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^ 95.

Neuenbürg, Samstag den 15. Juni 1912.

70. Jahrgang.

RrmNchau.

Die Tage derKieler Woche" sind wieder herangenaht. An diesem Sonntag trifft der Kaiser von der Wildparkstation aus in Hamburg ein und nimmt an Bord derHohenzollern" Wohnung. Nachmittags wohnt der Kaiser dem Rennen in Horn bei. Am Dienstag nimmt er an der Segelweitfahrt des Norddeutschen Regattavereins und weiter am Regatta-Diner an Bord des Hamburg-Amerika- DampfersViktoria Luise" teil. Dann trifft der Kaiser am 19. Juni nachmittags in Kiel zur Teil­nahme an den dortigen wassersportlichen Veranstalt­ungen ein.

Berlin, 14. Juni. An maßgebenden Reichs­stellen schweben Erwägungen, dem Reichstag in der nächsten Tagung einen Gesetzentwurf über die Er­richtung von Jugendgerichtshöfen vorzulegen. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.

Am letzten Mittwoch vollendete sich das dritte Jahr seit der Gründung des Hansabundes. Aus diesem Anlaß fand am genannten Tage vormittags eine Sitzung des Mesamtausschuffes des Hansabundes im Langenbeck-Hause zu Berlin statt. Sie wurde durch eine eindrucksvolle Ansprache des Präsidenten des Hansabundes, Geheimrats Dr. Rießer, geschäft­liche Angelegenheiten, sowie durch eine Erörterung der aufgestellten neuen Richtlinien für den Hansabund ausgefüllt; die Richtlinien fanden die einmütige Zu­stimmung des Gesamtausschuffes.

In Bern tritt am 15. Juni die gemischte deutsch - französische Regierungsckommis- sion zusammen, deren Aufgabe es ist, die neue gegenseitige Abgrenzung der westafrikanifchen Be­sitzungen Deutschlands und Frankreichs, welche in den Berliner Verhandlungen zwischen dem Staats- ' sekretar v. Kiderlen-Wächter und dem Botschafter Cambon nur in ganz allemeinen Zügen festgesetzt werden konnte, genauer zu bestimmen.

Eines der traurigsten Beispiele eines verrotteten Parlamentariums hat das ungarische Abge­ordnetenhaus gegeben, von dem man ja manche Exzentrizität gewöhnt ist. Wir wollen gar nicht reden von dem Revolveranschlag auf den Präsidenten Tisza, denn dies war die Tal eines Verrückten, eines vom politischen Paroxismus derart Befangenen, daß man nicht soweit gehen darf, ihn seinen Parteifreunden an die Nockschöße zu hängen. Aber deren Treiben ist nicht weniger verbrecherisch, im Gegenteil, ihr be­wußtes und absichtliches Hintertreiben jeder dem Vaterland gedeihlichen Arbeit ist Verbrechen, gegen das sich selbst ein Staatsstreich, wie ihn das rück­sichtslose Vorgehen des Präsidenten bedeutet, in vollem Umfange rechtfertigt. Das seit mehr als Jahresfrist anhaltende Treiben der Opposition ging einfach dahin, durch Verweigerung aller Heeres­forderungen, auch der Rekrutenstellungen, die Re­gierung zum Nachgeben gegen alle, auch die radikalsten Forderungen zu zwingen. Und das Bedauerliche ist, daß sich die Regierung dieses Treiben gefallen ließ, daß sie sich immer zu schwach und nachgiebig zeigte und dadurch selbstverständlich nur die Begehrlichkeit der Herren reizte, bis ihr jetzt in Herrn Tisza der starke Mann erstand, der mit dieser Sorte von Parlamentariern und Selbstpatrioten nicht viel Feder­lesens machte, sondern ihnen die Faust zeigte, die ihnen schon längst gezeigt gehört hätte. Daß dies Sturm entfesseln werde im Lande der Magyaren­herrlichkeit, nun ja damit mußte man rechnen. Schließ­lich ist ein reinigendes Gewitter ungleich mehr wert als eine lähmende Schwüle.

