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^ 70.

Neuenbürg, Freitag den 3. Mai 1912.

70. Jahrgang.

RunSlchau.

Berlin, 1. Mai. (Reichstag). Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1.15 Uhr. Die Wahl des Abg. Kreth (kons.) für den Wahl­kreis Gumbinnen wird nach dem Antrag der Kommission für gültig erklärt; über die Wahl des Abg. Haupt- Magdeburg wird Beweiserhebung beschlossen. Sodann wird die Beratung des Kolonialetats fortgesetzt. Mumm (W. Vgg): In Südafrika muß den Ein­geborenen gegenüber übermäßige Strenge vermieden werden. Auf die Erhaltung der Buschmänner, der Ureinwohner Südafrikas, sollte die Regierung ihr Augenmerk richten. Allgemein anzuerkennen ist die uneigennützige, aufopfernde Tätigkeit der Missionen. Wir fordern in einer Resolution, die internationale Konferenz betreffend die Einschränkung des Spiritus­handels in Südafrika wieder aufzunehmen. Davidson (Soz.): Mit Gewaltmaßregeln kann der Alkohol­mißbrauch nicht bekämpft werden. Die Resolution sollte dahin erweitert werden, daß nicht nur der heimischen Bevölkerung gegenüber der Alkoholmiß­brauch bekämpft wird. Damit schließt die Debatte. Der Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt, die Resolution mit dem Antrag der Sozialdemokraten angenommen und nach kurzer Debatte der Rest des Kolonialetats erledigt.

Berlin, 1. Mai. Die Budgetkommission des Reichstags nahm heute mit den Stimmen aller bürgerlicher Parteien den neuen Paragraphen 3 des Militärgesetzes an, wonach die gesamte Heeres­macht des Deutschen Reiches aus 25 Armeekorps besteht gegen bisher 23.

Berlin, 2. Mai. In der heutigen Sitzung der Budgetkommission wurde dem Z 5 des Ge­setzentwurfs betreffend die Aenderung des Reichs­militärgesetzes zugestimmt. Danach wird das Deutsche Reich in militärischer Hinsicht in 24 Armee­korps eingeteilt. Auf eine Anfrage gab General­major Wandel Erklärungen über die Neueinteilung der Korpsbezirke ab infolge der Errichtung der beiden neuen Armeekorps. Das 20. Armeekorps wird den westlichen und den südlichen Teil Ost­preußens bis zur Weichsel haben. Das 21. Korps wird von der Südgrenze des jetzigen 8. Korpsbezirks nach Elsaß und Lothringen hinüberreichen.

Berlin, 1. Mai. Die Wahlprüfungs­kommission des Reichstags beendete heute die Prüfung der Wahl des Abg. und Präsidenten des Reichstags, Dr. Kämpf (F.V.). Sie kam zu dem Ergebnis, die Wahl zu beanstanden und beschloß Beweiserhebung.

Wie verlautet, beabsichtigt dasenglischeKönigs- paar im Frühjahr 1913 am Berliner Hofe seinen offiziellen Antrittsbesuch abzustatten. Hiermit würde sich also die ursprüngliche Nachricht, daß die englischen Majestäten schon im Laufe des gegenwärtigen Früh­jahrs in Berlin zu gedachtem Zwecke eintreffen würden, erledigen.

Boston. 1. Mai. Es liegen jetzt aus 1037 von 1080 Wahlbezirken von Massachusetts die Ergebnisse der Vorwahlen für die Präsidentschaft vor. Darnach hat Roosevelt 79564, Taft 84948 Stimmen erhalten.

Von der Kommission für den Wettbewerb um den von dem Kaiser gestifteten Wanderpreis ist jetzt das Rundschreiben an die deutschen Männergesangvereine betreffs des nächstjährigen Wettsingens versandt worden. Das Weltfingen findet im Sommer 1913 in Frankfurt a. M. statt. Die Anmeldung der Vereine hat spätestens auf 1. Okt. 1912 beim Vorsitzenden der Kommission, dem Grafen v. Hülsen, zu geschehen. Nur solche Mitglieder werden zugelassen, die dem Verein zur Zeit der Meldung bereits aktiv angehören. Sänger von Be­ruf sind ausgeschlossen. Jeder Sänger darf nur in einem Verein Mitwirken. Gegen Vergütung ange- woibene Sänger sind gleichfalls nicht zugelassen.

