser Rathaus, wo großer Empfang stattfand.

Die Franzosen planen in Marokko ein neues größeres Unternehmen. Es gilt der Besetzung des Gebietes von Tasa; die dortigen rebellischen Stämme wollen die französische Herrschaft noch immer nicht anerkennen. Die Expedition gegen Tasa, welche vom General Baumgaiten befehligt werden wird, ist je­doch um einige Tage verschoben worden, weil das zu durchziehende Gelände infolge schlechten Weiters unwegsam geworden ist.

Zabern, 23. April. Der neue Regiments- Kommandeur in Zabern, Oberst Gyndel. halbem Bürgermeister einen Besuch abgestattet und ihm für den freundlichen Empfang des Regiments ge­dankt. Auch den übrigen Vertretern der Zivilbehörden machte der Oberst Besuche.

Karlsruhe, 21. April. Wie verlautet, ist das Gutachten' des Geh. Oberbaurats Sympher im preußischen Arbeitsministerium über die Wasser­straße von Basel bis zum Bodensee, das auf Wunsch des Internationalen Schiffahrtsverbandes erstattet wird, im Entwurf fertiggestellt. Dem Ver­nehmen nach kommt das Gutachten über die Wirt­schaftlichkeit dieser Wasserstraße zu einem recht gün­stigen Ergebnis. Ueber die gleiche Frage wird Geh. Oberbaurat Sympher auf dem Badischen Handelstag in Mannheim am 7. Mai sprechen.

Karlsruhe, 2 1 . April. Im kommenden Jahr 1915, in welchem die Stadt ihr 200jähriges Jubi­läum begeht, werden hier gegen 140 Kongresse zu erwarten sein. Ungefähr 80 Kongresse haben sich schon bestimmt angekündigt.

Schwetzingen. 22. April. Eine Submissions­blüte ergab sich heute bei der Vergebung der Be­stellung eines Schnurgerüstes in der Betriebswerk­stätte. Während das höchste Angebot sich auf 3000 Mark belief, beträgt das niederste 1500 Mk.