Um das Schicksal Deulschoslasrikas
Von Dr. Marquardt- Hamburg.
Es hat über zwei Jahre gedauert, bis von amtlicher deutscher Seite aus ei» klares Wort zu den englischen Absichten in Deulschvstasrika gesagt wurde. In England haben seit Jahr und Tag Minister und Staatssekretäre offen ausgesprochen, baß man die englischen Gebiete an der ostafrt- kanischeu Küste in irgend einer Form zu einer Einheit zusammenfassen werbe. In Deutschland wurde man auf diese Pläne mehr und mehr aufmerksam, aber erst jetzt raffte sich der deutsche Außenminister im Reichstag dazu auf, eine Anfrage des letzten Gouverneurs von Deutschostafrika, Dr. Schnee, zu beantworten: die Negierung werde sich mit aller Energie widersetzen, daß aus dem Mandatsgebiet ein annektiertes Gebiet werde. Die juristische Frage ist sehr umstritten, aber die politische Lage für Deutschland nicht ungünstig, nur muß sie energisch ausgcnützt werden. Das Echo aus England ließ nicht lange auf sich warten. Im Oberhaus wurde auf die Arbeit der englischen Ostasrikakvmmis- sion verwiesen, und wenn diese einen derartigen Vorschlag mache, sei es klar, daß man zu einer engeren Verbindung schreiten werde.
Man wird in Deutschland gut tun, diese Kommission aus ihrer Studienreise nicht außer acht zu lasten. Sie ist seit Ende 1927 unterwegs und dieser Tage in Nairobi, der Hauptstadt von Kenya, eingetroffen. An ihrer Spitze steht der bekannte Mitverfasser des Dawesplanes, der ehemalige liberale Abgeordnete und nun -er konservativen Partei an- gehörige Sir Htlton Aoung, eine fähige und angesehene Persönlichkeit. Die Arbeit dieser Kommission war sachlich und propagandistisch durch eine Reihe von amtlichen und halbamtlichen Konferenzen in Ostasrika und London vorbereitet worden. In Ostafrika nehmen die angesehensten Siedler und Landmagnaten daran teil, sowie Mitglieder der beratenden Körperschaften beim Gouvernement, daneben fanden reine Gouverneurskonferenzen statt, an denen Abgesandte aller Gebiete von Sübrhodesien bis zum Sudan teilnahmen. Während nun anfangs die Grenzen eines zuküuftigen ost- afrikanischen Dominions sehr weit gezogen waren, erkannte man bei tieferem Eindringen in die Materie, daß dafür die Zeit noch nicht gekommen war. So hat die Kommission den Auftrag, ihre Studien auf Uganda, Kenya, Tanganyika (Deutschostafrika), Zanzibar, Nordrhodesia und Nyassaland auszudehnen. Südrhobesien blieb außer Betracht, was in diesem Gebiet gelinde Aufregung hervorrief. Wie die Dinge heute liegen, kommt aber ein enger Zusammenschluß zunächst nur für die drei nördlichen Teile: Kenya, Uganda und Tanganyika in Frage, während man andererseits die Siidgruppe der beiden Rhodesien und des Nyassalandes enger zusammenfassen und den Beitritt zur Norbgruppe einer späteren Zeit Vorbehalten misten will.
Die Noungkommission traf bet ihrer Ankunft auf ziemliche Gegensätze, aber auch auf bestimmte Vorschläge und Wünsche. Um die Schwierigkeiten zu verstehe», muß man misten, daß die zusammenzufastenden Gebiete mit Bezug auf ihre wirtschaftliche Entwicklung, Besiedlung und Eingebore- nenpolttik doch wesentliche Unterschiede anfweisen. Am weitesten fortgeschritten sind zweifellos Kenya und Südrhode. sie», in denen schon ein gewisser Grad von Selbstregierung, wenigstens weitgehende Mitbestimmung der weißen englischen Siedler besteht. Beide Gebiete sehen ihr Ziel darin, dem weißen Manne die Länder zu erhalten. Entsprechend geht die Eingeborenenpolitik darauf aus, die Schwarzen am Selbständigwerden zu hindern. Die Eingeborenen sollen in Reservaten gehalten und als Plantagen- und Berg- oder Industriearbeiter beschäftigt werden. Insbesondere sollen die gesunden Hochländer ausschließlich den Weißen Vorbehalten sein. Eine Anteilnahme der Eingeborenen am staat
lichen Leben kommt nicht in Betracht. Dieser Politik widerstrebt man in London unter dem Einfluß der Finanz, des Handels und der Wirtschaft, die in einer dicht bevölkerten kaufkräftigen Etngeborenenkolonie ein Betätigungsfeld für das Kapital und einen Absatzmarkt für englische Industrie- Produkte sehen. Des wetteren erwartet man von dem kleinen eingeborenen Pflanzer billige Rohstoffe, besonders Baumwolle, Kaffee und Sisalhanf, und da er außerordentlich genügsam ist, kann er natürlich die Produkte der Plantagen im Preise herabdrncken. Daher treibt man von London ans eine sogenannte Dualpolitik, die den weißen wie den schwarzen Farmer gleichmäßig begünstigt, aber zum Nachteil der Weißen anSschlägt, weil insbesondere die Arbeiterfrage immer brennender wird. In Langanyita kommt noch die moralische Verpflichtung dem Völkerbund gegenüber hinzu, die Eingeborenen besonders zu betreuen. Nun sind Uganda, Nordrhodesia, Nyassalaud und Tanganyika mehr Eingcborenengebiet als Kenya und Südrhodesien. Und ans dieser verschiedenen Struktur erwachsen den englischen Plänen ans den Gebieten selbst heraus ernste Schwierigkeiten.
