der einen, hoher Druck längs der anderen Seite einer Bruchlinie, z. B. des Rheintals oder des Grabens zwischen Schwarzwald und Jura, zu liegen kommt, dann muß sich ein großer Druckunterschied auslösen, der auf ein bestehendes Spannungsver­hältnis wirken und ein sogenanntes tektonisches Erd­beben Hervorrufen muß.

Stuttgart, 21. Juli. Zu dem gestrigen Erd­beben sagt der Polizeibericht: Durch das gestrige Erdbeben wurden fast im ganzen Stadtgebiet Kamine mehr oder weniger beschädigt, so daß Teile derselben auf Straßen. Gehwege und Höfe fielen, ohne jedoch jemand zu verletzen. Von der Fassade eines Hauses in der Hohenstaufenstraße und vom Gebäude der württembergischen Sparkasse in der Kanzleistraße stürzte je eine einen Zentner schwere Steinkugel auf die Gehwege, in letztere bedeutende Löcher schlagend, herunter. Auch hier wurde niemand getroffen oder verletzt.

Freudenstadt. 20. Juli. Um 1 Uhr 7 Min. spürten wir hier während 3 Sekunden zwei heftige Erdstöße. Wir Einheimische, die wir alle noch die Erinnerung an den 16. Noo. 1911 unangenehm in uns bargen, waren wohl meist gefaßt und uns über die Erscheinung klar. Allein die vielen Fremden, zumeist aus Norddeutschland, die etwas derartiges noch nie mitgemacht hatten, gerieten größtenteils in panikartige Aufregung. Alles saß in den Hotels und Pensionen noch zu Tisch, als das Beben anhub, das kurz aber sehr heftig war und allgemeine Be­wegung. plötzliches Verstummen, dann namenlose Ver­wirrung und Angst an den Hoteltischen hervorrief. Viele eilten den Ausgängen zu ins Freie. Auf der Straße und in den zur ebener Erde liegenden Räumen war das Beben nicht zu verspüren, sondern nur in erhöhten Zimmern bezw. Lokalen. Das Ereignis wird hier natürlich unter dem Kurpublikum lebhaft besprochen, wobei ängstliche Gemüter wohl dem Freudenstadt den Rücken zu kehren sich anschicken wollen. Es kann jedoch versichert werden, daß wir im Schwarzwald auch Heuer, wie vor 2 Jahren, was die Stärke der Erdstöße betrifft, am glimpflichsten davonkamen.

Ebingen, 20. Juli. Der Erdstoß am Sonn­tag nachmittag um 10 Min. nach 1 Uhr hat große Schrecken hervorgerufen. Man ist zwar in unserer Erdbebengegend gewohnt, ab und zu durch das Dröhnen und Wanken erschreckt zu werden und man legt den Stößen im allgemeinen keine große Bedeut­ung bei. Allein der Stoß vom Sonntag nachmittag war nächst dem starken Erdbeben vom 16. November 1911 der stärkste überhaupt, den wir erleben mußten. In den Häusern traten sogleich starke Risse auf und zerbrechliche Gegenstände gingen in Trümmer. Auch Fensterscheiben sind gesprungen. Im November 1911 waren nach einem außerordentlich regenarmen Sommer plötzlich starke Niederschläge eingetreten und die großen Erdrutschungen in Margrethausen wurden von den Geologen auf diesen Umstand zurückgeführt. Es sollte sich ein Teil der lehmigen Schichten von dem felsigen Untergrund gelöst haben. Aus diesem Grunde wurden seinerzeit Wasserabzugsvorrichtungen errichtet. In diesem Jahre haben wir gleichfalls unter einer abnormen Feuchtigkeit zu leiden und man war besorgt, ob keine Rutschungen bei Mar­grethausen aufgetreten waren. Bisher wurde aber von dort nur gemeldet, daß durch den starken Stoß in einzelnen Gebäuden neue Risse aufgetreten sind.

Truchtelfingen, 22. Juli. Der Erdstoß schädigte den schon beim großen Erdbeben am 16. November 1911 schwer heimgesuchten Kirchturm derart, daß an allen vier Seiten des Turmes noch viel größere Risse als damals zu sehen sind, und ein großes Stück von der Wand herunterfiel. Dieser Kirchturm befindet sich jetzt in einem Zustande, daß

er einem zweiten, ebenso starken Erdstoß nicht mehr ftandhalten kann. Die in der Kirche befindlichen Leute eilten panikartig hinaus. Der Nachmittags­gottesdienst mußte unterbleiben.

Hechingen, 22. Juli. Das Erdbeben ist in Voll nicht spurlos vorübergegangen. Viele Häuser sind zerrissen. Dächer und Schornsteine be­schädigt. Auf dem Friedhofe zu Mariazell am Fuße der Zollerburg sind mehrere Reihen Grabsteine nach der westlichen Seite gedreht. Es ist, wie die Hohenz. Blätter berichten, bemerkenswert, daß bei dem großen Beben am 16. November 1911 die gleichen Reihen Grabsteine, unmittelbar an dem Wallfahrtskirchlein, entgegengesetzt, also nach Osten gedreht waren.