England befindet sich mitten in den Nöten des Transportarbeiterstreiks, da die Vermittlungsaktion der Regierung bisher ohne jeden Erfolg geblieben ist, und schon kommt auch aus Frankreich Nach­richt von einem neuen Seemannsstreik, der von Tag zu Tag weitere Kreise zieht und in seinen Folgen

noch nicht absehbar ist. Von England herüber kommen Meldungen über einen allgemeinen National­streik, und in Frankreich weiß man nicht, ob nicht jeder Tag weitere Tausende in den Kreis der Be­wegung hineivzieht. In Belgien hinwiederum be­reitet die Sozialdemokratie zur Parlamentseröffnung einen Generalstreik vor. der bei der großen Erregung, die in dem ganzen Lande infolge der Parlaments­wahlen noch nachMert, leicht einen bösartigen Charakter annehmen kann. Diesen Faktoren der wachsenden sozialen Gegensätze gegenüber können wir immerhin mit einer gewissen Beruhigung auf unsere gegenwärtig recht stete wirtschaftliche Entwicklung blicken.

Württemberg.

Stuttgart, 14. Juni. Der neuernannte schwedische Gesandte, Graf Taube, und der neu­ernannte persische Gesandte, Hovhannes Khan, werden morgen dem König in Bebenhausen ihre Beglau­bigungsschreiben überreichen. Der bayerische Ministerpräsident, Frhr. v. Hertling, wird sich am Montag in Begleitung des Ministerpräsidenten Dr. v. Weizsäcker nach Bebenhausen begeben, um dem König seine Aufwartung zu machen.

Stuttgart. 14. Juni. Die Zweite Kammer trat heute den Anträgen des Finanzausschusses auf Zustimmung zu der Uebersicht über die Zulagen und Nebsnbezüge der in die Gehaltsordnung aufgenom­menen Beamten und Lehrer an höheren Schulen sowie der ständigen Lehrer und Lehrerinnen an Volksschulen bei und nahm auch die Resolutionen an, die Zulagen und Nebenbezüge künftig im Etat ersichtlich zu machen und ihre Verwilligung in einem Gesetzentwurf grundsätzlich zu regeln. Sodann wurden die meist auf Zustimmung lautenden Anträge des staatsrechtlichen Ausschusses zu den Beschlüssen der Ersten Kammer über das Gesetz betr. die israelitische Religionsgemeinschaft angenommen. Hervorzuheben ist die Ablehnung eines Antrages Hey mann, der Beharrung bei den Beschlüssen der Zweiten Kammer forderte. Nach ziemlich unwesentlicher Debatte ging sodann die Beratung zu der Streitfrage über, inwie­weit die Volksschullasten auf den Staat überzuwälzen sind. Eisele (Vp) verlangt, die Kammer solle sich grundsätzlich auf den Standpunkt stellen, daß der Staat die Volksschullaften zu übernehmen habe. Auch Löchner (Vp.) forderte, daß der Staat, der die Schulen verlange, für die Kosten aufkomme. Namens des Zentrums verwahrte sich Abg. Schick gegen diesen Versuch, die Schule zu verstaatlichen und beantragte. Zwecks weitgehender Unterstützung bedürftiger Gemeinden die Staatsbeiträge zum Ge­halt der Lehrer und zu den Schulhausbauten zu erhöhen. Heymann (Soz.) und Röder (D- P.) warfen der Regierung vor. sie verschanze sich stets hinter der Behauptung, daß der Staat bereits einen Teil der Schullasten trage. Kultminister ».Fleisch­hauer erklärte den Grundsatz für falsch, daß der Staat zur Uebernahme der Schullasten verpflichtet sei. Die Uebernahme würde eine jährliche Mehr­belastung von mindestens 78 Millionen ausmachen, die nur durch eine Erhöhung der Staatssteuer be­stritten werden könnten. Er sei der Ueberzeugung. daß die den Bedürfnissen entsprechenden individuell gewährten Beiträge des Staates den Verhältnissen am besten gerecht würden. Abg. Dr. Wolf (B.K.) begründete darauf einen Antrag seiner Partei, der den berechtigten Wunsch nach schrittweiser Ueber­nahme der persönlichen Volksschullaften durch den Staat und nach ausreichender Unterstützung der Volksschulhausneubauten mehr als bisher ausspricht. Nach kurzen Bemerkungen des Abg. Hornung (Soz.) wird die Weiterberatung auf Dienstag nach­mittag 3 Uhr vertagt.

Stuttgart, 14. Juni. Die Aufhebung der Tierärztlichen Hochschule, die gestern von der Zweiten Kammer beschlossen wurde, wird, wie be­stimmt verlautet, zur Folge haben, daß das Institut

bereits mit Ende des laufenden Sommersemesters geschloffen wird.

