Zweites
Statt.
Der Lnztäler.
Zweites
Statt.
174.
71. Jahrgang.
RunSschau.
Berlin, 29.Okt. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Die amtlichen Ermittelungen über die Entstehungsursache der Katastrophe des Marineluftschiffes „L. 2" haben das Nach- stehende ergeben: Bildung eines luflverdünnten Raumes in der vorderen Gondel, hervorgerusen durch die bei dieser Konstruktion erstmals angewandte Art des an der Vorderseite der Gondel befindlichen Schutzschirmes; Ansaugung des an der Unterseite des Luftschiffes auslrelenden Gases; Emzündung des in die Gondel hineingezogenen Gasgemisches durch einen Funken am Motor. — Die Entstehung einer solchen verhängnisvollen Saugwirkung bei diesem neuartigen Schutzschirm haben weder die Konstrukteure der Marine, noch die der Zeppelin-Gesellschaft vorausgesehen. Bis dahin hatte sich die bisherige Schutzs chirmkonftruklion vollständig bewährt. In verschiedenen Veröffentlichungen haben Fachmänner und Laien ihre mutmaßlichen Ansichten geäußert und ganz unkontrollierbare Gerüchte sind entstanden. So soll der mit dem Luftschiff umgekommene Maschinist Lasch vor dem Aufstieg die Offiziere daraus aufmerksam gemacht haben, daß die Molore nicht in Ordnung seren. Die Osfiziere hätten aber auf der Fahrt bestanden mit der Begründung der Anwesenheit der Abnahmekommission. Für die Richtigkeit eines solchen an sich sehr wenig glaubwürdigen Vorganges fehlt nicht nur jede Unterlage, sondern es ist festjUstellen gewesen, daß das Verhalten der Molore vor dem Ausstieg einwandfrei gewesen ist. Wetter soll die Zeppelin-Gesellschaft selbst und insbesondere der Luflschiffkapitän Gluud die schwersten Bedenken gegen die angeblich von der Marmeverwallung geforderte Konstruktion des Luftschiffes, insbesondere gegen die Verlegung des Lausganges in das Schiff selbst gehabt haben. Das trifft nach einer ausdrücklichen Erklärung der Zeppetin-Gesellschaft nicht zu. Die Verlegung des Lausganges in den Schiffskörper ist auch zuerst von der Zeppelin-Gefells chasl angeregt worden. Die nunmehr erkannten Gefahrsquellen werden künftig ausgemerzt. Ueber den hierzu em- zuschlagenden Weg besteht zwischen der Marine und der Zeppelin-Gesellschaft vollständiges Einvernehmen.
Karlsruhe, 28. Oklbr. An die Stelle der großen Begeisterung der hiesigen Bürgerschaft über die Eröfsnung des neuen Bahnhofs ist eine ebenso große Entrüstung getreten. An kleinere Verspätungen der badischen Slaalseisenbahnen ist ja nicht nur der badische, sondern ebenso sehr der
Urkraft der Kieke.
Roman von Karl Engelhardt.
20s (Nachdruck verboten^
„In einer Zeitschrift behauptete kürzlich mein Landsmann Strindberg, daß die Sonne kein wirklicher Körper sondern nur imaginär wäre, was in unserer Phantasie bestände. Ich habe mich nun zwar von dieser Behauptung noch nicht überzeugen lassen können, aber unwillkürlich hat sie meine Gedanken auf das menschliche Leben gelenkt. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir: mit der Sonne im Leben des einzelnen hätte Strindberg unleugbar Recht. So sehr sich leider die große Masse dagegen sträubt. Mit Gewalt wollen sie ihre Sonne real haben, die außer ihnen, ohne ihr Zutun sie mit ihrem Glanze bescheint. Und dennoch besteht sie doch nur in unserer Vorstellung. Ihre Stärke und die Kraft unseres Willens allein bestimmt die Größe unseres Sonnenlichtes, unseres Glückes. Und das möchte ich heute den jungen Eheleuten als meinen Glückwunsch mit auf den Weg geben. Erinnern Sie sich daran! Die Sonne, in deren Licht sich unsere Seele badet, sie ist nur imaginär. Unser eigner Wille schafft sie. Möge die Sonne Ihnen in stetigem Mittagsglanze strahlen! - Das Hoch will ich Ihnen und nur schenken."
Sie beugte sich zu dem Brautpaare hinüber und ließ ihren Kelch an die beiden andren klingen.
