1893 starb. Nach seinem Tode hat der Verein Deutscher Ingenieure zur Ehrung seines Andenkens die Grashofdenkmünze gestiftet, die für hervorragende Verdienste auf dem Gebiete der Technik verliehen wird und die höchste Auszeichnung ist, die der Verein zu vergeben hat. Die Münze wird alljährlich nur an einen oder zwei hervorragende Männer ver­liehen; sie hat einen Goldwert von 300 Mk. Von hervorragenden Persönlichkeiten, die durch die Ver­leihung der Grashof-Denkmünze ausgezeichnet wurden, seien u. a. genannt: Baudirektor Dr. v. Bach-Stutt­gart, Prof. Dr. v. Linde-München, Geheimrat Slaby und der Teilhaber der Firma Blohm und Voß, Hr. Blohm.

Stuttgart, 11. Juni. Vom 15. Juni ab werden die in dem Eilzug 18, Stuttgart ab 10.09 Uhr vor­mittags laufenden Bruchsaler Wagen mit dem direkten Wagen I., II. und III. Klasse FriedrichshafenWies­baden als besonderer Zug von Bruchsal nach Wies­baden über DarmstadtMainz und zurück durckgeführt. Bruchsal ab 11.58, Heidelberg 12.37, Darmstadt 1.42, Mainz an 2.22, Wiesbaden an 2.46 Uhr. Wiesbaden ab 4.17, Mainz 4.44, Darmstadt 5.44, Heidelberg 7.10, Bruchsal an 7.38, ab 7.48, Stuttgart an 9.03 Uhr.

Stuttgart, 10. Juni. Mit einem Festgottes­dienst wurde gestern die Tagung der südweftdeutschen Konferenz für Innere Mission eröffnet. An den Festgottesdienst schloß sich ein Familienabend im Neuen Vereinshaus. Heute Vormittag 9 Uhr eröffnete Prof. D. Wurster-Tübingen die offizielle Tagung. Direktor Schwandner-Ludwigsburg hielt einen Vortrag überDie Stellung der inneren Mission zu den Bestimmungen des Vorentwurfs zu einem Deutschen Strafgesetzbuch über Jugend­strafrecht, Alkohol- und Sittlichkeitsdelikte". An den Vortrag schloß sich eine Erörterung an.

Stuttgart, 10. Juni. Am Freitag vormittag wurden auf dem hiesigen Rathause über 4000 gestohlen. Die Begleitumstände sind so außer­ordentlich merkwürdig, daß sie kaum glaubbar er­scheinen. Es soll ein junger Mensch von 19 Jahren, der im unständigen Dienste bei der Stadt beschäftigt ist und dessen einzige Empfehlung ist, daß er etwa 70mal wegen kleinerer Delikte, allein seit Februar, wo er in den Dienst der Stadt trat, sechsmal vor­bestraft ist, mit der Auszahlung der Arbeiter beauf­tragt nnd ihm zu diesem Zwecke eine Summe von über 4000 -4L ausgehändigt worden sein. Der junge Mann soll Freitag morgen in seinem Sonntagsstaat angetreten sein, sich gegen Unterzeichnung der Quitt­ung eine Kaution hat er nicht gestellt das Geld haben aushändigen lassen und dann ver­duftet sein. Erft gegen Mittag, als die Arbeiter ihre Löhnung vom Bau mit nach Hause nehmen wollten, hat man seine Abwesenheit bemerkt. So­viel wir wissen, sind bis gestern abend die Nach­forschungen vergeblich gewesen.

Lauffen a. N., 10. Juni. Der verheiratete 38 Jahre alte Arbeiter Käst, ein etwas aufgeregter Mensch, hatte gestern nachmittag gegen 4 Uhr mit seiner Tochter einen Streit. Das Mädchen flüchtete zu ihrem Onkel, dem Wirt Käst. Als dieser zwischen Vater und Tochter vermitteln wollte, zog ersterer plötzlich einen Revolver aus der Tasche und schoß seinen Bruder in die Brust, so daß nach wenigen Minuten der Tod eintrat. Als der Mörder sah, was er angerichtet hatte, schlug er in seiner Wohn­ung alles kurz und klein und erschoß sich dann selbst. Der Ermordete hinterläßt eine Witwe und drei unversorgte Kinder, der Mörder eine Witwe mit einem Kind. Schon gestern vormittag soll der Mörder geäußert haben, in seinem Hirn wirble es durcheinander, heute passiere noch etwas.

