Zweites

Zweites

Blatt.

Der Lnztälen

^ 36.

Neuenbürg, Mittwoch Sen 4. März 1914.

7L Jahrgang.

RunSschau.

Berlin, 2. März. In einer zahlreich besuchten Versammlung christlich-nationalerArbeiterin Heidelberg sprach gestern der Kölner General­sekretär Stegerwald über die jüngsten Vorgänge innerhalb der christlichen Gewerkschaftsbewegung. Er erklärte u. a., daß die Behauptung der sozial demokratischen Presse, die christliche Gewerkschafts­bewegung sei jetzt erschöpft, sich als trügerisch erwiesen habe. Im Gegenteil habe die christliche Gewerkschafts­bewegung außerordentlich an Mitgliedern zugenommen und allein in den letzten 14 Tagen rund neuntausend Neuanmeldungen erhalten.

Der Soldat führt seine Dame, hängt sich aber nicht in deren Arm ein. So verlangt es eine Verfügung des früheren Kommandierenden Generals des 11. Armeekorps v. Scheffer-Boyadel an die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, die soeben von dessen Nachfolger, General v. Plüskow, in einem Parolebefehl bestätigt wurde.

Berlin, 2. März. Bei einem Autounglück in der Nähe von Prenzlau fanden zwei Direktoren den Tod. Zwei andere Insassen des Autos kamen mit leichten Verletzungen davon. Von der Ursache des Unfalls konnte man sich zunächst kein Bild machen, bis ein Slraßenwärter in einer Entfernung von 200 Meter von der Unglücksstelle einen Feder­bolzen vorfand. Wie sich herausstellte, war der Bolzen der vorderen Feder verloren gegangen, infolge­dessen war die Feder gebrochen und das Auto schlug um und rannte gegen einen Baum.

Magdeburg, 2. März. Fünf Strecken­arbeiter wurden Samstag vormittag um 9 Uhr auf dem Bahnhof von einem Zuge überfahren. Infolge deS herrschenden Nebels bemerkten die Leute nicht, daß, während sie einem Zuge auswichen, ein anderer Zug heranbrauste. Alte fünf Arbeiter wurden von der Lokomotive erfaßt, zu Boden ge­rissen und sofort getötet.

Worms, 1. März. Bei Rhein-Dürkheim verunglückte heute abend 7 Uhr das Automobil des Möbelfabrikanten Messe rt mit 5 Insassen. Der Besitzer des Automobils und das älteste Kind waren sofort tot. Die Frau, der Chauffeur und das jüngere Kind wurden schwer verletzt ins Kranken­haus gebracht. Das Unglück ist auf einen Zusammen­stoß mit einem Zuge der Kleinbahn Osthofen-Rhein- Dürkheim zurückzuführen.

Breslau, 28. Februar. Wegen fortgesetzter Mißhandlung ihres Dienstmädchens verurteilte die Strafkammer die Apothekerfrau Hedwig Thiel zu 3 Monaten Gefängnis und 250 Mk. Geldstrafe. Der ganze Körper des Mädchens war mit Striemen bedeckt und braun und blau geschlaaen. Die Augen waren so verschwollen, daß sie zur Untersuchung mit Instrumenten geöffnet werden mußten.

Gießen, 3. März. Der aus Frankfurt a. M. stammende Ingenieur Conrad, der Leiter der hiesigen Zweigstelle der A.E.G., wurde seit Donners­tag vermißt. Jetzt hat er einem ihm befreundeten Pfarrer aus Frankreich geschrieben, daß er in die Fremdenlegion verschleppt wurde. Seine Eltern müßlen sich auf ein Wiedersehen nach 5 Jahren verirösten. Conrad wollte in diesem Monat heiraten. Man nimmt an, daß er betrunken gemacht und in willenlosem Zustand über die Grenze geschafft worden ist.

Vom Bodensee, 3. März. Vor einigen Wochen starb in einem größeren Orte am Bodensee der in weiten Kreisen der Ostschweiz bekannte und geschätzte Notar S. I. In feinem Hause hatte er, wie die Neue Züricher Zeitung" mitteilt, ein Zimmer, das nur ihm allein zugänglich war. nicht einmal seine Gattin durfte das Heiligtum betreten, in dem sich nach seinen Angaben nur Mililä,sacken, die er selbst besorge, ausbewahrt würden. Nach seinem Ableben wurde das vorsorglich abgeschlossene Zimmer geöffnet, und groß war das Erstaunen der jungen Frau, als sie in dem geheimnisvollen Zimmer ein großes Schuhlager enideckte. das Hunderte von Paaren meist noch ungetragener Schuhe, und zwar solche von sehr hohem Wert, für Damen und Herren entdeckte.

