RunSsehau.

Für 40 000 bis 50 000 Mk. Juwelen erbeuteten in der Nacht zum Sonntag inBerlin Geldschrank­knacker in einer Pfandleihe. Sie brachen von der über dem Laden liegenden leeren Wohnung aus ein Loch in die Decke und ließen sich an einer Strick­leiter hinab. Auf demselben Wege konnten sie nachher auch mit ihrer Beute die Flucht ergreifen.

Eine Vertreterversammlung der Bonner Stu­dentenschaft in Köln beschloß, einen Aufruf an sämtliche deutsche Hochschulen zu richten mit der Aufforderung, den diesjährigen Fackelzug zum An­denken an den Fürsten Bismarck zu unterlassen und das dafür vorgesehene Geld der nationalen Flug» spende zuzuwenden.

Delme, 26. April. Bei dem Pferdehändler Worms enstand heute ein Zimmerbrand, wobei das Dienstmädchen sein Leben einbüßte. Es pflegte bei brennender Kerze im Bette zu lesen, ist hierbei ein­geschlafen und hat vermutlich das Licht umgeworfen, wobei das Bett Feuer fing. Der Sohn Worms, notdürftig angezogen, eilte auf das Jammergeschrei herbei, um die Verunglückte zu retten, wobei er sich erhebliche Brandwunden an Händen und Füßen zuzog. Das Mädchen ist nach zehnstündiger Qual seinen Schmerzen erlegen.

Die Jagd nach den verbrecherischen Pariser Anarchisten hat endlich einen erstmaligen größeren Erfolg der Polizei gezeitigt. Am Sonntag wurden die Führer der berüchtigten Automobilbanditen, welche seit Wochen ganz Paris in Furcht und Schrecken gehalten haben, durch ein großes Aufgebot von Polizei, republikanischer Garde und Militär im Vororte Choisy- le-Roi unschädlich gemacht. Es handelt sich um die Anarchisten Bonnot und Dubois, welche bei den unter Zuhilfenahme des Automobils in Paris und Umgegend während der letzten Wochen ausgeführten frechen Räubereien und Mordtaten die Leitung über­nommen hatten. Sie wurden in dem genannten Vor­orte in einem einzelnen Hause ausgespürt und als­bald von einer starken polizeilich-militärischen Macht umstellt. Aber die beiden Banditen leisteten der ihnen gegenüberstehenden erdrückenden Uebermacht stundenlang verzweifelten Widerstand durch gutgezieltes Gewehr- und Revolverfeuer und erst durch Anwendung von Dynamit, welches einen Teil des Hauses zer­störte, konnte ihr Widerstand gebrochen werden. Die eindringenden Polizeibeamten fanden in dem zer­trümmerten Hause Dubois tot, Bannot tötlich ver­wundet; auch er starb noch auf dem Transport nach dem Krankenhause. Auf Seiten der Polizei wurden in dem Kampfe mit den Banditen ein Kriminal­inspektor schwer verwundet, drei oder vier Polizisten erhielten leichte Verletzungen. Die Aufregung der Pariser Bevölkerung über diesen Kampf war natürlich ungeheuer. Den Hauptmitschuldigen der toten Banditen, Garnier und Ballet, soll die Polizei auf der Spur sein. Die gerichtliche Untersuchung der Leiche Bonnots er­gab, daß er durch sechs Revolverkugeln schwer am Kopf verwundet war. Die Polizei hat die Per-

9er Diamant des alten Frik.

Aulorisierte Ueberietzung aus dem Norwegischen des Fredrik Ailler von Friedrich Kanel.

