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vorigen Stand gegen diese gesetzliche Folge des Ausbleibens nicht stattfindet.

Etwaige noch nicht bekannte Ansprüche auf Freilassung von dem Unternehmen oder auf Anteil­nahme an demselben, welche aus Art. 4 und 5 des Feldbereinigungsgesetzes vom 30. März 1886 abge­leitet werden, sind innerhalb der Ausschließungsfrist von zwei Wochen beim Ortsvorster in Oberhaugstett oder beim Oberamt geltend zu machen.

Sollte die Wahl der Landwirte und ihrer Ersatzmänner für die Vollzugskommission bet der Abstimmungstagfahrt nicht zu Stande kommen, so würden dieselben nach Anhörung deS Gemeinderats auf Antrag des Oberamts von der Zentralstelle berufen werden.

Der Plan, die gesammelten Notizen und das Ergebnis der vorläufigen Prüfung durch die Zentralstelle sind auf dem Rathaus in Oberhaug­stett zu Jedermanns Einsicht öffentlich aufgelegt.

Calw, 9. März 1904.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesnemgkeilen.

* Calw, 9. März. Die warme Temperatur der letzten Tage hat mit einem Schlage eine Anzahl von Frühlingsblumen aus dem Schlafe geweckt. Ueberall sehen wir die schönen Blüten der Sahlweide (Palmkätzchen) und des Haselnußstrouchcs. In großer Menge hängen die gelben Kätzchen (Würst­chen" genannt) an dem Haselnußstrauch und erfreuen das Auge des Wanderers. Auch andere Blumen sind emporgewachsen und verkünden das baldige Kommen des Frühlings. In Zavelstcin beginnt der Krokus zu blühen und in den Gärten ergötzt das schöne Schneeglöckchen den Blumenfreund. Manche dieser Blumen sieht man aber auf dem Wege liegen und es ist eine eigene Freude mancher Leute, daß sie die prächtigen Blumen pflücken, einige Minuten sich daran erfreuen und dann achtlos wegwerfen. Es gibt aber auch Leute, die in öffentlichen Anlagen Pflanzen abreißen oder die mit vieler Mütze ge­pflanzten Blumen und Blüten mitnehmen, sie be­denken dabei gar nicht, daß sie etwas Unerlaubtes und Unrechtes tun. So sahen wir gestern einige Damen im Georyeväumsgarten, die einen Strauß Schneeglöckchen pflückten, obgleich am Eingang des Gartens auf einer Tafel eine Warnung vor Ent­wendung von Blumen angebracht ist. Im vorigen Jahr wurde das Krokuskreuz, das der Verschönerungs- Verein im Stadtgarten anlegen ließ und das Heuer wieder sehr schön zu werden verspricht, ebenfalls geplündert. Es wird daher wohl die dringende Bitte an das Publikum berechtigt sein, sämtliche öffent­liche Pflanzungen zu schonen und den schönen Anblick der Pflanzen am Standort selbst zu genießen, statt die Blumen abzupflücken und nach Hause zu nehmen.

Calw. Die hiesige Bahnhofwirtschaft wird, wie man uns heute mitteilt, von Herrn I. Bauz z.Krone" in Freudenstadt übernommen werden.

Calw. Der heutige Vieh markt war ziemlich stark befahren. Zufuhr 30 Pferde, 500 St. Rindvieh, 39 Körbe Milchschweine, 119 St. Läufer. Verkauft wurden 220 St. Rindvieh zu Preisen von 270420 für Milchvieh, 7201036 für Stiere und fette Ochsen. Handel wegen hoher Preise etwas schleppend. Milchschweine lösten 1830 Läufer 4090 pro Paar.

j Neybulach, 7. März. Heute wurde in Liebelsberg dem Schultheißen Hanselmann die'von Sr. Maj. dem König am 25. Februar verliehene Verdienstmedaille des Friedrichsordens durch Reg.-Rat Voelter übergeben. Eine stattliche Zahl von Gemeindebürgern und von Freunden und Amtsgenossen des Dekorierten nahm an der Feier der Uebergabe des Ordenszeichens und dem folgenden Festmahl teil. Reg.-Rat Voelter zählte die Ver­dienste auf, die sich Schultheiß Hanselmann um seine Gemeinde in nahezu 33jähriger Amtszeit erworben hat und rühmte den heutigen Stand der Gemeindefinanzen, der Gemeinde-Straßen und Wald­wege, die Bewirtschaftung ihres Waldes und den Betrieb ihrer Landwirtschaft, zu deren außerordent­lichen Hebung neben dem ff Schullehrer Alber dem Schultheißen ein ganz besonderes Verdienst zuzu- schreiben ist, die großartige Obstbaumanlage auf einer Höhe von über 600 w, für die Schultheiß Hanselmann mit der silbernen Verdienstmedaille seitens des württ. Obstbauvereins ausgezeichnet worden ist, die Einrich­tung einer Wasserleitung im Jahr 1892 und die Be­mühungen für Fischzucht in den Weihern der Ge­meinde. Bei dem Festmahl kam der Dank der Gemeinde und die Anerkennung seiner Verdienste seitens des Kirchspiels Neubulach wie um den ganzen Bezirk, dessen Amtsversammlungsausschuß er seit ca. 15 Jahren ongehört, zu wiederholtem Ausdruck. Von großer Bescheidenheit zeugte seine Antwort auf die verschiedenen ehrenden Reden. Seine treue Fürsorge für seine Gemeinde bewies er durch eine reiche Stiftung für die Armen. Möge er noch lange im Segen seines Amtes walten dürfen!,.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger7f Das Kgl. Ministerium der auswärtigen Angelegen­heiten, Verkehrsabteilung, hat am 6. März den Stationsmeister Abele in Teinach auf Ansuchen nach Schemmerberg versetzt.

