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^ 143.

Neuenbürg, Samstag den 6. September 1913.

71. Jahrgang.

Run-schau.

Die nationalen Weihetage haben sich bis in die erste Septemberwoche hinein fortgesetzt; galt es doch auch bei uns, wie alle Jahre, das Sedan- fest zu begehen, das Heuer durch die gleichzeitigen Jahrhundertfeiern zur Erinnerung an die Völker­befreiung aus Napoleons Joch und auch an Theodor Körner, den begeisterten und begeisternden Sänger jener großen Zeit, eine besonders tief empfundene patriotische Note erhielt. Seit jenem Sedantage blickt das Ausland mit wachsendem Neid auf uns, nicht bloß wegen des Machtzuwachses, durch den ein Jahrhunderte altes geschichtliches Unrecht wieder gut gemacht wurde, sondern mehr noch wegen der über­ragenden wirtschaftlichen Stellung, die wir uns in der seitherigen Friedensperiode errangen. Leider ist auf jene großartige nationale Einigung und Ent­wicklung auch eine mit jedem Jahrzehnt härter empfundene Parteizerklüftung im Innern gefolgt, und der Fluch der Deutschen, ihre Zeriissenheit, die schon Tacitus vor bald zweitausend Jahren als das Erbübel der Germanen erkannte, ist innerhalb des neuen Reiches noch in voller Last zu spüren. Aber die Freude am Reiche darf es uns nicht verkümmern. An Tagen wie den jetzigen zeigt es sich, daß das nationale Empfinden immer noch weit stärker ist, als alle Parteinörgelei und alle politische Zerklüftung. Besonders der Jugend gehört in diesen Tagen unsere ganze Hoffnung. Sie von dem systematisch ge­nährten Unfrieden fernzuhalten, ihre Seelen vor dem Gift der Umsturzbestrebungen gegen Königs- und Kaisertreue und überlieferte Vaterlandsliebe zu be­wahren, ist unsere ernste Pflicht. Wir dürfen uns die Freude am Sedantage nicht verekeln lassen, am wenigsten durch jenen Simplicissimusgeist, der alle Volksschichten zu verseuchen droht. Seitdem Fürst Bismarck, der Begründer des neuen Reiches, an seinem Lebensabend, als er Rückschau hielt auf das vollbrachte Werk, es unzweideutig ausgesprochen hat, daß er nicht die geringste Sorge mehr hege, ob auch von allen Fürsten der Reichsgedanke in gleicher Weise gefördert werde, daß aber statt dessen die Sorge ihn drücke, daß aus einzelnen Schichten des Volkes dem Reichsgedanken Gefahr drohe, seither wissen wir alle, worauf wir unsere Wachsamkeit zu richten haben. Und uns darauf wieder einmal recht eindringlich zu besinnen, wird die beste Frucht aller der schönen patriotischen Feste in diesen Tagen sein.

Es waren glänzende Kaisertage, die sich an die Anwesenheit des Monarchen in Posen und Breslau knüpften und gewissermaßen die Einleitung zu den großen Kaisermanövern in der Ostmark des Reiches bildeten. Während aber so die Vor­bereitung zum Kriege als das beste Mittel zur Er­haltung des Friedens unter den Augen des obersten Kriegsherrn betrieben wurde, haben die Leute, die den Frieden ohne Waffenschutz, nur kraft einer Idee, zu wahren und die Arbeit der Soldaten durch die der Diplomaten und SchM>sgerichte zu ersetzen wünschen, im Haag den von dem amerikanischen Milliardenmanne Carnegie mit einem Aufwand von fast zwanzig Millionen Mark gestifteten Friedens- palast feierlich eingeweiht. Sechs Jahre wurde daran gebaut. Wieviele nützliche Spitäler hätte man in dieser Zeit und mit diesem Haufen Geld errichten können! Es sind doch leider nur Utopisten, die da ihr gut gemeintes, aber nutzloses Wesen treiben. Einer, der sich besser in der Welt auskannte, der auch den Frieden liebte, aber keinen Krieg fürchtete, hat einst geschrieben: Der ewige Friede ist nur ein Traum und nicht einmal ein schöner. Es war Moltke. Und der große Philosoph, selbst ein Welt­schwärmer und Kosmopolit, mit Namen Leibniz, schrieb voller Ironie: Ich habe einmal auf einer Friedhofstüre die Inschrift:Ewiger Friede" gelesen. Aber wenn wir auch an dem praktischen Wert dieses Friedensgerichtshofs in großen Dingen zweifeln, so