Den ersten Vorstoß machte Kenya, dessen europäische Bewohner einen fertigen Plan für eine künftige Föderation vorlegten. Darin wird als unentbehrliche Voraussetzung die Erhaltung des unumschränkten Einflusses der europäischen Bewohner in Kenya wie in dem künftigen Dominion bezeichnet. Diesem Zweck soll eine Verfassung dienen, die eine Gesetzgebende Versammlung mit europäischer Majorität vorsieht. Die Verantwortung für die Angelegenheiten Ostafrikas soll von London auf Afrika selbst übergehen. Für das Dominion selbst ist ebenfalls schon das Gerippe einer Verfassung vorgeschlagen. Hauptstadt und Sitz der Regierung des Dominions soll Nairobi sein. Dort residiert der Hohe Kommissar von Ostafrika, der einstweilen gleichzeitig Gouverneur von Kenya ist. Ihm sind die Vizegouverneure von Uganda und Tanganyika unterstellt. Für alle drei Gebiete gemeinsam wird der Federal Council errichtet, in dem Kenya zwei Beamte und vier Nichtbeamte, Uganda je einen und Tanganyika je zwei entsendet. Natürlich sind nur Europäer Mitglieder dieses Rates. Dieser Körperschaft wird die Gesetzgebung über Post, Eisenbahn, Häfen, Zölle, Wissenschaft, Verteidigung und Bergbau übertragen.
Der Plan hat aber jenseits der Grenzen von Kenya viel böses Blut erregt. Die Gouverneure von Tanganyika und Uganda lehnten einen Zusammenschluß auf dieser Basis glatt ab, und der einflußreichste Eingeüorencnhüuptling Ugandas protestierte in einem Brief an die Voungkommis- sion vor allem dagegen, daß in der Gesetzgebenden Versammlung Kenyas zwei Europäer die Vertretung der Eingeborenen übernehmen sollten. „Niemand kann eine» Euro-
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päer zu einem Afrikaner mache», und unter diesen Umständen ziehen wir es vor, unter der direkten Kontrolle dnrch bas englische Kolonialmtnisterium zu bleiben", schreib, die eingeborene Zentralvereinigung der jungen Kiknyus. Uganda wie Tanganyika fordern die völlige Gleichberechtigung in der neuen Föderation.
Kenya, von dem die Zusammeuschlußbeweguiig rech! eigentlich ausging, hat damit der Sache einen recht schlechte» Dienst geleistet. Es hat sein Begehren besvnders auf das fruchtbare, klimatisch begünstigte und dnrch Deutschlanl wirtschaftlich schon weit entwickelte Kilimandscharvgebict ge- ivorfen und arbeitet eifrig daran, es durch Eisenbahnen Kenya wirtschaftlich anzugliedern. Die letzten Zahlennach- weise über die Entwicklung Dentfchostasrikas bestätigen, was erfahrene deutsche Kolonialpioniere längst voransge- sagt haben, daß Deutschvstafrika gerade iu der jetzigen und kommenden Zeit die Ernte bringt vo» dem, was iu der deutschen Zeit gesät wurde. So ist z. B. die Kaffeeausfuhr von I960 Tonnen im Jahre 1918 auf 6539 Tonnen 1926 gestiegen, das bedeutet aber nicht einen Erfolg für die Engländer, sondern nur, daß die in deutscher Zeit gepflanzten Kafseebäume jetzt zu voller Ertragfähigkeit herangewachsen sind. Dasselbe gilt für die KvpraauSfnhr, die von 5477 t s1913j ans 7348 t <1928) gestiegen ist.