Michelbach, 7. März. Der im Ruhe­stand hier lebende, im 83. Lebensjahr stehende Förster Gäbele hat durch den Ortsgeistltchen Sr. Majestät dem König zum heurigen Geburtsfest ein schönes Altertum, einen in der alten Gäbele'schen Förster­familie als Erbstück hoch in Ehren gehaltenen, mit Jagd-Emblemen kunstreich verzierten Pokal von grünem Glas überreichen lassen. Heute wurde der greise Waidmann erfreut durch ein mit eigenhändiger Namensunterschrift versehenes Brustbild Sr. Maje­stät in prächtigem Eoldrahmen, geschmückt mit der Königskrone, das ihm Pfarrer Necker gemäß dem beigegebenen Kabinettschreiben heute in seiner Woh­nung überreichte. Gabele ist im Hohenlohischen eine bekannte Persönlichkeit, er ist der Neffe und einzig überlebende Familienangehörige des von dem hohen­lohischen Humoristen W. Schräder verherrlichten alten Gäwele."

Hannover, 7. März. Die Beisetzung des Grafen Walde rsee findet Donnerstag 1 Uhr in aller Stille im engsten Kreise der Familie des Feldmarschalls statt.

Hannover, 7. März. Der Kaiser hat den Kronprinzen mit seiner Vertretung bei den Beisetzungs-Feierlichkeiten für den Grafen Waldersee beauftragt. Es werden ferner Prinz Albrecht von Preußen und Erbgroßherzog von Boden sowie die kommandierenden Generale des 7., 8., 9., 11., 13. und 18. Armeekorps der Leichenfeier beiwohnen. Eine Parade wird der

Leichenfeier vorausgehen. Das Artillerie-Regiment von Scharnhorst feuert während der Ucberführung der Leiche nach dem Bahnhofe 36 Schuß Trauer­salut ab. Der Kaiser hat ferner angeordnet, daß die Armeetrauer 8 Tage dauern soll. Das Köntgs- Husaren-Regiment in Hannover und das Feld­artillerie-Regiment General-Feldmarschall Graf Waldersee Schleswig-Holsteinsches Nr. 9 in Itzehoe haben 10 Tage Trauer anzulegen. Die Zahl der bisher im Trauerhause eingegangenen Kranzspenden beträgt.bereits über 400, die Zahl der eingegangenen Beileidstelegramme und Beileidsschreiben über 1200. Fortgesetzt treffen hohe Offiziere und Persönlich­keiten aus allen Teilen des Reiches hier ein, um der Witwe des Verstorbenen ihr Beileid aus­zudrücken.

Brüssel, 8. März. Wie derSoir" aus guter Quelle erfährt, wird Kaiser Wilhelm bei seiner Rückkehr von der Mittelmeerfahrt dem König Leopold einen Gegenbesuch machen. Außerdem meldete sich der Kaiser von Oesterreich beim Könige zum Besuch an. Der letztere Besuch soll im Juni erfolgen. Kaiser Wilhelm soll mit großem Pomp empfangen werden.

London, 7. März. Nach einer Meldung aus Tokio stehen 100 000 Japaner im Norden Koreas. Pingyang ist befestigt. Die Russen haben sich über den Jalu zurückgezogen. Eine große japanische Offensive steht im Norden Koreas und die Ueberschreitung des Jalu nach der Mandschurei bevor. Das Geschwader von Wladiwostok ist an­geblich bei Monsum gesehen worden. Japanische Kreuzer sind auf der Suche.

London, 8. März. Aus Tschifu wird berichtet: Es wird versichert, daß die japanischen Truppen sich am nördlichen Ufer des Jalu- fl us ses gegen den 10. ds. konzentriert haben werden. Starke russische Trvppenabteilungen haben sich auf der Gebirgskette bei Anjung gezeigt. Ihre Stellung läuft parallel mit dem Fluß.