Stuttgart) 21. Juli. Durch Flugblatt machte heute abend die Firma Robert Bosch bekannt, daß ihr ohne Meister, Lehrlinge und Beamte jetzt ins­gesamt 1436 Leute zur Verfügung stehen, darunter 1007 frühere Arbeiter und 429 Neueingestellte.

Stuttgart. 22. Juli. Zur Nachprüfung der Angaben der Firma Robert Bosch über die Zahlen der jetzt bei der Firma beschäftigten Arbeiter (1607 Leute) besuchten heute Redakteur Walcher von der Schwäbischen Tagwacht und Bürobeamter Rau vom Metallarbeiterverband auf die Aufforderung der Firma den Betrieb. Die Nachprüfung wurde in Gegenwart des Notars Gänßle durch die beiden von der Schwäbischen Tagwacht gesandten Herren in der Weise vorgenommen, daß die beiden Herren be­stimmten, in welchen Abteilungen die Zahlen der Arbeiterliste stichprobenweise nachgeprüft werden sollte. Der Notar stellte über das Ergebnis der Nachprüfung eine Urkunde aus, die die Richtigkeit der von der Firma angegebenen Zahlen voll bestätigt. Unter den 1607 Leuten befinden sich 1042 frühere Arbeiter und Arbeiterinnen, d. h. solche, die am 2. Juni in Streik getreten sind oder ausgesperrt wurden. In der Urkunde wurde besonders zum - Ausdruck gebracht, daß die Meister, Lehrlinge und das übrige Personal nicht mitgezählt wurden. Dex Deutsche Metallarbeiterverband scheint nun doch - allmählich einlenken zu wollen. Wie die Schwäb. Tagwacht heute mitteilt, sollen Verhandlungen mit der Firma in Aussicht genommen sein.

Stuttgart, 22. Juli. Gestern abend kurz nach 6 Uhr wurde an der Kreuzung der Silberburg- und Reinsburgstraße der 26 Jahre alte Bankbeamte Lamparter von der Stuttgarter Lebensversicherungs­bank, der vor einem Straßenbahnwagen über das Geleise ging, von dem Wagen erfaßt und zu Boden geworfen. Er erlitt so schwere Verletzungen, daß er im Katharinenhospital gestorben ist.

Stuttgart, 22. Juli. Eine seltene Freude ist der Familie des seit 31 Jahren in vorbildlicher Pflichttreue und Tüchtigkeit hier wirkenden, durch seine Reliefkarte von Württemberg bekannten Ober­lehrers Wagner an der Seidenschule zuteil ge­worden: An einem und demselben Tage ist Wagner zum Volksschulrektor, sein Sohn zum Professor an der höheren Mädchenschule in Cannstatt und sein Schwiegersohn, Rektor Glück, zum Bezirksschul­inspektor in Böblingen ernannt worden.

klus Stasi» Bezirk uns Umgebung.

Seine Majestät der König hat den Ge­richtsassessor Haid, stellvertretender Amtsrichter in Neuenbürg, zum Amtsrichter bei dem Amtsgericht Stuttgart-Cannstatt ernannt.

Seine Majestät der König hat auf die Forstamtmannstelle bei dem Forstamt Hohengehren den Forstamtmann Haug in Calmbach auf An­suchen versetzt.

Seine Majestät der König hat das Bezirks­bauamt Calw dem etatsmäßigen Regierungsbau­meister tit. Bauinspektor Wieland daselbst übertragen.

