Zweites

Zweites

Blatt.

Der LnztSler.

Blatt.

135.

Reuen bürg, Samstag den 23. August M3.

71. Jahrgang.

RunSschau.

Eine Gesetzesvorlage zur Abänderung des Zwangsversteigerungsgesetzes ist im Reichsjustizamt in Vorbereitung. Durch das Gesetz soll den Mißständen auf dem Grundftücksmarkte. die durch das Verpsänden der Mieten und die Zession der Hypothekenzinsen entstehen, ein Ende gemacht werden. Die Aelteften der Kaufmann­schaft von Berlin haben nun das Reichsjustizamt gebeten, bei der Beratung dieser Frage Sachver­ständige aus den Kreisen von Handel und Industrie, besonders auch des Grundstücks- und Baugewerbes zu hören, und haben sich bereit erklärt, gegebenenfalls dem Reichsjustizamt diese Sachverständigen zu be­nennen.

Bremen, 31. Aug. Zu der Einrichtung neuer Linien teilt der Norddeutsche Lloyd mit: Der Verkehr nach Boston ist so bedeutungsvoll, daß der Lloyd schon seit langer Zeit mit dem Gedanken umging, diesen Hafen in seinen Verkehr einzubeziehen. New-Orleans ist wegen seines großen Baumwoll- exports von besonderer Wichtigkeit für Bremen. Die Errichtung einer regelmäßigen Linie Bremen- BostonNew-Orleans war bereits dieses Jahr definitiv beschlossen.

Hamburg, 21. Aug. Ein dreister Kassen­raub nach dem Vorbild der Pariser Automobil­banditen ist heute vormittag kurz vor 10 Uhr in der Gemeindesparkasse von Wilhelmsburg a. Elbe verübt worden. Kurz vor 10 Uhr fuhr dort ein Hamburger Automobil vor. Ihm entstiegen zwei Personen, die sich in den Kassenraum begaben. Dort zogen sie die Revolver und forderten die Kassierer auf, die Kasse herauszugeben. Zwei in demselben Raum befindliche junge Leute ergriffen die Flucht und sprangen aus dem Fenster ins Freie. Der ältere Kassierer setzte sich zur Wehr und weigerte sich, die Gelder herauszugeben. Darauf zog der eine der Diebe den Revolver und schoß dem Kas­sierer eine Kugel in den Kopf, die ihn schwer verletzte. Darauf fielen die Diebe über die Kasse her und plünderten sie. Sie erbeuteten aber nur 210 Mark. Der Versuch, auch den Kassenschrank zu öffnen, mißlang. Die Täter entflohen in ihrem Auto. In einem der Täter glaubt man einen vor Jahresfrist in Wilhelmsburg beschäftigten Kellner wieder erkannt zu haben.

Hamburg, 21. Aug. Gestern nacht drangen Diebe durch ein in die Decke gebohrtes Loch in das Geschäft der Hofjuwelierfirma Knapp u. Schle­singer auf dem Jungfernsteig ein. Soweit bisher festgestellt wurde, haben sie für 50000 -/- Sch muck- sachen gestohlen.

Karlsruhe, 22. Aug. In einem Kaffeegeschäft an der Werderstraße wurde die Verkäuferin von einem unbekannten, 3035 Jahre alten Mann überfallen und gewürgt, bis sie bewußtlos war. Der Täter raubte aus der Ladenkasse 25 Mk. und verschwand.

Gaggenau. Die Benzwerke-Gaggenau haben in der letzten Zeit wieder einige bemerkenswerte Erfolge erzielt. Auf der diesjährigen Internationalen Automobilausftellung in Petersburg erhielten Benz- Gaggenau Fabrikate 2 goldene Medaillen und zwar die goldene Medaille des Kriegsministeriums für Lastwagen und eine goldene Medaille für Feuer­spritzen. Diese letztere Auszeichnung gewinnt dadurch an Bedeutung, daß sie an kein anderes der beteiligten deutschen Fabrikate verliehen wurde. Außer den schon früher veröffentlichten Lieferungen wurden auch jetzt für die Automobilisierung der Pflichtfeuerwehr Kassel 10 Feuerwehrfahrzeuge bestellt, nachdem sich Magistrat und Stadtverordnete durch ausgedehnte Versuche unter schwierigsten Verhältnissen von der außerordentlichen Leistuugsfähigkeit des Benz-Gag- genau-Fabrikats überzeugt haben. Auch die Stadt Wiesbaden gab eine Motorfeuerspritze in Auftrag, der die Lieferung von 3 großen Automobilomnibussen vorausgegangen ist.