Es ivird Sache des deutschen Vertreters in der Mandatskommission, des Geh.Rats Kastl, sein, bei nächster Gelegenheit den Völkerbund auf die britischen Pläne aufmerksam zn mache», ehe es zu spät ist.
Die Besatzungslasten in Hessen
Eine Rede des neuen hessische» Staatspräsidenten.
TU. Darmstadt, 1. März. Im Finanzausschuß des hessischen Landtags erklärte Staatspräsident Adelung, daß die Besatzungsverminderung dem besetzten Rheinhessen kaum Erleichterungen gebracht habe. Mainz z. B. habe nichts von diesen gespürt. Fast 20V09 Mann fremdes Militär befänden sich auf hessischem Boden, 26,5 Prozent der Besatzung! Die Bevölkerung des besetzten hessische» Gebietes mache aber nur 13,1 Prozent der Grsamtbevölkerung des besetzten Gebietes aus. In dem Ort Gonsenheim mit 6600 Einwohnern seien 250 Wohnungen beschlagnahmt. Hessens Besatzungslasten müßte das Reich übernehmen. Gerade die Kultur und die Wirtschaft des besetzten Gebietes müßten stärker gestützt werden. Niemals dürfe man den psychologischen Druck der Besatzung vergessen.
Ein Hilferuf aus dem Saargebiet
3 7S8 Saarberglcnte von den Franzosen ans die Straße gesetzt.
TU. Saarbrücken, 29. Fevr. Wie angekündigt, sind gestern 3 796 Saarbcrgleule von der französischen Saarbergwerksdirektion entlassen worden. Unter ihnen befinden sicb Leute von Mjähriger Dienstzeit und Familienväter mit 8 Kindern. Eine Bergarbeiterdclegation ist heute nach Berlin gereist, um deutscherseits eine größere Abnahme von Saarkohle zu erzielen. « c
Die neue französische Armee
Tll. Paris, 1. Mürz. In der gestrigen Kainuiersitzung stand die Gesetzesvorlagc über die Ist-Bestände der Armee auf der Tagesordnung. Der Berichterstatter der Hecres- kommissivn wies in Anwesenheit Poincares und Painlever darauf hin, daß für die einjährige Dienstzeit 525 000 Mann aufzustellen seien, davon 240 000 Franzosen, 95 000 Norb- afrikaner, 84 000 Kolonialtruppen und 10 000 Berufssoldaten.
He-cUtLen-A-t
l^O'rrisn vom k^rv l,SbiriQ.
S. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
„Verzeih', Gerda, wenn du In meinen Worten einen Vorwurf für dich findest — so war es nicht gemeint! Nein, jeder nach seiner Art! Es gibt doch auch Schmetterlinge, die die Menschen erfreuen — und die arbeiten doch auch nicht, wie es die emsigen Bienen tun! Nein, du mit deinem Porzellanfigürchen patztest gar nicht dazu, gehörst gar nicht Hierher! Du bist für die Stadt geschaffen, während ich dort vielleicht eine unglückliche Nolle spielen würde."
„Dann würdest du wohl auch nie nach der Stadt heiraten'"
„Ach. mit dem Heiraten. Gerda, hat es noch eine gute Weile' Vielleicht kommst du noch früher dran! Ich denke gar nicht darüber nach! Tue es möglicherweise gar nicht; ich müßte einem Manne sehr gut sein, ehe ich mich ent- schlichen könnte, aus dem Elternhause zu gehen — ich hab's doch jetzt so gut —"
„Und du hast noch keinen solchen Mann gesunden, um desientwillen du Vater und Mutter verlassen würdest?" forschte Gerda, die es reizte, die Gedanken des blonden, schonen Mädchens kennen zu lernen.
„Ach. geh' — und wenn ich nun so fragen würde?" Katharine war bei jener Frage rot geworden.
„So würde ich sagen, ob es überhaupt nur der Mühe wert ist. zu juchen! Die Männer taugen alle nichts; sie verdienen, an der Nase herumgeführt zu werden —" rief Gerda übermütig und boshaft.
„Aber Gerda, hast du schon so trübe Erfahrungen gemacht?"
„Erfahrungen nicht, nein .dazu bin ich zu klug, wohl aber Beobachtungen mehr als genug! — Du freilich kannst
nicht mitreden — aber ich bin jo viel in der Welt herum- gekommen, da kann man Studien machen! Und das nimmt einem die Illusionen!"