Hamburg, 29. April. Der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück in Begleitung mehrerer Räte seines Ressorts ist heute hier eingetroffen und hat den im Bau befindlichen RiesendampferImperator" und dann die Sicherheitsvorkehrungen an Bord des HapagdampfersAmerika" eingehend besichtigt. Die Prüfung erstreckte sich auch auf die Aussetzung der Boote. Der Staatssekretär beabsichtigt, sich vor der in Berlin stattfindenden Konferenz durch eingehende Besichtigung von der Sicherheit der Vorkehrungen an Bord unserer Personendampfer zu überzeugen.

Magdeburg, 29. April. Einem Domäne­pächter aus der Umgebung von Magdeburg, der von Sangershausen bis hier mit einem V-Zug reiste, wurde ein Paket mit 75 000 Mk. in Tausend-Mark­scheinen gestohlen.

Württemberg.

Stuttgart, 1. Mai. Der größte Teil der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde ausgefüllt durch die Diskussion um einen Zusatz zu Art. 1 des Berufsvormundschaftsgesetzes, wonach der Abg. Dr. v. Kiene (Z.) wünschte, daß dem Berufs­vormund bei der Fürsorge für Minderjährige Hilfs­personen, besonders Frauen, beizugeben und dabei auf das religiöse Bekenntnis des Mündels Rücksicht zu nehmen ist. Mülberger (D.P.) beantragte eine Fassung, wonach solche Hilfspersonen beigezogen werden können. Die sozialdemokratischen und die volks­parteilichen Redner bekämpften beide. Von konser­vativer Seite fand der Kiene'sche Antrag Unterstützung, dessen Grundgedanken auch der Justizminister durchaus sympathisch gegenüber stand, den er aber aus formalen Gründen ablehnen zu müssen glaubte. Die Debatte wurde in der Hauptsache zwischen dem Zentrum und der Sozialdemokratie als Kampf für und gegen die Religion geführt und Art. 1 wurde mit dem Antrag Mülberger angenommen. Ohne wesentliche Debatte wurden sodann die Art. 2 bis 6 nach den Anträgen der Kommission angenommen.

Stuttgart, 2. Mai. Die Zweite Kammer ist in ihrer heutigen Sitzung mit der Beratung des Entwurfes über die Berufsvormundschaft glücklich zu Ende gekommen, nachdem noch eine mehrstündige und wenig interessante Debatte über die Frage der Gegen­vormundschaft vorausgegangen war. Die Sozial­demokratie hatte die Einführung des Gegenvormunds bekämpft. Die Volkspartei hatte beantragt, den Gegenvormund nur in der Regel zu bestellen. Der Justizminister verteidigte zähe seinen Entwurf und fand dabei die Unterstützung der Redner des Zentrums, der Konservativen und der Nationalliberalen, weshalb es bei der Gegenvormundschaft verblieb. Sodann ging das Haus zur zweiten Beratung des Entwurfes des Oberamtsarztgesetzes über. Der Bericht­erstatter v. Gauß erläuterte an Hand des Berichts des verstorbenen Abg. Dr. Bauer den Zweck des Entwurfs, den Oberamtsarzt vollamtlich zu machen und den Schularzt einzuführen. Es lag ein Antrag Ströbel (B.K.) vor, wonach, wenn eine Gemeinde einen Arzt im Hauptamt als Gemeindebeamten für das öffentliche Gesundheitswesen oder für einzelne Teile desselben angestellt hat, diesem auf Antrag der Gemeindeverwaltung bestimmte Geschäfte, die sonst dem Oberamtsarzt zukommen, vom Ministerium des Innern übertragen werden können. Der Minister des Innern, Dr. v. Pischek, sprach sich für den Antrag Ströbel aus und erklärte die vom Ausschuß vorgeschlagene Resolution für überflüssig. Dann wurde abgebrochen. Nächste Sitzung Freitag: Landes- wafserversorgung.