Zu einem Altersheim für ländliche Dienst­boten hat ein Bauer in Hersbruck in Nieder­bayern sein Gut im Wert von 35 000 Mk. und 30 000 Mk. Bargeld der Zrntralgenossenschaft des

Dr. Heim in Megensburg geschenkt. Zum gleichen Zweck hat ein bayrischer Aristokrat, der letzte seines Stammes, die Absicht, sein Schloß mit Grundbesitz der Genossenschaft zur Verfügung zu stellen. Es wird geplant, im Laufe der Zeit ein derartiges Altersheim in jedem ländlichen Kreis zu errichten.

Zürich, 32. Aug. In dem Dorfe Ueken im Schweizer Kanton Aargau wurde ein grauenvoller Raubmord verübt. Der 22 jährige Karl Beck schlug mit einem Knüppel seinen 38jährigen Pflege­vater, den Landwirt Acklin, fnieder, zertrümmerte seinem Opfer sodann mit einem Beil den Schädel, darauf erwürgte er die im Bett liegende, 42 Jahre alte Pflegemutter. Als die 85jährige Schwieger­mutter Acklins dazukam, schlug der Unhold diese ebenfalls nieder. Doch kam die Frau mit dem Leben davon. Der Mörder bemächtigte sich einer großen Geldsumme, mit der er floh. Es gelang jedoch, ihn bei Säckingen zu verhaften.

Welch gewaltige Rolle die Schokoladefabrikation in der Schweiz spielt, zeigt eine soeben erscheinende neue Statistik, nach der die Gesamtproduktion der Schweiz an Schokolade auf nahezu 75 Millionen Franken geschätzt wird. Im Jahre 1912 betrug allein die Ausfuhr 51 Millionen Franken, was gegen das Vorjahr eine außerordentliche Zunahme bedeutet, ein Anwachsen des Exportes um nahezu 7ff, Mil­lionen Franken. Die Ausfuhr an pulverisiertem Kakao stieg von 2 939 000 Franken auf 3 685 000 Franken.

New-Dork, 22. Aug. 40 bis 75 Arbeiter befinden sich unter den Straßen New-Aorks in einem Schacht und müssen dort eines gräß­lichen Feuertodes sterben. In einem großen, unter der St. Nicolaus-Avenue liegenden Tunnel für eine neue Wasserleitung brach gestern morgen Feuer aus, das bald die Gerüste ergriff. Die Feuer­wehr mußte sich wegen der starken Rauchentwicklung auf die Absperrung der Brandstätte beschränken. Zur Zeit des Unglücks befanden sich 40 bis 75 Arbeiter in dem Schacht, die alle den Erstickungs- oder Verbrennungstod gefunden haben dürften. Mehrere Stadtteile von Aersey City sind einem Großfeuer zum Opfer gefallen. Der Schaden wird auf 6 Millionen Mark geschätzt. 1500 Personen sind obdachlos.

14 Millionen Erbschaftssteuer. Kürzlich wurde beim Nachlaßgericht in New Dirk der Bericht des staatlichen Erbschaftssteuerabschätzers über den Nachlaß des beim Untergang derTitanic" umge­kommenen Multimillionärs John Jacob Astor ein­gereicht und vom Richter gutgeheißen. Der Bericht schätzt den Nachlaß Astors auf mehr als 105 Mill. Dollar 425 Millionen Mark. Diese Summe wird insgesamt mit 3 316 993 Dollar 14 Mill. Mark besteuert. Den Hauptteil der Steuer bezahlt der Sohn des Erblassers aus erster Ehe, der 21jähr. Vincent Astor, dem von dem Riesenvermögen seines Vaters 89 Millionen Dollar zufallen. Die einzige Tochter erhält 4853 000 Dollar. Die beim Unter­gang derTitanic" gerettete zweite Gattin Astors erhält rund 7 ff, Millionen Dollar, während dem nachgeborenen Sohn aus zweiter Ehenur" 3 Mil­lionen Dollar 12 Millionen Mark zufallen.

Württemberg.

Stuttgart, 21. Aug. Das finanzielle Ergebnis der Aufführungen von SchillersRäubern" auf dem Freilichttheater im Bopserwald ist trotz der die diesjährige kurze Spielzeit beeinträchtigenden ungünst­igen Witterung derart, daß die beträchtlichen Unkosten des Unternehmens gedeckt sind. Das Freilichttheater dürste dauernd erhalten bleiben; es ist geplant, im nächsten Jahr entweder wieder ein Schillersches Werk (Wallensteins Lager",Jungfrau von Orleans") oder GoethesIphigenie auf Tauris" zur Aufführ­ung zu bringen.

Stuttgart, 21. Aug. Gestern abend spielten in der Senefelderstraße einige Knaben mit Luftbüchsen. Ein Knabe schoß seinem Kameraden unvorstchtiger- weise so unglücklich in den Hals, daß er schwer­verletzt ins Spital verbracht werden mußte.

