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Bei seiner Festnahme hatte Hack noch über 400 ^ Geld in der Tasche. Hiezu bemerkte der Angeklagte, es sei seine Gepflogenheit, wenn er fortgehe, stets alles Geld, das er habe, zu sich zu stecken, damit ihm dasselbe zu Hause nicht gestohlen werde. Der Angeklagte erhielt einen Monat Gefängnis.
Heilbronn, 18. Dez. Ueber den Zustand des Oberbürgermei st erS erfährt die Neckarzeitung, daß er sich seit gestern unter absoluter Bettruhe etwas gebessert hat. Die nächtlichen Anfälle von schwerem Herzasthma sind heute nicht wieder erschienen. Im übrigen ist der Zustand unverändert. Das Blatt fügt noch bei, daß die Aerzte ein völliges Ausscheiden aus dem Amt für unbedingt notwendig erklären, widrigenfalls sie jegliche Verantwortung ablehnen. Gestern ist auch Professor Krehl aus Tübingen nochmals bei dem Patienten gewesen.
Heilbronn, 18. Dez. Auf Antrag des Oberbürgermeisters Hegelmaier fand gestern unter dem Vorsitz des Oberamtsvorstands Regierungsrat Lang eine Sitzung der bürgerlichen Kollegien statt, in welcher dieselben für den Fall des Rücktritts des Oberbürgermeisters Hegelmaier seine Pensionsverhältnisse regelten. Oberbürgermeister Hegelmaier hat nunmehr erklärt, daß er seine Amtsniederlegung einreichen werde, sobald ihm seine erschütterte Gesundheit das Schreiben wieder gestatte.
Heilbronn, 18. Dez. (Strafkammer). Der 15jährige Schreinerlehrling Friedrich Eugen Weber von Roßstaig OA. Backnang hat am 30. Okt. ds. Js. die Schreinerwerkstätte seines Meisters dadurch in Brand gesetzt, daß er in eine durchlöcherte Pappschachtel glühende Kohlen verbracht und dieselbe in der Werkstätte unter einen zusammengekehrten Haufen Spähne schob. Die Gefahr für das Gebäude und die in demselben schlafenden Gesellen und Lehrlinge war groß. Unbegreiflicherweise hatte auch Weber sich selbst schon zu Bett begeben. Das Feuer wurde aber rechtzeitig entdeckt und von den Arbeitern gelöscht. Das Urteil lautete auf 7 Monate Gefängnis, worauf 4 Mon. Untersuchungshaft iu Anrechnung kommen und Tragung der Kosten des Verfahrens.
Bückingen, 18. Dez. Nachdem erst vor einigen Tagen unser Ortvorsteher vom Amt suspendiert wurde, ist gestern Abend lt. „Heilbr. Zeitung" der Wasserwerksverwalter Werkm. Mogler jr. und Verwaltungsaktuar Buck plötzlich verhaftet worden. Es heißt, es handle sich um Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung des Wasserwerks.
Ulm, 18. Dezember. (Schwurgericht.) Unter übergroßem Andrang des Publikums wurde heute gegen den des Mordes, eines Mordversuchs und des schweren Diebstahls angeklagten am 5. April 1855 zu Stuttgart geborenen, zuletzt in München wohnhaften Schlosser Jakob Krumm verhandelt. Der dieser schweren Verbrechen Bezichtigte verlegte sich schon frühzeitig aufs Diebeshandwerk. Kaum aus der Lehre entlassen stahl er einem Schlafkameraden in Stuttgart aus dessen verschlossener Kammer und erdielt zur Sühne 1 Jahr Gefängnis. In Reutlingen, wo er sich ansässig gemacht, sein Anwesen aber wieder verkauft hatte, stahl er Ende 1887 in erschwerter Weise Geldbeträge von 840 2100 bis 2200 und 1754 und wurde deshalb von der Straskammer in Tübingen zu insgesamt 6 Jahren Zuchthaus verurteilt, die am 16. Mai 1894 verbüßt waren. Später kam dazu noch eine an seinem damaligen Aufenthaltsort Frankfurt a. M. i. I. 1896 wegen eines Sittlichkeitsverbrechens zuerkannte Zuchthausstrafe von 1 Jahr. Im Sommer 1902 siedelte Krumm mit seiner kinderlos gebliebenen Frau nach München über. Seine Verhältnisse wurden immer schlimmer. Er nahm, nachdem die Not einkehrte und er angeblich keine Arbeit erhalten konnte, von seinem noch lebenden Vater in Reutlingen ein Darlehen von 600 gegen einen Wechsel auf. Als der Wechsel eingelöst werden sollte und dem Anklagten das Geld mangelte, begab er sich gut ausgerüstet mit deinem allerlei Diebshandwerkzeug enthaltenden Koffer, einem scharf geladenen Revolver und einem Dolchmesser versehen auf verschiedene Diebsreisen. Angeblich blieben dieselben resultatlos. Am 25. Okt. d. I. fuhr er mit einer Rückfahrkarte versehen aus Augsburg hieher und nahm im „Stern" Quartier. Gegen halb 12 Uhr begab er sich in die Wirtschaft zur „Sonne". Er war dort vor einem Jahr schon einmal und hatte
