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Ueberlegenheit dieser Spritze sofort ins Auge springend und wurde der gewaltige Fortschritt, den sie auf dem Gebiet der Obstbaumpflege ohne jeden Zweifel bedeutet, namentlich von Herrn Oekonomierat Lukas betont. Zum Schluffe erklärte Herr Fabrikant H. noch den Mechanismus der Spritze und gab den Anwesenden noch die Perspektive einer einfach ge­bauten Spritze von derselben Leistung, aber speziell unseren württembergischen meist klein parzellierten Baumgütern angepaßt, und erwähnte auch noch, daß die Spritze leicht in eine Hederichspritze umge­wandelt werden kann, so daß deren Anschaffung sich umsomehr rentiert. (Metz. Anzeiger).

Schramberg, 11. Dez. Stadtschultheiß Harrer hat vor einiger Zeit Angriffe auf die Stadtverwaltung und auf seine eigene Tätigkeit, die imSchramb. Tagblatt", im RottweilerSchwarz­wälder Volksfreund" und im StuttgarterDeutsch. Volksblatt" erschienen waren, in öffentlicher Ge­meinderatssitzung zur Sprache gebracht. Dabei ver­sicherten die Gemeinderäte Brücker und King, die von Parteiwegen diesen Blättern nahestehen, auf Ehrenwort, daß sie den fraglichen Preßangriffen fern stehen. Inzwischen soll eine von Stadtschult­heiß Harrer veranlaßte Beleidigungsklage gegen den Schwarzwälder Volksfreund" zu der Entdeckung geführt haben, daß jene Angriffe von Kaplan Halb- mann in die Presse gebracht worden, der seinerseits von Stadtpfarrer Bauer inspiriert gewesen sei und dem die oben genannten Gemeinderäte als Gewährs­männer gedient haben. Stadtschultheiß Harrer hat diese Dinge in einer Erklärung im Inseraten­teil desSchwarzw. Boten" ausführlich dargestellt. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien teilte Sadtschultheiß Harrer mit, daß gegen die Gemeinderäte Brücker und King das Disziplinar- verfahren auf Entsetzung von ihrem Amte be­antragt sei.

Balingen, 14. Dez. Am letzten Freitag wurde im Hotel Roller hier die Erinnerungs­feier an die 500jährige Zugehörig­keit Balingens und der umliegenden Orte zu Württemberg in festlicher Weise begangen. An den König wurde ein Huldigungs­ielegramm abgesandt. Im Mittelpunkte der Feier stand ein Vortrag von Dekan Wiedersheim über den Uebergang der Schalksburgherrschaft und Balingens an Württemberg und die Zeit Graf Eberhards des Milden.

Vom Bodensee, 11. Dez. Einen ganz außergewöhnlich großen Fang tat heute ein öster­reichischer Fischer in der Nähe der Rheinmündung. Der glückliche Jünger Petri hatte bei einem einmaligen Zuge ungefähr 400 bis 500 Zentner lebende Brachsen im Netze, die er nach stundenlanger Arbeit unter den größten Anstrengungen glücklich alle ans Land brachte. Der Brachsen ist eine sehr beliebte, billige, dem Kai psen nach Aussehen und Geschmack ähnliche Fisch­en. Den ganzen Fang hat der Fischer verkauft an die Fischgroßhandlung Johannes Kauffmann, Kgl. Hoflieserant, Langenargen-Stuttgart, welche die Filche in ihren großen Bassins in Langenargen lebend aufbewahrt, und von da versendet. Mit dem Ergebnis der Blaufelchen-Massen- sänge, die seit etwa 8 Tagen dauern, aber dieser Tage zu Ende gehen, können die Fischer recht zu­frieden sein. An die genannte Fischgroßhandlung wurden tn den wenigen Tagen viele Tausende dieser Fische abgeliefert.

Freiburg i. B., 15. Dez. Vor kurzem hat sich das zweijährige Söhnchen des Buchhalters Stingler hier beim Spielen mit einem Celluloid­kamme, mit dem es dem Feuer zu nahe kam, schwere Brandwunden, namentlich im Gesicht, zugezogen. Das Kind kam in das Diakonissenhaus. Die Heilung der Wunden und damit die Rettung des Kindes war aber nur möglich, wenn Teile der Haut eines gesunden Menschen auf die Wunden des Kindes übertragen wurden. Der Vater erbot sich, Teile seiner Haut für sein Kind zu opfern. Am Samstag fand dann die Transplantation durch Prof. vr. Goldmann zur Deckung der Hautdefekte statt. Die Hautläppchen wurden dem Oberarm des Vaters entnommen, der ungeachtet der Schmerzen die Chloroformierung während der Operation ab­lehnte. Dieselbe verlief glücklich. Das Befinden von Vater und Kind ist befriedigend.