Stuttgart, 16. Aug. Der Verband deutscher Zinnfigurenfabrikanten e. V. (Sitz Nürnberg) bringt den Wortlaut eines vom Kgl. Staatsminifterium des Innern ihm zugegangenen Erlasses vom 35. Juli

1912 zur allgemeinen Kenntnisnahme: In neuerer Zeit wird ein Spielzeug in den Handel gebracht mit dem KernspruchGieße deine Soldaten selbst". Das Spielzgug besteht aus Gießformen, Gießlöffel und Blei. Es enthält die Anweisung, daß das Kind das Blei in einem Pfännchen zum Schmelzen bringen und dann mit dem Gießlöffel in die Eingangsöffnung der Gießform schütten soll, worauf nach wenigen Augenblicken der fertige Soldat der Form entnommen werden kann. Nach dem Gutachten des Kgl. Ober­medizinalausschusses ist eine derartige Herstellung von Bleisoldaten durch Kinder als gesundheitsgefährlich zu erachten. Durch unvorsichtiges Gebühren mit dem geschmolzenen Metall können starke Brandverletzungen entstehen, durch Ueberhitzung des Bleies kann es zur Bildung von bleihaltigen Dämpfen kommen, das Umgehen mit dem Rohblei, den unbemalten Soldaten und mit den Bleiabfällen kann zu Bleivergiftungen führen. Auch bestünde die Möglichkeit, daß es zu gefährlichen Verbrühungen kommt, wenn das heiße Metall mit Wasser zusammengebracht wird und stürmische Vergasung des Wassers eintritt. Es besteht daher Anlaß, vor dem Gebrauche dieses Spielzeugs zu warnen.

Stuttgart, 21. August. Die Heringe, die auch in Württemberg von Jahr zu Jahr in gestei­gerter Anzahl als Volksnahrungsmittel Verwendung fanden, weisen in neuester Zeit einen auffallenden Rückgang auf. Im Hauptherkunftsgebiet, der Ostsee, wurden vom 1. Januar bis 31. Juli ds. Js. nur 2 276 369 ks Heringe gefangen gegen 3 069 876 kg im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Hält diese Entwicklung an, so ist eine Preissteigerung auf dem Fischmarkt in Aussicht zu nehmen.

Vaihingen a. F., 21. Aug. In den letzten Wochen wurde durch die Erschließung des Voll- möller'schen Parkes der Einwohnerschaft eine Wohltat zu teil, die es verdient hätte, daß sie durch einen offiziellen Akt feierlich anerkannt worden wäre. Der verstorbene Hr. Kommerzienrat Vollmöller hat als großer Naturfreund Anlagen geschaffen, die heute Alt und Jung erfreuen und um die uns manche Stadt beneivet. Er hat sich dadurch selbst ein Denkmal gesetzt, das in den Herzen aller Besucher der Anlagen eine dankbare Erinnerung wachruft.

Schramberg, 21. Aug. Für das neue Rat­haus, das am 1. November in Betrieb genommen werden soll, hat der Möbelfabrikant Albert Moser eine vollständige Einrichtung des Trauzimmers gestiftet.

Horb, 21. August. (Schlechte Zeiten für Imker.) Infolge der fast vollständigen Fehljahre

1913 und 1913 sind die Bienenzüchter mißmutig geworden. Dies zeigte am besten ein Zwangs» verkauf im nahen Nordstetten. Für einen für 28 Völker berechneten, erst vor einigen Jahren zweck­mäßig gebauten Bienenstand samt den neun gut­besetzten Völkern mit je über 20 ausgebauten Waben in neuen Grazekasten nebst 10 leeren Kästen wurden vom Meistbietenden 125 Mk. erlöst. Der Einzel­verkauf hätte bedeutend weniger ergeben, wie die Probe erwies. Die anwesenden Imker boten für das Volk samt Kasten und Waben nur 610 Mk. In normalen Jahren wäre der Gefamterlös nicht unter 400 Mk. gewesen.

Tuttlingen, 19. Aug. Daß die Ziegenzucht noch sehr rentabel ist, beweisen die hohen Erlöse von verkauften Tieren. Vergangene Woche waren Re­gierungsrat Nick und Oberamtstierarzt Hezel aus Cannstatt hier, um für den dortigen landwirtschaftl. Bezirksverein Ziegen, Böcke und Lämmer des reh­farbigen Schwarzwaldschlags aufzukaufen. Im ganzen wurden für 700 Mark im Bezirk aufgekauft. Für Ziegen wurden per Stück bezahlt 80. 75, 55 und 50 Mk., für Böcke 60, 55 und 50 Mk., für Lämmer 25 Mk. Ankerwirt Huber-Nendingen löste für eine besonders scköne Ziege 80 Mk. und Gemeinderat Julius Pfeiffer-Wurmlingen für ebenso zwei solche 150 Mk.

Backnang, 21. Aug. Die Versteigerung des städtischen Obstertrags erbrachte etwa 135 Mk.l