»Auf die Sonne, die keine Schatten kennt!"
außerbadische Reisende nachgerade gewöhnt; in den ersten Tagen nach Eröffnung des neuen Bahnhofs haben aber die Stockungen und Verspätungen der Etsenbahnzüge auf den badischen Strecken mehrere Stunden erreicht! Der sog. Theaterzug von Karlsruhe nach Pforzheim kam anstatt 11 Uhr abends morgens gegen 5 Uhr in Pforzheim an. Ganze Etsenbahnzüge blieben auf der Strecke zwischen Durlach und Karlsruhe stundenlang liegen, weil sie nicht in das Betriebsgebäude ein- fahren durften. Hunderte von Arbeitern zogen es vor, auszuftetgen und den Weg zur Fabrik zu Fuß zurückzule^en, um nicht einen halben oder ganzen Arbeusverdlenst zu verlieren. Die amtliche Karlsruher Zettung glaubte in einer von der Ersenbahn- verwattung yerrührenden Kundgebung den starken „Nebel" für die Stockungen und Verspätungen verantwortlich machen zu können; die gesamte Presse ohne Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit lehnt aber eine solche Ausrede mit Entrüstung ab und ist darin einig, daß die schauderhasten Zustände am hiesigen Bahnhof einzig und allein auf eine ungenügende Vorbereitung und Schulung deS Personals zurückzuführen sino. Das Heidelberger Tagblatt verlangt heute die Einleitung einer gründlichen Untersuchung und Entfernung der unfähigen Beamten von ihren Aemlern. „Wenn es aber nicht möglich ist", schreibt das Blatt weiter, „ausreichende Garantie von der Regierung dafür zu erhallen, daß derartige Blamagen in Zukunft nicht mehr Vorkommen, dann wäre es schon wirklich besser, die badischen Bahnen sofort den Reichsbahnen anzugtiedern".
Karlsruhe, 29. Okt. Die „Karlsr. Zeitg." schreibt halbamtlich: Die Gründe der starken Stockungen und Unregelmäßigkeiten im Zugverkehr der Station Karlsruhe find in Nr. 293 der „Karlsruher Zeitung" dargelegt. Ihre Richtigkeit, die bedauerlicherweise von Uneingeweiylen immer noch in Zweifel gezogen wird, wird dadurch belegt, daß es in den verflossenen Tagen regelmäßig gelungen ist, die Verspätungen rasch wieder zu beheben, sobald und solange die ungewöhnlich dichten, störenden Nebel auch nur einigermaßen gewichen waren. Insbesondere hat auch der sehr erhebliche Sonntagsverkehr am 26. Okt. infolge des anhaltend Hellen Weiters ohne Störungen abgewickell werden können. Die Hauptsache ist, daß die Ueberlettung des Betriebs vom alten in den neuen Bahnhof trotz der ungemein schwierigen, als „höhere Gewalt" sich darstellenden Verhältnisse ohne Unsall durchgesührl worden ist. Das darf die Elsenbahnverwattung als
Walter war entzückt von der Rede. Herr und Frau Lichten freuten sich an ihrer frischen Ursprünglichkeit und dem ethischen Gehalte, der aus ihren Worten sprach. Throndhjem blickte sinnend und ernst vor sich hin, während ihm Maja leise und zaghaft über die Rechte strich, die auf dem Tische ruhte. Sie war so glücklich-!
Nur den Gästen erschien es etwas sonderbar, daß Karla gesprochen. Und besonders die, welche selbst geredet hatten, wußten jeder etwas anderes an ihren Worten zu bemängeln.
Noch einen letzten Händedruck, noch eine Umarmung, einen letzten Kuß. Dann rollte der Wagen davon, der Maja und Erich zur Bahn brachte. Mit tränenfeuchten Augen kehrte das Lichtensche Paar zu den Gästen zurück. Sie fühlten, daß ein Stück ihres Lebens ihnen genommen, daß das Weib, das dem Manne folgte, nicht mehr nur ihre Tochter war--
Throndhjem und seine junge Frau fuhren sofort in ihr neues Heim. Und während der Zug dahinbrauste, knatternd, rasselnd und schüttelnd, schmiegte sich Maja dicht an ihren Gatten und sprach kein Wort. Nur von Zeit zu Zeit sah sie ihm lange in das Gesicht und drückte dann sacht seinen Arm.
Auch er hatte keine Lust zu reden. Das Herz war ihm voll. Die Worte Karlas gingen ihm nach. „Nur unser Wille schafft die Sonne!"