Berlin, 15. Dez. (Dentscher Reichstag.) Die Vorlage betreffend Verlängerung des Handels­provisoriums mit England wird nach kurzer Debatte in der Fassung der zweiten Lesung (Dauer der Vollmacht bis 1905) mit großer Mehr­heit definitiv angenommen. Alsdann wird dir erste Lesung des Etats und der Lex Stengel fortgesetzt. Abg. Limburg-Stirum (kons.) betont bei Besprechung der Soldatenmißhandlungen, daß hiebei Unterschiede gemacht werden müßten zwischen kalt­blütig überlegten Brutalitäten und solchen, die in der Erregung geschehen seien, welche zum Teil auf die Ueberanspannung der Unteroffiziere infolge der zweijährigen Dienstzeit zurnckzuführen seren. Redner hält Verkehrsabgaben auf den Flüssen für gerecht­fertigt zur Instandhaltung der schiffbaren Gewässer. Bei Abschluß von Handelsverträgen dürften nur unsere eigenen wirtschaftlichen Interessen als Richt­schnur dienen. Er bezeichnet die Rede des Reichs­kanzlers gegen die Sozialdemokratie als ein Meister­werk und fordert die Regierung auf, den Kampf gegen die Sozialdemokratie mit aller Energie auf­zunehmen. Mit dem Appell an die bürgerlichen Parteien allein sei es nicht getan. Abg. v. Tiede- mann (Reichsp.) polemisiert gleichfalls gegen die Sozialdemokratie. Reichskanzler Graf Bülow antwortet dem Grafen Limburg, es erscheine doch fraglich, ob im gegenwärtigen Moment für Repressiv­maßnahmen gegen die Sozialdemokratie, wie solche der Abgeordnete Limburg zu wünschen scheine, in diesem hohen Hause eine Mehrheit vorhanden sein würde. Wenn in dieser Beziehung nicht absolute Gewißheit vorliege, würde er es für einen Fehler halten, ohne zwingende Not Zwiespalt unter die bürgerlichen Parteien zu tragen. Darauf könne man sich verlassen, daß die Regierung einschreiten werde in Fällen sozialistischen Terrorismus,, die Strafbarkeit enthalte. Wenn Graf Limburg weiter­gehende Maßnahmen fordere, so möge er bezügliche Jnitiativ-Anträge einbringen, dann werde cs sich zeigen, ob sich im Hause dafür eine Mehrheit finden wird. Das Programm der Regierung sei, alles zu tun, um gegenüber der Sozialdemokratie die Einheit in der bürgerlichen Welt aufrecht zu erhalten oder zu schaffen, wo dies noch nötig scheine und alles zu vermeiden, was diese Einheit gefährden könne. Entschieden müsse er Verwahrung dagegen einlegen, daß die Regierung cS an der nötigen Festigkeit und Entschlossenheit fehlen lasse. Die öffentliche Ordnung werde von der Regierung mit allem Nachdruck verteidigt werden. Jeder der die Ordnung stört wird rücksichtslos zu Boden geworfen werden. Der Reichskanzler schließt, heute haben wir ein soziales Königstum, eine soziale Gesetzgebung an allen Enden und Ecken. Wir haben höchstens Divergenten über das Tempo der Gesetzgebung, nicht über die Reform als solche. Wir haben das Streben, die Zustände in gesetzlichen Bahnen zu halten soweit es nur irgend der Hochmut und der Dünkel der sozialdemokratischen Führer und der Terrorismus der arbeitenden Klassen zuläßt. Es sei zu wünschen, daß das Selbstvertrauen der bürger­lichen Kreise, der bürgerlichen Gesellschaft sehr viel stärker ist, als sie eS selbst glauben. Abg. Stoll (Soz.) bespricht in ausführlicher Weise die Ver­hältnisse in Crimmitschau. Sächsischer Geheim­rat Fischer legt dem Vorredner gegenüber die Notwendigkeit dar, in Crimmitschau zum Schutze der arbeitswilligen Arbeiter einzuschreiten. Abg. Liebermann v. Sonnenberg (wirtsch. Vgg.) verbreitet sich über die Budgetfragen und empfiehlt dabei namentlich die Wehrsteuer. Redner bespricht noch die Handelsverträge und polemisiert noch gegen die Sozialdemokratie. AbgBlumenthal (Elf. Vp.) wünscht Gleichstellung der Reichslande mit den übrigen Teilen des deutschen Reiches. Redner er­wähnt noch, daß die Sozialdemokratie in Elsaß- Lothringen immer mehr Rekruten habe wegen der ungleichen und ungerechten Behandlung, welche die Parteidort erleide. Elsässischer Staatssekretär von Keller betont die Diktatur sei gefallen, aber die volle Gleichstellung Elsaß-Lothringens mit den anderen Bundesstaaten sei eine zu schwierige Frage um kurzer Hand hier erledigt zu werden. Abg. Limburg-Stirum (conf.) bemängelt nochmals das Verhalten der Regierung gegenüber der Sozial­demokratie. Staatssekretär Posadowsky erklärt, die Regierung habe niemals einen Zweifel darüber gelassen, daß ein Abgrund bestehe zwischen ihr und der republikanischen Sozialdemokratie. Unsere

