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Fernsprecher Nr. 4.

140.

Neuenbürg, Montag den 2. September 1912.

70. Jahrgang.

RunSichau.

Unter den vielen glanzvollen Taten und Ab­schnitten, die die mehr als tausendjährige Geschichte des Deutschen Reiches aufweist, kommt uns heute wieder die Erinnerung an die größte nationale Großtat, die das geeinigte deutsche Volk vor nun­mehr 42 Jahren auf den Gefilden bei Sedan ge­leistet mit einem Siege, wie die Weltgeschichte wohl kaum einen verzeichnet. Aber nicht nur als Sieg unserer ruhmreichen Waffen feiern wir den großen Tag, sondern mehr noch als den herrlichen Erfolg der Einigkeit deutscher Fürsten und Volksstämme, die damit dem nationalen Empfinden den schönsten Aufschwung gegeben. Als Faktor der geistigen und sittlichen Einmütigkeit in allen Angelegenheiten des gemeinsamen deutschen Vaterlandes soll stets auch dem jungen Geschlechts die Bedeutung des Sedan­tages vor Augen und zu. Herzen geführt werden. Der Sedanlag ist aber zugleich auch der ernsteste Mahner für die Pflichten des Vaterlandes den Alten gegenüber, denen gegenüber, die einst ihr Leben in die Schanzen geschlagen und die des Ehrensoldes harren, den sie gar wohl verdient. Die Pflicht der Fürsorge für die Veteranen gewinnt an Be­deutung immer mehr, je weiter die treuen Kämpfer in ein Alter hineinkommen, wo Not und Gebrech­lichkeit bei ihnen zu Gast sind. Da darf es einfach keine finanziellen Bedenken geben, da muß auch bureaukratischer Schematismus zurücktreten hinter dem einzigen Gefühl, daß wir die heilige Pflicht haben, diesen Pionieren des Deutschen Reiches die Sorgen des Lebensabends zu mildern, soweit es in unsren Kräften steht. Der Reichstag muß hier als Ver­treter des Volkes endlich seine Pflicht ganz erfüllen.

Berlin, 29. Aug. Der Kultusminister hat an­geordnet, daß der Sedantag in Zukunst als Schulfeiertag für ganz Preußen zu gelten habe. Einer besonderen Verfügung bedarf es sonach in Zukunft nicht mehr.

Berlin, 27. August. In vielen Kreisen der Bevölkerung ist die Absicht geäußert worden, aus Anlaß des bevorstehenden 25jährigen Regie­rungsjubiläums des Kaisers ihrer Verehrung für den Monarchen und ihrer Freude über dieses Fest durch Geschenke und Darbietungen verschiedener Art Ausdruck zu geben. Durch mehrfache Anfragen sind diese Wünsche auch zur persönlichen Kenntnis des Kaisers gekommen. Wie dieBerl. Korr." hört, möchte indessen der Kaiser bei aller Anerkennung der hierin zum Ausdruck kommenden Gesinnung An­nahme von persönlichen Geschenken aus dem er­wähnten Anlaß versagen. Dagegen würde es seinem Wunsche entsprechen, wenn hiefür etwa in Aussicht genommene Mittel wohltätigen, gemeinnützigen oder patriotischen Zwecken unter besonderer Be­rücksichtigung der Bedürfnisse der betreffenden Be­völkerungskreise zugewendet würden.

München, 29. Aug. Bei der Beratung des Militäretats gab gestern in der Abgeordneten­kammer der Kriegsminister, Freiherr v. Kreß, die Erklärung ab, daß in der bayrischen Armee der mosaische Glaube kein prinzipielles Hindernis sei, das die Offizierskarriere verschlage. Das beweise am besten die Tatsache, daß die bayrische Armee 88 Offiziere und 193 Sanitätsoffiziere jüdischen Glau­bens aufweise.