63s <Nllchdruck verboten^

Der Verteidiger schloß seine Rede folgendermaßen Mvnk öffnete sein Notizbuch, entnahm demselben einen Zeitungsausschnitt und las:Meine Herren Richter und Geschworenen! Es wäre thöricht von mir, wollte ich behaupten, daß ich die Unschuld meiner Klientin bewiesen habe. Aber ich habe das Recht zu fragen: Glaubt jemand, daß die Anklagebehörde ihre Schuld bewiesen hat? Soviel habe ich indes doch gezeigt, daß, wenn die Behauptung des Anklägers in allen Punkten aufrecht erhalten werden soll, die junge Dame, die ich die Ehre habe, zu verteidigen, sich an zwei Orten zugleich aufgehalten haben muß. Ist sie zu jener Zeit bei dem Pfandleiher gewesen, wie es von allen Zeugen bestätigt wird, so kann sie nicht diejenige Person gewesen sein, die von Herrn Howell mit dem ge­stohlenen Diamanten in der Hand photographiert worden ist. Ich gebe zu, daß gewichtige Verdachtsgründe gegen die junge Dame sprechen. Aber habe ich nicht gezeigt, daß denselben wieder andere wichtige Indizien gegen­über stehen? Daß diese Angelegenheit keine gewöhnliche ist, werden alle begreifen. Dieser Diebstahl, der nun durch zwei Geschworenengerichte gegen zwei verschiedene Personen behandelt worden ist, wird ein Geheimnis bleiben, mag auch das Urteil ausfallen wie nur immer. Ich darf behaupten, daß, wie Ihr Urteil heute auch lauten mag, morgen von zehn Menschen, die den Ver-

sönlichkeit des Spießgesellen Bonnots, des getöteten Dubois nunmehr festgestellt, Es ist der Sohn eines Franzosen gleichen Namens und einer Russin und in Rußland geboren. Die im Hause der beiden Banditen vorgenommene Durchsuchung förderte unter anderem eine ganze Anzahl gestohlener oder gefälschter Personenstandsurkunden zutage, die auf verschiedene Namen lauten, und ein Waffenlager, das aus drei Brownings,zweiSelbftladepistolenundzwölsPatronen- schachteln mit je 25 scharfen Patronen bestand.

Turin, 26. April. Sämtliche Turiner Rechts­anwälte, etwa 700, haben, wie dies ähnlich in Verona mit teilweisem Erfolg im vorigen Jahre geschah, für heute den Streik beschlossen und wollen nicht früher ihre Tätigkeit wieder aufnehmen als bis man ihrem Wunsch auf Vergrößerung der Polizei- und Amtsgerichte und Vermehrung der Richter nach­gekommen ist.

In der Samstag-Nacht brach im Basarviertel von Damaskus ein großer Brand aus. der einen großen Teil des Viertels einäscherte. Das Gebäude der Ottomanbank ist durch das Feuer be­droht. Mehrere Tote sind bereits geborgen. Der Schaden betrügt schätzungsweise 50 Millionen. Militär beteiligt sich an den Löscharbeiten. Die Entstehungs­ursache ist noch unbekannt.

Der große Brand im Bazarviertel von Damas­kus ist nun gelöscht worden. Der interessanteste Teil von Damaskus ist durch den Brand vernichtet. Die große Moschee und die Banken sind gerettet.

Württemberg.

Stuttgart, 27. April. Ein hier gehaltener Obermeistertag der württembergischen Bäckerinn­ungen hat eine Resolution angenommen, in der über die ungerechtfertigte Preiserhöhung der Preß­hefe durch den Verband Deutscher Preßhefefabri­kanten die schärfste Mißbilligung ausgesprochen und erklärt wird, daß die Verbandsleitung für die Ent­schließung der württembergischen Hefebezugsvereinig- ungen angesichts solch schroffer Maßnahmen eine Gewähr nicht zu übernehmen vermöge. Der Ober­meistertag forderte vom Verband der Preßhefe- fabrikanten, daß er den Bezugsvereinigungen mehr Entgegenkommen zeigt und daß er dem Germania- verbande in Bezug auf die Preisbildung gewisse Garantien zugesteht. Der Obermeistertag erwartet weiter vom Hefeverband die Herabsetzung der Hefe­preise, sobald die Getreidepreise wieder billiger werden. Weiler hat der Obermeistertag die Angliederung der Sterbekasse württembergischer Bäckermeister an den Verband für notwendig erklärt.

