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79.

Neuenbürg, Samstag den 18. Mai 1912.

70. Jahrgang.

RunSschau.

Anläßlich seines Besuchs in den Reichslanden hat der Kaiser beim Millagsmahl bei Staats­sekretär Zorn von Bulach Aeußerungen getan, die einer eventuellen Aufhebung der Verfassung Elsaß-Lothringens und. wie weiter behauptet wurde, einer möglichen Einverleibung des Reichslandes in Preußen gegolten haben sollen. Diese haben jetzt eine offizielle Erklärung des Bürgermeisters von Straßburg, Dr. Schwander, veranlaßt. Ihr zufolge sind zwar die erwähnten Aeußerungen des Monarchen dem Sinne nach zutreffend, aber man hat sie in der Presse nicht authentisch wiedergegeben. Wenn der Kaiser die Möglichkeit einer Einverleibung Elsaß- Lothringens in Preußen in Aussicht gestellt habe heißt es in der Erklärung weiter so sei sie jedenfalls nur auf legalem Wege durch die gesetz­gebenden Faktoren des Reiches zu verwirklichen. Die Hochflut der Betrachtungen und Kommentare, welche die Straßburger Kundgebung des Kaisers in der deutschen wie in der ausländischen Presse her­vorgerufen hat, dürfte indessen zunächst durch diese offizielle Erklärung des Straßburger Bürgermeisters schwerlich ihre Eindämmung erfahren.

Ueber die Einmütigkeit der bürgerlichen Parteien im Reichstag, die neuen Forderungen für die Wehrkraft unseres Volkes zu bewilligen, war man zwar von Anfang an nicht im Zweifel, aber das restlose Eintreten dafür ohne lauges Hin und Her, wie man es früher gewohnt war, ist eine hocherfreuliche Erscheinung und zeugt davon, daß das deutsche Volk dieZeichen der Zeit" wie sie im Laufe der letzten Jahre am politischen Himmel aufgelaucht sind, gar wohl verstanden hat. Der Sozialdemokratie kann man unter diesen Umständen ruhig das Vergnügen lassen, ihrem starren Verneinungsdogma treu zu bleiben. Die Rederei, die bürgerlichen Parteien be­willigen der Regierung alles als gutmütige Michel, verfängt da nicht, denn nicht die Regierung war der Fordernde, sondern das Vaterland, dessen Wehr­fähigkeit einer Auffrischung einfach bedurfte, weil auch auf diesem Gebiete die Entwicklung so wenig stille steht wie auf einem anderen. Bei dieser Sachlage kann man es nur bedauern, daß in der Duellfrage noch so weitgehende Divergenzen zwischen dem Volksempfinden und einer Sitte be­steht, die eben im Grunde doch nicht mehr als einen bloßen Begriff darstellt. Will man auch nicht der Meinung beipflichten, das Duell sei an und für sich ein Unsinn, obwohl es sich in der Praxis meist als solcher erweist, so bleibt auf alle Fälle die Sanktion unverständlich, die dieser privilegierten Justiz eben noch in hohem Maße zuteil wird. Ein Duell kann in manchem direkt begreiflich erscheinen, als besondere Art einer Sühne, wie sie eben die Menschen in ihrem Umgang immer wieder gegenseitig fordern, aber daß bei dieser Art Sühne Vergehen gegen die Gesundheit oder gar Leben nicht selber in richtiger Weise gesühnt werden, das ist das, was dem rein menschlichen, dem natürlich rechtlichen Empfinden nie sich anpaffen wird. Und dem Rechnung zu tragen, wäre wirklich eine vornehmere Aufgabe der ver­antwortlichen Kreise als ein noch so gewähltes Plaidoyer des bestehenden Unrechts.

Berlin, 17. Mai. Im Reichstag erwartete man heute bei der Erörterung der kurzen Anfrage des Welfen Colshorn ein großes Ereignis. Der Präsident erklärte: Zur Beantwortung der Anfrage hat das Wort der Herr Reichskanzler! Die lebhafte Unruhe machte ebenso allgemeiner Stille Platz und Hr. v. Bethmann-Hollweg erklärte zur großen Heiterkeit des Hauses kurz und bündig:Zur Be­antwortung der gestellten Anfrage wird sich bei der unmittelbar bevorstehenden Beratung meines Etats Gelegenheit finden", und schon hatte er wieder Platz genommen. Während der Rede des Abg. Scheide­mann, der als Vertreter der stärksten Fraktion

