Stuttgart verschafft. Dort traf sie mit dem Frühzug ein und weil dieser Zug nach Göppingen und Ulm weiterfuhr, blieb sie eben sitzen. Denn sie wollte nach Voll, wo sie noch eine Mutter und Verwandte hat, von denen sie Hilfe erhofft, nachdem ihr Mann tot ist und sie völlig mittellos in der Welt zurückgelassen hat. Einige Mitreisende nahmen sich der Frau an und veranstalteten eine Sammlung, die aber nicht sehr ergiebig war und knapp hinreichte, in Göppingen das Fahrgeld von Stuttgart aus für die sieben Köpfe nachzuzahlen. Dann hatte sie wieder nichts. Die Bitte um Milch oder Kaffee für die Kinder konnte nicht erfüllt werden, weil alle Wirtschaften geschlossen waren. Ans Weitergehen aber war nicht zu denken, denn den Kleinen war kein Marsch zuzumuten — und draußen strömte der Regen. So mußte sie denn im Wartesaal Unterkunft suchen bis der Tag anbrach. Wie sie weiter gekommen sind, das weiß der, der diese Heimkehr miterlebt hat, nicht mehr. Er konnte nicht weiter tun, aber er hofft, daß die Heimkehr der schwarzgekleideten Witwe mit ihren sechs Kindern aus der harten Welt ins Vaterland vollends glücklich abgelaufen ist, auch trotz völligem Mangel an allem, einzig in dem tröstlichen Gedanken „Wenn du noch eine Mutter hast". Wie die Frau erzählte, ist sie vor 30 Jahren von Voll nach Amerika ausgewandert, um dort ihr Glück zu suchen. Die Heimkehr zeigt, wie ihre Hoffnungen in Erfüllung gegangen sind.
Friedrichshafen, 9. Sept. Der Sägewerksbesitzerssohn Gottfried Maier ist heute nacht in dem hochgehenden Schießtalbach ertrunken. Er war mit seinem Bruder und einigen Bekannten in der Schießtalwirtschaft gewesen, und hatte sich mit einem Arbeiter des Sägewerks in der stockfinsteren Nacht auf den Heimweg gemacht. Unterwegs war sein Begleiter etwas zurückgeblieben und als dieser nach Hause kam, fand er die Haustüre noch verschlossen. Er vermutete sofort einen Unfall und wollte zu dem noch in der Wirtschaft sitzenden Bruder Georg Maier eilen und ihn zu Hilfe rufen. In der Aufregung glitt er aber auf dem Steg aus und stürzte gleichfalls in das Wasser. Er wurde eine Strecke weit fortgerisfen, dann gelang es ihm, sich mit Mühe, bis an den Hals im Wasser, festzuhalten. Inzwischen hatte sich Georg Maier gleichfalls auf den Heimweg gemacht. So hörte er endlich die Hilferufe und eilte mit mehreren Begleitern herbei. Den vereinten Anstrengungen gelang es, den Arbeiter aus seiner schrecklichen Lage zu befreien. Von dem Bruder wurde aber keine Spur mehr entdeckt. Die Fluten hatten ihn fortgeschwemmt.
Maulbronn, 5. Sept. Auf dem Hofgut Scheuelberg ist Heuer der Zwetschgenerlrag sehr reichlich; er wird auf 150 bis 200 Zentner geschätzt.
Sternenfels, 7. Sept. Auf der Höhe hat es kolossal viel Obst: Aepfel und Birnen, dagegen fast keine Zwetschgen. Man sieht an der Straße nach Maulbronn rechts und links viele Bäume mit 30 und noch mehr Stützen. Das Fallobst wurde zu 1,50 den Ztr. gehandelt. Die Weinberge stehen noch gut und gesund, das Holz reift schön heran.
