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113.

Reuen bürg, Mittwoch de» 17. Juli 1912.

70. Jahrgang.

RunSlrhau.

Berlin. 15. Juli. Wie die Wiener Zeit mit­teilt, wird der Erzherzog Thronfolger Franz Ferdinand auf Einladung des Deutschen Kaisers den diesjährigen großen Seemanövern der deutschen Flotte bei Kiel beiwohnen, zu welchen auch ein russischer Groß­fürst geladen worden ist.

Am Sonntag trafen die zum Besuch nach Deutsch­land gekommenen Mitglieder des deutsch-amerikan­ischen Lehrervereins aus Bremen in Ham­burg ein. Die auf einer Besuchsreise durch Deutschland befindlicheenglische Studentenschar ist am Sonntag in Berlin eingetroffen. Am gleichen Tage wurde in Eisenach der deutsche Jmkertag und in München der erste bayer­ische Hansatag abgehalten.

Berlin, 15. Juli. Das Siemens-Schuckert Luftschiff, das bekanntlich zu Versuchszwecken ev- baut worden ist, wird, wie derBerl. L.-A." von zuständiger Seite erfährt, von der deutschen Heeresverwaltung angetauft. Das Luftschiff hat im Ganzen 73 kleinere und größere Fahrten ge­macht. wobei sich die konstruktiven Einzelheiten aus­gezeichnet bewährten.

Die diesjährigen großen englischen Flotten­manöver haben am Sonntag am Eingänge der Nordsee begonnen. Die Kreuzer beider Flotten sind aneinander geraten, die Schlachtschiffceserve der (roten) Angreiferflotte unter dem Befehl des Admirals Sir George Gallaghan befindet sich auf voller Fahrt von Dover her.

Marineflugzeuge in England. Die gro­ßen englischen Flottenmanöver wurden eingeleitet durch eine imposante Flottenparade vor den Mit­gliedern des Unterhauses aus der Reede von Spit- head. Wie bei der kürzlich vor dem König vorge­führten Parade bildeten auch hier Unterseeboote und Marineflugzeuge das Hauptstück der Parade. Zwei Wasserflugzeugen gelang es. Unterseeboots zu entdecken und sie aus einer Lusthöhe von 170 Metern zu beschießen. Später gingen die Flugzeuge neben den Unterseebooten nieder und vermochten sich frei wieder zu erheben. Die Versuche mit den Wasser­flugzeugen werden an Bord der Hibernia und in der Marinefliegerschule zu Eastchurch angestellt. Bei Eastchurch hat der bekannte Flieger Clean einen Flugplatz angelegt, auf dem er in letzter Zeit an­geblich erfolgreiche Probeflüge auf einem Short- Wright-Zweidecker gemacht hat, und er soll ein Flugzeug konstruiert haben, das auch auf rauher See auf dem Wasser niederzugehen imstande ist. Die englischen Blätter sind voll des Lobes über das neue Wasserflugzeug. Neben diesem Flugzeug hat die Admiralität noch einige andere Flugsysteme heran­gezogen, und zwar 4 Eindecker nach Bleriot, Depe- raussin, Nicuport und Etrich. Die Entscheidung über den brauchbaren Typ ist ebenso wie in Deutsch­land noch nicht gefallen. Zur Beschleunigung der Entscheidung wird am 15. Juli ein vom Kriegs­ministerium veranstaltetes Preiswettfliegen stattfinden. Die Zahl der ausgebildeten Flieger betrug in Eng­land Anfang Juni 231.

London. 15. Juli. Vom Auswärtigen Amt ist soeben ein Blaubuch veröffentlicht worden, in dem der britische Generalkonsul von Peru Einzel­heiten über die Gewinnung des Rohkautschuks durch eine englische Gesellschaft berichtet. Darnach würden die Greuel am Kongo in den Schatten gestellt durch die Vorkommnisse in Peru. Die Aufseher und Wächter schlugen den Kindern der Eingeborenen den Kopf auseinander, Frauen und Kinder würden zu Tode gepeitscht, Männer und Frauen würden syste­matisch und wohlüberlegt zu Tode gehungert. Männer gebrauche man als Zielscheiben, man erschieße sie zum Sport, auch schneide man den Männern die Ohren zum Vergnügen ab. Eine große Anzahl Arbeiter würde bei lebendigem Leibe verbrannt.

Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung trage Wunden von schweren Mißhandlungen. Innerhalb zwölf Jahren sind zum mindesten 30000 Eingeborene umgebracht oder wohlüberlegt zu Tode gehungert worden. Die Enthüllungen haben ein kolossales Aufsehen hervorgerufen.

New-Jork, 16. Juli. Die Stadt befindet sich in großer Aufregung über eine Mordtat, die sich heute früh hier ereignete. Hermann Rosental, der Hauptzeuge in einer schwebenden polizeilichen Unter­suchung wegen Glückspiels und Diebstahls die heute begann, ist von unbekannten Tätern er­mordet worden. Rosental, ein bekannter Spieler, beschuldigte Polizeiosfiziere, an den Spielgewinnsten Teil gehabt zu haben. Er wurde heute früh aus dem Hotel, in dem er wohnte, auf die Straße ge­rufen und dort durch Gewehrschüsse aus einem Auto­mobil heraus getötet. In dem Auto befanden sich, nach Aussage von Augenzeugen, sechs Personen, unter diesen zwei Polizeibeamte. Die Mörder sind uner­kannt entkommen.

Frankfurt a. M, 16. Juli. Das Luftschiff Viktoria Luise" hat zu der Fahrt von Hamburg nach Frankfurt a. M. 7 Stunden gebraucht. Es nahm die Route Göttingen-Kassel Bad Nauheim.

Ein armer reisender Handwerksbursche ver­kaufte auf seinem Wege durch den Spessart, da er in Not war, für drei Mark sein Los der öster­reichischen Staatslotterie. Jetzt gewann der Käufer, ein Hausierer Kaisermüller aus Langenberg im Spessart, auf dieses Los 60 000 Kronen.

Forbach i. Lothr., 16. Juli. Hier erschlug ein Bäckergeselle die Ehefrau seines Meisters. Dieser unterhielt unerlaubte Beziehungen mit seiner Haus­hälterin und hatte deshalb den Gesellen durch das Versprechen einer Belohnung von 4000 -46 zu dem Verbrechen veranlaßt.

Württemberg.

Stuttgart. 15. Juli. Nachdem in der letzten Woche Finanzminister v. Geßler einen 6 wöchigen Sommerurlaub angetreten hat, ist auch Minister­präsident Dr. v. Weizsäcker gestern in den Sommer­urlaub gegangen. Minister v. Pischek hat ebenfalls gestern einen 6wöchigen Erholungsurlaub angetreten, den er in Bad Tarasp verbringen wird.

Stuttgart, 15. Juli. Als Kandidat der Nationalliberalen Partei für den Bezirk Blau- beuren ist der seitherige Landtagsabg. Maier wieder ausgestellt worden; er hat die Kandidatur angenommen. Als Landtagskandidat für den Be­zirk Hall wurde vom Bunde der Landwirte Schult­heiß Stiefel-Wolpertshausen nominiert. (Stiefel war in den 1880 er Jahren Oberamtsassistent und Verwaltungsaktuar in Calw und Neuenbürg. Die Red.)

Stuttgart, 15. Juli. Wie wir hören, ist es der Wunsch des Hrn. Oberbürgermeisters Lauten­schlager, daß die bürgerlichen Kollegien Stuttgarts dem in der Beleidigungsklagsache des früheren Ober­bürgermeisters v. Gauß gegen Chefredakteur Röder neulich besonders hervorgetretenen besoldeten Ge­meinderat Klein für seine Stellvertretung nach dem Rücktritt des Hrn. v. Gauß eine Remuneration von 1000 gewähren. Im Gemeinderat stimmten nun für den Antrag des Oberbürgermeisters 10, dagegen 9 Mitglieder, im Bürgerausschuß 9 dafür und 9 dagegen. Die Entscheidung erfolgte durch Stichentscheid des Bürgerausschußobmanns.

Stuttgart, 16. Juli. (Gräßliche Bluttat.) Heute abend etwa 8 Uhr war das Mädchen Anna Biedermann von Untertürkheim mit ihrem kleinen Neffen Otto Warth auf einem Grundstück, um Feldfrüchte heimzuholen. Die Biedermann hatte seit einiger Zeit ein Liebesverhältnis mit dem Wagner August Zigsche, der in Untertürkheim wohnte. Das Mädchen wollte von dem Liebhaber nichts mehr wissen, weshalb dieser sich wiederholt geäußert hatte.