/X Herrenalb, 21. Juli. Ein ungewöhnlich großes Trauergeleite folgte heute nachmittag den irdischen Ueberresten des früheren Gemeinderats Wilhelm Kübler auf dem Gang zur letzten Ruhestätte. Ueberraschend schnell ist er aus dem Kreise von 12 Kindern und über 40 Enkeln im hohen Alter von 78 Jahren abgerufen worden, nachdem er bis in die letzten Lebenstage mit unge­brochener Kraft in Haus und Gemeinde tätig war. Ein Mann von unentwegter Pflichttreue, aufrechtem Ehrgefühl und lauterem Charakter, ein Haushalter, bewährt im Kleinen und Großen. Die Anwesenheit so vieler angesehener Männer aus dem ganzen Be­zirk, wie es die große Trauerversammlung kundgab, bewies zur Genüge, welcher Wertschätzung der Ent­schlafene in den langen Jahren seines öffentlichen Dienstes sich zu erfreuen hatte. Der Gemeinde widmete er in allen seinen Aemtern lange Jahre hindurch seine volle Kraft als Stiftungspfleger, Ge- meinderat, Verwalter der Schulkasse, Holzbesorger für die sogen. 5 Klostergemeinden, und Fleischbeschauer, oft war er auch als Geschworener und Schöffe tätig. Seine Verdienste fanden Allerhöchste Anerkennung durch Verleihung der Silbernen Verdienstmedaille. Stadtpfarrer Storz legte der Leichenrede den Text aus Joh. 14, 19 unter:Ich lebe, und ihr sollt auch leben I" Nach dem Ausdruck herzlichen Mit­gefühls über den jähen Hingang nahm die Rede Bezug auf das frohe Fest der goldenen Hochzeit, welches der Verstorbene im vorigen Sommer noch erleben durfte. Dann folgte der Hinweis auf die lange Reihe der Berufsjahre, ein Leben, das köstlich war, weil es Mühe und Arbeit gewesen. Als freundliche Fügung des Herrn sei es zu betrachten, daß dem Dahingeschiedenen ein langes Krankenlager erspart blieb. In Freud und Leid durfle er den Liebeszug des himmlischen Herrn spüren; das Ver­trauen seiner Mitbürger genoß er in reichem Maße. Nach der Grabrede widmete Stadtschultheiß Grüb dem allezeit treu erfundenen Entschlafenen noch einen tiefgefühlten Nachruf, in welchem die Dank­barkeit der Gemeinde zu beredtem Ausdruck kam; ein prachtvoller Lorbeerkranz war das äußere Zeichen dieser Dankgefühle. In den stimmungsvollen Grab­gesang teilten sich Schülerchor und Männergesang­verein unter Direktion von Hauptlehrer Schanz. Ehre dem Andenken des verdienten Mannes I

ß. Pfinzweiler, 23. Juli. In nicht geringen Schrecken wurde bei dem heftigen Gewitter am Dienstag abend die hiesige Einwohnerschaft versetzt. Es schlug 2mal mit heftigem peitschenähnlichem Knall in die elektrische Leitung, so daß fast jedermann meinte, es habe in seinem Haus eingeschlagen. Man hatte das Gefühl, als ob der Strahl die Decke entlang mit scharfem Prasseln liefe. Am Tele­phon wurden die Sicherungen hinausgeschlagen, in einem Hause mehrere elektrische Glühbirnen zerstört. Der Regen rauschte so stark hernieder, daß sich das Wasser kaum einen Abzug verschaffen konnte. Im benachbarten Ittersbach, wo erst vor acht Tagen bei einem großen Schadenfeuer drei Gebäude zerstört worden waren, schlug der Blitz in eine Scheuer mit zwei Stallungen. Das Vieh konnte gerettet werden, das Gebäude dagegen brannte vollständig nieder.

Morattsfichlliche Witterung.

lieber Mittelschweden ist ein Luftwirbel entstanden, der den übrigen Störungen als Rückhalt dient, sodaß bei vor­wiegend ^.bewölktem Himmel und mäßig kühlem Wetter weitere Niederschläge in Aussicht zu nehmen sind.

Verantwortlich für den redaktionellen Teil: E. Mer?, für den Inseratenteil: G. Cour«di in Neueubürz.

Kmtlich« Bekanntmachungen unv privat-klnzeig

K. Höeramt Muenöürg.

Katastergeometer für den II. Bezirk.

An Stelle des aus dem Dienst der Amtskörperschaft aus­geschiedenen Katastergeometers Na sch old ist die Katastergeometer­stelle für den II. Bezirk, umfassend die Gemeinden Beinberg. Bieselsberg, Calmbach, Enzklösterle, Höfen, Jgelsloch, Kapfen­hardt, Langenbrand, Maisenbach mit Zainen, Oberlengenhardt, Schömberg, Schwarzenberg, Unterlengenhardt und Wildbad, durch den Bezirksrat dem von der Amtsversammlung am 28. Juni ds. Js. gewählten Geometer Haus Haigis in Höfe« mit Wirkung vom 1. Juli ds. Js. an übertragen worden.

Der Sitz der Stelle wird in Zukunft in Wildbad sein.

Den 21. Juli 1913.

Oberamlmann Ziegele.

K. Forstamt Liedeuzell.

am Dienstag de« 29. Juli d. I.,

vormittags 10 Uhr

imLamm" in Liebenzell aus Staatswald Mittl. Tann­berg, sowie Scheidholz aus den Hüten Liebenzell und Kaffeehof:

Rm.: 3 buchene Scheiter, 21 Nadelholz-Scheiter, 5 buch., 2 eich., 271 Nadelh.-Anbruch. Los - Verzeichnisse unentgeltlich vom Forstamt.

K. Hberarrrt Hleuenöürg.

Die beteiligten Kreise werden auf die Bekanntmachungen der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel im Gewerbeblatt Nr. 29 betr. die Preisausschreiben

zur Erlangung vo« Arbeite« für eine Ausstellung kleinbürgerlicher Wohnuugsräume

^ und

für heimische ländliche Bauweise in Württemberg

hingewiesen.

Das Gewerbeblatt kann auf den Rathäusern eingesehen werden.

Den 21. Juli 1913. Oberamtmann Ziegele.

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