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absichtigte, mit seiner Familie nach Amerika auszuwandern, besaß in Sulzdorf, hiesigen Oberamts, ein Haus und eine Scheuer, welch elfteres er dieses Frühjahr verkaufte, während er die letztere nicht an den Mann bringen konnte. Da er zu der genannten Reise doch auch den Kaufpreis für die Scheuer benötigte, veranlaßte er den Taglöhner Hollacher von dort, dieselbe anzuzünden, während er und seine Frau verreisten. Wenger hat dann am Sonntag, den 21. Februar ds. Js., alles so hingerichtet, daß Horlacher nur hätte anzünden dürfen und händigte demselben als Abschlagszahlung 50 ein. Weitere 150 Entschädigung hätte derselbe nach Ausführung der Tat und Ausbezahlung der Versicherungssumme erhalten. Wenger reiste tatsächlich am Montag, den 22. Februar mit seiner Frau ab, worauf Horlacher Anzeige erstattete. Als Wenger am 23. Februar abends zurückkehrte, erfolgte seine Festnahme. Das Urteil lautete auf 1 Jahr Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust, weil wie in der Begründung des Urteils hervorgehoben wurde, die Handlungsweise einer gemeinen Gesinnung entsprungen war.
Heidenheim, 19. März. In Hcrbrechtingen ereignete sich vorgesteru Abend ein schweres Unglück in der Fabrik von Neunhöffer. Der 45 Jahre alte Arbeiter I. Thuwm wurde von einer Transmission erfaßt und so schrecklich zugerichtet, daß er nach einigen Stunden starb. Er hinterläßt eine Witwe und 5 Kinder.
Aalen, 19. März. Gestern vormittag kaufte sich ein Unbekannter in einem kleinen Ellenwarengeschäft ein Taschentuch und steckte gleichzeitig auch eine Cigarre an. Kaum war derselbe fort, da entstand in dem Laden ein Brand und cs ist mit Sicherheit anzunehmen, daß der Brand durch das weggeworfene Zündhölzchen enstanden ist. Der Schaden beläuft sich auf etwa 1200
Frankfurt a. M., 19. März. Die Automobil-Ausstellung wurde heute vormittag durch General von Chappuis in der landwirtschaftlichen Halle eröffnet. Oberpräsident von Windheim, welcher an Stelle des durch Trauerfall verhinderten Prinzen Heinrich erschienen war, brachte das Kaiserhoch aus. Hierauf erklärte der Herzog von Ratibor die Ausstellung für eröffnet, woran sich ein Rundgang anschloß. Die Ausstellung ist sowohl vom Jn- wie vom Auslande sehr reich beschickt.
Berlin, 19. März. Gouverneur Leut- wein telegraphiert heute: Major Glasenapp stieß, den Kompagnien vorauseilend, am 13. März mit einem Stabe zahlreicher Offiziere und 36 Berittenen auf die Nachhut des Feindes, die unerwartet Verstärkungen erhielt, so daß Glasenapp gezwungen wurde, zurückzugehcn. 7 Offiziere und 19 Mann find gefallen, 3 Offiziere und 2 Mann verwundet.
Paris, 20. März. In Blois nahm gestern der Regierungs-Kommissar die Ausweisung der Kapuziner-Mönche vor. Die Mönche weigerten sich, den Kommissar cinzulassen. Infolgedessen wurde das Tor gewaltsam geöffnet und das Kloster von der 4. Komp, des 113. Infanterie-Regiments besetzt. 5 Kapuziner, begleitet von etwa 20 Gläu
bigen, erklärten, nur der Gewalt weichen zu wollen. Sie wurden von Gendarmen aus dem Kloster herausgezerrt. Mehrere 100 Personen, die vor dem Kloster Aufstellung genommen hatten, veranstalteten Protestrufe gegen die Regierung.
Petersburg, 19. März. Admiral Alexe- jew richtete aus Mulden ein Telegramm an den Zaren, wonach General Mistchenko folgendes meldet: Nach den letzten Informationen steht ein japanisches Armeekorps mit einigen Geschützen bei Pingyang. Das Armeekorps läßt seine Lebensmittel auf koreanischen Wagen befördern. Die Kavallerie ist nicht zahlreich, sie besitzt nur mittelmäßige Pferde und befindet sich auch sonst in schlechter Verfassung. Ein Zusammenstoß mit den feindlichen Vorposten hat stattgefunden.