gesehen, wie der Wirt G. Kohn eine Geldrolle in den 2. Stock zum Aufbewahren ins Schlafzimmer trug. Er begab sich in den 2. Stock, wo nur eine Türe vorhanden war, die in das Schlafzimmer führte. Krumm öffnete dieselbe mit einem Dietrich, verschloß sie nach seinem Eintritt mittels eines Riegels, brach den Schreibtisch auf und stahl daraus einen Betrag von 837 Während er seinen Raub einsteckte, wollte die Wirtin Marie Kohn ins Zimmer. Da sie die Türe nicht aufbrachte, entfernte sie sich wieder. Diesen Moment benützte der Angeklagte, um sich aus dem Zimmer zu entfernen und langsam das Haus zu verlassen. Er wurde aber beobachtet, und da die Wirtin unmittelbar darauf das nun unverschlossene Schlafzimmer betrat und den Diebstahl wahrnahm, sofort vom Wirt und dessen Hausknecht verfolgt. In einem hinter dem Schwörhaus hinführenden Gäßchen kamen die Verfolger dem Angeklagten nahe. Dieser drehte sich um und gab auf den gegen ihn zulaufenden Wirt Kohn einen scharfen Revolverschuß ab. Die Kugel durchbohrte das Herz des Wirtes, der nach einigen Augenblicken verschied. Ein zweiter Schuß, der aber nicht traf, galt einem herbeieilenden Schutzmann; außerdem wurden von Krumm noch zwei Schüsse abgegeben. Dann wurde er von hinzugekommenen Personen überwältigt und vom Schutzmann verhaftet. Krumm gibt an, daß er nie die Absicht gehabt habe, jemand zu treffen oder zu löten; er habe seine Verfolger durch Schreckschüsse von sich abhalten wollen, um so einen größeren Vorsprung in der Flucht zu gewinnen. Es wurde aber bezeugt, daß er dem Getöteten die Waffe direkt auf die Brust gesetzt habe, also wohl gewußt haben muß, daß in einem solchen Falle ein Treffen unvermeidlich ist. Krumm wurde deshalb wegen Mords zum Tode, wegen Mordversuchs und schweren Diebstahls zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Marburg, 18. Dez. Hier ist die Erbauung eines großen staatlichen Heilserum- Bereitungsinstitutes für die ganze Monarchie, welches unter der Direktion des Geheimen Medizinalrats Exzellenz von Behring stehen soll, geplant. Die Unterhandlungen zwischen dem Letzteren und dem Staate sind in vollem Gange und dürften auch bald ihrem Abschluß nahe sein.
Göhrde, 18. Dez. Der Kaiser kehrte mit der Jagdgesellschaft um 3'/« Uhr nach dem Schlosse zurück. Die Strecke des Kaisers beträgt 26 Sauen.
Berlin, 18. Dez. Die Verlobung des Großherzogs Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin mit der Prinzessin Alexandra von Cu mberland wird nach einer Meldung des Lokalanzeigers im Laufe des morgigen Tages in Schwerin offiziell bekannt gemacht werden.
Berin, 18. Dez. 23 Volksversammlungen beschäftigten sich gestern abend mit dem Weber- Aus st and in Krimmitschau. In sämtlichen Versammlungen wurde nach! Referaten eine Resolution angenommen, worin den Streikenden bei Fortdauer des Ausstandes ausgiebige Unterstützung zugesichert wurde. Die Arbeiter Deutschlands, so heißt es in dem Beschluß, werden für Unterstützung sorgen.
Berlin, 18. Dez. Zum Gordon- Bennet-Rennen wird dem Lokalanzeiger aus Paris telegraphiert: Die deutschen Vertreter im großen Konnte für Homburg 1904 erreichten in der gestrigen Sitzung, daß mit Rücksicht auf frühere Dispositionen Kaiser Wilhelms das aus vier Abteilungen bestehende Programm in der zweiten Juliwoche zu absolvieren sei und zwar als allgemeiner Wettbewerb. An allen Abteilungen werden laut Beschluß der die Majorität bildenden deutschen, französischen, österreichischen, italienischen, amerikanischen und schweizerischen Vertreter Amateure und und Professionale gleichberechtigt teilnehmen. Nur die Engländer und Belgier waren dagegen.