zuerst das Wort erhielt, kam es bald zu allerlei Zwischenfällen. Der ehemalige erste Vizepräsident des Reichstags ging sogleich tüchtig ins Zeug und erhob gegen den Reichskanzler ziemlich heftige Vor­würfe.Wenn es sich bei der Bewilligung des Gehalts um eins wirkliche Vertrauenskundgebung für den Reichskanzler handelte", so rief Hr. Scheidemann in den Saal,ich bin überzeugt, es würde ihm keine Partei ihr rückhaltloses Vertrauen aussprechen". Dann ging er schon auf die kaiserliche Aeußerung in Straßburg über, und zwar so scharf, daß sich auf der äußersten Rechte laute Unruhe erhob. Diese verstärkte sich noch, als Hr. v. Bethmann-Hollweg plötzlich ostentativ seine Manuskripte zusammenpackte und mit dem Staatssekretär Lisco und sonstigen Räten in schnellem Schritt den Saal verließ.

Berlin, 15. Mai. Bei der 8. Kommission des Reichstags betr. die Beseitigung des Brannt- weinkontingents wurden die §§ 5868, 72 und 107 des Branntweinsteuergesetzes durchgehend nach den dazu vorliegenden Anträgen abgeändert und dann der Rest der Vorlage genehmigt. Damit hat die 8. Kommission ihre Arbeiten beendigt.

Wilhelmshaven. 17. Mai. Herzog Al- brechr von Württemberg wird morgen hier ein- treffen. um an den Flottenmanövern teilzunehmen.

Frankfurt a. M.. 15. Mai. Der Minister der öffentlichen Arbeilen hat dem Deutschen Fliegerbund für den im August stattfindenden Wasserflugmaschinen- Wettöewerb einen Ehrenpreis zur Verfügung gestellt.

Frankfurt a. M.. 15. Mai. Seit einiger Zeit werden von den Zeppelin-Lustschiffen Versuche mit radio-telegraphischen Meldungen angestellt. Gestern ist zum ersten Male eine Verbindung zwischen den LuftschiffenSchwaben" undViktoria Luise" her­gestellt worden. Dies ist die erste telegraphische Verbindung zwischen zwei Luftschiffen überhaupt.

Ganz unerwartet sind Dänemarks Herrscher­haus, Land und Volk in tiefe Trauer versetzt worden, denn König Friedrich VIII. von Dänemark ist plötzlich in Hamburg, wo er auf der Durchreise weilte, in der Nacht vom 14. zum 15. Mai an einem Herzschlage verschieden. Der hohe Verewigte erfreute sich ebenso, wie schon sein Vater, der greise König Christian der IX. in weitesten Kreisen der dänischen Nation der größten Beliebtheit, dies hauptsächlich durch sein einfaches, schlichtes Wesen und sein lebhaftes Verständnis für alle Bedürfnisse seines Volkes und im Zusammenhang hiermit durch seine überaus leutselige Art und Weise, persönlich mit allen Klaffen und Schichten der Bevölkerung zu verkehren. Ebenso hatte ihm das innige Familien­leben, welches er mit seiner Gemahlin, der Königin Luise, führte, längst die wärmsten Sympathien des Dänenvolkes errungen. Geboren am 3. Juni 1843 zu Kopenhagen, bestieg Friedrich am 39. Januar 1906 nach dem Ableben seines Vaters, des hochbetagten Königs Christian IX., den dänischen Thron, welchen er also nur wenig über 6 Jahre innegehabt hat. Die Proklamierung des neuen Königs Christian X. fand am Mittwoch mittag in Kopenhagen statt.

Die Italiener haben durch ihre Flotte eine scharfe Blockade der Küste von Jemen ins Werk gesetzt, infolgedessen soll in dieser arabischen Provinz großer Mangel an Lebensmitteln herrschen. Es heißt sogar, daß in den letzten Monaten viele Soldaten und Eingeborene Jemens direkt verhungert seien. Aus Rhodos liegen keine neueren Nachrichten von Belang vor. Ueber die Bewegungen der türkischen Truppen, die sich ganz ins Innere der Insel zurück­gezogen haben, ist nichts bekannt, auch nichts über etwaige Angriffsoperationen der italienischen Truppen gegen sie.