wollen wir doch von Herzen wünschen, daß der Friedensgedanke aus dem neuen Palast seinen Aus­gang nehmen möge in alle Völker- und in alle Fürstenherzen, daß die Friedensapostel in Zukunft noch als jetzt recht behalten, wenn sie frohen Ge­mütes versichern, daß die Kriege auch der neuesten Zeit sicher vermieden worden wären, wenn die Friedensbewegung zu ihrer Zeit schon die heute er­reichte Organisation besessen hätte. Ja wenn! Ob wohl beim nächsten mal? Jedenfalls hat der Vater des Haager Schiedsgerichts, der Kaiser von Rußland, sein Kind sehr schnell verleugnet, als er wenige Jahre nach seinem Eintreten für die idealistische Friedens­bewegung ihr den blutigen Realismus des ostafiatischetr Krieges vorzog. Und der als überzeugter Pazifist so laut gepriesene Präsident der Vereinigten Staaten, Wilson, hat in seinem bisherigen aufreizenden und vielleicht doch noch zum Krieg führenden Verhallen gegen Mexiko auch blutwenig von dem Geist ver­spüren lasten, dessen Hauch die Prunkhallen im Haag durchweht. Vielleicht gibt es jetzt auf dem Balkan und allem, was drum und dranhängt, friedlichere Aspekte. Vielleicht! Die Bulgaren freilich sinnen schon jetzt auf Rache und die Türken sitzen fest in Adrianopel. Aber unter den Großmächten scheint es zu dämmern. Hauptfriedensstörer wie der englische Botschafter in Wien, Mr. Cartwrigt. der alte Jntrigenspinner gegen Deutschland, und sein Ge­sinnungsgenosse DelcaM, zur Zeit französischer Bot­schafter in Petersburg, werden von ihren gefährlichen Posten abberufen. Dies ist eine natürliche Folge der gebesserten Beziehungen zwischen Deutschland und England und der verschlechterten zwischen Frankreich und Rußland. Die Quelle alles Guten scheint in diesem Falle, wenn es nicht nachträglich eine Ent­täuschung gibt, aus einer Verständigung der maß­gebenden Finanzgruppen über den gegenseitigen wirt­schaftlichen Einfluß in Syrien, Mesopotamien und Persien zu fließen, wahrscheinlich auch daraus, daß die Lage im äußersten Osten, in China, sich neuerdings in einer Europa dringend zur Einigkeit mahnenden Weise zuzuspitzen beginnt.

In das Gebiet der hohen Politik schlägt der heute Samstag erfolgende Besuch des Königs Konstantin von Griechenland, der auf Ein­ladung des Kaisers, seines Schwagers, nach Pots­dam kommt, um dann an den deutschen Kaiser - Manövern teilzunehmen. Sind es also in erster Linie höfische und verwandschaftliche Beziehungen, die bei diesem Besuch in Betracht kommen, seine politische Bedeutung ergibt sich gerade im gegen­wärtigen Augenblick von selber. Der eben zu Ende gegangene Balkankrieg hat das griechische Volk unverdient vielleicht, aber in der Politik rechnet man ja nur mit realen Tatsachen als einen Faktor in die Weltpolitik hereingeftellt, mit dem in Zukunft ernstlich zu rechnen ist, umsomehr, als Griechenland als eine Flottenmacht im Mittelmeer in Zukunft eine ganz andere Rolle spielen wird als seither. Und wer weiß, welche Bedeutung diese Rolle bei der englisch-französischen Mittelmeerpolitik, die ja nur die Tendenz einer Mittelmeerherrschaft im Hintergründe hat, noch haben wird. Frankreich hat dies rechtzeitig erkannt, aber es ist mit seinem Liebeswerben gegenüber der Politik unseres Kaisers ins Hintertreffen geraten. Sein Ministerpräsident Barthou glaubte es klug anzufangen und hat drum gleich auch bei Italien das alte Liebeswerben wieder ausgenommen. Wir kommen allmählich vor eine ganz neue europäische Konstellation. Ge­lingt es, Griechenland dem Dreibund zunächst in rein freundschaftlicher Weise anzugliedern, so kämen wir in die Lage, dem Mittelmeerverband ein Paroli zu bieten, das ganz bedeutend in die Wagschale fiele. Die Nächstliegende Aufgabe muß deshalb sein, eine Verständigung zwischen Italien und Griechenland über Albanien und die Aegäischen Inseln anzubahnen, und dazu kann vielleicht bei dem Besuch des Königs

