Zweites

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Neuenbürg, Samstag den 13. Zuli 1912.

7V. Jahrgang.

RunSschau.

In Berlin ist ein Verband gegen Ueber- hebung des Judentums gegründet worden. Der Verband will keine öffentlich aufregende, agitatorische Tätigkeit treiben. Sein nächstes Ziel, so heißt es in einem Aufruf, ist Verbreitung der Kenntnis vom Judentum, von seinen Arbeitsmethoden, seinen Organisationen und seinem Zwecke. In dieser Tätig­keit ist die Abwehr der Ueberhebung des Judentums enthalten. Der Verband gibt wöchentlich erscheinende Mitteilungen" heraus, die den TitelAuf Vorposten" tragen.

Berlin. 11. Juli. Die Abendblätter melden: In dem Brandt'schen Millionenprozeß ist die Klage gegen die Erben des Grafen Douglas vom Kammergericht kostenpflichtig abgewiesen worden.

Berlin, 13. Juli. Die hiesige Kriminalpolizei hat gestern im Tempelhof einen 22jährigen Techniker wegen Falschmünzerei verhaftet. Dieser hat nach einem eigenartigen, anscheinend von ihm selbst er­fundenen Verfahren auf galvanischem Wege Gold­stücke nachgemacht. Auf der Weltausstellung in Brüssel hatte er den Posten eines Polizeiagenten bekleidet.

In der Nacht zum Sonntag erbeuteteten Ein­brecher in der Berliner Fabrik von Schering einen Platinkessel im Werte von 18000 Mark. Sie sägten den Verschluß, mit dem der Kessel befestigt war, durch und verschwanden, ohne daß man ihre Anwesenheit bemerkt hatte.

Berlin, 12. Juli. Während aus Newyork gemeldet wird, daß die furchtbare Hitze gestern vor­übergehend durch ein Gewitter gemildert wurde, dann aber gleich wieder mit voller Heftigkeit ein­setzte, läßt sich der Berliner Lokalanzeiger aus Keskem im Vilajet Erzerum berichten, daß dort ungeheure Schneemassen gefallen seien. Viel Vieh und sogar Menschen seien erfroren.

Hamburg, 12. Juli. Auf dem Schnelldampfer Auguste Viktoria der Hamburg-Amerikalinie wurden während der letzten Reise nach Newyork Versuche mit einem neuen Scheinwerfer angestellt, der eine Lichtstärke von 80 000 Kerzen besitzt.

Lübeck, 13. Juli. Die Bürgerschaft hat zur Bekämpfung der Kinematographentheater dem Antrag auf Erhöhung der Lustbarkeitssteuer von 1800 auf 6000 ^ zugestimmt.

Schwaningen, 11. Juli. Unsere Schnecken- züchter sind fleißig daran, ihren Bedarf zu decken. Für 100 Stück werden 45 bezahlt. Die Jugend hat dadurch eine hübsche Einnahme. Freilich ist aber der Ertrag nicht so reichlich wie in früheren Jahren.

Warnung vor der Fremdenlegion. Die französischen Werbebureaus für die Fremdenlegion haben das Feld ihrer Tätigkeit von Deutschland nach Elsaß-Lothringen verlegt. Ihr Trik besteht haupt­sächlich darin, daß sie sich an junge Zureisende her­anmachen, sich ihnen als Landsleute ausgeben und sie in der schon oft geschilderten Weise zur Unter­zeichnung eines Kontraktes für die Fremdenlegion zu bewegen wissen.

Infolge vorzeitigen Explodierens einer Granate auf dem Schießplatz Oerkeny (Ungarn) platzte das Rohr eines Versuchsgeschützes bei Heb­ungen, an der die nur aus Oesterreichern gebildete 3. Wiener Haubitzen-Division teilnahm. Als eine neue Kanone ausprobiert werden sollte, explodierte das Geschütz und riß das Geschützrohr auseinander. Der unmittelbar neben der Kanone stehende Ober­feuerwerker wurde getötet, ebenso 3 von 4 Kano­nieren. Die Soldaten wurden in Stücke gerissen. 4 andere Soldaten wurden lebensgefährlich verletzt. Einer der schwer Verwundeten verschied nachmittags, wodurch sich die Zahl der Toten auf 5 erhöht. Der aufsichtführende Oberleutnant erlitt schwere Ver­letzungen.

