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190. Amts-
und KuzeigeßkaLt für den Bezirk Hakrv. 78. Jahrgang.
Lrscheinunzrtage: DienStaz, Donnerstag, SamS- lag, Sonntag. Jnsertion-preis IO Psg. pro Zeile für Stadt und SejirlSorl«: außer Beztrt IL Pfg.
Donnerstag, den 3. Dezember 1903.
Abonnementspr. in d. Stadt pr. Btertelj. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Dierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. Orts- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonA Berkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche Nekanntrnachrmgerr.
Bekanntmachung.
Die Straßensperre Deufringen-Aidlingen ist wieder aufgehoben.
Calw, 30. November 1903.
K. Oberamt. Voelter.
Die Ortsbehörden
werden unter Bezugnahme auf den Erlaß vom 10. November d. I., Wochenblatt Nr. 178, in Kenntnis gesetzt, daß die K. Zentralstelle f. d. Landwirtschaft wegen allzugroßen Andrangs in diesem Etatsjahr nicht mehr in der Lage ist, Bücher unentgeltlich abzugeben und daß nur solche Ortsbibliotheken hiebei in Betracht kommen können, deren Fortbestand durch Beiträge aus Gemeindemitteln sicher gestellt ist. Es ist daher stets anzugeben, ob die Gemeinde einen Beitrag leistet oder nicht.
Weitere Gesuche können erst bis 1. April 1904 wieder vorgelegt werden.
Calw, 2. Dezember 1903.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeilen.
** Calw. Die Generalversammlung des Landwirtschaft!. Bezirksvereins im Waldhorn hier war trotz der ungünstigen Witterung gut besucht. Der Vereinsvorstand, Herr Reg.-Rat Voelter, begrüßte die Anwesenden und machte verschiedene geschäftliche Mitteilungen. Betr. Fortbestehens der hiesigen Schranne ermunterte er die Landwirte, dieses Institut fleißig zu benützen; die Aufhebung sei nicht im Interesse der Landwirtschaft. Die am 10. Dezember in Nagold stattfindende Gauversammlung der Norddeutschen Hagelversicherung
möchte auch vom Calwer Bezirk gut besucht werden, da außer der Wahl des Bezirksdirektors, der Schätzer und der Delegierten noch wichtige Beschlüsse auf der Tagesordnung stehen. Vom Bezirke sollen auch Proben von Bodenarten nach Hohenheim geschickt werden, damit solche dort auf ihre Beschaffenheit und rationelle Düngung untersucht werden. Diese Proben find schon jetzt anzumelden, die Erdarten aber erst auf kommenden April einzuschicken. Eine genaue Anweisung, wie die Proben zu entnehmen und einzuschicken sind, wurde verlesen und wird solche jedem Interessenten zugestellt. In sachlich überzeugender Weise sprach sodann Hr. vr. Wacker, Landwirtschaftsinspektor von Leonberg, über „Zeitgemäße Verbesserungen im landwirtschaftl. Betrieb, unter besonderer Berücksichtigung der Fruchtfolge." Wie alles im Leben, so dürfe sich auch die Landwirtschaft einer zeitgemäßen Verbesserung nicht verschließen; sie müsse bestrebt sein, sich dem Bedürfnisse der Zeit anzupassen. Die Verhältnisse seien heute ganz andere als vor wenig Jahrzehnten. Heute habe der Landwirt zu rechnen mit hohem Bodenwert, vielfach weitgehender Verschuldung, teurer Arbeit, niederen Getreidepreisen, aber guten Viehpreisen, gutem Absatz für Handelsgewächse, gut entwickeltem Verkehr bei großer Belastung durch soziale und kommunale Besteuerung. Im ganzen sei die Rentabilität eine wesentlich geringere als in früheren Jahrzehnten. Der Landwirt müsse daher einen größeren Reinertrag zu erzielen suchen; solcher könne erreicht werden 1. durch Steigerung des Naturalrohertrags, 2. durch Erhöhung der Produktenpreise, 3. durch Verminderung des Aufwands. Eine Steigerung des Rohertrags könne erreicht werden durch Standortsverbesserungen, Bewässerung und Entwässerung, Kalkdüngung der kalkarmen Böden u. s. w. Diese letztere sei namentlich in unserer Gegend zu empfehlen;
leider seien die Preise für Aetzkalk (gebrannten Kalk) noch zu hoch und die Qualität oft nicht gut. Der Ankauf sollte im großen und nur nach garantierten Kalkprozenten geschehen. Alle vier oder sechs Jahre sollten die Felder vor der Kleesaat mit Aetzkalk gedüngt werden. Der Kalk ist in Häufchen auf den Acker zu verteilen; solche sind mit Erde zuzudecken und nachdem der Kalk zerfallen (nach etwa 8 Tagen) gleichmäßig über den ganzen Acker zu zerstreuen. Auf die Wiesen muß er vorher abgelöscht werden. In Verbindung mit Stallmist darf Kalk nie angewendet werden, da er letzterem den Dungwert nimmt. Da Thomasmehl neben Phosphorsäure 50 °/<> Kalk enthält, so ist dies für unsere Böden besonders zu empfehlen. Der Rohertrag könne ferner verbessert werden durch Bevorzugung ergiebiger Horten, was besonders bei Kartoffeln, Hackfrüchten, Hafer und Weizen zu beachten sei. Einzelne Sorten werfen unter völlig gleichen Verhältnissen viel größeren Ertrag ab. Das wichtigste Mittel, den Rohertrag zu steigern, sei aber eine zweckmäßige Fruchtfolge. Die Dreifelderwirtschaft, wie sie infolge des früheren Flurzwangs noch allerwärts gehandhabt wird, sei unzweckmäßig, nicht rationell. Es sei nicht angezeigt, bei den heutigen niederen Fruchtpreisen V- der Felder mit Getreide anzubauen. Die Aufeinanderfolge von zweimal Getreide führe zur Verunkrautung der Aecker, vielfach zur Verspätung der Wintersaat und zur Schmälerung des Kleeertrags. Die Fruchtfolge muß so sein, daß die Vorfrucht günstig auf die Nachfrucht wirkt. Er empfiehlt folgenden erprobten Fruchtwechsel: 1. Hackfrucht, 2. Sommerfrucht, 3. Klee, 4. Winterfrucht, 5. Wickfutter (MaiS) 6. Winter- oder Sommerfrucht. Durch Fleiß und gute Düngung können allerdings die Nachteile der Dreifelderwirtschaft abgeschwächt werden. Wenn nun auch infolge Flurzwangs nicht für ganze Gewände sofort eine Neuerung
Nachdruck verboten.