(La«deSProdnkt«r»bSrse Stuttgart). Bericht vom j 9. Sept. Der Regen hat auch in abgelaufener Berichtswoche angehalten, damit ist das Schicksal der noch aus dem Felde befindlichen Früchte endgültig besiegelt. Trotz diesem Un- i glückswetter hat sich die Stimmung auf dem Getreidemarkt eher ruhiger gestaltet, da Amerika und Rußland reichlichere und etwas willigere Angebote stellten, nur Mais und Futtergerste haben eine kleine Besserung zu verzeichnen. Auf heutiger Börse war wieder rege Nachfrage nach gutem, trockenem Weizen, da viele Mühlen in Erwartung einer guten Ernte nur schwach versorgt waren und jetzt, nachdem die neue Ware größtenteils naß und für Mahlzwecke augenblicklich nicht verwendbar ist, diese genötigt sind, durch fremden Weizen Ersatz zu schaffen. — Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack Mehl Nr. 0: 34.50 bis 85.— „6, Nr. 1: 33.50 bis 34.— Nr. 2 : 32.50 bis 33.- ^iü, Nr. 3: 31.—bis 31.50 ^t, Nr. 4: 27.50 ^ bis 28.—
Kleie 10.50 bis 11.50 (ohne Sack netto Kasse.)
Kus Staöt. Bezirk unS Umgebung.
Wildbad. (Aus der Sitzung der bürgerlichen Kollegien vom 6. September.) Infolge der Pensionierung der Arbeitslehrerin Sophie Riegel ist für die hiesige evangelische Volksschule eine neue Arbeitslehrerin anzustellen. Auf den ergangenen Bewerberaufruf haben sich 6 Bewerberinnen gemeldet. Es wird beschlossen, 1. die Anstellung der neuen Arbeitslehrerin zunächst probeweise auf jederzeitigen Widerruf erfolgen zu lassen, 2. ihren Gehalt gemäß Art. 4 des Lehrerbesoldungsgesetzes bei einer Verpflichtung zu 30 Wochenstunden auf jährlich 900 festzusetzen und ihr überdies bis zu ihrer ständigen Anstellung die seitherige Dienstwohnung der Arbeitslehrerin im Realschulgebäude unentgeltlich einzuräumen, 3. vorbehältlich des vom Ortsschulrat abzuschließenden Dienstvertrags zu bestimmen, daß die Arbeitslehrerin neben dem Handarbeitsunterricht den Turnunterricht an den vier oberen Mädchenklaffen den der Volksschule zunächst mit je 1 Stunde, zusammen 4 Wochenstunden, um obige Belohnung zu geben und daß sie sich außerdem zu verpflichten hat, nötigenfalls auch das Mädchenturnen an der Realschule und den später einzuführenden Koch- und Haushaltungsunterricht an der Volksschule zu übernehmen. Mit 5 von 10 abgegebenen Stimmen wird als Arbeitslehrerin gewählt, bezw. da Stimmengleichheit mit einer anderen Bewerberin vorlag, durch das Los bestimmt: Hedwig Ob erneuter, Arbeitslehrerin, Stuttgart. — Es wird beschlossen, die Arbeiten zur Erweiterung des Leitungsnetzes des Elektrizitätswerkes der Maschinenfabrik Eßlingen zu übertragen. — In der Ober- und Unterklasse der Volksschule in Sprollenhaus wird seither je ein 34stündiger Ableilungsunterricht erteilt. Dieser Abteilungsunterricht hat sich als ungenügend erwiesen, da die Zahl der Schüler sich in beiden Klassen gesteigert hat und ein Mangel an Sitzplätzen eingetreten ist. Es wird daher beschlossen, sich mit Einführung eines Abteilungsunterrichts von je 36 Stunden an den beiden Klassen der Volksschule in Sprollenhaus einverstanden zu erklären und die erforderlichen Mittel hiezu mit 6 Stunden ä 60 zusammen 360 für beide Klassen zusammen 720 ^iü zu verwilligen.
Die Krillantagraffe.
Erzählung von Reinhold Ortmann.
23s (Nachdruck verboten).
Aber sie mußte sehr bald erfahren, daß diese Zuversicht sie getäuscht habe. Direktor Wallhofen war noch nicht lange fort, als sich Herr Szakaly melden ließ. Und wenn auch Frau Myra seine Karte verächtlich in eine Ecke des Zimniers geschleudert hatte, so verweigerte sie es doch nicht, ihn zu empfangen.
