beschwert sich über die Handhabung des Sprachen­paragraphen in den Manischen Landesteilen. Staats­sekretär Dr. Delbrück: Meine gestrigen Ausführungen über die Kompetenz der einzelstaatlichen Bundesrats' bevollmächtigten beruhen auf einem Lapsus. Selbst­verständlich ist der Bundesratsbevollmächtigte berech­tigt, auch hier im Reichstag seine Meinung auszu­drücken. Treten Meinungsverschiedenheiten zwischen Reichsleitung und Einzelstaaten auf, so kann zwar der Reichskanzler den Bundesstaat darauf aufmerk­sam machen, Anweisungen kann er aber nicht geben und verantwortlich kann er für die Handhabung des Bundesstaates nicht gemacht werden. Nach Auf­fassung der Linken kann die Anwendung auf dem Rechtswege angefochten werden, nach meiner Auf­fassung nur im Wege der Beschwerde über die Polizeibehörde, weil diese das Gesetz, wenn nicht zweckwidrig so doch in Widerspruch mit dem Geiste des Gesetzes angewendet hat. Gröber (Z.). Nun ist das Gesetz doch klar. (Große Heiterkeit.) Nach einer kurzen Erklärung des Staatssekretärs Delbrück und einer Gegenerklärung des Abg. Dove schließt die Besprechung. Es folgt die Interpellation des Zen­trums und der Freisinnigen über die Maul- und Klauenseuche. Staatssekretär Delbrück erklärt sich bereit, die Interpellation zu beantworten, behält sich jedoch vor, den Termin mit dem Reichstagspräsidenten zu vereinbaren. Damit ist dieser Gegenstand er­ledigt. Es folgt die erste Lesung des Privatbeamten­versicherungsgesetzes.

Paris, 19. Okt. DerMatin" versichert, daß die Berliner Regierung nunmehr im Besitz der fran­zösischen Kompensationsvorschläge sei. Das Blatt erklärt, es bestehe Anlaß zu glauben, daß. bevor Deutschland mit Gegenvorschlägen antworte, Herr v. Bethmann-Hollweg mit den Führern der Reichstagparteien in Verbindung treten werde. Die französische Regierung schiebt den Zusammentritt der Kammer so lange hinaus, bis die Verhandlungen mit Deutschland zu einem Abschluß gelangt sind.

London, 19. Okt. DerDaily Expreß", der eben erst einen Hetzartikel gegen Deutschland gebracht hat, tritt heute für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England ein. Die Territorial­truppen würden kaum zur Bekämpfung eines Erb­feindes ausreichen. Auch der konservativeStandard" wirft sich in Harnisch und fordert vom Kriegsminister die Durchsetzung der allgemeinen Wehrpflicht. Gegen derartige Pläne wehrt sich indessen die liberale Presse. Wir haben es hier mit einer nicht zu unterschätzenden Bewegung zu tun, wodurch Heer und Flotte auf den Stand größter Vollkommenheit gebracht werden sollen.

In Hankau hat der Kampf zwischen Re­gierungstruppen und den Aufständischen be­gonnen. Die deutsche Landungsabteilung hat nicht mehr einzugreisen brauchen.

In Aachen wurde am Mittwoch in Gegenwart des Kaisers das Kaiser Friedrich-Denkmal enthüllt.

Bonn, 19. Okt. Der Kaiser ist gestern abend 7^/r Uhr im Automobil von Aachen kommend zum Besuch des Prinzen und der Prinzessin zu Schaum­burg-Lippe, seiner Schwester, hier eingetroffen. In den festlich geschmückten Straßen wurde der Kaiser von einer großen Menschenmenge begrüßt, die Hoch­rufe ausbrachte.

Berlin. 19. Oktbr. Während der Enthüllung des Kaiser Friedrich-Denkmals in Aachen vollzog der Flieger Weyl auf einem Lochner'schen Zwei­decker in Höhe von etwa 200 Meter gutgelungene Flüge über der Stadt und begleitete den Kaiser, auf seiner Fahrt nach Kornelinmünster, umkreiste den Ort und kehrte dann zurück. Auch das Luftschiff Schwaben", das von Düsseldorf nach Aachen ge­kommen war, begleitete den Kaiser nach Bonn eine größere Strecke.