Lauffen a. N., 10. Juni. Zu dem Mord und Selbstmord des Arbeiters Käst wird weiter berichtet, daß Käst schon als 18jähriger Bursche wegen schwerer Körperverletzung zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Er hatte sich dann dem Trünke er­geben und war als jähzornig bekannt. Der Anlaß zu der Tat war, daß seine 15 jährige Tochter, die, wie ihre Mutter, häufig von ihm mißhandelt worden war, gestern ihre Sonntagskleider anziehen wollte, waS der Vater nicht duldete, andernfalls er sie zer­schneiden werde. Das Mädchen ging daraufhin zu ihrem Onkel und bat ihn um Hilfe. Als sie nun miteinander die Treppe heraufkamen, griff der Trunkenbold kurzerhand zum Revolver und schoß, ohne ein Wort zu sagen, seinen Bruder über den Haufen. Sich selbst brachte er drei Schüsse bei.

Mergentheim, 10. Juni. In zwei sehr zahl­reich besuchten Versammlungen erstattete Landtagsabg. Häffner in Weikersheim und Creglingen Bericht über die Arbeiten des Landtags. Auf vielseitigen, aus allen Kreisen der Wählerschaft hervorgetretenen

Wunsch erklärte sich Landtagsabg. Häffner zur Wiederannahme der Kandidatur für den nächsten Landtag bereit.

Sulz, 11. Juni. Am letzten Viehmarkt am 7. ds. Mts. wurden zwei Besuchern drei Einhundert­markscheine und ca. 390 Mk. in Zehn- und Zwanzig­markstücken gestohlen. Von den Tätern konnte noch nichts ermittelt werden.

Neu-Nuifra b. Herzogsweiler, 10. Juni. Ein seltenes Jagdglück hatte der Jagdpächter der hies. Gemeindejagd, Gutsbesitzer Wilh. Krauß von Alt- Nuifra. Er erlegte heute morgen einen prächtigen Hirsch, der das respektable Gewicht von 206 Pfd. aufwies.

Biber ach, 10. Juni. Vor einigen Tagen fand hier ein Angestellter des Güterschuppens auf dem Bahnhofe zwei Fünfzigmarkscheine. Bald da­rauf sah er, wie ein Mann den Bahnhofsplatz ab- suchte. Der Finder ging auf ihn zu und fragte ihn, ob er etwas verloren habe. Dieser bestätigte es mit der Angabe, daß es zwei Fünfzigmarkscheine seien, die er vermisse. Der ehrliche Finder übergab dem Manne (es war ein auswärtiger Schweine­händler) das Geld. Dieser, hocherfreut über die Ehrlichkeit des Beamten, lohnte ihn in anerkennens­werter Weise.

(LaudeSprodukteubürse Stuttgart). Bericht vom 10. Juni. Die ruhige Stimmung auf dem Getreidemarkt hat fast die ganze Betriebswoche angehalten und erst in den letzten Tagen trat eine wesentliche Befestigung ein, da einer­seits das dringende Angebot von Argentinien und Kanada nachgelassen und andererseits nicht allein Deutschland, son- dern auch Frankreich und England stärker als Käufer auf. treten. Die feuchtwarme Witterung ist für den Saatenstand günstig, jedoch wäre jetzt trockenes Wetter erwün>cht, da auch die Heuernte begonnen hat. Mehlpreise per IVO Kilogr. in«. Sack Mehl Nr. 0: 35.- 41 bis 35.50 4t. Nr. i: 34. 41 bis 34.50 4t, Nr. 2: 33.- 41 bis 33.50 4t, Nr. 3: 31.50 4t chis 32. 4t, Nr. 4: 28. 41 bis 28.50 41 Kleie 13. 41 bis 13.50 41 (ohne Sack netto Kasse).

vermischtes.

