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^ 173.

euenbürg, Mittwoch den 29. Oktober 1913.

71. Jahrgang.

RunSichau.

Berlin, 27. Okt. Nachdem in der heutigen Plenarsitzung des Bund es rats der Berireter der herzoglich braunschweig - lüneburgischen Regierung, Staatsminifter v. Harlwieg, unter Vorlegung der Verzichturlunde davon Mitteilung gemacht hatte, daß Seine Königliche Hoheit der Herzog von Cumberland auf den Thron von Braunschweig verzichtet habe, beschloß der Bundesrat einstim­mig. dem Antrag Preußens wegen der Thronfolge in Braunschweig (d. h. der Zulassung des Prinzen Ernst August von Cumberland) zuzuftimmen.

Braunschweig, 28. Okt. Heute nachmittag fuhren die Staatsminister Hartwig und Wolfs auf Anordnung des Herzog-Regenten nach Rathenow zur offiziellen Mitteilung des Bundesrats­beschlusses an den künftigen Herzog von Braun­schweig. Wie die amtlichenBraunschweigischen Anzeigen" berichten, wird das junge Herzogspaar am 3. November in Braunschweig einziehen.

Berlin, 28. Okt. Das Reichsmarineamt fordert für 1914 die Reftrate für den Ausbau des Kriegs­hafens in Helgoland mit 4ffs Millionen Mark an. Der gesamte Bau. mit dem 1908 begonnen wurde, und der 30 Millionen kosten wird, soll im nächsten Jahr zum Abschluß gebracht werden.

Die Reichsbankhat am Montag denWechsel - diskont auf 5'/s und den Lombardzinsfuß auf 6*/r Prozent ermäßigt.

Karlsruhe. 25. Okt. Nach den nunmehr vor­liegenden amtlichen endgültigen Ermittelungen des Wahlresultates sind am 21. Oktober gewählt worden: 8 Nationalliberale. 1 Wildnationalliberaler, 1 Angehöriger der Volkspartei, 9 Sozialdemokraten, 29 Zentrumsleute, 5 Konservative und Bündler; 20 Stichwahlen sind erforderlich. Die Verhandlungen der Führer der drei Linksparteien über die ge­meinsame Taktik für den zweiten Wahlgang sind heute abend zum Abschluß gebracht worden. Es ist, so wird derFrkf. Ztg." gemeldet, ein Abkommen zustande gekommen, dessen strikte Durchführung er­hoffen läßt, daß es bei Anspannung aller Kräfte gelingt, die Stichwahlen für die Linke erfolgreich zu gestalten und dem Vordringen der Reaktion Halt zu gebieten. Nach derBadischen Landeszeitung" hat die amtliche Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreise Durlach-Land-Ettlingen-Pforz- Heim-Land ergeben, daß der konservative Landtags­kandidat, Bürgermeister Schöpfte in Langensteinbach, nur eine Stimme mehr erhalten hat. als die beiden Gegenkandidaten. Da auch diese Einstimmenmehrheit nicht einwandfrei erlangt worden sein soll, dürfte die Wahl des Hrn. Schöpfte angefochten werden.

Die in Athen geführten Friedensverhand- lungen zwischen Griechenland und der Türkei stehen vor ihrem Ausgange. Am Sonntag beendigte die eingesetzte Unterkommission der Friedenskonferenz ihre Arbeiten, deren Ergebnis der Vollversammlung der Delegierten vorgelegt werden wird. Die Frage der Muftis ist geregelt: Der Obermufti wird ein griechischer Staatsbeamter sein, der sein Gehalt aus dem griechischen Staatsschatz, nicht von der Türkei bezieht. Der Scheich-ul Islam wird ihn bloß an» zuerkennen haben. Zwischen den Mitgliedern der Subkommission ist ein vollkommenes Einvernehmen erzielt worden. Man erwartet noch die Antwort der Pforte, die die jüngsten Entscheidungen der Sub­kommission' ratifizieren soll.

Konstantinopel, 25. Okt. Schükri Pascha, der Verteidiger von Adrianopel und andere höhere Offiziere, die in Bulgarien gefangen waren, sind heule hier eingetroffen und mit großen Ehren empfangen worden. Eine zahlreiche Menschenmenge bereitete ihnen lebhafte Huldigungen.