Johannistal, 19. Oktober. Das Luftschiff Schwaben" ist nach seiner Landung wohlbehalten in die Halle gebracht worden.

Baden-Oos, 19. Okt. Das Luftschiff1^. 2. 9" ist nach 20stündiger Fahrt heute nachmittag 3 Uhr 18 Minuten vor der hiesigen Luftschiffhalle glatt gelandet.

Mannheim, 18. Okt. Das Luftschiff Schütte- Lanz. das in vergangener Nacht bei dem Dorfe Waldsee in der Nähe von Speyer auf freiem Felde kampieren mußte, stieg heute nachmittag */t3 Uhr zur Heimfahrt nach Mannheim auf. Um '/e4 Uhr wurde auf der Rheinauer Werft die Landung vollzogen. Professor Schütte, der auch an der Heimreise teilnahm, zog sich bei der Landung eine stark blutende Verletzung an der linken Hand zu; er mußte sich im Krankenhaus verbinden lassen.

Konstanz, 19. Okt. Bei der heutigen Reichs',- tagsersatzwahl fielen auf Gärtnermeister Schmidt

(lib. Block) 11234, auf Landgerichtsrat v. Rüppelin (Zentr.) 13 410 und auf Großhans (Soz.) 3026 Stimmen. Es findet somit Stichwahl zwischen Rüppelin und Schmidt statt.

Augsburg, 18. Oktober. Nach einem Privat­telegramm ist der Millionendefraudant Hehler, der als Prokurist der Bayrischen Diskontobank über eine Million Mark veruntreut hat, in Athen von einem deutschen Rechtsanwalt erkannt und verhaftet worden.

MürltLmberg.

Stuttgart, 19. Okt. Zum Neubau des Stutt­garter Hauptbahnhofs wird neuerdings aus Technikerkreisen der Vorschlag gemacht, die großen Landkarten, die sich im Hauptgang des jetzigen Bahnhofs befinden, im neuen Bahnhof wieder auf­leben zu lassen. Dieser Vorschlag wird aus ver­schiedenen anderen Kreisen unter Hinweis auf den Fremdenverkehr unterstützt, denn es ist bekannt, daß diese Karten ein sehr gutes Reklamemittel für Stuttgart bilden und auch vielfache Beachtung beim auswärtigen und namentlich auch beim ausländischen Reisepublikum finden. Jedenfalls sind diese Land­karten eine Wanddekoration, die man auf keinem anderen deutschen Bahnhof hat.

Stuttgart, 18. Okt. (Der Reichstags­kandidat für Stuttgart.) Der von der Deut­schen Reichspost ausgehende Vorschlag, den Grafen Zeppelin als gemeinschaftlichen bürgerlichen Kan­didaten für die kommenden Reichstagswahlen im ersten württ. Reichstagswahlkreis aufzustellen, findet auf liberaler Seite keinen Anklang. DasNeue Tagbl." schreibt:So verlockend dieser Gedanke auf den ersten Anblick scheinen mag, so läßt es sich natürlich praktisch nicht durchführen. Die national- liberale Partei, der bei dem Wahlabkommen zwischen der Nationalliberalen und der Fortschrittlichen Volks­partei die Besetzung dieses Wahlkreises zugefallen ist, hat schon seit längerer Zeit einen Kandidaten in Aussicht. Es ist dies bekanntlich der Landtagsabg. Dr. Mülberger, Oberbürgermeister von Eßlingen. Offiziell ist die Kandidatur noch nicht proklamiert, doch wird sich mit der Aufstellung der Mülberger- schen Kandidatur am Sonntag eine Versammlung beschäftigen.