Daß ihr Mann ein großer Freund schöner Schuhe war, wußte sie allerdings, hatte er ihr doch schon während ihrer kurzen Brautzeit drei Dutzend der schönsten Frauenschuhe geschenkt. Der Verstorbene selbst setzte persönlich den größten Stolz auf möglichst moderne und feine Schuhe, und schon in seinen Schülerjahren lebte er dieser Neigung. Er wollte immer das Neueste haben. Gefiel ihm in einer Schuhhandlung eine neue Schuhsorle ganz besonders, so legte er sich gleich den ganzen Vorrat zu. Der Wert des im Lauf weniger Jahre angelegten Schuh­lagers beziffert sich nach fachmännischer Schätzung auf rund 30 000 Franken. Die Witwe des Ver­storbenen gibt sich nun große Mühe, das Schuhlager wieder so rasch wie möglich in größeren Partien los zu werden.

London, 2. März. Aus Belfast wird ge­meldet, daß auf der dortigen Schiffswerft von Haland und Wolfs die Herstellung eines trans­atlantischen Dampfers von 60000 Tonnen also eines, den deutschen RiesendampferVaterland", noch übertreffenden Schiffes, in Aussicht genommen ist. Der Belfast-Lough-Kanal, der zu der Werst führt, soll zu diesem Zwecke zu einer noch bedeutend größeren Tiefe ausgebaggert werden.

Rom, 2. März. Aus dem Schloß des Grafen Desideri bei Piombino wurde während eines furchtbaren Südweftsturms der schwere Kassen- schrankder Gutsverwaltung gestohlen u»d im Walde erbrochen. Den Dieben fielen etwa eine Viertel Million Mark in die Hände.

Paris, 2. März. Ein geheimnisvoller Post- diebstahl wurde Samstag vormittag ausgeführt. Von dem Zentralbureau in der Rue Jean Jacques Rousseau geht jeden Morgen ein Postwagen mit großen Geldsendungen sowie eingeschriebenen Paketen ab. um sie den verschiedene« Banken zuzustellen. Als der Postwagen Samstag früh vor der Banque l'Union Parisienne ankam, bemerkten die Postbeamten, daß der Sack Nr. 5, der an ein Börsensyndikat gerichtet war, verschwunden war. Der Diebstahl wurde im Zentrum von Paris von einer vollkommen organisierten Bande ausgeführt, die ihren An­schlag von langer Hand vorbereitet halte. Die Diebe müssen den Augenblick benutzt haben, in dem der Wagenführer, der nach der Vorschrift den Wagen in Abwesenheit des austragenden Postboten zu über­wachen hat, einen anderen Sack bis zu dem Fenster einer Bank getragen hatte. Man spricht davon, daß in dem Sack Sendungen im Werte von über einer Million enthalten waren. Nach einer weiteren Meldung sind zwei leere Postsäcke, darunter der vorgestern gestohlene, auf einem unbekannten Gelände in der Nähe von Paris gefunden worden.

Marseille, 3. März. Ein heftiges Unwetter tobt noch immer über der Stadt uud dem Lande. Kein Dampfer kann in den Hafen einfahren, und auch die Postdampfer können den Hafen nicht verlassen.

New-Jork, 3. März. Infolge der Kälte, die der Schneesturm gebracht hat, sind etwa sechs Personen umgekommen. Im Ostende der Stadt sind während der letzten 24 Stunden etwa 50 Brände ausgebrochen. Doch konnte sich die Feuer­wehr nur langsam den Weg nach der Brandstätte bahnen, da tiefer Schnee die Straßen sperrt. Auch sind die Hydranten und Schläuche gefroren. Der Verkehr New Jorks ist fast ganz lahmgelegt. Der Betrieb der Tram und Hochbahnen ist ein­gestellt. Sechs Schiffe sind an der Küste der Neuengland-Staaten gescheitert. Etwa zwanzig Personen sollen ertrunken sein.

Der australische Gelehrte Dr. Fox. der kürzlich vor Vertretern der Wissenschaft sein Antitoxin gegen Schlangenbisse verführte, ist gestern nach einer prakliscken Vorführung seines Mittels im Zoologischen Garten in Calcutta gestorben. Er war von einer Giftschlange an fünf Stellen in die Hand gebissen worden. Fox, der sich öfter von Gift­schlangen halte beißen lassen, um die Wirkung seines Antitoxin vorzuführen, machte an vier Giftstellen Einschnitte, übersah aber die fünfte. Am späten Nachmittag zeigten sich die Vergiftungs- erscheinungen. Als man die fünfte Bißstelle entdeckte.

war es jedoch zu spät, da das Antitoxin nur wirkt, wenn es unmittelbar nach dem Biß ange­wandt wird.

Württemberg.