von Griechenland die erste Grundlage gelegt werden. Ein gemeinsames Zusammenwirken von Italien, Griechenland und Oesterreich im Mittelmeer würde dann eine Basis schaffen, die .zum mindesten die Gleichberechtigung dieser Mächte mit den englisch­französischen Rivalen sichern würde. Aus diesem Grunde verstehen wir auch die Scheelsucht, die sich in der französischen Presse anläßlich des Besuchs Konstantins beim deutschen Kaiser schon zu Anfang dieser Woche kundgegeben hat. Dazu kommt noch ein Zweites, was den Franzosen die gegenwärtige politische Lage nicht besonders schmackhaft macht. Wir haben noch alle in lebhafter Erinnerung, mit welchen Hoffnungen in Frankreich die Entsendung Delcasses auf den Botschafterposten in Petersburg begrüßt worden ist. War doch Delcasss der Mann, der die Politik gegen Deutschland machte und dem es darum ein Leichtes sein mußte. Rußland für diese Politik zu gewinnen. Heute wissen wir, daß er mit seiner Politik glänzend Fiasko gemacht hat, so glänzend, daß er heute denblauen Brief" bereits in der Tasche hat und für den ernsthaften Politiker ein toter Mann ist. Nicht nur hat DelcaM die russische Politik gegen Deutschland in keiner Weise auszubeuten gewußt, sondern unter seiner Vertretung hat es sich ereignet, daß sich direkte Gegensätze zwischen Rußland und Frankreich herausgebildet haben, und zwar gerade in der Frage, in der Frank­reich sein Schäfchen zu scheren hoffte, in der grie­chischen. Hier hat sich Rußland in direkten Gegen­satz zu Frankreich gestellt und so zu dessen Mißerfolg in seinem Liebeswerben um Griechenland handgreif­lich beigetragen. Man kann daher den Schmerz begreifen.

Zu der Balkanfrage ist wenig zu sagen. Alles ist vorerst auf dem berühmtentoten Punkt" angelangt, und als Sicheres hat man heute nur das Eine vor sich: Bulgarien muß die Leiden des un­seligen Krieges bis zur Neige durchkosten, es hat heute auch nicht mehr die geringste Hoffnung vor sich, Adrianopel, um das das Blut seiner Söhne in Strömen geflossen und um dessen Besitz es haupt­sächlich den Krieg geführt, zu erhalten. Just angesichts der anhebenden bulgarisch türkischen Verständigungs­verhandlungen hat die türkische Armee eine neue Vorwärtsbewegung auf dem rechten Maritzaufer ins Werk gesetzt und daselbst mehrere weitere Orte, unter ihnen Gümüldschina, eingenommen. Von ge­nannter Stadt aus rückte türkische Infanterie und Kavallerie gegen Xanthi vor und besetzte auch diesen Platz, die dort stehenden schwachen bulgarischen Streitkräste zum Rückzuge nötigend. Es scheint bei­nahe, als ob die türkische Regierung nicht mehr Herr ihrer Armee wäre, was natürlich die ganze bulgarisch-türkische Situation leicht recht kritisch ge­stalten könnte.

Am fürstlichen Hofe zu Sigmaringen wurde am Donnerstag die Vermählung des Ex königs Manuel von Portugal mit der Prinzessin Auguste Viktoria von Hohenzollern im Beisein zahlreicher fürstlicher Hochzeitsgäste gefeiert. Es waren hierzu u. a. erschienen die Königin-Mutter Amalie von Portugal, die Herzöge von Montpensier und von Genua, Prinz August Wilhelm von Preußen als Vertreter des Kaisers, der Großherzog und die Großherzogin von Baden, die Großherzogin- Mutter Luise von Baden, der Herzog Karl Eduard von Koburg und Gotha, der Prinz von Wales, Jnfant Don Carlos von Spanien usw. Bei der am Mittwoch im Sigmaringer Residenzschlosse statt­gefundenen Festtafel hielt der Brautvater, Fürst Wilhelm von Hohenzollern, eine kurze Ansprache, in welcher er auf das Wohl der bei der Hochzeitsfeier vertretenen Souveräne und der fürstlichen Gäste trank.

Der Allgemeine Deutsche Bergmanns­tag wurde am Mittwoch vormittag in der Univer­sitäts-Aula zu Breslau vom Berghauplmann Schweißer mit einer Begrüßungsansprache eröffnet.