Der Unfall der Olympic. Die Olympic, die am Samstag mittag New Jork aus der Heim­reise nach Southampton verlassen wollte, geriet in der Nähe der Jersey-Küste auf die dort lagernden Schlammbänke. Man glaubte zuerst, daß das Schiff darauf gelaufen sei, um einen Zusammmenstoß zu

vermeiden. Es stellte sich jedoch später heraus, daß eine der Ruderketten gebrochen war, als das Schiff in den Kanal fuhr, wodurch es hin und her schwankte und schließlich auf die Schlammbänke stieß. Acht Schlepper waren zur Rettung notwendig und die Olympic warf Anker gegenüber der Staten-Js- land und verließ die Ankerstelle um 6*/e Uhr abends. Die ungewöhnlich große Zahl von hervorragenden Reisenden an Bord der Olympic wird von den Schif­fahrtsgesellschaften als ein Zeichen dafür angesehen, daß der Ozeanverkehr, der nach dem Unglück der Titanic einen starken Rückgang erlitt, wieder normal zu werden beginnt. Die Nachricht über den Unfall der Olympic wurde deshalb mit einigem Unbehagen ausgenommen. Die White Star-Linie verweigert jede Auskunft über den Unfall des Riesendampfers.

Arlons, 11. Juli. Die Provinz Luxemburg ist in den letzten beiden Tagen von schweren Ge­wittern heimgesucht worden, die nicht unbeträcht­lichen Schaden angerichtet haben. Der Blitz schlug in mehreren Fällen. Drei Personen sind tätlich verletzt worden.

New-Iork, 12. Juli. Die Hitze dauert noch immer an. Gestern starben 10 Personen an Hitz- schlag und über 200 mußten sich in ärztliche Be­handlung begeben. Die Spitäler sind überfüllt. Es ist noch keine Aussicht auf ein Sinken der Tempe­ratur vorhanden. Im Gegenteil wird für die nächsten Tage noch eine weitere Zunahme angekündigt. Viele Städte des Westens klagen bereits über Wassermangel.

kus Staöt» Bezirk unS Umgebung.

Von einem schönen Ausflug, dessen Ziel der Besuch der Schlachtfelder von Wörth war, kann der Wildbader Jünglingsverein berichten. Lange war der Ausflug geplant. Endlich, am Drei­einigkeitsfest, den 2. Juni, konnte er zur Tat werden. In aller Frühe sammelten wir uns, 37 Mann stark auch einige noch nicht in den Verein aufgenommene Vereinsgäste durften wir mitnehmen, am Bahn­hof. Langsam ging die Fahrt voran im Bummelzug. Aber uns war's gerade recht, daß wir Zeit hatten, unterwegs die Stadt Pforzheim und das großherzog- liche Schloß in Karlsruhe uns anzusehen und in Winden in der Pfalz die Magenfrage im voraus zu erledigen, um die kostbare Zeit in Wörth allein der Besichtigung des Schlachtfeldes widmen zu können. Was war das für ein Jubel, als hinter Karlsruhe plötzlich derZeppelin" hoch in den Lüften unseren Weg kreuzte! Wie begeistert klang's hinaus in den Morgen:Es braust ein Ruf wie Donnerhalll" als wir bei Maxau über den Rhein fuhren! Nach 7stündiger Reise stiegen wir in Wörth aus, nachdem wir schon vorher Weißenburg passiert und manches gesehen hatten. Ob auch der Regen in Strömen floß, am allermeisten, als wir beim Kaiser Friedrich- Denkmal standen, das wir zuerst aufsuchten, die jugendfrohe, durch all die Erinnerungen an helden­mütige Tapferkeit und Treue bis in den Tod ge­hobene Stimmung ließen wir uns dadurch nicht dämpfen. Wie stolz steht die Reitergestalt des da­maligen Kronprinzen auf gewaltigem Felsblock, nahe dem Ort, von dem aus der Kronprinz nach seinem Eintreffen auf dem Schlachtfeld die Schlacht be­fehligte ! Die eine Hand reißt das vorwärtsdrängende Roß zurück, die andere weist hinüber nach Frösch- weiler als der letzten feindlichen Stellung, die noch zu nehmen ist. Zu den Füßen des Reiters reichen über französischen Siegestrophäen Vavare und Bo­russe, Süd und Nord, einander die Hand zum Treu­bund, und über beiden schwebt der deutsche Aar. Und wie frei lag da oben das ganze Schlachtfeld vor unfern Blicken: drunten das Sauertal mit Wörth, drüben Elaßhausen und Fröschweiler, wo das fran­zösische Heer unter Mae Mahon seine feste, fast un­überwindliche Stellung inne hatte und die Deutschen, in unvergleichlichem Heldenmut sich Schritt für Schritt erkämpfend, hinaufstürmten I Doch wir mußten weiter. Zurück ging's nach Wörth und gegenüber­liegende Höhe hinan: zum Mac Mahon-Baum, bei dem der französische Feldherr während der Schlacht seinen Standort gewählt hatte, bis die siegreichen Truppen ihn zum Rückzug zwangen; weiter an vielen