New-Jork, 8. März. Ein furchtbares Lynch verbrechen ist jetzt nach 2 Jahren entdeckt worden. Im Jahre 1902 wurden bet Charleston drei Neger wegen angeblicher Ermordung einer weißen Frau lebendig verbrannt. Der Ehemann der Frau hat jetzt auf dem Sterbebett bekannt, daß er selbst seine Frau ermordet habe und daß die ver­brannten drei Neger unschuldig waren.

LmdMsWl. KMslimm Cali«.

Bei der im Jahr 1903 vorgenommenen Eber- schau haben Preise erhalten:

a) für über 1 Jahr alte Eber:

1. S chmid, Gottlieb, Bauer in Dachtel 20

2. KirchHerr, Joh., Bauer in Stammheim 20

3. Zech, Bauer in Gechingen 15

4. W aidelich, Bauer in Zwerenberg 15

5. Kirn, Joh., Bauer in Hornberg 15

b) für unter 1 Jahr alte Eber:

6. Dongus. Bauer in Deckenpfronn 10

7. Weiß, Jak., Bauer in Althengstett 10

8. Dürr, Georg, Bauer in Simmozheim 10

9. Lörcher, Wirt in Altburg 10

zusammen 125

Calw, 7. März 1904.

Bereinsvorstaud:

Regierungsrat Voelter.

daß ein Herr seine Dame so plötzlich im Stich läßt, um einer anderen nachzu­eilen, aber äh diese Herren Militärs haben anscheinend darin"

Er kam nicht weiter in der Entwicklung seiner Anschauung über die Ver­schiedenheit zwischen dem Handeln von Zivil und Militär, denn Olga unterbrach ihn empfindlich:

Sie wählen Ihre Ausdrücke nicht ganz glücklich, Herr von Falkenhayn. Vonim Stich lasten" kann nicht die Rede sein l Es ist selbstverständlich, daß sich Herr von Rheinbach um seine Kousine kümmert, die hier ganz fremd ist!"

Oh, Pardon, gnä's Fräulein," entschuldigte sich Falkenhoyn etwas ver­legen,ich bin total mißverstanden worden, oder äh vielmehr ich habe mich falsch ausgedrückt. Aeh würde mir doch nie in den Sinn kommen, Sie, meine Gnädigste, die ich so hoch verehre, verletzen zu wollen. Wer sich einmal in Ihrem Banne befindet, ist für immer gefesselt." Er verbeugte sich mit etwas leichtem Lächeln.Dafür sitze ich hier als leitendes Beispiel!"

Olga blickte ihn mit fast verletzender Gleichgiltigkeit an.

-So?"

Sie scheinen mir nicht zu glauben?" fuhr Falkenhoyn fort.Aber ich versichere auf Juristenwort, es ist so, wie ich sage!" Er legte beteuernd die Hand auf sein Herz.

Olga mußte wieder Willen lächeln.

Ich kannte bisher wohl AuL drücke, wie: Auf Wort, auf Kavaliers­parole, und auf Taille, dochauf Juristenwort" ist mir neu!"

Das kommt wohl daher, daß gnä'S Fräulein bisher nur in Offizierskreisen verkehrt haben," bemerkte Falkcnhayn mit überlegenem Lächeln.Eigentlich schade,

sehr schade, bin überzeugt, daß gnä's Fräulein sich in Juristenkreisen ganz besonders wohl gefühlt haben würden!"

Und warum glauben Sie dies?" fragte Olga.

Oh, gnä's Fräulein sind so so äh, wie soll ich sagen, so eigen­artig, so besonders, äh ich bekenne offen, so überlegenen Geistes, daß Sie nur unter uns Juristen eine Ihrer würdige Unterhaltung finden können!"

Nun, an übertriebener Bescheidenheit scheinen Sie nicht zu leiden," lachte Olga, unwillkürlich durch das selbstbewußte Wesen FalkenhaynS amüsiert.

Aeh, ich spreche nur der Wahrheit gemäß," verteidigte dieser eifrig seinen Standpunkt.Unsere Bildung ist ja eine viel tiefere und vielseitigere,

wir haben einen viel weiteren, größeren Blick, und der Beweis meiner Behauptung liegt ja offen zu Tage! Blicken doch gnä's Fräulein nur um sich.

Wer nimmt denn dis ersten Stellungen im Staate ein, wer steht an der Spitze der Ministerien? Wir, wir Juristen!"

Olga lachte jetzt laut.

Dann fühlen Sie sich wohl selbst schon als angehender Minister?"

Aeh, mein Streben geht allerdings dchin!" antwortete Falkenhayn mit großem Nachdruck.Zunächst ambitioniere ich indes etwas anderes!"

Und darf man das wissen?"

Falksnhayn nahm eine bedeutende Miene an.

Gewiß! Ich will zur Diplomatie übergehen! Bei meinen vorzüg­lichen Beziehungen darf ich auf eine glänzende CarriSrs hoffen und kann in acht bis zehn Jahren schon irgendwo Gesandter mit dem TitelExzellenz" sein!"

(Fortsetzung folgt.)