Vom Oberland, 9. Juni. Daß auch die beste Setzmaschine nicht vor dem Druckfehlerteufel schützt, beweist folgende amtliche Bekanntmachung in einem sonst gut geleiteten und ausgestatteten oberschwäbischen

Amtsblatt:.4) Mit der Vornahme der

in 8 5 Nr. 1 a. a. O. vorgeschriebenen Untersuchung und der daran sich anschließenden Ausstellung von Gesundheitszeugnissen (bei Maßregeln gegen die Maul­und Klauenseuche) können unter den in Abs. 2 er­wähnten Voraussetzungen vom Oberamt anstelle d es Oberamtstierarztesanderezuverlässige Tiere betraut werden, sofern es sich um Rindvieh, nicht aber um Schweine, handelt.

Die Paradekritik. Einen völligerschöpf­enden" Bericht über die letzte Frühjahrsparade in Berlin hat dieser Tage, wie man der Tägl. Rundsch. erzählt, ein Berliner Junge als Aufsatz gegeben. Das militärisch wertvolle Schriftstück lautet:Die Parade war militärisch; denn unser Kaiser war auch dabei. Durch die Friedrichsstraße kamen die Sol­daten ran. Aufs Tempelhoferfeld müssen sie stramm und aufmerksam sein, damit Seine Majestät sich über nischt zu ärgern braucht".

Die Macht der Presse. Ein kleines Blatt in Bayern veröffentlichte kürzlich folgende Notiz: »Infolge Raummangels mußte eine Anzahl Geburten und Todesfälle auf die nächste Woche verschoben werden."

Der verkannte Tokaier. Bei einer Ver­steigerung in London kamen, wie man dem Berliner Tag berichtet, jüngst fünfzehn Dutzend Flaschen Wein zur Versteigerung, die von dem Versteigerer, weil er es nicht besser wußte, alsMosel" bezeichnet wurden. Der Wein hatte 15 Jahre lang unberührt in dem Keller eines ehemaligen Diplomaten gelegen, der den Abend seines Lebens in Bath (Grafschaft Somerset) verlebte. Ein bekanntes Londoner Wein­haus mußte wohl einenTip" bekommen haben, denn es sandte einen Weinkenner, um auf die ge­heimnisvollen Flaschen zu bieten. Der ganze Vor­rat wurde ihm für den lächerlichen Preis von zehn Mark für das Dutzend Flaschen zugeschlagen. Als man den Wein dann kostete, fand es sich, daß es allerbester Tokaier war von der Qualität, die der Kaiser von Oesterreich mitunter Personen, denen er besonders wohlgesinnt ist, zum Geschenk zu machen pflegt. Auf den Londoner Weinkarten steht jetzt dieser köstliche Trank mit 90 ^ die Flasche.

Adressenfang. Wir lesen in den Meggen- dorfer Blättern: Was es doch für findige Leute gibt! Kürzlich erschien in verschiedenen Zeitungen ein Inserat:Ideale Ehe. Stark verkrüppelter Herr sucht Lebensgefährtin, die zu seinem Aeußeren paßt. Damen mit schiefen Schultern, Buckeln oder dergleichen wollen freundlichst Briefe senden-".

Und wer steckt hinter dieser Annonce? Ein Banda­gist, der möglichst viele Adressen von mit solchen Schönheitsmängeln behafteten Damen bekommen wollte, um ihnen seine Waren anbieten zu können. Der Fall steht aber nicht vereinzelt da. Hinter einer Anzeige:Reiche Heirat. Millionenerbin wünscht Heirat mit hochadeligem Kavalier, wenn auch stark verschuldet", verbarg sich ein Konsortium von Wechselschiebern, das Wechsel mit hochtönenden Namen zu erwerben suchte. Der Erfolg war groß­artig. Die Leute bekamen Wechsel zusammen im Gesamtbetrags von 13 Millionen 485 319 und 7 ^s. Ein anderes Inserat lautete;Rote Nasen. Wie ich von meiner roten (eigentlich schon blau-roten) Nase in vier Wochen geheilt wurde, teile ich aus Freude und Dankbarkeit jedem Leidens­gefährten unentgeldlich mit". Darauf meldeten sich 8493 Herren. Umgehend erhielten sie den Preis­kurant einer großen Schnapsfabrik. Sehr geschickt verfuhren zwei Geschäftsleute, die sich zum Zweck des Adressenfangs verbündet hatten. Sie inserierten: Frauen, die ihren Männern, die für Lunge, Herz und Magen so überaus schädliche Leidenschaft des Rauchens abzugewöhnen wünschen, wird völlig kosten­los ein sicheres der Gesundheit sehr zuträgliches Mittel mitgeteilt". Nicht weniger als 368 519 Frauen schrieben darauf hin. Was aber war die Folge? Den Männern jener Damen brachte der Postbote die Offerte eines Zigarren-Versandtgeschäftes. den Frauen aber den Katalog einer Gardinensabrik.