Das Rätselspiel mit der Wiedereröffnung der Dardanellen dauert noch immer fort. Die gelegten Seeminen sollen nun zwar entfernt worden sein, und hieß es zuletzt, die Wiedereröffnung der

Dardanellen würde bestimmt spätestens etwa am 16. Mai erfolgen. Aber auch am genannten Tage ist die Wiedereröffnung noch nicht erfolgt, nunmehr heißt es, sie solle am nächsten Montag vor sich gehen.

In Konstantinopel sind Cholerafälle vor­gekommen. Ein Soldat und mehrere Zivilisten er­krankten an Cholera. Behördlicherseits wurden schleunigst die erforderlichsten Vorsichtsmaßregeln gegen die Weiterverbreitung der Seuche getroffen.

Bei den Delegiertenwahlen zum National­konvent der republikanischen Partei Nordamerikas im Staate Kalifornien errang Roosevelt einen überwältigenden Sieg. Auf ihn fielen 40 000 Stimmen mehr, als auf Taft, letzterer erhielt sogar noch weniger Stimmen als der dritte republikanische Präsidentschafts­kandidat Lafolette. Die Frauen, welche in Kalifornien das Stimmrecht besitzen, gaben den Ausschlag für den Sieg Roosevelts.

Die Regierungstruppen in Mexiko erlitten bei Tolvapeda eine schwere Niederlage durch die Aufständischen, sie wurden fast gänzlich aufgerisben. Infolgedessen ist die Lage der in Jguala stehenden Regierungstruppen eine sehr kritische geworden.

Die Stämme im Sudgebiet, also im südlichsten Marokko, haben einen Gegensultan ausgerufen, sie wollen keinen Sultan mehr aus der jetzigen marokkanischen Dynastie haben. Ihr Gegensultan ist ein Sohn des verstorbenen Saharaheiligen Ma- el-Ainin, der sich im ganzen marokkanischen Süden großen Einflusses erfreute. Die Riffstämme in Nord- marokko wollen sich, wie aus Udschda gemeldet wird, den Beni Uarain und den anderen franzosenfeindlichen Stämmen zwischen Tazza und dem Mulujafluß an­schließen, wodurch die Stellung der Spanier wie der Franzosen in jenen Gegenden Marokkos eine schwierige werden würde.

Newyork, 17. Mai. Der DampferOzeanic" fand ein zusammenlegbares Rettungsboot derTi­tanic" mit einem Passagier und zwei Matrosen, die alle verhungert waren. Sie hatten versucht, den Kork aus den Rettungsgürteln zu essen.

Marseille, 17. Mai. Ein Mehlhändler wurde im Zentrum der Stadt von einem jungen Mann, dem er kein Geld geben wollte, durch Revolver­schüsse getötet, ein Angestellter, der ihm zu Hilfe eilte, wurde schwer verletzt. Der Mörder, der ein unehelicher Sohn des Mehlhändlers sein soll, konnte von Nachbarn festgenommen werden.

württLinberg.

Stuttgart, 17. Mai. Der König hat dem Flaschnermeister Julius Lorenz hier für die Dauer der laufenden Landtagswahlperiode als Vertreter des Handwerks zum Mitglied der ersten Kammer er­nannt.

Mit dem Oberamtsarztgesetz hat die Zweite Kammer manch dankenswerte Neuerungen geschaffen, die zwar in der Uebergangszeit vielleicht nicht in allweg angenehm empfunden werden, bei richtiger und verständiger Handhabung aber sehr viel Gutes wirken können, ganz besonders gilt dies von der pflichtgemäßen Einführung des Schularztes. Hier bekommt das alte Wort: krmcipüs odsta. . sieh im Anfang zu, seine volle Geltung. Es ist ja ganz natürlich, daß sich gerade auf diesem Gebiete der Jugendfürsorge manche Unannehmlichkeiten nicht ver­meiden lassen, aber wenn Arzt, Schule und Eltern­haus mit gutem Willen, Takt und Verständnis Zu­sammenwirken, so wird nicht nur die Wohltat der Einrichtung bald allenthalben dankenswert empfunden, sondern vor allem der Volksgesundheit ein geradezu unschätzbarer Dienst erwiesen werden.

Stuttgart, 17. Mai. Die Zweite Kammer setzte in ihrer heutigen Nachmittagssitzung die Be­ratung des Gesetzentwurfs über die Eber- und Ziegenbockhairung fort. Zunächst wurde über den zu Artikel 2 eingebrachten Antrag Keßler (Z.), über den in der letzten Sitzung nicht mehr abgestimmt