Mit erhobenem Haupt und zornblitzenden Augen sah sie ihm entgegen, bereit, ihm die eben erfahrene Wahrheit schonungslos ins Gesicht zu schleudern. Aber die Erscheinung des Eintretenden entwaffnete für einen Moment ihren Unwillen. Denn der sich da mit gesenktem Kopf über die Schwelle schob, war derselbe Szakäly nicht mehr, der sie gestern mit der Miene des siegesgewissen Drachentöters verlassen. Langsam trat er ein paar Schritte ins Zimmer, dann, ohne seinen Hut aus der Hand zu legen, blieb er einige Schritte von Myra entfernt stehen.
„Nun?" fragte sie, sich bemeisternd. ,Lst es Ihnen so schnell gelungen, meine Bedingung zu erfüllen?"
,Zch habe nichts nach dieser Richtung getan, Myra," erwiderte er leise und ohne sie anzusehen. ,Zch konnte nicht, weil es gleichbedeutend gewesen wäre mit einer Vernichtung meiner Existenz."
,Zch verstehe Sie nicht. Hätte ich nicht Ihre gestrige Entrüstung noch so lebhaft in Erinnerung, so
würde ich Ihren Worten kaum eine andere Deutung geben können als die, daß dieser Herr Waldschmidt —"
Eine schwache, flehende Handbewegung des Geigers hielt sie ab zu vollenden.
„Sie dürfen mir nicht den Schmerz antun, mich für einen Dieb zu halten, Myra! Nein, mein Gewissen ist rein. Ich weiß nichts von Ihrer Brillantagraffe und von dem Haarstern der Gräfin Rackwitz. Aber ich möchte Sie trotzdem inständig bitten, sich —"
„Nun? Um was wollen Sie mich bitten?"
„Sich jener Notlüge zu bedienen, die Ihnen von seiten des Herrn Hainroth nahegelegt wurde?"
„Ah, das ist — das ist bei Gott seltsam! Und da Sie doch angeblich nichts zu fürchten haben — aus welchem Grunde sollte ich es tun?"
„Um mein Leben zu retten, Myra! Sagten Sie denn nicht selbst, es sei Ihnen nichts an meinem Tode gelegen?"
„Was hat Ihr Leben mit dem Verschwinden und mit dem Wiederauffinden meiner Agraffe zu tun?" Es gibt meines Wissens niemand, den nach Ihrem Blute gelüstet."
„Aber es könnte jemand geben, wenn diese Sache weiter verfolgt wird. Der Verdacht darf nicht auf mir hasten bleiben, und er muß durch gründlichere Mittel beseitigt werden als durch die Erklärungen, die ich dem Herrn Bankdirektor zu geben vermöchte. Denn vielleicht — vielleicht würden diese Erklärungen nicht hinreichen, um weitere Recherchen zu verhindern. Und dabei — dabei könnte es möglicherweise zur
Höfen a. E. Der letzte Herbst hat den Wirten deutlich die Nachteile ihrer Zerfahrenheit und Uneinigkeit beim Weineinkauf gezeigt. Bei einmütigem Zusammenhalten der Wirte beim Weineinkauf wären die Preise sicherlich nicht so hoch geworden und es wären ihnen große Summen erspart geblieben. Es war ein Rennen und Jagen um den inländischen Wein. Jeder ersteifte sich auf den Württemberger Wein. Da begann eine förmliche Schlacht, die auf den Weinversteigerungen ihren Höhepunkt erreichten. Gerade wie in der blutigen Schlacht auf den Gegner eingehauen, geschossen und gestochen wird, so ging es auch da zu. Jede ruhige Ueberlegung fehlte. Da wurde gesteigert oder sonst gekauft, ohne nach- zudenken, ob ers auch wert war und ob auch noch ein Verdienst dabei herauskommen könne. Hintendrein folgte auf diesen Rausch ein bitterer Katzenjammer. Diesen ungesunden Zuständen Einhalt zu tun, dazu ist die Naturweinzentrale in Stuttgart und Freiburg berufen. Diese will für den kommenden Herbst versuchen, ein gemeinschaftliches Vorgehen beim Einkauf zu organisieren. Zu diesem Zwecke ist eine große organisatorische Vorbereitung nötig, vor allen Dingen Aufklärung und Belehrung der Wirte. Es wird daher Hr. Direktor Schneider von der Naturweinzentrale in Stuttgart am Sonntag den 13. September, nachmittags 4 Uhr im Gasth. zur „Sonne" in Neuenbürg hierüber und auch über die Zwecke und Ziele der Zentrale einen Vortrag halten. Hierauf wird auch an dieser Stelle aufmerksam gemacht. L. L.
