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^ 93.

Reuen bürg, Mittwoch den 11. Juni 1913.

71. Jahrgang.

RunSlchau.

Berlin, 9. Juni. (Reichstag.) Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 3.15 Uhr Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung der Schutzgebietsrechnung von 1910. Die Vorlage geht an die Rechnungskommisfion. Nach Erledigung einiger weiterer Rechnungssachen folgt die erste Be­ratung des Gesetzesentwurfs betreffend die Aenderung zweier Reichslagswahlkreise als Folge eines Gebiets- austauschs zwischen dem Großherzogtum Sachsen und dem Herzogtum Sachsen-Meiningen. Der Ge­setzesentwurf wird in erster und dann sofort ohne Debatte auch in zweiter Lesung angenommen. Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs belr. Aenderung des Schutzgebietsgesetzes. Die Vorlage regelt insbesondere die Erlangung der Rechtsfähigkeit von Vereinen in den Schutzgebieten. Nach unerheb­licher Debatte geht die Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Es folgt die erste Lesung des Gesetzes entwurfs belr. die Entschädigung der Schöffen und Geschworenen. Staatssekretär Dr. Lisco: Das Gesetz stimmt überein mit den in dem Srraf- prozeßentwurfe enthaltenen Vorschriften. Wir wün­schen. daß auch Minderbemittelte das Amt eines Schöffen und Geschworenen übernehmen können. Die Tagegelder werden ganz gleich bemessen ohne Rück­sicht auf Rang und Stand des Betreffenden. Abg. v. Calker (Natlib.): Die Rechtspflege wird durch Hinzuziehung weiterer Kreise immer volkstümlicher werden. Nach weiteren Bemerkungen der Abgeord­neten Ptzus (Soz.) und Dr. van Calker (Natlib.) schließt die 1. Lesung. In der 2. Lesung wird das Gesetz einstimmig angenommen.

Berlin, 10. Juni. (Reichstag.) Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 2.05 Uhr. Am Bundesratstisch ist Staatssekretär Delbrück und Kriegsminister v. Heeringen erschienen. Auf der Tagesordnung stehen zunächst kurze Anfragen. Nach der Beantwortung beginnt die 2. Lesung der Wehrvorlage. Abg. Noske (Soz.): Die Parteien, die gestern hier feierliche Erklärungen ab­gegeben haben, zeigen, daß der Glaube an eins Gefährdung des Reiches, von der sie früher sprachen, zu schwinden scheint. Für sie besteht jetzt nur noch eine Gefahr, daß sie selber zu den Kosten beitragen müßten. Es ist nicht wahr, daß Deutschlands Sicherheit von irgend einer Seite aus ernstlich bedroht worden ist. (Sehr richtig bei den Soz.) Die Auf­nahme des Königs von England und auch diejenige des Zaren haben gezeigt, daß die Erreigniffe auf dem Balkan eine Verschiebung des europäischen Mächteverhältnisfes nicht bedeuten. Der Gedanke an eine deutsch-englische kriegerische Auseinandersetz­ung war immer ein Wahnwitz. Dem Reichskanzler sprechen wir unsere Anerkennung aus, daß er sich für die Besserung der deutsch-englischen Beziehungen eingesetzt hat. Von Frankreich droht uns keine Gefahr. Im Gegenteil, es steht fest, daß die Völker beider Länder den Frieden wünschen. Der Reichstag sollte beschließen, die Beratung der Wehrvorlage solange auszusetzen, bis die Negierung sich bereit erklärt, in Abrüstungsverhandlungen mit anderen Ländern ein­zutreten. Schließlich müssen wir doch zu einem Milizheer übergehen, das zur Verteidigung des Vaterlandes ausreicht. Mit dem Parademäßigen bei der Ausbildung muß allmählich aufgeräumt werden. Der Redner besprach darauf ausführlich alles, was die Sozialdemokraten in der Budgetkom­mission in Form von Resolutionen oder Anträgen eingebracht haben.

Berlin, 9. Juni. Bei dem Reichskanzler ist folgendes Telegramm des Kaisers eingegangen: Die Huldigungen des deutschen Sports, die ich gestern bei der Einweihung des Stadions in Grune- wald und bei der Ruderregatta in Grünau entgegen­nehmen durfte, bildeten eine großartige Einleitung zu den festlichen Tagen meines Regierungsjubiläums.