Nach einer Meldung desNew York-Herald" aus Sofia ist der Oberst Namarischew, ein Mitglied des bulgarischen Generalstabes und einer

der befähigsten Offiziere der Armee, unter der Be­schuldigung verhaftet worden, in den Kämpfen bei Simitli in Mazedonien in kopfloser Weise strategische Fehler begangen und sich außerdem auf unrecht­mäßige Weise bereichert zu haben. Oberst Namart- schew bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und führt die Anklage auf Eifersüchteleien im Offiziers­korps zurück.

Die jüngste Schilderhebung der Monarchisten in Portugal scheint nunmehr von der Regierung end­gültig niedergeschlagen worden zu sein. Nach den zahlreichen Verhaftungen zu schließen, die in dieser Affäre vorgenommen worden sind, und zwar an ganz verschiedene« Punkten des Landes, muß die neueste antirepublikanische Verschwörung in Portugal doch stark verzweigt gewesen sein. Vermutlich wird nun bald das gerichtliche Nachspiel gegen die Ver­schwörer. soweit sie den republikanischen Behörden in die Hände gefallen sind. Nachfolgen.

Der Expreßzug von New-Iork nach Boston, einer der schnellsten Züge der Vereinigten Staaten, ist Sonntag nacht bei Westerly entgleist. Fünf­zehn Passagiere wurden so schwer verwundet, daß sie ins Hospital gebracht werden mußten. Eine ganze Anzahl wurde leichter verletzt, sodaß sie nach Anlegung eines Notverbandes ihre Reise fortsetzen konnten. Fünf Wagen stürzten die zehn Meter tiefe Böschung hinab.

Württemberg.

Stuttgart, 27. Okt. Nachdem der 12. Kompagnie des Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm 120 in Ulm und der 4. Batterie des Feldartillerie-Regiments König Karl 13 in Cannstatt in Anerkennung der von ihnen im Jahr 1913 erreichten Gesamtleistungen im Schießen daS Königsabzeichen verliehen worden ist, und zwar der Kompagnie zum drittenmal, der Batterie zum erstenmal, haben auf Befehl des Königs als Erinnerungszeichen erhalten: der Haupt­mann und Kompagniechef Weeber einen silbernen Becher und derHaupimann und Batteriechef Rosen - stock v. Rhöneck einen silbernen Ehrenschild.

Stuttgart, 27. Oklbr. Der König hat den Oekonomierat Friedrich Adlung in Sindlingen, O.A. Herrenberg, für die Dauer der laufenden Landlagswahlperiode als Vertreter der Land­wirtschaft zum Mitglied der Ersten Kammer ernannt.

Stuttgart, 27. Oktober. Der Deutschen Turnerschaft sind vom 1. April bis zum 1. Juli 1913 198 neue Turnvereine beigetreten. Den größten Zuwachs hat der Mittelrheinkreis mit 28 zu verzeichnen. Eingegangen oder ausgetreten sind in diesem Zeitraum nur 14 Vereine, sodaß das zweite Vierteljahr der Deutschen Turnerschaft eine Zunahme von 184 neuen Vereinen gebracht hat. Die Zahl der Vereine, die schon im ersten Vierteljahr das 11. Tausend überschritten hatte, ist nunmehr schon stark in das 12. Tausend hineingewachsen.

8 O.L. Stuttgart, 27. Okt. Nach der Ein­vierteljahresabrechnung des Metallarbeiterverbands belief sich der Gesamtaufwand für die Führung des Kampfes gegen die Firma Robert Bosch auf rund 528 000 Mk. Im zweiten Quartal hatte die Hauptkasse 141388, im dritten 234 250 Mk. zu zahlen. Außerdem halte die Lokalkasse 161076 Mk. aufzubringen. Der Bericht teilt ferner mit, daß ein beträchtlicher Rückgang der Mitgliederzahl zu ver­zeichnen sei.

Stuttgart, 28. Okt. An dem Umbau Ecke Marien- und Sofienstraße waren, wie der Polizer- bericht meldet, gestern nachmittag vierMaurer auf dem Gerüst damit beschäftigt, einen etwa 2 Zentner schweren Stein in die Fassade einzufügen. Plötzlich gab es einen Ruck und die 4 A>beiter stürzten mit dem Stein in die Tiefe. Der 28 Jahre alte, verheiratete Maurer Jakob Wagner von Gerlingen war sofort tot; dessen Bruder Gottlieb Wagner,

24 Jahre alt, ledig, sowie Otto Zink, 32 Jahre alt. verheiratet, und Gottlieb Vogel. 54 Jahre alt, verheiratet, wurden zum Teil schwer verletzt nach dem Katharinenhospital verbracht, wo Zink heute nacht 2*/s Uhr gestorben ist.