Berlin, 18. Dez. Wie aus München berichtet wird, wurde von dem Augsburger Kriegsgericht der Unteroffizier Karl Heim von der 12. Komp, des 3. Infanterie-Regiments wegen Mißhandlung und schwerer Beschimpfung einer Reihe von Einjährigen, die seiner Korporalschaft unterstellt waren, zu 5 Monaten Gefängnis
und Degradation verurteilt und sofort in Haft genommen. Der Unteroffizier hat die Einjährigen wiederholt mit der Spitze seines Seitengewehres gegen die Kniekehle und auf die Brust gestoßen, einen Einjährigen sogar mit dem Säbel blutig geschlagen.
Berlin, 18. Dez. Wie aus Marienbnrg gemeldet wird, wurden auf dem dortigen Zollamt etwa 60 Exemplare des Bilse'sch en Romans: „Aus einer kleinen Garnison" beschlagnahmt. Die Sendung war an Buchhändler und Privatleute von Marienberg adressiert.
Berlin, 18. Dez. Der Central-Verband deutscher Industrieller hielt gestern hier eine Ausschußsitzung ab, in der Mitteilungen über den jetzigen Stand der Handelsvertragsverhandlungen, soweit davon Kenntnis zu erlangen war, gemacht wurden. Ferner hat der Verband beschlossen, die Arbeitgeber in Crimmitschau nicht nur moralisch, sondern auch materiell zu unterstützen. Es sollen nicht allein die Textil-Industriellen, sondern alle Industriellen des Verbandes um Beihilfen für die Arbeitgeber in Crimmitschau angegangen werden.
Berlin, 18. Dez. Wie das Berliner Tageblatt hört, steht die Einführung von Achselstücken auf den Offiziersmänteln nach russischem Muster in allernächster Zeit bevor.
Berlin, 18. Dez. Im Gegensatz zu den ungünstigen Meldungen bezüglich der Spannung zwischen Rußland und Japan waren an der Berliner Börse heute Nachmiltag Gerüchte verbreitet, daß in Petersburg auf direkte Veranlassung des Zaren neue Beratungen über eine friedliche Beilegung des Streitfalles mit Japan beginnen sollen.
Vermischtes.
— Die Uhr des Papstes. Einen hübschen Zug von der Schlichtheit des Papstes Pius X. erzählt der „Gaulois": Pius X. empfing kürzlich Mgr. Scalabrini, den Vischof von Piacenza, in Audienz. Im Laufe der Unterhaltung zog der Papst seine Uhr hervor, eine alte Remontoiruhr in Nickel, das durch den Gebrauch schwarz geworden war. Mgr. Scalabrini lächelte und sagte im Hinblick auf seine langjährige freundschaftliche Beziehungen zum Kardinal Sarto: „Heiliger Vater, erlauben Sie mir, weine Uhr mit der Eurer Heiligkeit zu vertauschen . . . Wir gewinnen beide dabei." Dabei holte er eine herrliche goldene Remontoiruhr aus seiner Soutane und bot sie ehrfurchtsvoll dem Papst an. Aber dieser erwiderte sofort: „Mich von meiner Nickeluhr trennen — niemals. Mir liegt an meiner alten Uhr mehr als an allem anderen. Es ist ein Andenken an meine liebe Mutter; sie hat die Stunde ihres Todes gezeigt; sie hat für mich einen unschätzbaren Wert und für nichts in der Welt würde ich darein etnwilligen, mich von ihr zu trennen." Pius X. hatte, als er dieses sagte und die Erinnerungen hervorrief, Tränen im Auge.
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Geborene.
1. Dez. Eduard Willy, Sohn des Alfred Wey, Obermeisters auf Tanneneck.
6. „ Frida Emma, Tochter des Georg Steck,
Maschinenstrickers hier.
7. „ Robert Karl. Sohn des Karl Müller, Bier
brauers hier.
11. „ Johannes Emil Wilhelm, Sohn des Eugen
Schaich, Lokomotivführers hier.
16. „ Johann Michael, Sohn des Jakob Hammann,
Fabrikarbeiters hier.
17. „ Emil Otto, Sohn des Karl Böttinger, Web
meisters hier.
Gestorbene.
4. Dez. Ludwig Keck, Fuhrmann hier, 73 Jahre alt.
12. „ Pauline Rosalie Stähle, geb. Kaiser, Witwe,
75 Jahre alt.