Die überwältigenden Eindrücke werden mir, wie wohl jedem Zeugen dieser imposanten Kundgebungen, stets unvergeßlich bleiben. Wessen Herz schlüge nicht höher angesichts der schmucken Turner, Schwimmer, Läufer. Ringer, Ruderer und Radfahrer, wie der frischen Knaben und Mädchen des Jungdeutschland­bundes und der Pfadfindergruppen! Eine solche sportliebende, kräftige und wobldisziplinierte Jugend berechtigt zu den schönsten Hoffnungen für die Zu­kunft des deutschen Vaterlandes. Meine wärmste Anerkennung und mein herzlichster Dank gebührt allen, welche zu den glänzenden Veranstaltungen an dem gestrigen Ehrentage des deutschen Sports beigetragen haben. Ich ersuche Sie, dies zur Kenntnis der beteiligten Kreise zu bringen. Wilhelm II. k.

Berlin, 7. Juni. Am 16. Juni, dem Tage des Kaiserjubiläums, werden 7000 Berliner Volksschulkinder im Hofe des Berliner Schlosses dem Kaiser und der Kaiserin Volkslieder vortragen. Vorgestern vormittag begannen die Proben dazu in großen Gruppen in der Arena des Zirkus Busch. Gestern wurde das Probesingen fortgesetzt, das zu einem bedauerlichen Vorfall führte. An 3500 Mädchen begaben sich unter Führung ihrer Lehrer in den Zirkus. Noch vor Beginn der Probe fielen verschiedene Mädchen bei der übermäßigen Hitze in Ohnmacht. Die Erschöpfung der Schulkinder war infolge der Hitze so groß, daß im ganzen 34 Mädchen in Ohnmacht fielen, die man nur mit Mühe unterbringen konnte. Auch bei den Proben am Tage vorher, an denen 3500 Knaben teilnahmen, fielen 9 Knaben in Ohnmacht.

Berlin, 9. Juni. DieDeutsche Tagesztg." meldet aus Rom: An der Kieler Begegnung des Kaisers und des Königs von Italien nehmen auch Minister des Aeußeren San Giuliano, der Botschafter Bollasti, Reichskanzler von Bethmann- Hollweg, Staatssekretär von Jagow und vielleicht auch der Botschafter von Flotow teil.

Rom, 9. Juni. Aus Anlaß des Kaiserjubi­läums veranstaltete die hiesige deutsche Kolonie gestern ein Bankett. Dr. Bohner hielt die Festrede, die in ein Hoch auf den Kaiser ausklang. Der deutsche Botschafter brachte das Hoch auf den König von Italien aus. Der Feier wohnte unter anderem auch Fürst Bülow an.

Berlin. 9. Juni. Bei der heutigen Stichwahl im 12. Berliner Landtagswahlkreis, Bezirk: Stadt­teil Moabit, erhielt Prediger Dr. Runze (F. V.) 364 und Schriftsetzer Eugen Ernst (Soz.) 331 Stimmen. Somit ist Runze gewählt.

Berlin, 9. Juni. Im Laufe der Untersuch­ungen der Affäre Redl hat die Behörde Anhalts­punkte dafür gefunden, daß die seiner Zeit berichteten Einbrüche in die Regimentskanzlei des in Stein am- Anger garnisonierenden Ulanenregiments Nr. 5, das vor einiger Zeit aus Galizien dorthin versetzt wurde, mit der Spionagetätigkeit des Obersten Redl in Zusammenhang stehen. Es wurden damals inner­halb Wochenfrist zwei Einbrüche in die Kanzlei verübt. Beim erstenmal wurde die Regimentskasie mit über 27 000 Kronen entwendet. Beim zweiten­mal schwerwiegende Dokumente geheimer Natur ge­raubt. Vor einigen Tagen ist nun ein Zugführer dieses Regiments verhaftet worden, in den nächsten Tagen soll eine weitere sensationelle Verhaftung im Zusammenhang mit dieser Affäre vorgenommen werden.

Hamburg, 10. Juni. Mit der Flagge der Hamburg-Amerika-Linie kam gestern nachmittag der SchnelldampferImperator" von seiner Probe­fahrt aus der Nordsee zurück. Der Dampfer ist nunmehr offiziell von der Hamburg-Amerika-Linie ausgenommen worden.