Siamesische Zwillinge. Ein noch nie dagewesenes Phänomen sind die beiden Kopf an Kopf zusammengewachsenen Zwillinge weiblichen Ge­schlechts, die im Januar in Vilbel bei Frankfurt a. M. das Licht der Welt erblickten. Nach der Umschau" bilden die Köpfe beinahe eine Fleisch­masse. und nur eine kleine Vertiefung zeigt das Ende der Körper an. Die Körperlänge beider zusammen betrug nach 3 Monaten etwa 95 Ctm. Es ist ein eigenartiger Anblick, die kleinen unglücklichen Ge­schöpfe in einem großen Bett liegen zu sehen, in dem sie recht munter umschauen, aber eins das andere nicht sehen kann. Sie werden mit der Flasche aufgezogen. Es kann als feststehend angesehen werden, daß jedes der Kinder ein eigenes Hirn hat, denn es kommt öfters vor, daß das eine schläft, während das andere munter um sich schaut und mit den Händchen spielt. Eine Trennung ist im jetzigen Stadium nicht möglich, sie bedeutet voraussichtlich den Tod, denn es kann nicht festgestellt werden, ob zwei Schädeldecken oder nur eine gemeinsame vor­handen ist. Aber ein längeres Weiterleben in diesem Zustand muß gänzlich ausgeschlossen sein.

Amerikanische Schweinereien. Nach den bekannten Veröffentlichungen Sinclairs über die Ver­hältnisse in den amerikanischen Schlachthäusern war Frau Hare mit neuen Enthüllungen an die Oeffent- lichkeit getreten, die die Dinge noch schlimmer er­scheinen ließen, als Sinclair sie geschildert hatte. Der Fleischtrust verwies die Darlegungen der Frau Hare in das Reich der Fabel. Von dem Repräsrn- tantenhause wurde eine parlamentarische Untersuch- ungskommisston bestellt. Die Kommission begann dieser Tage mit den Vernehmungen von Zeugen. Ueber das Resultat der Vernehmungen wird dem Vorwärts" geschrieben, daß das, was bisher dar- gestellt wurde, den untrüglichsten Beweis liefere, daß die Bundesregierung mit dem Fleischtrust unter einer Decke stecke. Fleischinspektionsbeamte, welche auf der pflichtgemäßen Inspektion des Fleisches bestanden, seien aus dem Dienst gegrault oder entlassen worden. Großschlächtereien verweigerten den Beamten den Zutritt zu den Pöckelräumen. Die Fleischbarone hätten sich vom Ackerbauministerium hierfür im vor­aus schriftliche Strafsicherheit zusichern lassen. Die Großschlächter hätten Beamten des Ministeriums Festmahle gegeben, an denen unter anderen auch der Ackerbauminister teilgenommen habe. Auf die An­klage, daß durch seine Schuld das Fleisch von 6 Millionen Schlachttieren trotz seiner Gesundheits­schädlichkeit auf den Markt gebracht worden wäre, habe der Minister nur die Ausrede gehabt, die strikte Handhabung des Gesetzes hätte riesige Geld­verluste und Härten für die Produzenten im Ge­folge. Wenn überhaupt, so seien die einzelnen Teile der geschlachteten Tiere vielfach in Abwasser­kanälen gereinigt. Verschiedentlich hätten städtische und staatliche Sanitätsbehörden in Eingaben an die Bundesregierung darauf hingewiesen, daß das Wasser in den Spültrögen der Schlachthäuser von Typhusbazillen und anderen Krankheiten wimmle und die Großschlächter sich trotz ergangener Auf­forderung hartnäckig weigern, für reines Wasser zu sorgen. Diese skandallösen Zustände herrschten in allen Teilen der Vereinigten Staaten.

Druck und Berlag der L. Meeh'schen Buchdruck««! de« Enztälerl (Juhaber <S. Louradt) tu Neuenbürg.