Stuttgart, 1. Mai. In der Abgeordneten­kammer sollte heute die Fortsetzung der Erörterung über die Landeswasserversdrgung erfolgen; allein sie ist verschoben worden, weil wie man hört die angestrebte Verständigung der Fraktionen über den Inhalt einer gemeinsamen Erklärung noch nicht erreicht werden konnte. Unterdessen haben die

bürgerlichen Kollegien Stuttgarts sich am Montag in einer geheimen Sitzung mit der Wasserversorg­ungsfrage beschäftigt. Soweit man erfährt, werden sich die Kollegien mit dem Langenauer Plane ein­verstanden erklären. Freilich wohl nicht ganz ohne Vorbehalt. Es sind vielmehr Bedenken laut ge­worden, daß die Regelung so, wie sie bisher vor­gesehen ist, der Stadt Stuttgart rechtlich und finan­ziell nicht das gewährt, was sie wünschen muß. Solche Bedenken sind gewiß nicht von der Hand zu weisen, und der Staat wird am Ende mit sich reden lassen. So ganz ungünstig ist übrigens die Stellung der Stadt Stuttgart nicht. Gewiß braucht sie Wasser unbedingt sobald wie möglich, aber sie ist darum nicht auf Gnade und Ungnade dem Staate ausge­liefert. Die Stadl Stuttgart hat ihr Enztalprojekt und wenn man ihr darin Schwierigkeiten macht, wenn man sie dazu bringt, auf dieses Projekt zu verzichten, so ergibt sich daraus für den Staat die Verpflichtung, bei der anderweitigen Regelung der Stadl Entgegenkommen zu zeigen und auf ihre be­rechtigten Interessen Rücksicht zu nehmen.

Stuttgart, 2. Mai. Es bestätigt sich, daß die Fraktionen der Zweiten Kammer zu einem vollen Einverständnis über die Landeswasserversorg­ung gekommen sind. Vertreter sämtlicher Fraktionen haben eine Erklärung unterzeichnet und auf Grund deren nunmehr die morgen beginnende Beratung der Landeswafferverforgung im Plenum der Zweiten Kammer zweifellos zu einem Erfolg führen wird.

Stuttgart, 28. April. Ueber die Taktik der Volkspartei bei den Landtagswahlen äußerte sich der Führer der Partei, Reichstagsabgeordneter von Payer, auf der heutigen Landesversammlung der Partei in folgender Weise: Der Großblock müsse für unsre Verhältnisse als ausgeschlossen gelten; es wäre aussichtslos, die württembergischen Nationalliberalen für einen solchen Gedanken mobil zu machen. Die Volkspartei habe keinerlei Interesse, sich von vornherein nach rechts oder links in der Bewegungsfreiheit zu binden. Eine andere Konstellation, der Zusammen­schluß sämtlicher bürgerlicher Parteien gegen die Sozialdemokratie, könne noch weniger in Betracht kommen, da die Volkspartei es zur Zeit als ihre Aufgabe betrachte, das Zentrum und die Rechte nach Kräften unten zu halten, nicht aber, ihnen in den Sattel zu helfen. Ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie allein sei innerlich und äußerlich nicht möglich. Das einzig Mögliche sei ein Zu­sammengehen mit der Deutschen Partei wie bei den Reichstagswahlen. Wie auch die inneren Kämpfe innerhalb der Nationalliberalen Partei ausfalleu mögen, die offiziellen Kundgebungen der württem­bergischen Nationalliberalen berechtigen zu derHoffnung, daß bei der Abrechnung innerhalb der Nationalliberalen Partei die württembergischen Parteigenossen sich auf die Seite des wahren Liberalismus stellen werden. Das Zusammengehen bei den Reichssagswahlen habe /sich gut bewährt; es würde kein Glück für die politische Entwicklung Württembergs und auch für die Arbeit im künftigen Landtag sein, wenn die neben der Volkspariei stehende liberale Partei zu sehr geschwächt würde. Der weitere Ausschuß der Volkspartei habe einstimmig der Parteileitung den Auftrag gegeben, den Versuch einer allgemeinen Ver­ständigung mit der Deutschen Partei für die Landtags­wahlen zu machen. Gegenseitig müsse zur Bedingung gemacht werden, daß die Verständigung eine voll­ständige sei und es dürfe von beiden Seiten nicht geduldet werden, daß der andere Teil neben diesem programmatischen Zusammengehen noch den Versuch macht, hie und da sein Herz nach der anderen Seite zu verschenken. Der Deutschen Partei werde der Entschluß sehr erleichtert durch das Vorgehen des Bundes der Landwirte und der Konservativen, die überall ohne Rücksicht auf den Besitzstand der Deutschen Partei eigene Kandidaten aufstellen. Bei den Peoporz- wahlen sollte jeder von den beiden Konirahenten