Stuttgart, 29. April. Von einer drei Stock­werke über dem Boden gelegenen Plattform eines Hauses der Kasernenstraße ist gestern morgen ein 3ffs jähriges Knäblein in die Tiefe gestürzt. Das Kind verfing sich im Fallen in den Telephondrähten, die unterhalb des Daches über den Hof führten und hielt sich so lange an ihnen fest, bis ein Feuerwehr­mann unter eigener Lebensgefahrdas Kind herunterholte.

Handlungen beigewohnt haben, fünf sagen werden: das Schwurgericht urteilte richtig! Die übrigen fünf aber werden sagen: nein, es urteilte falsch!

Die Sache ist und bleibt rätselhaft, bis die Zeit möglicherweise das Rätsel löst. Ich wiederhole: Der Fall ist ein ungewöhnlicher, denn jedem Umstand, der klar erscheint, stehen zwei unklare gegenüber. Wer der ersten Gerichtsverhandlung beigemvhnt hat, wird sich erinnern, daß es vor dem Zusammentritt der Ge­schworenen zur Beratung kaum jemand unter den Richtern, den Geschworenen und den Zuhörern gab, der nicht von der vollständigen Klarheit des Falles überzeugt gewesen war, sodaß es keiner Anstrengung bedurfte, um den Geist der Richter zu verwirren, und zu veranlassen, ihrSchuldig'' auszusprechen. Ein oder zwei Stunden später aber würden sie sich ebenso leichten Herzens fürNicht schuldig" ausgesprochen haben. Ob nicht dies auch heute der Fall sein könnte?

Wohl bin ich nicht so glücklich wie mein Kollege, der Verteidiger Eveline Reiersens; wenigstens ist es mir bisher nicht gelungen, Umstände zu entdecken, die den Ankläger zur Zurücknahme seiner Klage zwingen können. Aber doch ist mir der Beweis gelungen, daß meine Klientin ein übernatürliches Wesen sein müßte, wenn sich alles so verhielte, wie der Herr Staats­anwalt behauptet! Ich habe damit nur zeigen und Ihnen, meine Herren Richter und Geschwornen, darthun wollen, daß in dieser Sache noch vollständiges Dunkel herrscht. Gehen Sie hin und beantworten Sie die Frage:Schuldig?" mitJa", so werden Sie sich selbst gleich darauf sagen können: «Wir hätten

Stuttgart, 29. April. Eine üble Geschichte, die einigen nicht unbekannten Herren von Stuttgart passierte, ist schließlich noch glimpflich ausgegangen. Sie waren in die Hände von Hochstaplern gefallen, die schon im besten Zug waren, ihnen im Spiel erkleckliche Summen abzunehmen, bis sich infolge der anhebenden Auseinandersetzungen die Polizei ein­mischte und die fremden Herren zurückbehielt. Es stellte sich dann heraus, daß man es dabei mit ge­fährlichen internationalen Hochstaplern zu tun hatte.

Stuttgart, 27. April. Die König-Karl- Brücke in Cannstatt, die aus roten Schwarzwaldsandsteinen gebaut ist, macht schon größere Ausbesserungsarbeiten nötig. Auf der Cannstatter Seite, wo die Brücke endet, sind rechts und links an den Einfaßmauern die Steine derart verwittert, daß durch Steinhauer die zerbröckelte Schicht nachgehauen werden muß.