Neues Geld. Für rund 120 Millionen Mark neues Geld soll im kommenden Jahr neu gemünzt werden. Der Riesenanteil wird wieder auf die Zehnmarkstücke (Kronen) fallen, auch Zwanzigmark­stücke sollen in beträchtlicher Anzahl neu gemünzt werden. Die Industrie hat wiederholt verlangt, daß Kronen mehr im Umlauf sein müßten. Es fehlte stark an diesen Münzen. Das Dreimarkstück, wovon im vorigen Jahre über 5 Millionen geprägt wurden, hat sich sehr eingebürgert. Es sollen daher auch in diesem Jahre von dieser Münze mehrere Millionen

gemünzt werden. Von den Kupfermünzen werden . am meisten die 1-Pfennigstücke begehrt. In diesem ^ Jahr wurden nicht weniger als 200000 Mk. ge- , schlagen, so soll es auch im kommenden Jahr sein, i Durch die Außerachtlassung der Sicherung einer ^ weithervorstehendsn Hutnadel ist in Berlin ein ! Straßenbahnschaffner schwer verletzt worden. Er

- wollte das Haltezeichen geben, als er durch die un- j gesicherte Hutnadel einer auf der Hinteren Plattform

stehenden Dame am rechten Arm verletzt wurde, i Trotzdem der Verletzte einen Verband anlegte, mußte j ihm nach zwei Tagen, da durch die anscheinend ver- ! rostete Hutnadel eine Blutvergiftung eintrat, der s rechte Arm abgenommen werden. Infolge dieses i Vorfalles sind nun die Schaffner angewiesen worden,

! unnachsichtig gegen die Trägerinnen ungesicherter ! Hutnadeln voizugehen. Sollte eine Dame bei der ' Fahrt im Straßenbahnwagen sich weigern die Hut- i Nadel zu sichern, so ist der Schaffner berechtigt, die Dame wegen Gefährdung der übrigen Mitfahrenden , von der Fahrt auszuschließen und sie polizeilich fest- . stellen zu lassen.

> München, 1. Sept. Der Generalintendant der j kgl. Theater, Frhr. v. Speidel, ist heute vormittag an den Folgen einer Gallensteinoperation, der er sich vor einiger Zeit unterzogen hatte, gestorben.

Dresden, 31. Aug. Die hiesige Metzgerinnung ^ beschloß, probeweise Gefrierfleisch aus der Mand- ^ schurei und der Mongolei zu beziehen. Die Stadt- r behörde stellt Kühlräume.

' Jnterlaken, 30. Aug. Die Verlobung im ' Operationssaal. Während einer Freiluftaufführ- ; ung desWilhelm Teil", die in diesen Tagen hier

- stattfand, hatte der Darsteller des Geßler, ein junger ^ hübscher Schauspielerdillettant namens Bauer das j Unglück, mit seinem scheugewordenen Pferde zu Fall ! zu kommen und ein Bein zu brechen. Bei der ärzt- s lichen Untersuchung im Krankenhaus, wohin man i den Verunglückien geschafft hatte, erwies sich der j Bruch als so kompliziert, daß im Interesse der ^ Lebensrettung deS Patienten die sofortige Ampu- ! tation des Beines unumgänglich notwendig erschien.

! Davon wollte der junge Bauer zunächst nichts wissen, z Er bat die Aerzte, ihn eher sterben zu lassen, als

zum Krüppel zu machen, er gab aber schließlich den dringenden Vorstellungen nach und wünschte nur vor der Operation noch ein junges Mädchen noch einmal zu sehen, das er kürzlich vor der Vorstellung getroffen hatte. Das junge, einer reichen Familie Jnterlakens angehörende Mädchen wurde dann auch herbeigeholt und in den Operationssaal geführt. Hier kam es zu einer dramatisch bewegten Szene, in deren Verlauf das Mädchen seine Liebe gestand, dem hilflos Daliegenden einen Ring an den Finger steckte und sich angesichts der Zeugen dadurch mit ihm verlobte. Dann wurde dis Braut wieder aus dem Saale geführt, und die Operation wurde glück­lich durchgeführt.

Sigmaringen, 31. August. Hier wurde die Amtsversammlung, die über den Anschluß an die oberschwäbische Ueberlandzentrale Beschluß fassen wollte, vertagt. Die Ursache lag darin, daß die als Sachverständige erschienenen Oberbaurat Gugen- han, Oberamtmann Dr. Bockshamer, Oberingenieur Dübendorfer und Ingenieur Wahlström sich ver­anlaßt sahen, die Versammlung wieder zu verlassen, weil der Vertreter der Stadt Sigmaringen gegen ihre Teilnahme protestiert hatte. Nachdem sie sich entfernt hatten, stellte der Vorsitzende Geh. Regierungs­rat Longard an die Mitglieder die Frage, ob sie diesem Protest zustimmten. Die Frage wurde ein­stimmig verneint. Ein Versuch, die Sachverständigen zurückzuholen, schlug fehl.