Ueber die Lage des Stuttgarter Obst­marktes berichtet die Zentraloermittlungsstelle für Obstverwertung: der Mostobsthandel bewegt sich im allgemeinen in diesem Jahr in geregelten Bahnen. Stockungen im Grenzverkehr sind allerdings in letzter Zeit vorgekommen, die Wagen enthalten aber durch­weg wenig faule Früchte. Auch die Preise halten sich andauernd auf gleicher Höhe. Allem Anschein nach ist das Mostobstgeschäft in diesem Jahr viel früher beendigt. Ueber die Marktlage bei Tafel­obst wird gesagt: Die Nachfrage nach einheimischem Obst ist sehr rege. Leider wird von vielen Züchtern gar keine Sorgfalt auf die Ernte verwendet, jeder will ohne Mühe von den hochgeschraubten Preisen profitieren; feinbehandelte Früchte und hochfeine Tafelsorten werden dagegen vom Publikum gar nicht entsprechend beachtet.

Feuerbach, 27. Okt. Wie bekannt, hat die Firma Rob. Bosch hier hinter ihren seitherigen Fabrikräumen einen größeren Fabrikneubau aus Eisenbeton erbaut, in dem in drei Etagen für 4000 Mann Arbeitsgelegenheit geschaffen und etwa 4900

- Quadratmeter Bodenfläche überbaut wurden. Der i Bau war während der kurzen Bauzeit von nur ! 75 Arbeitstagen fertig zu stellen. Aus Anlaß der

- Vollendung des Rohbaues wurde letzten Samstag l eine Schmalseite mit Tannen, Girlanden, Fahnen ^ und Bändern festlich geschmückt und den am Bau

beschäftigten Arbeitern ein Freitrunk verabreicht.

Freudenstadt, 26. Oklbr. Am Donnerstag und den beiden folgenden Tagen machte der Forst - verband Neuenbürg im Verkehrsauto eine Forst­exkursion unter Leitung des Forstdirektors v. Keller in die Forstbezirke Schönmünzach. Obertal und Freudenstadt. Die Fahrt ging vom Enztal ins Murgtal, wo in der Post zu Schönmünzach über­nachtet wurde. Am Freitag wurde Eckle, Ruhestein und Freudenstadt besucht und im Gasthof zur Post Quartier bezogen. Samstag abend ging es wieder ins Enztal zurück.

Balingen, 27. Okt. Der 100jährige Wagner Sämann in Ost darf erläßt für die ihm zu seinem Geburtstag dargebrachten Ehrungen folgende Dank­sagung:Wenn ich all den verehrten Herren und lieben Freunden für die mir von ihnen in der letzten Zeit erwiesenen Ehrungen so danken wollte, wie mein Herz gern möchte, so müßte ich nochmals 100 Jahre lang leben. Weil aber meine Wallfahrt nicht mehr solange dauerU wird, spreche ich allen, vom Kaiser und König an bis zum einfachsten Dorf­kind, von Amerika bis herüber in meinen heimat­lichen Bezirk und in meine liebe Heimatgemeinde, besonders auch den HH. Abgeordneten Haußmann und Haux, auf diesem Wege, der rascher zum Ziel führt, als meine alten Füße, meinen herzlichsten Dank aus. Möge Gott sie alle segnen, für die mir erwiesene Liebe".

Friedrichshafen, 27. Okt. Prinz Hein­rich von Preußen trifft heute im Automobil hier ein, um bei Graf Zeppelin im Kurgartenhotel zwei bis drei Tage einen privaten Besuch zu machen. Die Probefahrten des neuen Militärluft- schiff es werden voraussichtlich Anfang nächsten Monats ihren Anfang nehmen.

Friedrichshafen, 25. Okt. Heute vormittag r/-9 Uhr wurde in der katholischen Stadlpfarrkirche der Trauergottesdienst für die Friedrichshafener Opfer des Unglücks des MarineluftschiffesL. 2" gehalten. Dazu hatten sich eingefunden: der König, Graf Zeppelin, die Ingenieure, Beamte und sämt­liche Arbeiter des Luftschiffbaues Zeppelin, eine Abteilung der Luftschifferkompagnie und sämtliche Offiziere, die bürgerlichen Kollegien und viele Bürger,