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^ 136.
Neuenbürg, Montag den 25. August M3.
71. Jahrgang.
RunSlchau.
Zum Weltfriedenskongreß erhält der „Grenzer" folgende Zuschrift: „Die Friedensbewegung beansprucht für sich das Recht, gerade in diesem Jahre mit besonderem Nachdruck aufzutreten." Dieses Motto des Weltfriedenskongresses berührt eigentümlich, wenn zugleich gemeldet wird, daß die Friedensgesell- schaften ihre ganze bisherige Taktik ändern wollen. In der Tat hat das Jahr 1913 die Unbrauchbarkeit der Rezepte derer um Berta Suttner hart widerlegt. „Die bösen Regierungen" der Großmächte wollten unter allen Umständen den Frieden erhalten, aber alle ihre Bemühungen haben bei dem 2 maligen Kriegsausbruch nichts gefruchtet. Muß man da über die Schaffung einer internationalen Polizeimacht, mit der jetzt der Friedensgedanke durchzusetzen versucht werden soll, nicht lachen! Angenommen, man wäre in Genf schon auf diesen erleuchteten Ausweg gekommen und die Regierungen hätten sich bereit finden lassen, hätte eine Polizeimacht von 10 Armeekorps wohl genügt, um die Balkanstaaten durch einen Polizeikrieg zum Frieden zu zwingen? Wir Deutschen sind am Anfang des Kriegs in der Mehrzahl wohl türkisch gesinnt gewesen. Aber ist die Einsicht jetzt nicht allgemein, daß die Zurück» drängung der morschen Türkei aus Europa einfach eine geschichtliche Notwendigkeit war, der vierte Akt eines historischen Trauerspiels? Wie die Winter- stürme die morschen Bäume aus dem Wald wegfegen, so macht der Krieg der gesunden Entwicklung der Völker Bahn. Daß unsere Regierungen aber keine unnötige Kriegslust beseelt, das muß in den letzten ernsten Jahren jedem klar geworden sein. — Die richtige Auffassung hat doch wohl die über» wiegende Mehrheit des deutschen Volkes dadurch gezeigt, daß sie das Milliardenopfer auf sich nahm, da erkannt wurde, daß unsere Rüstung zur Abwehr nicht genügt. Die werden in Deutschland zu zählen sein, die den Frieden nicht wollen, aber wir wollen einen Frieden ohne Furcht, und wir wollen keine Verdächtigung, als ob unser Friedenswille noch gestärkt werden müsse. 0. U.
Großbeeren, 23. August. Im Beisein des Prinzen Eitel Friedrich als Vertreter des Kaisers wurde heute der Gedenktag der hundertjährigen Wiederkehr der Schlacht bei Großbeeren feierlich begangen.
Berlin, 23. August. Der Hansabund tritt ebenfalls für eine private Beteiligung Deutschlands an der Weltausstellung in San Francisco ein.
Hamburg, 23. August. In einer gestern abgehaltenen Sitzung der Werftarbeiter wurde beschlossen, am nächsten Dienstag die Arbeitsnachweise wieder zu öffnen, sofern von allen Werflplätzen Nachrichten vorliegen, daß die Arbeiterorganisationen beschlossen haben, die Arbeit in der von den Arbeitgebern gewünschten Weise wieder aufzunehmen.
Die Lebenshaltung der Arbeiter. Die „Tägliche Rundschau" macht darauf aufmerksam, daß die Stimmen im sozialdemokratischen Lager sich mehren, die nicht nur die Verelendungstheorie des Erfurter Programms als unsinnig bezeichnen, sondern die sogar eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der arbeitenden Klasse ohne weiteres zugeben. So schreibt die freigewerkschaftliche Holzarbeiterzeitung: „Der Fortschritt ist freilich nicht von heute auf morgen zu verspüren, zeitweilig treten sogar Rückschläge ein, wenn, wie in den letzten Jahren, infolge der verkehrten Zoll- und Steuerpolitik des Reiches die Preise für die notwendigen Lebensbedürfnisse so riesig emporschnellen, daß die Steigerung der Löhne mit ihnen nicht gleichen Schritt halten kann. Aber die Hebung der Lebenshaltung ist unverkennbar, wenn wir uns um wenige Jahre zurückversetzt denken und unsere Ernährung, Behausung, Kleidung usw. von damals mil der Art verglichen, wie wir die
entsprechenden Bedürfnisse heute zu befriedigen gewohnt sind." Vor kurzem veröffentlichte das Reichs- arbeitsblatt (Nr. 7 vom Juli 1913) eine Lohnstatistik des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins, nach der im Laufe der letzten 25 Jahre sich die Durchschnittslöhne der oberschlesischen Bergarbeiter um 110 v. H. gebessert haben.