daß er sie noch totschießen werde. Diese Drohung hat er heute abend ausgeführt. Er kam die Pano­ramastraße herauf, als das Mädchen diese Straße in Begleitung ihres kleinen Neffen mit einem Hand­wägelchen herabkam. Zigsche stellte sie. Dann gab er zuerst auf den kleinen Buben einen Schuß in den Kopf ab. Die Kugel drang in die rechte Kopfseite ein. Das Kind war sofort tot. Darauf feuerte er fünf Schüsse auf die Biedermann ab. Der eine drang hinter dem linken Ohr ein, der andere in die linke Halsseite, der dritte in die linke Schulter, der vierte in die linke Hüfte und der letzte in den Rücken. Das Mädchen stürzte nach dem eisten Schuß zu Boden, richtete sich nach dem vierten Schuß wieder auf, worauf der Täter äußerte:Was, bist Du noch nicht hin!" und den fünften Schuß ab­feuerte. Die Schüsse und die Schreie des Mädchens lockten viele Leute herbei. Der Täter wußte sie sich aber mit der vorgehultenen Waffe vom Leibe zu halten. Auch hat er mindestens 1 bis 2 Schüsse auf die Menge abgegeben, um zu flüchten. Er flüchtete dann in einen Weinberg, der direkt in den Ort mündet, gab dort auf sich selbst einen Schuß in die rechte Stirnseite ab und war sofort tot. Die schwerverletzte Biedermann wurde in das Bezirks­krankenhaus nach Cannstatt geschafft.

Tübingen, 16. Juli. Der Vorstand der hiesigen medizinischen Klinik, Prof. Dr. v. Romberg, er­hielt einen Ruf an die Universität München als Direktor der dortigen medizinischen Klinik.

Vom Bodensee, 15. Juli. In Rorschach unternahm gestern abend eine Gesellschaft junger Leute von St. Gallen auf dem Bodensee eine Gondelpartie in zwei Booten. In dem einen Boot befanden sich 8 in dem andern 7 Personen. Eines der Boote geriet in das Fahrwasser eines Dampfers und kippte um. Das Unglück, welches sich in unmittelbarer Nähe vom Rorschacher Hafen ereignete, wird auf ein Schweizer Schiff zurückgeführt, das mit voller Kraft aus dem Hafen ausfuhr. und in dessen Kielwasser die Bootsfahrer absichtlich hinein fuhren. Nach der Aussage von Augenzeugen standen dabei die Leute in beiden Booten auf und schaukelten lebhaft hin und her. Zudem waren beide Boote, die je für fünf Personen bestimmt sind, überfüllt. Sie kippten daher bei der ersten starken Welle um, ganz kurz nach einander. Fast zur gleichen Zeit, als das Unglück sich zutrug, fuhr der DampferWürt­temberg" aus dem Schweizer Hafen rückwärts aus, hielt direkt auf die Unglückseite zu, mußte dann aber erst stoppen, um seine Vorwärtswendung ausführen zu können. Ihm gelang es. nur noch eine Person, einen jungen Mann, zu retten, der sich an das um­geschlagene Boot geklammert hatte, aber schon am Versinken war. Von allen anderen war nichts mehr zu sehen. Dem Geretteten sind die Schwestern er­trunken. Nach den neuesten Feststellungen sind 13 Personen, nicht wie gestern noch angenommen wurde, 11, ums Leben gekommen. Die Namen der Ver­unglückten, die meist junge Leute im Alter von 20 Jahren waren, sind: Lydia Stähli. die Tochter des bekannten Weltmeisterschützen Stähli, Lina und Anna Probst. Frl. Holzer, Karl Hierling, sämtlich aus St. Gallen; ferner Heinrich Zeller und Marie und Anna Schund von Rorschach, von einem Herrn und zwei Damen konnten die Namen noch nicht fest­gestellt werden. Gerettet wurden Hans Müller, Bellinzona, und Emil Nägeli, Goldbach. Das SchiffGotthard" hat. wie verlautet, von dem ganzen Unglück nichts gemerkt. Doch ist eine eingehende Untersuchung im Gang.

Friedrichshafen, 16.Juli. (NocheinBoots­unfall.) Gestern mittag gegen ffs12 Uhr kenterte am Eichhorn bei Konstanz ein Segelboot. Die In­sassen, drei Damen und ein Herr, schwebten in großer Lebensgefahr. Auf ihre Hilferufe und dem Lärm der Badenden am Waldhaus Jakob fuhren in drei Booten einige Männer zu Hilfe, die nach