Calw, 9. Sept. Der 30 Jahre alte Handelsschüler Hinderberger aus Memmingen (Bayern) erhielt an der Unterlippe ein karfunkelartiges Geschwür, das er aufstach. Es trat Blutvergiftung ein und der junge Mann, der mit guten Zeugnissen die Spöhrer'sche Handelsschule verlassen hat, ist gestern im Krankenhaus gestorben.
. Bei hin gen, OA. Nagold, 9. Sept. Wie die Angehörigen der von ihrem Manne, dem Ochsenwirt Proß getöteten Frau Proß Mitteilen, habe sich bei der Sektion der Leiche gefunden, daß die Frau an jenem Abend keinen Tropfen alkoholhaltige Getränke zu sich genommen haben konnte. Sie bemerken ausdrücklich, daß die bedauernswerte Frau von dem rohen Täter zu Grunde gerichtet worden und schließlich durch schwere Mißhandlung getötet worden sei. Durch den Tod der Frau ist auch noch das keimende Leben eines Kindes vernichtet worden.
Pforzheim, 9. Septbr. Als am Samstag ein Goldarbeiter namens Emil Rothenstein betrunken in die Automatenhalle am Schloßberg kam und hinausgestellt wurde, griff er den Geschäftsführer an, der ihm eine solche Ohrfeige gab, daß Rothenstein rücklings umfiel. Er konnte zwar noch nach Hause gehen, wurde aber dort bald bewußtlos und starb andern Tages im Krankenhaus.
Pforzheim, 10. Septbr.. Seit einigen Tagen wird hier ein junges Mädchen namens Klara Seitz vermißt. Die spurlos Verschwundene ist kräftig gebaut, trägt ein blaues Kleid, Helle Schürze und gelbe Schnürstiefel.
Sprache kommen, daß — o. Sie werden mich verachten, Myra, wenn ich es Ihnen sage."
„Sprechen Sie es immerhin aus! Ich glaube nicht, daß an meinem Urteil über Sie dadurch noch etwas wesentliches geändert werden könnte."
„Ich habe ja auch keine Wahl. Denn Sie allein sind es, die mich retten, die mich vor dem Schrecklichen bewahren kann. Das ist mir während dieser entsetzlichen Nacht zur grausamen Gewißheit geworden."
„So lassen Sie mich nicht länger darauf warten!" drängte sie ungeduldig. „Welche Gefahr bedroht Sie, wenn ich mich nicht zu jener Lüge entschließe?"
„Der Graf Rackwitz würde mich vielleicht fordern — und wenn er es täte, so wäre entweder meine gesellschaftliche Stellung für immer vernichtet oder meine letzte Stunde gekommen."
Ein leises Klopfen hinderte Myra an sofortiger Antwort. Sie wußte, daß es das Klopfen ihrer Zofe war und hieß sie eintreten. Wieder war es eine Visitenkarte, die ihr überreicht wurde. Und in dem Antlitz der jungen Frau leuchtete es auf, als sie den Namen gelesen.
„Führen Sie den Herrn in den kleinen Salon," sagte sie, „und bitten Sie ihn, sich für eine kurze Zeit zu gedulden. Innerhalb weniger Minuten werde ich zu seiner Verfügung sein."
Dann, als das Mädchen gegangen war, kehrte sie sich wieder gegen den Geiger.
(Fortsetzung folgt.) , ^
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