Petersburg, 20. März. Admiral Alexejew berichtet aus Port Arthur, daß dort alles ruhig ist. Japanische Schiffe zeigten sich gestern auf der Reede. Admiral Makaroff ließ einige Torpedos auslaufen, worauf sich die japanischen Schiffe wieder entfernten. Im russischen Generalstabe laufen fortgesetzt Telegramme über die Bewegung u. Stellung der russischen Truppen ein. Diese Telegramme werden dem Publikum jedoch nicht mitgeteilt.
London, 19. März. Die Admiralität giebt bekannt, daß das englische Unterseeboot -4 1 gestern verloren gegangen ist. Das Boot wurde beim Leuchtturm „Nab" von einem Dampfer überrannt. Die gesamte Besatzung, darunter ein Leutnant und ein Unterleutnant, ist ums Leben gekommen.
London, 20. März. König Eduard gedenkt hiesigen Blättern zufolge während der Anwesenheit in Kopenhagen freundschaftliche Briefe an Kaiser Wilhelm, den Zaren und den Kaiser von Oesterreich zwecks friedlicher Beilegung der Balkanfrage zu richten.
Odessa, 19. Mäiz. Wegen regierungsfeindlicher Demonstrationen wurden 230 Studenten der hiesigen Universität relegiert, 100 verhaftet und 70 erhielten Zimmerarrest bei Wasser und Brot.
Lissabon, 19. März. Als der Dampfer „König Albert" vor der Signal-Station Sagre passierte, sandte Kaiser Wilhelm folgendes Telegramm an den König von Portugal: Indem ich soeben Kap Vincens passiere, sende ich Euer Majestät die ehrfurchtsvollsten Grüße.
Vermischtes.
-(Bismarck-Erinnerung.) Ein noch im Dienst befindlicher Reichsbeamter, der s. Zt. unter dem Reichskanzler Fürsten Bismark gearbeitet hat und ihm dabei vielfach persönlich näher getreten ist, teilte dem Gewährsmann der „Magdeburg. Ztg." folgende Erzählung Bismarcks zu dem Tema „Der Mensch soll sich nichts gefallen lassen" mit. In seinen jungen Jahren wurde Bismarck mit mehreren Alters- und Berufsgenossen regelmäßig zu Bällen in der Xschen Botschaft eingeladen. Es bestand dabei die Einrichtung, daß während der Pause das
Abendessen eingenommen wurde, und daß zu diesem Behufs die älteren Personen aus dem Ballsaale in die Obergemächer sich zurückzogen, während die jüngeren Damen und Herren im Ballsaale verbleiben mußten, ohne daß ihnen serviert wurde. Einige Male, erzählte Fürst Bismarck, ließ ich mir das zähneknirschend gefallen, bis an einem Ballabend nach Verabredung mit meinen Freunden sofort, als die älteren Herrschaften den Saal behufs Einnahme des üblichen üppigen Soupers verlassen hatten, wir.uns mitten im Saale zusammensetzten und ein jeder von uns ein umfängliches Packet — Schinkenstullen seinem Fracke entnahm, dieses öffnete und den Inhalt vor den übrigen anwesenden Balldamen und Herren und zu deren größter Freude mit sichtlichem Appetit verzehrte. — Selbstverständlich war dies die letzte Einladung gewesen, die mir und meinen eßlustigen Freunden zu den Bällen der betreffenden Botschaft zugegavgen war.
— „Er schlipste sich die Krawatte". In der Kieler Zeitung ist zu lesen: E. Eckstein leistet sich in seinem letzten Roman „Roderich Köhl" den Satz: „Er schlipste sich die Kravatte". Ueber diese schöne Bereicherung unserer armen Sprache spottet die Schlesische Schulzeitung, indem sie folgende Nachahmungen empfiehlt: „Nachdem Edgar sich auf das Kanapee gcsofat hatte, kerzte er ein Talglicht, bei dessen trübem Schein er das versprochene Schreiben an seine Braut briefte, dann beinkleidete er neue Hosen an, chemisettete ein reines Vorhemd an, zigarrte sich eine Havanna an, likörte einen Kognak, kneiferte sich ein Pincencz auf und beinte spazieren."
Litterarisches.