Eßlingen, 19. Okt. In der heutigen nicht­öffentlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien gab Oberbürgermeister Dr. Mülberger auf eine An­frage wegen seiner Kandidatur für den ersten Reichs­tagswahlkreis die Erklärung ab, daß es noch nicht soweit sei, daß er sich aber an das vor 20 Jahren gegebene Versprechen gebunden halte, ein Mandat für den Reichstag nicht anzunehmen, obgleich es nicht richtig sei, ihn auf ein vor 20 Jahren gegebenes Versprechen festzunageln. Geschehe es trotzdem, so werde er, falls er gewählt werde, die Folgerung ziehen und sein Amt der Einwohnerschaft zur Ver­fügung stellen.

Zu der Meldung, daß die Reichstagskandidatur in Ulm dem Geheimrat Professor Rieß er, dem Präsidenten des Hansabundes, angeboten worden sei, wird demBerliner Tageblatt" mitgeteilt, daß Rießer die Kandidatur mit der Begründung abge­lehnt habe, daß er auch keine der früheren Anerbieten, die aus anderen Kreisen an ihn ergangen seien, an­genommen habe. Es wäre also mit einer Kandidatur Rießer in UlmHeidenheim auch dann nichts ge­worden, wenn die Nationalliberalen nicht den Kandi­daten Kehm vorgezogen hätten.

Heidenheim, 19. Okt. Der Bund der Land­wirte hat den Landtagsabgeordneten Graf-Heiden­heim als Kandidat für den 14. Reichslagswahlkreis aufgestellt.

Stuttgart, 18. Okt. Gegen den früheren Oberleutnant, späteren Kommissionär und Auskunfttei- inhaber Heinrich Gramm ist ein Steckbrief erlassen worden, da er dem Vollzug der gegen ihn von der hiesigen Strafkammer am 3. Okt. v. I. erkannten Gefängnisstrafe von 2 Monaten durch die Flucht nach London entzogen ist.

Stuttgart, 19. Okt. Hier ist im Anschluß an den Vortrag des Schriftführers des deutschen National­komitees zur Bekämpfung des Mädchenhandels, Major a. D. Wagener, ein Württ. Landeskomitee zur Bekämpfung des Mädchenhandels gegründet worden.

Stuttgart, 18. Okt. Bei der heutigen Ziehung der großen Stuttgarter Geldlotterie des Württ. Rennvereins wurden folgende Gewinne gezogen: 15000 Mk. Nr. 79197; 6000 Mk. Nr. 73 229; 2000 Mk. Nr. 94410; je 1000 Mk. Nr. 5474 und 8736; je 500 Mk. Nr. 1656 und 9382 (ohne Gewähr).

Stuttgart, 18. Okt. (Einehrlicher" Dieb.) Einen eigenartigen Diebstahl beging der ledige

Flaschner Otto Mößler von Gotha. Er erbrach den Kasten eines Zimmergenossen und eignete sich von 6 Zwanzigmarkstücken, die er vorfand, nur eines an, ließ es wechseln und legte ein Zehnmarkstück wieder in den Kasten. Wegen schweren Diebstahls erhielt er 3 Monate Gefängnis, wobei berücksichtigt wurde, daß er sich in einer Notlage befunden hat.

Freudenstadt, 18. Oktbr. Die Verwaltungs- kommission des aus der Stiftung der Geh. Kommerzien­rat v. Knosp'schen Eheleute zu gründenden Rudolf- Sophien-Stifts, bestehend aus den HH. Minister Dr. v. Pischek, Oberbürgermeister Lautenschlager, vr. insä. Sick und Ministerialrat Friede!, weilte dieser Tage hier und in Alpirsbach, um Bauplätze für das zu errichtende Echolungsheim zu besichtigen. Von insgesamt 92 Bewerbungen kommen 12 in die engere Wahl, darunter auch Freudenstadt und Alpirsbach.