ergreifenden, großen und kleinen Denkmälern gefal­lener Krieger und an ihren Ruhestätten, da Hunderte aus den Reihen von Freund und Feind zusammen in gemeinsamem Grabe ruhen, vorbei, auf der Straße, auf der einst Graf Zeppelin von seinem berühmten Rekognoszierungsritt ins Feindesland sich wieder zurückgezogen hatte, nach Elsaßhausen und Frösch­weiler, dem Schauplatz der letzten und heißesten Kämpfe jenes 6. August 1870. Wie friedlich lagen jetzt diese Stätten da, über die damals der Schlachten­lärm tobte, und auf denen so viel edles Blut fürs Vaterland geflossen ist! Wie feierlich klangen die zum Mittagsgottesdienst einladenden Glocken der Fröschweiler Friedenskirche über das ehemalige Schlachtfeld hin, jenes würdigen Gotteshauses, das dankbarer Sinn erbaut hat über den Trümmern der am Abend der Schlacht zum rauchenden Schutthaufen gewordenen Dorfkirche l Unsere Zeit erlaubte nicht, der Einladung der Glocken zu folgen. Nur einen kurzen Blick in die Kirche nach dem Gottesdienst, dann ging's weiter, am ehemaligen Pfarrhaus Kleins, des Schreibers der Fröschweiler Chronik, vorüber durch das Dorf, an dessen Ende ein schlichtes Bauernhaus steht, in dem der französische General Raoul, zum Tode verwundet, lag, und wo der sieg­reiche Kronprinz den besiegten Gegner an seinem Sterbebette teilnehmend besuchte. Dann noch etwas in nördlicher Richtung, wo Turko und Bayern im Handgemenge miteinander rangen, und zurück über Fröschweiler der Regen halte inzwischen aufge­hört am französischen Armeedenkmal vorüber nach ^ Wörth. Einen schönen Abschluß bildete dort das Bayerndenkmal, das allen empfangenen Eindrücken noch die richtige Vertiefung verlieh: einen sterbenden Krieger fängt ein Friedensengel in seinen Armen auf und schmückt ihn mit der Siegespalme. Wenn nur nicht Festlärm und Jahrmarktsmusik draußen den Eindruck des ein stilles Beschauen fordernden Denkmals beeinträchtigt hätte! Voll tiefer Ein­drücke, die wohl keiner der Teilnehmer vergessen kann, schieden wir nach 4stündigem Aufenthalt von dem Ort, der so beredt uns von Gottes Taten zu der Väter Zeiten geredet hatte, und mit nur noch einmaligem Aufenthalt in Winden, wo wir Gelegen­heit halten, auch ein pfälzisches Dörflein mit seinen sauberen, rebenumrankten Bauernhäusern kennen zu lernen, brachte die Bahn uns alle wieder wohlbe­halten und in fröhlicher, dankbarer Stimmung in unser Schwarzwaldtal zurück. Wir möchten nur allen Vereinen solch gute Freunde wünschen und hoffen für uns, daß die Liebe zum Vaterland durch diesen Tag auch in den Herzen unserer Vereinsmit­glieder eine neue Wirkung erfahren habe.

Neuenbürg, 10. Juli. (Elektrizität und Vogel­schutz.) Immer dichter spannt sich in unserem deut­schen Vaterland ein Netz elektrischer Freileitungen. Nur noch wenige Jahre, und auch die kleinsten Orte und Weiler werden mit dieser idealen Kraft- und Lichtquelle versorgt sein. Wie fast stets, so laufen hier in ^der ersten Zeit einige weniger erfreuliche Begleitirscheinungen nebenher, so z. B. tragen diese Leitungen vielfach nicht zur Verschönerung des Land­schaftsbildes bei. Auch läßt sich nicht leugnen, daß an manchen Stellen durch wenig sachgemäße Aus­führung erheblicher Schaden für die Vogelwelt ent­steht. Schon seit einer Reihe von Jahren sind Klagen bei dem größten deutschen Vogelschutzverein, dem Bund für Vogelschutz, Sitz Stuttgart eingelaufen.

.Eine Untersuchung pflegt dann meist zu ergeben, daß Abhilfe mit ganz geringen Kosten geschaffen werden kann. Immerhin haben sich in letzter Zeit die Fälle so gehäuft, daß es notwendig erscheint, das Uebel mit der Wurzel auszurotten. Die Rücksprache mit den maßgebenden Faktoren läßt als zweckmäßigstes Mittel die Festlegung eines Mindestabstandes von dem spannungführenden Teil erscheinen. Beim Ver­band deutscher Elektrotekniker wird ein entsprechender Antrag eingebracht werden, doch ist dazu die Sammlung alles einschlägigen Materials notwendig. Im Interesse der Sache bitten wir daher dringend, überall, wo Schädigungen in dieser Richtung beobachtet werden, dies an Ingenieur Hähnle in Giengen a. d. B. zu berichten, damit die vorbereitende Kommission in der