Ulm, 3. März. Die 32 Jahre alte Schweißers­ehefrau Küthe Marion fand sich im Amtsgerichts­gefängnis ein und machte die Anzeige, daß sie ihre drei Kinder im Aller von 6 Jahren, 4 Jahren und 4 Monaten in Abwesenheit des Mannes in ihrer Wohnung aufgehängt habe. Die sofort angestellten Ermittelungen ergaben die Richtigkeit dieser Anzeige. Die Kinder wurden teils an der Zimmerdecke, teils an Türpfosten hängend tot auf­gefunden. Was die als fleißig und ordentlich geschilderte Frau zu der unseligen Tat veranlaßt hat, bedarf erst der Aufklärung.

Tübingen, 2. März. Bei Grabarbeiten wur­den hier außergewöhnlich viele, bereits völlig ent­wickelte Maikäfer gefunden. Das läßt annehmen, daß ein Maikäferjahr bevorsteht. Im vorigen Jahre find die Maikäfer fast gar nicht aufgetreten.

8.0 L. Riedlingen, 1. März. (Was soll das heißen?) LautRiedlinger Zeitung" ist es hier und da ausgefallen, daß in einzelnen Gemeinden des Oberamts aus nicht wichtigen Gründen die kirchliche und weltliche Feier von Königs Geburtstag schon zum voraus, am Fastnachtsmontag oder -Dienstag begangen wurde. Mancher konnte es sich nicht zusammenräumen, wie man die bestimmten und ent­gegenkommenden kirchlichen und staatlichen Vorschriften in dieser Weise umgehen mochte. In anderen Ge­meinden, in denen man diese Vorschriften beachten zu müssen und einem ähnlichen Ansinnen nicht ent­sprechen zu können glaubte, sind sogar Unannehmlich­keiten entstanden. (Von wem?)

Neresheim, 3. Mäez. Im Forstamt Köpfen- bürg ist dieser Tage der Hölzleskönig gefällt worden. Der Stamm dieser mächtigen Fichte ergab über 16 Festmeter Holz. Dazu kommt noch ein Raummeter Brennholz. Aus dem Baumriesen wurden 474 Mark erlöst.

Lackendorf OA. Rottweil, 2. März. Einen Weg von 205 000 km, 5 mal um die Erde, hat Postbote Langenbacher hier zu Fuß zurückgelegt. Er besorgt seit 27 Jahren den Postgang für Lackendorf und Stetten (in den ersten Jahren auch für Flözlingen). Die Postsendungen werden abgeholt erstmals in Hochwald, für den zweiten Gang in Rottweil, woraus sich eine Tagesleistung von min­destens 24 km, eine Jahresleistung von 7500 km ergibt.

Lonsingen OA. Urach, 2. März. Ein zehn­jähriger Knabe von hier gratulierte dem König zum Geburtstag. Er schrieb ihm einen Brief mit dem Bemerken, daß er selbst seinen Geburtstag am 25. Februar feiere und auch Wilhelm heiße. An das Schuliheißeuamt kam nun ein Kistchen, gefüllt mit Schokolade und Gebäck, samt einem Schreiben aus der K. Kanzlei, worin sich diese im allerhöchsten Aufträge für den Glückwunsch bedankt und ihrerseits dem Schreiber des Briefes zu seinem Geburtstage gratuliert.

Gebrazhofen OA. Leutkirch, 2. März. Die Leiche Redolfs, die seiner Zeit in Biberach ohne Sang und Klang beigesetzt worden ist. wird wieder ausgegraben und morgen feierlich hier beerdigt. Mehrere Anzeichen sprechen für die Wahrscheinlichkeit, daß Redolf nicht freiwillig aus dem Leben geschieden, sondern als ein Opfer Bauers gestorben ist. Damit wird dem einst im Leben Geachteten auch im Grabe die letzte Ehre erwiesen.

ILandeS-rodukt-nbitrse Stuttgart). Bericht vom 2. März. Aus dem Getreidemarkta hat sich die Stimmung in der abgclausenen Woche weiter befestigt, da hauptsächlich England als kräftiger Käufer austrat und die erhöhten Angebote der Exportländer glatt akzeptierte. Das Geschäft war lebhafter. Auch die deutschen Großmühlen machten größere Ankäufe, da nirgends große Borräte vorhanden sind und auch der Mehlabsatz sich gebessert hat. Die heutige Börse war gut besucht. In Landware und auch in fremden Weizen gab es etwas Geschäft zu höheren Preisen. Mehlpreise per IW Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0:

33.25 -4t bls 34.25 Nr. 1. 32 25 °tt bis 32 75 °4t, Nr. 2:

31.25 bis 31.75 ^t, Nr. 3: 29.75 bis 80.75 Nr 4:

26.25 bis 27.25 Kleie 9.50 ^ bis 10. -4L (ohne Sack netto Kasse.)