Verhältnisse seien aber noch nicht so zerrüttet, daß an eine Revolution zu denken fei. Nach weiteren Bemerkungen des Ministers Budde und des Abg. Molkenbuhr (Soz.) schließt die Debatte. Die erste Lesung des Etats und der Lex Stengel ist beendet. Die üblichen Teile des Etats gehen an die Budget- Kommission. Das Haus wählt sodann noch 6 Mit­glieder in die Reichsschulden - Kommission und 7 Mitglieder in den Beirath für Arbeiter-Statistik. Nächste Sitzung 12. Januar 1904.,

Chemnitz, 15. Dez. Wie das Chemnitzer Tageblatt aus Meissen meldet, vergiftete der in der dortigen Jute-Spinnerei beschäftigte Arbeiter Joseph Dienert gestern seine Frau und 6 Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren und schließlich sich selbst. Die Frau und die Kinder sind tot der Mann gab noch Lebenszeichen von sich und wurde in das Kranken­haus gebracht. Das Motiv zur Tat scheint in der Krankheit der Frau zu suchen zu sein.

vermischtes.

In Licht ental bei Baden-Baden stürzte am Freitag nachmittag ein Haus, das Cafe Waldbnrg", welches mit Hebevorrichtungen um 1,10 Meter gehoben werden sollte und bereits 75 ew gehoben war, unter donnerähnlichem Geräusch zusammen. Es war ein großes Glück, daß sich die zahlreiche Arbeiterschaft noch in letzter Mnute in Sicherheit bringen konnte. Nur ein Zjmmermann wurde am Kopfe leicht verletzt. Ueber dir Ursachen des Einsturzes find Untersuchungen im Gange.

Lawinenunfälle. Aus den Alpen werden zwei Lawinenunfälle gemeldet. Der Handelsagent Maß aus Innsbruck wurde auf der Gemsjagd bei Hall von einer Lawine ge­tötet, und im Kanton Glarus wurden zwei Frauen von einer Lawine verschüttet. Die eine wurde tot aufgefunden; die andere konnte ge­rettet werden.

Riesenkinder. In Castans Panop­tikum giebt gegenwärtig ein gewichtiges Trio Vor­stellungen: Diedrei ostpreußischen Kolossalge­schwister" Wilhelm, Hulda undEmil aus Eydtkuhneu. Wilhelm ist 15 Jahre alt und wiegt 356 Pfund; als er 11 Jahre alt war, wurde er aus der Schule entlassen, weil keine passende Schulbank für ihn beschafft werden konnte! Die holde Hulda hat es mit 5 Jahren schon auf 178 Pfund gebracht und der 3jährige Emil nennt 129 Pfund Fleisch und Fett sein Eigen. Die Drei sind geistig vollständig normal; Virchow Hot sie kurz vor feinem Tode untersucht und konstatiert, daß die inneren Organe ihre regelrechte Lage haben. Einen seltsamen Kon­trast zu den Riesenkindern bildet eine russische Zwergin, die sichPrinzessin Ruma Howa" nennt und trotz ihrer 17 Jahre nur einige Spannen hoch ist.

Gemeinnütziges.

Topfobst und Topfrosen. Ein Oberlehrer veröffentlicht in der neuesten Nummer desPraktischen Ratgebers im Obst- und Garten­bau" seine Erfahrungen in der Kultur von Obst­bäumen und Rosen in Töpfen oder Kübeln. Die Erfolge sind sehr günstig und ermuntern zur Nach­ahmung. Jeder Topf bekam täglich reines Wasser und jeden zweiten Tag eine Beimischung von etwas Düngerwasser, das aus Taubendünger bereitet wurde. Die einzelnen Bäumchen brachten 20 bis 30 Früchte. Jeder Rosenstock blühte ununterbrochen seit Juni übervoll. Die Nummer mit dem be­treffenden Artikel wird kostenlos vom Geschäftsamt desPraktischen Ratgebers" in Frankfurt a. Oder auf Verlangen zugesandt.

Litterarisches.

Der Mönch von Kirsau

von A. Supper.

Durch Üebernahme der Restauflage bin ich in der Lage, dieses schöne Buch, hübsch gebunden,

zu dem ermätzigte« Preise von Mk. S.SV

statt seither 3.50 abzugeben.

Emil Georgii.