Aalen, 25. April. Der Verein für länd­liche Wohlfahrtspflege in Württemberg und Hohenzollern hielt gestern seine 7. Hauptversamm­lung in hiesiger Stadt ab. Zu derselben hatten sich die Mitglieder aus allen Teilen des Landes einge­funden. Am Nachmittag tagte eine öffentliche Ver­sammlung im Spritzenhaussaal, in der Kunstmaler Lauxmann - Cannstatt überVolkstrachten in Ver­gangenheit und Gegenwart" und Pfarrer Küster- Neufra überRekrutenfürsorge als Ausgangspunkt für ländliche Jugendpflege" sprach. Elfterer Redner befürwortete die Erhaltung der Volkstrachten als ein Stück vaterländischer Geschichte, während letzterer Redner die Notwendigkeit und die Wichtigkeit der Jugend- und Rekrutenfürsorge betonte und Mittel und Wege zeigte, die eine Bekämpfung der unserer Jugend drohenden Gefahren ermöglichen. Letzterer Vortrag soll gedruckt und sämtlichen Orten des Landes zugesandt werden. Die Tagung nahm einen schönen Verlauf.

Ludwigsburg, 29. April. Vorgestern wurde ein Mann namens Kielbrey im Walde bei Mark­gröningen von einem Offizier beim Wildern ertappt. Der Offizier stellte den Wilderer und forderte ihn auf, die Waffe wegzuwerfen. Als dies jener nicht tat, schoß der Offizier, worauf der Wilderer entfloh, sich aber plötzlich umdrehte und das Gewehr auf seinen Verfolger anschlug. Darauf schoß der Offi­zier den Wilddieb in den Kopf, der daraufhin er­neut die Flucht ergriff, dabei jedoch seinen von den Schroten durchlöcherten blutbespritzten Hut verlor. Gestern wurde nun der Polizeihund Sherlock hierher gebracht, der Kielbrey verbellte, woraus dieser an das Amtsgericht eingeliefert wurde. Seine Verletz­ung ist ziemlich schwer.

Marbach, 27. April. Die vielen tätlichen Unglücksfälle, die schon durch unvorsichtiges Verhalten in Transformatorenhäusern vorgekommen sind, hätten sich in Erbstetten beinahe um einen weiteren ver­mehrt. Ein Arbeiter, der dort Ausbesserungen vor­zunehmen hatte, kam mit der Leitung unvorsichtig in Berührung und stürzte bewußtlos von seinem Arbeitsplatz herunter. Er kam, wie durch ein Wunder, mit einer Brandwunde davon.

ebensogut mitNein" antworten dürfen." Oder antworten Sie mitNein", so werden Sie sich sagen:Weshalb konnten wir nicht ebensogut bejahend antworten?"

Derjenige von Ihnen, meine Herren Geschworenen, der die Frage:Schuldig?" mitNein" beantwortet wird vielleicht einmal, wenn der Fall aufgehellt ist, sich selbst gestehen müssen:Ich habe also mit geholfen, eine Schuldige freizusprechen und sie dem Arme des Gesetzes zu entziehen." Wer aber die Frage mit Ja" beantwortet, wird er vielleicht einmal sich selbst was Vorhalten müssen? Es kann sein, daß er sich sagen muß: Ich habe eine Unschuldige verurteilt, ich habe ein Menschenleben zerstört! In blindem Vertrauen auf meinen eigenen Scharfsinn trug ich kein Bedenken, das Schwert zu gebrauchen, das in meine Hand gelegt war; ich schlug zu und fällte einen Mit­menschen!

Es gibt Fälle, meine Herren Richter und Ge­schwornen, wo die Menschen weder urteilen dürfen, noch sollen, und mir kommt es vor, daß, wenn es jemals einen solchen Fall gegeben hat, in welchem die Richter sich selber sagen: Wir dürfen und können keine Ent­scheidung treffen, es der heutige ist. Es läßt sich also eine Entscheidung auf keine andere Weise herbei­führen, als durch den Ausspruch eines Nichtschuldig!"

Die Geschworenen berieten sich drei Stunden lang," fuhr Monk fort.Als sie endlich in den Gerichtssaal zurückkchrten, da lautete ihre Antwort auf die Schuld­srage: Nein!"

(Fortsetzung folgt.)

Druck undVerlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des Enztälers (Inhaber G. Conradi) in Neuenbürg.