O, er wußte recht gut, warum sie es gesagt. Es sollte eine Mabnuna für ibn sein. Und — sie batte
Erfolg für sich in Anspruch nehmen, der der aufopfernden, angestrengtesten Tätigkeit des beteiligten Personals zu danken ist. — Dle Kritik von „Uneingeweihten", gegen die sich diese Auslassung in erster Lime richtet, wird wohl in einem Artikel des „Herdelb. Tagblatts" gesehen.
Karlsruhe, 29. Okt. Im neuen Karlsruher Bahnhof kam es heute leider zu neuen Stockungen. In den Morgenstunden sprang beim Rangierdienst ein Wagen aus einem Geleise, wodurch Verspätungen einzelner Züge entstanden. Mittags fuhr der Personenzug 317 nach Breiten - Eppingen- Heilbronn kurz nach dem Ausfahren aus dem Bahnhofe über eine in Reparatur befindliche Welche. Der Tender stürzte um und zwei folgende Wagen sprangen aus dem Geleise. Verletzungen sind nicht vorgekommen. Der Unfall zieht neue Störungen im Verkehr nach sich. Zurzeit ist man mit den Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Die Weiche soll gesperrt gewesen sein. Es läge also ein Fehler des Bedienungspersonals vor. Es ist außerordentlich bedauerlich, daß heute, eine Woche seit Eröffnung, das Personal noch nicht völlige Sicherheit in der Bedienung der Welchen rc. erlangt hat.
Johannistal, 29. Oktober. Der französische Flieger Pegoud stieg heute nachmittag zweimal auf und zwar um 3.52 Uyr bis 4.16 Uhr und um 4.35 Uhr bis 4.59 Uhr. Er Überschlag sich mit seinem Apparat etwa 15 mal und flog auch heute eine lange Zelt mit dem Kopf nach unten. Zum Schluß wuroe ihm ein großer Lorbeerkranz überreicht. Pegoud begibt sich heule nach Dresden und dann nach Hannover. Auch heule wohnte eine nach Zehntausenden zählende Menge den Vorführungen des Fliegers bei.
Der früher in Wiesbaden angestellte evang. Pfarrer Wiedner, welcher in gleicher Eigenschaft m Tiflis (Kaukasus) angepelll ist, ist dort das Opfer eines Raubansalles geworden. Als er mit dem deutschen Schullehrer sich aus einem Spaziergang befand, wurden sie von Strolchen überfallen. Der Lehrer wurde erschossen, Wiedner wurde durch einen Schuß ins Auge getroffen.
Der praktische Arzt Lr. Franz Jost inRüdes- heim, der in den Jahren 1907 bis 1912 mehrere lausend Mark aus Kapualvermögen und aus seiner Praxis nicht versteuerte, wuroe wegen Steuer» Hinterziehung von der Strafkammer Wiesbaden zu 11975,20 Mk. ev. für je 15 Mk. e,n Lag Hast, verurteilt. Das Versahrrn war sehr erschwer«, da , die Anklage rekonstruiert werden muhte, da sämtliche
Recht. Er mußte sich ausraffen. Er mußte und wollte dem neuen Leben leben.
Und er bemühte sich, Maja auch seinerseits seine Zärtlichkeit zu bezeugen.---
Her Abend begann schon zu dämmern, als sie in ihrem treuen Heim ankamen. Maja hatte es noch nicht gesehen. Absichtlich. Und ihr Jubel, ihre Seligkeit kannten keine Grenzen. So, daß er davon angesteckt wurde.
Dann ging er einen Augenblick auf sein Zimmer, um seine Verehclichungspapiere zu verwahren. Er öffnete ein Fach seines Schreibtisches, den er noch aus der Zeit vor seiner zweiten Heirat besaß. Als er die Papiere zu den übrigen legte, fiel sein Blick zufällig auf eine Mappe, die zu unterst lag.
Mag es nun plötzlich neu erwachendes Interesse oder auch eine jener rätselhaften Gewalten gewesen sein, die oft unbewußt unser Tun bestimmen, wo wir nur bloßen Zufall sehen. Er zog die Mappe hervor, in der er alte Skizzen und Entwürfe wußte. Langsam legte er die Blätter um. Landschaften, Studicuköpfe aus Italien, Einfälle und Pläne noch aus München, leicht und flüchtig hingeworfen.
Da lag plötzlich ein beschriebener Briefbogen zwischen drinnen. Erstaunt nahm er ihn auf. Und seine Stirn verfinsterte sich, als er die Schriftzüge sah. Wie kam der hierher? Zufällig mußte er ihn einst zwischen die Blätter gelegt haben.
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