Freudenstadl, 18. Okt. Am Montag weilte Minister v. Pischek und Oberbürgermeister Lauten­schlager von Stuttgart mit weiteren Sachverständigen hier, um Augenschein von einigen Plätzen zur Er­bauung eines Beamten erholungsheims zu nehmen. Es kommt, lautSchwarzwälder Bote", ein Bau­platz in der Nähe vom Waldhotel Stokinger beim Lauterbad in Betracht, auch ist ein Platz auf der Rodler Höhe (Station LoßburgRodt) angeboten und, wie man hört, auch ein solcher in Alpirsbach. Eine Entscheidung ist jedoch noch nicht getroffen.

Freudenstadt, 19. Okt. Wie nachträglich mit­geteilt wird, sind hier in der Nacht vom letzten Freitag auf Samstag zwei ziemlich starke Erd­stöße bemerkt worden. Hoffentlich ist es nicht der Neue" gewesen.

Kirchheim a. N.. 19. Okt. In der Nähe von Walheim geriet ein Automobil infolge Explosion in Brand. Die Insassen, die sich durch Abspringen retteten, blieben unverletzt. Das Fahrzeug ist voll­ständig vernichtet worden.

Marbach a. N.. 18. Oktbr. Aus dem Neckar wurde die Leiche des früheren hiesigen Stations­kommandanten Karl Eckstein von Steinheim a. d. Murr geländet. Die Leiche wies einige Schnitt­wunden auf; an den Kleidern waren Blutspuren. Man fand weder Uhr noch Börse. Die ärztliche Untersuchung ergab keine Merkmale, die auf ein Verbrechen schließen lassen. Infolgedessen ist anzu­nehmen, daß der Verstorbene in der Dunkelheit in den Neckar geraten und ertrunken ist.

klus Stavt, Bezirk unv Umgebrng.

Die Kgl. Regierung des Schwarzwaldkreises hat die Wahl des Gipsers Friedrich Klaiber in Enz- klösterle zum Ortsvorsteher der Gemeinde Enzklösterle bestätigt.

Neuenbürg, 19. Okt. Zu der gestrigen Notiz über den bedauerlichen Selbstmord des Friseurgehilfen W. Haber st roh wird uns noch mitgeteilt, daß der junge Mann offenbar ein Opfer der verwerflichen Schauer- und Schundromane (auch die Sorte von Sherlok Holmes nicht ausgenommen) geworden ist. Trotz des öfteren Verbots seines Arbeitgebers ließ sich der Gehilfe stoßweise diese Bücher senden und benutzte jede Gelegenheit des Alleinseins, sich mit diesem zum Teil schauerlichen Zeug zu unter­halten. In der letzten Zeit haben sich diese Lektüren an dem jungen Menschen dadurch bemerkbar gemacht, daß er zuweilen ohne jeden Anlaß zu lachen anfing, in welchen Augenblicken ihm wohl, wie es schien, stets die phantastischen Bilder dieser Romane vor Augen schwebten. Man weiß, wie viel Unheil der­artige Literatur schon angestellt hat, und es wäre am Platze, daß die Behörde mit allen Mitteln energisch eingreifen möchte. Der unglückliche Selbst­mörder war sonst ein fleißiger, rühriger Mensch und es ist der Fall um so bedauerlicher, da die betr. Familie vor kurzem einen Bruder und seinen Vater durch Unglücksfall verloren hat.

** Pforzheim, 18. Okt. Der Aufsichtsrat des Bayr. Brauhauses A.-G. dahier beschloß heute, der am 23. November stattfindenden Generalver­sammlung die Verteilung einer Dividende von 5°/o (im Vorjahr 4°/») vorzuschlagen. Der Bruttogewinn beträgt 208 717 ^ (im Vorjahr 145 767 <^), wo­von 103 604 (66 965 im Vorjahr) zu Ab­

schreibungen dienen sollen.

Pforzheim, 18. Okt. Nach dem Pforzheimer Anzeiger besteht nunmehr begründete Aussicht, daß die elektrische Straßenbahn Mitte November eröffnet werden kann, da die ersten Wagen in den nächsten Tagen hier eintreffen. Anfangs November werden die Wagen voraussichtlich sämtlich geliefert sein.

Verantwortlich für den redaktionellen Teil: C. Meeh, für den Inseratenteil: G. Conradi in Neuenbürg.