New-Aork, 29. Aug. In den letzten fünf Monaten hat ein Briefsortierer im hiesigen Aus­landspostamt, der Neger Hiram Smith, nicht we­niger als 5000 fürs Ausland, der weitaus größten Menge nach an Adressaten in Deutschland, bestimmte

Briefe unterschlagen. Insgesamt hat er sich auf diese Weise 3000 Dollars in bar verschafft. Der Mann, der verhaftet wurde, ist geständig. Er ist ein Opfer der Spielleidenschaft.

württLMberg.

Stuttgart, 30. August. Das Amtsblatt des Kultministeriums veröffentlicht einen Erlaß der Mini- sterialabteilung für die höheren Schulen, betreffend die Berücksichtigung des Eisenbahnfahrplans beim Beginn und Schluß des Unterrichts. Darnach ist es, wo eine Berücksichtigung der Interessen der auswärtigen Schüler seitens der Verkehrsverwaltung nicht möglich ist, Sache der Schulen, auf die aus­wärtigen Schüler die erforderliche Rücksicht zu nehmen, damit diese nicht genötigt sind, vor Beginn oder nach Schluß des Unterrichts längere Zeit ohne Unterricht und Aufsicht am Schulort sich aufzuhalten.

Stuttgart, 1. Sept. Wie alljährlich, so fand auch Heuer am Vorabend des Sedanfestes auf dem Fangelsbachfriedhof eine Gedächtnisfeier an den Gräbern der dort beerdigten Krieger statt. In dem Zuge, der sich unter dem Geläute sämtlicher Glocken und unter Vorantritt der Stadtgarde vom Vorplatz zu den Gräbern bewegte, befanden sich Mitglieder der bürgerlichen Kollegien mit Oberbürgermeister Lautenschlager an der Spitze, Präsidialmitglieder des Württ, Kriegerbundes. Kriegsminister von Marchtaler, l zahlreiche aktive und inaktive Olfiziere, die militärischen Vereine mit umflorten Fahnen und die Sanitäts- kolonne. Die Gedächtnisrede hielt Stadtpfarrer Fischer. Nach der Rede des Geistlichen wurden Kränze niedergelegt namens der Stadtverwaltung und der Militärvereine Groß-Stuttgarts. Der Krieger- und SängerbundHerzogin Wera" eröffnete und schloß die Feier mit einem Gesang.

Stuttgart, 31. Aug. Am heutigen Todestag des Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar (gestorben 31. August 1901) wurde im Auftrag des Präsidiums des Württ. Kriegerbundes am Grabe des Prinzen auf dem Pragfriedhof ein Lorbeer- kranz niedergelegt.

Stuttgart, 31. Aug. Die Fortschrittliche Volkspartei hat für den Bezirk Ludwigsburg- Amt als Landtagskandidaten den Sekretär der Evangelischen Arbeitervereine Württembergs, August Springer-Stuttgart, aufgestellt, der die Kandidatur angenommen hat. Die Nationalliberale Partei hat als Landtagskandidaten für Herrenberg den Schultheißen Gärttner von Gärtringen in Aussicht genommen. Die Sozialdemokratie hat als Kandidaten für den Bezirk Horb den Schreiner Mauthe-Schramberg aufgestellt.

Stuttgart. 31. Aug. Der Taglöhner Walz, der in Degerloch vier Schüsse auf seine Frau abgab und sich dann selbst durch einen Revolverschuß ver­letzte, ist noch gestern abend im Marienhospital gestorben.

Urach, 31. Aug. Bei der Schultheißenwahl in Hülben wurde Stadtschultheißenamtsverweser Buck in Owen mit 124 von 248 Stimmen gewählt. Gemeindesekretär Köhler in Metzingen erhielt 93 Stimmen, Verwaltungspraktikant Kuder in Köngen 25 Stimmen.

Friedrichshafen, 29. Aug. Ein neues Zeppelin-Luftschiff, das insbesondere für Kriegszwecke von hervorragender Bedeutung sein wird, ist gegenwärtig auf der hiesigen Luflschiffwerft im Bau begriffen. Während bisher dis Höchstleist­ung eines Zeppelin-Luftschiffes bezüglich des Aufent­halts in der Luft 37'/z Stunden betrug, soll das neue Luftschiff nicht weniger als 2 volle Tage in der Luft bleiben und eine Höhe von mindestens 15 Meter während der ganzen 48 Stunden einhalten können. Außerdem wird es mit drahtloser Tele­graphie versehen sein. Da dis Nutzlast, die das Luftschiff mit sich führen kann, um 3000 Kilogramm