„Ich bin froh, datz ich in einem Winkel meines Herzens doch noch einige entdecken würde," lächelte Katharine.
„Du würdest noch mit Idealen in die Ehe gehen? So siehst du auch aus! Aber heutzutage will man einen reellen Hintergrund haben.
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,
Ob Eeldsack sich zum Eeldsack findet!
Das ist das einzig Wahre. Es heißt zwar, Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt doch ganz ungemein. — Glaubst du. Käthe, ich weih nicht, datz bei den verschiedenen Anträgen. die ich bekommen habe, mein Geld die Triebfeder war? Ah bah, ausgelacht Hab' ich sie alle!"
„Aber Gerda, denkst du so gering von dir — soll dein reizend Persönchen nicht anziehend genug gewesen sein?"
„O ja, zum Lieben wohl — aber zum Heiraten? Von einem hübschen Gesicht wird man nicht satt, wenn sonst nichts da ist." Sie zuckte die Achseln. „Gibt es überhaupt wahre Liebe?"
„Ja, ich glaube daran und lasse mir auch diesen Glauben nicht nehmen. Gerda," entgegnete Katharine innig, „und auch du wirst es dereinst an dir erfahren, datz sich die Liebe nicht hinwegspotten läßt,- du magst noch so dagegen ankämpfen; sie ist mächtiger als du!"
„Doch wenn ich lieb', nimm dich in acht," trällerte Gerda. „Du sprichst sehr begeistert von etwas, das du doch noch gar nicht kennst Du, Käthe, das läßt tief blicken; vielleicht willst du mir nur nicht verraten, datz da drinnen in deinem Herzchen schon jemand Freiquartier hat! Still, still! — kann sein, datz ich auch noch Kühe melken lerne und Kohl bauen werde — alles aus Liebe zu dem einzig Einen — cbi Io 8«?"
„Spotte nicht, Gerda, du wirst noch an mich denken! Und ich weih auch, du denkst anders als du sprichst! Du willst nur deine wahren Empfindungen verbergen! Du bist — Verzeihung für das Wort — draußen in der Welt bla-- stert geworden; sie hat dir dein Bestes genommen, di« lind-
liche Unbefangenheit — und du hast zwei Naturen bekommen. -Sei nur erst einige Wochen oder Monate
hier, lebe dich richtig ein, schlage Wurzeln im Boden deiner Heimat, dann wirst du sehen, wie schön es hier ist, bann wirst du dich nicht hinwegsehnen — und deinem lieben Vater kannst du keine größere Freude machen; er hängt so an dir, seiner Einzigen! Wie hat er sich aus deine Ankunft gefreut; die Zeit hat er kaum erwarten können," sagte Katharine warm, indem sie ihren Arm um Gerda« Schulter legte. Sie wunderten in dem großen Garten auf und ab, und der frische Frühlingswind färbte ihre Wangen höher.
Gerührt blickte Gerda mit ihren dunklen Augen auf Katharine und sagte offen:
„Weißt du auch, Käthe, daß du eigentlich ein furchtbar
gutmütiger Kerl bist? Ich war so abscheulich-nein,
lasse mich das ruhig eingestehen. Mit den zwei Naturen hast du gar nicht so unrecht. Da ist etwas in mir, das zerrt und treibt, bis ich etwas Dummes, Ungezogenes sage oder tue — mag es mich auch nachher noch so ärgern aber ich muß es in dem Augenblick tun!"
„Und wenn das mal wieder so treibt und übermächtig wird, dann kommst du zu mir, und wir gehen in den Wald, und in Gottes freier Natur wird alles von dir zd- gestreift, was dich bedrückt," sagte Katharine herzlich.
So plauderten die beiden jungen Mädchen, bis es doch etwas kühl wurde und es geboten schien, wieder in das Haus zu gehen. Außerdem hatte Katharine für das Abendbrot zu sorgen und nach dem Rechten zu sehen.
Und nicht lange dauerte es mehr, bis Freesens die Heimfahrt antreten mußten, so schnell war die Zeit vergangen.
„Na, nicht wahr, es ging doch besser wie gedacht, hast dich doch ganz gut amüsiert?" Vergnügt kniff Baron Freesen seine Tochter in die Wangen.
„O ja, es war ganz nett!"
„Und wie gefällt dir denn Katharine?"
„Ganz gut, Papa! Aber weißt du. sie ist so furchtbar vernünftig, fast unheimlich!" (Fortsetzung folgt.), /