Krcrd öör!
Erzählung von C. von Dornau.
(Fortsetzung.)
Der Maler trat überrascht einen Schritt zurück
„Ihr kennt mich?" rief er.
Der Alte nickte phlegmatisch.
^„Jck hew Sei glik kennt!" sagte er langsam.
„Und warum habt Ihr mir das nicht früher gesagt?"
Der alte Bauer schwieg wieder eine Minute lang, als ob er sich erst den Sinn der Frage zurechtlegte. Dann sagte er ruhig, während er wieder in die Mitte des Sitzes rückte: „Sei hewwen mi ja nich fragt!" Und er fuhr davon, ohne sich nur einmal umzusehen.
„Du bist mein richtiger Landsmann, wackerer Alter! Ein Rügianer, wie er sein muß!" sagte Klaus halblaut, während er dem Wagen lächelnd nachschaute. Dann schlug er kurz entschlossen den gleichen Weg ein — er wollte doch lieber
in Hagow übernachten und erst am nächsten Morgen nach Görlitz gehen-
Er hatte nicht mit dem zähen Gedächtnis dieser alten Landleute gerechnet; im Gorlitzer Kruge würde er gewiß auch erkannt werden und das Gerücht von seiner Heimkehr bis ins Herrenhaus dringen — das wollte er vermeiden. Er folgte dem Wagen, der jetzt in langsamerem Tempo vor ihm dahinrollte, und hatte in einer Viertelstunde das Dorf erreicht.
Während der Alte mit seinem Gefährt in das Gehöft einbog, setzte Klaus
seinen Weg fort, bis er das einzige Wirtshaus des Dorfes erreichte — ein einstöckiges, schilfgedecktes Gebäude, wie die anderen alle, nur durch den Lichtschein gekennzeichnet, der durch die unverhülllen Fenster der großen, niedrigen Gaststube auf die Straße fiel. Er sah im Vorübergehen hinein, zwischen den wohlgepflegten, Blumenstöcken hindurch, die auf dem Fenstersims standen: nur wenige, jüngere Leute saßen da drinnen noch um die blendend weiß gescheuerten Tische. Kein Gesang, kein lautes Gespräch drang auf die stille Gaffe hinaus. Schweigsam tranken die Männer das einheimische, leichte Bier und rauchten dazu bedächtig, in langsamen Zügen aus kurzen, dicken Pfeifen. Der Qualm sammelte sich an der niedrigen Zimmerdecke und mußte die Luft da drinnen fast unerträglich machen. Aber es fiel anscheinend niemand ein, eines der kleinen, schiefen Fenster zu öffnen und der köstlichen Abendluft Eingang zu verschaffen.
Vor der Tür des Hauses stand die Wirtin, eine große, hagere, dunkel gekleidete Frau, mit ernsten, strengen, nicht unschönen GesichtSzügen. Eie sah dem zögernden Fremden, der offenbar schwankte, ob er eintreten sollte, einen Augenblick aus den großen, dunklen Augen ernsthaft entgegen. Es war derselbe bedächtige, klug wägende Blick, mit dem der alte Bauer ihn vorhin angeschaut hatte. Aber die Frau war jünger und stammte vielleicht aus einer anderen Gegend der Insel — sie erkannte den fremden Herrn nicht. Mit glrichgiltiger Miene trat sie ein wenig zur Seite, als er näher kam, und neigte nur stumm den Kopf bei seinem freundlichen Gruß.
Klaus Behrendt kannte diese wortkarge, fast finstere Art — oh! wie gut kannte er sie! Sie hatte den feurigen Knaben, der die Lebhaftigkeit, den heiteren Sinn der schon früh verstorbenen Mutter geerbt, oft zu Heller Verzweiflung auf-