Leipzig, 22. Aug. Trotz der Nähe der Kaisermanöver hat die Verkehrsabteilung der Heeresverwaltung, der die Fliegertruppe in Döberitz unterstellt ist, gestattet, daß der Völkerschlacht-Erinnerungsflug von einer Anzahl Offiziere bestritten wird. Es ist angenommen, daß die auf dem Flugplatz aufsteigenden Offiziere einer großen Armee angehören, die im Vorgehen begriffen ist gegen eine andere Armee, die Teile von dem früheren Leipziger Schlachtfeld besetzt hat. Bei diesem Wettbewerb kommt es ebenso auf die Schnelligkeit an, mit der die Meldung überbracht wird, als wie auch auf die genaue Lösung der Aufgabe, da möglichst die Anzahl der Truppen festgestellt werden muß, wie auch die Tiefe der Aufstellung. Eine zweite Aufgabe soll ebenfalls rein militärisch behandelt werden, der Schnelligkeitswettbewerb. Es wird gestattet, daß vier Flugzeuge gleichzeitig abgelassen werden. Hier sind natürlich Vorkehrungen getroffen, daß jedes Flugzeug eine genügend breite Fahrbahn besitzt. Es ist das erste Mal, daß gleichzeitig mehrere Flugzeuge abgelassen werden, und dürfte ein derartiger Start Helle Begeisterung entflammen.
Die abgelaufene Woche hat an ihrem Ausgange einen neuen bedeutsamen Gedenktag aus der Zeit des deutschen Freiheitskampfes gezeitigt, jenen der Schlacht bei Großbeeren (23. Aug. 1813), welche den Waffen der Verbündeten zum eisten Male einen wirklichen und glänzenden Sieg über die Franzosen brachte. Die neue Woche weist gleich mehrere fernere Erinnerungstage an 1813 auf. Am
26. Aug. vollenden sich 100 Jahre seit dem herrlichen Siege der schlesischen Armee über das von Macdonald befehligte französische Heer in der blutigen Schlacht an der Katzbach. Weiter vollendet sich am 26. und
27. August ein Jahrhundert, daß die Schlacht bei Dresden, in welcher der Siegesstern Napoleons I. zum letzten Male aufleuchtete, geschlagen wurde, und wenige Tage darauf, am 29. und 30. Aug., folgte die Schlacht bei Kulm nach, in welcher das Korps des Generals Vandamme völlig geschlagen und zersprengt wurde, Vandamme selbst geriet mit etwa 10 000 Mann in die Gefangenschaft der Verbündeten. Am 26. Aug. endlich jährt es sich zum hundertsten Male, daß bei Gadebusch in Mecklenburg Theodor Körner, der gottbegnadete hervorragendste Sänger des deutschen Freiheitskampfes, in einem Gefecht des Lützow'schen Korps mit den Franzosen fiel, im jugendlichen Alter von noch nicht 22 Jahren. Zwei Tage vorher hatte er seinen Schwanengesang gedichtet, das flammende „Schwertlied". In den Gefechten der „wilden verwegenen Schar" der Lützower wetteiferte Körner mit den tapfersten der Schwarzen Reiter. Mit ihm hatte Deutschland den Verlust eines seiner edelsten Söhne zu beklagen, aber sein Name wird als der eines Helden, eines glühenden Patrioten und eines herrlichen Sängers des deutschen Befreiungskampfes für immer im Herzen des deutschen Volkes fortstrahlen, so daß Theodor Körner in Wahrheit zum edelsten deutschen Nationalhelden geworden ist. Sein Gedenken wird an seinem hundertsten Todestage in zahlreichen Orten pietätvoll und dankbar gefeiert werden.