Leipzig. 9. Juni. Das Reichsgericht ver­warf die Revision des Kettenmachers Gustav Kleile von Brötzingen-Pforzheim, der von dem Schwurgericht Karlsruhe am 16. April ds. Js.

wegen Mordes zum Tode und wegen Notzucht zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Der Angeklagte hatte bekanntlich Ende vorigen Jahres unsittliche Handlungen an einem Knaben unter 14 Jahren vorgenommen, sowie am 14. Januar ds. Js. an einem 11jährigen Mädchen Notzucht verübt und dieses dann ermordet.

Betreffs der Lösung der albanischen Frage bestehen noch immer Schwierigkeiten unter den Mächten. So vertritt Frankreich den Standpunkt, daß in Hinblick darauf, daß Albanien ein noch ganz unbekanntes Land sei. nur eine provisorische Lösung des albanischen Problems erfolgen könne. Demgegen­über stellt dieWiener Allg. Ztg." fest, Oesterreich- Ungarn und Italien könnten diesen Standpunkt nicht teilen, weil die baldigste Schaffung stabiler Zustände in Albanien, woran Oesterreich-Ungarn und Italien ganz besonders interessiert seien, im Interesse Albaniens notwendig und weil die Schaffung eines definitiven Statuts die Vorbedingung für die Einführung einer Ordnung verbürgenden Verwaltung in Albanien sei. Die Behauptung, Albanien sei ein unbekanntes Land, könne unmöglich für Oester­reich-Ungarn und Italien gelten, wo die albanestschen Verhältnisse in allen Einzelheiten bekannt seien. All diese Gründe seien für Oesterreich-Ungarn und Italien bestimmend, sich gegen das Provisorium ab­lehnend zu verhalten und ihr Augenmerk darauf zu richten, daß baldmöglichst ohne Verschleppungen und 'Verzögerungen ein definitives Statut in Albanien geschaffen werde.

London, 9. Juni. Heute vormittag hat im St. Jamespalast eine Sitzung der Friedens­delegierten stattgefunden. Die griechischen und die türkischen Delegierten waren vollzählig erschienen. Von der serbischen und der bulgarischen Mission war nur je ein Vertreter anwesend.

Konstantinopel, 10. Juni. Die der Pforte gestern aus dem Auslands zugegangenen Nachrichten stellen die Lage zwischen den Balkan-Verbün­deten für sehr kritisch dar. Man glaubt deshalb hier, daß der Ausbruch der Feindseligkeiten unver­meidlich sei.

Belgiens Stellung im Kriegsfall. Den Alldeutschen Blättern" schreibt ein Freund, der in Frankreich, England und Belgien gleich zu Hause ist und in den 3 Ländern vorzügliche Beziehungen unterhält, er habe vor kurzem die jeden Zweifel ausschließende Mitteilung erhalten, daß Belgien sich für den Kriegsfall entschieden habe, auf die Seite Frankreichs und Englands zu treten;die Option ist gegen Deutschland ausgefallen", sagt der Gewährs­mann. Ob wirklich diese Stellungnahme den Inte­ressen Belgiens entspricht? Freilich erst der Krieg wirds zeigen. Bekanntlich schlagen die Götter den mit Blindheit, den sie verderben wollen.

Der Präsident des ungarischen Abgeordneten­hauses. Graf Ludwig Tisza, ist vom Kaiser Franz Joseph mit der Bildung eines neuen ungarischen Kabinetts beauftragt worden. Da Graf Tisza die Mitglieder des bisherigen Ministeriums Lukacs fast sämtlich zu übernehmen gedenkt, so dürfte die Bildung des neuen Kabinetts wohl auf keine besonderen Schwierigkeiten stoßen.

Zar Nikolaus, welcher augenblicklich mit mehreren Mitgliedern der kaiserlichen Familie in Moskau anläßlich der dortigen Romanow-Jubel­feier weilt, stattete am Sonntag, begleitet von den Großfürsten und Großfürstinnen, der Korporation der Moskauer Kaufmannschaft einen Besuch ab. Die Korporation beschloß, zur Erinnerung an diesen Zarenbesuch in Moskau die Summe von 300 000 Rubeln zu wohltätigen Zwecken zu spenden.

London, 10. Juni. Der englische Ingenieur S. E. Baron hat ein neues Luftschiff kon­struiert, zu dem er die äußere Form von dem deutschen Parseval und das innere Gerüst von dem Zeppelin-Ballon entlehnte. Das Luftschiff gleicht in