— Das Märzheft der „Flotte", Monatsblatt des Deutschen Flotten-Vereins (zu beziehen durch die Post und alle Buchhandlungen zum Jahrespreise von 2, Einzelheft ^ 0,20) beschäftigt sich naturgemäß hauptsächlich mit dem russisch- japanischen Krieg. Der Aufsatz „Was lehrt uns er russisch-japanische Krieg?" hat bereits zu einer interessanten Diskussion in der Presse Veranlassung gegeben. Der mit den japanischen Verhältnissen aus eigener Anschauung vertraute Generalleutnant v. Janson bringt eine Abhandlung über „Japans Wehrkraft". Von einem Torpedo- dootskommandanten rührt eine flott geschriebene und von W. Stöwer illustrierte Skizze „Ein Torpedobootsangriff" her, eine Bildertafel zeigt uns die wichtigsten gepanzerten Vertreter der streitenden Seemächte. Der aktuellen Frage über die „Dampfturbinen" ist ein sehr lehrreicher Aufsatz gewidmet und im Unterhaltungsteil endlich schildert ein erster Offizier die Leiden und Freuden seines Berufs auf einem unserer ostasiatischen Kreuzer.
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abgebrochen, und jeder Augenblick mit ihm allein schuf ihr nur zwecklos neue Oual. Sie stand deßhalb in starrer Abweisung vor ihm, ihre Augen ernst und streng auf ihn gerichtet. Hans vermochte eine leise Verlegenheit nicht zu unterdrücken. Er hatte sich das, was er von ihr erbitten wollte, viel leichter vorgestellt, ihr eigentümlicher Blick verwirrte ihn. Zögernd begann er:
„Sag' mal, Kousinchen," — da stockte er schon. Was lag denn nur plötzlich in ihren Augen, so hatte er sie ja noch nie gesehen. Hastig rief er aus:
„Aber, bitte, mach doch nicht so böse Augen, und stehe nicht so kampfbereit da. sonst — sonst fehlt mir der Mut zu meiner Bitte."
„Mache doch nicht erst soviel unnütze Worte," entgegnet« Ella schroff. „Sag's kurz, was Du zu sagen hast!"
Hans blickte sie kopfschüttelnd an, dann sagte er plötzlich ernster, als er sonst Lusch gegenüber gewohnt war:
„Warum bist Du eigentlich in den letzten Tagen immer so scharf und grätig zu mir? Gezankt und geneckt haben wir uns ja immer, aber Du warst trotzdem doch immer wieder lieb und freundlich zu mir! Ich habe Dich als Baby auf diesen Armen getragen, — auf dem Rücken des zwölfjährigen Burschen hast Du Deine ersten Reitversuche gemacht, — ich war Dein ältester und treuester Spielgefährte der seiner kleinen Kousine wie ein Pudel nachlief. — Du weißt also sehr gut, daß ich Dir nicht mit Absicht weh tue. Früher hast Du meine Neckereien stets so aufgefaßt, wie sie gemeint waren, und mir mit gleicher Münze gedient, ohne daß unsere Harmonie jemals gestört wurde. Erst seit Deinem
Hiersein ist dies merkwürdiger Werse anders geworden, — das fühle ich, und das — tut mir weh!"
Seine Stimme begann bei den letzten Worten leicht zu beben, und seine Augen blickten aufrichtig betrübt auf Ella. Diese konnte nur schwer ein leises
Zittern unterdrücken. — Nur nicht diesen warmen Ton von Hans jetzt hören
müssen! — Dies ertrug sie nicht, ihre Kraft hielt da nicht vor! Sie zwang sich mit äußerster Kraft zur Ruhe, konnte es aber dennoch nicht vermeiden, vaß ihre Stimme gequält klang, als sie antwortete:
„Du irrst Dich, lieber Hans! Ich bin nicht anders wie früher! — Wenn Dir aber wirklich mein Benehmen anders erscheint, so trifft mich jedenfalls auch keine Schuld!"
„So sag' mir, worin ich Dich gekränkt habe," bat Hans herzlich. „Ich versichere Dir, es ist mir der Gedanke unerträglich, daß Du mir ernstlich böse
sein könntest! Ich habe auch innerlich das Gefühl, daß cs ganz etwas anderes
ist, als meine Redereien, was Dich so plötzlich verstimmt hat, — nur weiß ich nicht, was cs ist!"
„Ich bitte Dich, Hans, quäle mich nicht!"
Hans blickte ihr tief in die Augen; mit erregter Stimme sagte er nur das eine Wort: „Lusch!"
Da war schon wieder dieser unerträgliche Ton! Ella riß sich zusammen.
„Es ist wirklich nichts Besonderes, glaub's mir!"
(Fortsetzung folgt.)