Frankreichs ewigeKriegsfurcht wird trefflich durch die Absicht der Regierung illustriert, in allen Städten der Republik Bürgergarden zu bilden. Diese Garden sollen nicht etwa, wie es ursprünglich hieß, in Friedenszeiten für Ruhe und Ordnung sorgen, sondern zum Schutze dieser Güter erst nach der Mobilmachung eintreten, gleichwohl von dem Feinde aber nicht als Kriegführende betrachtet werden
dürfen. Nach den Erfahrungen mit den Franktireurs, den französischen Freischärlern, die sich 1870/71 im Rücken der deutschen Armee am Kriege beteiligten, oder sich militärisch organisiert regulären Truppen anschlossen, wird im Ernstfälle keine feindliche Macht, die Frankreichs Grenzen überschritten hätte, geneigt sein, diese Bürgergardisten als Nicht-Kriegführende zu behandeln; die Herrschaften würden vielmehr ohne Federlesen nach Kriegsausbruch als Gefangene abgeführt werden. Der Plan Frankreichs, seine tatsächliche Heerespräsenz auf diesem Wege für den Kriegsfall zu erhöhen, kann daher kein glücklicher genannt werden.
Leopoldshöhe, 21. Aug. Der neue badische Bahnhof in Basel wird in der Nacht vom 14. auf 15. September dem Betrieb übergeben. Der Zug 12 30 Uhr in Basel ist der letzte, der den alten Bahnhof verläßt. Als erster im neuen badischen Bahnhof Basel wird der Zug Nr. 951 um 4 30 Uhr morgens abgehen. Gleichzeitig werden die neuen Gütergleise dem Betriebe übergeben.
Wiesbaden. 22. Aug. Nach dem Genuß von rohem Hackfleisch ist hier die ganze Familie Jacoby in der Rederstraße an schweren Vergiftungserscheinungen erkrankt. Der Mann, die Frau, das sechsjährige Töchterchen, sowie ein Gehilfe und ein Dienstmädchen wurden ins Krankenhaus gebracht.
Eine große Ueberraschung wurde einem Kölner Anstreichmeister zu Teil, der von einem Brennereibesitzer einen alten Schrank zum Aufpolieren erhalten hatte. Als der Meister das alte Möbelstück von der Zimmerwand rückte, fiel ein zusammengefaltetes Papier zur Erde, das man für alte Tapetenreste hielt. Bei genauerem Zusehen entdeckte man, daß es sich um Banknoten im Betrage von 10 000 Mk. handelte, welche der Brennereibesitzer seit vielen Jahren vermißt haben will, ohne bisher eine Spur des Geldes aufzufinden.
Im „aufgeklärten" Berlin kam folgender Fall vor. Zu einer Geschäftsfrau kam eine Zigeunerin, die sich erbot, den kranken Mann der Frau „gesund zu beten". Zu diesem Zweck sollte ihr die Inhaberin des Geschäftes ihr gefülltes Portemonnaie aushändigen. Die Zigeunerin steckte nun das Portemonnaie unter die Bluse und befahl der Geschäftsinhaberin. sie solle eine Viertelstunde lang inbrünstig beten. Während der Zeit entfernte sich die Zigeunerin. Als die Frau später ihr Portemonnaie nachsah, fehlten darin zwei Zwanzigmarkslücke, die ihr die Betrügerin entwendet hatte.
Das in Karlsbad abhanden gekommene Perlenhalsband im Werte von 100000 Kronen wurde von einem städtischen Gärtner gefunden und der Verliererin zurückerstattet.
In einem von Samburg nach Lemberg fahrenden Zuge erschoß der Volksschullehrer Paslows die Volksschullehrerin Tuiho, weil sie seine Liebes- bewerbungen abgewiesen hatte. Hierauf schoß er sich eine Kugel in den Kopf.
Die Volksheilige als Betrügerin. Wegen Betruges und Entwendung von Juwelen im Werte von 70 000 Francs ist eine gewisse Maria Farsetti verhaftet und dem Strafgericht übergeben worden. Maria Farsetti galt in Florenz und Toskana als wundertätige Heilige und wurde vom Volke inbrünstig verehrt. Unter den Frommen hat die Festnahme der „heiligen Frau" große Bestürzung hervorgerufen. Eine reiche Bürgersfrau hat eingestanden, daß ihr Maria Farsetti unter der Vorspiegelung, ihr toter Mann werde erscheinen, eine Perlenschnur im Werte von 70 000 Francs abgeschmeichelt hat.
Das waldreichste Land der Erde ist wahr» scheinlich Kanada. Nur Sibirien, Brasilien und der nordwestliche Teil der Vereinigten Staaten ent» halten zusammenhängende Urwälder, die mit denen Kanadas in Vergleich gestellt werden können, vielleicht auch noch das Kongobecken Jnnerafrikas. Die Wälder Kanadas stellen einen ungeheuren Wert dar.