Daß die Verhältnisse nicht bloß stärker sind als die Menschen, wie man gemeinhin zu sagen pflegt, sondern auch stärker als die Abgeordneten, das zeigte uns fast jeder Tag der Beratung der Denkschrift über Vereinfachung in der Staatsverwaltung. Fast noch kein Kapitel war vorübergegangen, bei dem nicht der eine oder andere Abgeordnete sich seinerbesonderen Pflichten" eben als Abge­ordneter seines Bezirks erinnert hätte. Man braucht darob keinem einen Vorwurf zu machen, denn dazu ist er schließlich doch auch da, und die Wählerschaft stützt sich ja von vornherein darauf, daß ihr Abge­ordneter mit ihr in gewisser Fühlung bleibt. Das wäre die eine Seite der Sache, die andere aber ginge dahin, daß bei der ganzen Geschichte doch eigentlich herzlich wenig herausgekommen ist. vielleicht auch nur deswegen, weil man sich davon bei der Ankündigung durch die Regierung zu viel versprochen hatte. Die Bremser waren diesmal in den meisten Fällen die Abgeordneten, deren einziger größerer Griff in die alten Verhältnisse eigentlich nur die Aufhebung der Kreisregierungen ist.

Stuttgart, 13. Juni. Wie man hört, werden die gleichen Verhandlungen, wie sie die deutsche Reichspost mit Bayern wegen der Verwendung der Luftpost angeknüpft hat, auch mit Württem­berg geführt. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die württ. Postverwaltung dieselben Einrichtungen treffen wird, wie die Reichspostverwaltung.

Die Herbftmanöver des 13 (wümtemb.) Armeekorps werden in diesem Jahre in der Ge­gend zwischen Gaildorf-Gmünd und Göppingen- Geislingen, vielleicht auch noch darüber hinaus, stattfinden. Die vom Topographischen Bureau des Kriegsministeriums für die bevorstehenden Manöver berausgegebene Manöverkarte wird im Norden von Gaildorf, im Osten von Nördlingen, im Süden von Ulm und im Westen von Eßlingen begrenzt. Die Gegend zwischen Göppingen, Gmünd und Geislingen wird voraussichtlich stark mit Trupprn-belegt werden. Zur Besichtigung des Manöoergeländes traf gestern der Kommandeur der 2. Division, General­leutnant Graf v. Pfeil, mit drm Divisionsadjutanten Major Parels in Göppingen ein. Beide Offiziere bereisen im Mililärauto das Manöoergebiet.

Stuttgart, 14. Juui. Das Zustandekommen der Landeswasserversorgung scheint nun plötzlich auf eine neue Schwierigkeit zu stoßen. Wie derSchw. Merkur" erfährt, wurde in der gestrigen nichtöffentlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien von Stuttgart von volksparteilicher und sozialdemo­kratischer Seite an die Annahme des Vertrags durch Stuttgart die Bedingung geknüpft, daß die beteiligten Gemeinden zu gegebener Zeit einem Zweck­verband zur Uebernahme des Landeswasserwerks beitreten. Die Gemeinden und das Ministerium lehnen dies aber ab. Sollte in den Stuttgarter bürgerlichen Kollegien eine Mehrheit für diesen Zwang vorhanden sein, so würde dadurch die Gefahr eines Scheiterns der Landeswafferversorgung mit Einschluß der Landeshauptstadt heraufbeschworen werden. Würde Stuttgart durch eigene Schuld auf diese Weise von der Beteiligung an der Landeswaffer­versorgung ausscheiden, so würde das Landeswasfer- werk nur für die übrigen Gemeinden ausgeführt.

Stuttgart, 14. Juni. In der heutigen Sitzung des zweiten internationalen Kongresses für Heimat­schutz sprach zunächst Dr. Karl Giannoni-Wien, der Geschäftsführer des niederösterreichischen Denkmal­pflege- und Heimatschutzvereins, über das Thema Heimatschutz und Fremdenverkehr. Für den Heimatschutz sei die Erhaltung der Eigenart in Stadt und Land Hauptaufgabe, für den Fremdenverkehr dagegen volkswirtschaftlicher Gewinn durch den Be­such von Stadt und Land. Der Heimatschutz erhalte selbst Förderung durch den Fremdenverkehr, auf der

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