Württemberg.
Stuttgart, 12. Okt. Ueber die Maßnahmen gegen die Lebensmittelteuerung, die die Stadt Stuttgart eventuell ergreifen wird, wird nach einer Ankündigung von Oberbürgermeister Lautenschlager in der heutigen Sitzung des Gemeinderats, am nächsten Donnerstag von der zur Vorberatung der Angelegenheit bestellten Milchkommission Bericht erstattet werden.
Stuttgart, 11. Okt. Der Faßroller Vogel, der bekanntlich ein Faß von Wildbad nach Heilbronn und Stuttgart rollte, ging die Wette ein, in 67 Tagen ein zwei Eimer haltendes leeres Faß von Stuttgart nach Wien zu rollen. Gestern mittag, nachdem er gerade mit seiner alten Wette zu Ende gelangt war, trat er seine Reise an. Der Einsatz beträgt 2000 Mark. Man kann sich nicht genug wundern über die trostlose Inhaltslosigkeit solcher Wetten.
Ulm, 12. Oktbr. Am Sonntag fand hier ein Armeegepäckmarsch statt, zu dem die 2. Kompagnie des Infanterie-Regiments Nr. 127 die Ausrüstung zur Verfügung gestellt hatte. Der Weg führte nach Albeck und wieder zurück und betrug insgesamt 20 Kilometer. Als Erster traf 1 Stunde 57 Min. nach Abgang Emil Keck vom Athletenklub Ulm am Ziele ein, ihm folgten nach 4 Minuten Holzmann vom Athletenklub Söflingen. Die übrigen Teilnehmer brauchten 2 Stunden 6 Min. bis 2 Stunden 20 Min.
Ulm, 12. Okt. Am Brauttor des Münsters, durch das die Eheschließenden zur kirchlichen Segnung ins Münster ziehen, ist in den letzten Tagen das aus der Schmiedewerkstätte des Münsters hervorgegangene Abschlußgitter angebracht worden. Das Gitter, das im Hinblick auf die Bestimmung des Tores viel reicher als die übrigen Tore ausgeführt und mit vergoldeten Rosen und Aufsätzen geschmückt ist, stellt ein hohes Kunstwerk und eine neue Zierde des Münsters dar.
Waiblingen, 13. Okt. Als in Hochburg ein Einwohner seine zwei Eimer hallende Mostbütte ablaufen ließ, fand er, daß der Most infolge eines üblen Geruches fast ungenießbar war. Eine chemische Untersuchung ergab, daß dem Most Kampfer zugesetzt worden war. Es dürfte sich um einen Racheakt handeln. Der Täter ist leider noch nicht entdeckt.
Bopfingen, 12. Oktbr. Ueber einen bösen Hereinfall zweier Obstdiebe erzählt die Jpf- und Jagstzeitung folgende hübsche Geschichte: In einer der letzten Nächte statteten zwei Schloßberger Einwohner dem Obstgarten des Kaufmanns Mühlbacher einen Besuch ab. Bevor sie ihre Beute in Sicherheit bringen konnten, wurden sie vom Besitzer überrascht. Auf ihrer Flucht verwickelten sie sich mit ihren Rucksäcken in die am Rande des Gartenzauns angebrachten Stacheldrähte derart, daß sie ihre ganze Beute nebst einigen Kleidungsstücken an Ort und Stelle zurücklassen mußten. Dieser Umstand veran- laßte den Besitzer, einen Polizeihund kommen zu lassen. Als die Täter dies erfuhren, meldeten sie
Wer ist der Dieb?
Kriminal-Novellette von A. Hinze.
- (Nachdruck verboten.)
(Schluß.)
Draußen in der Vorstadt drängte sich am Morgen des zweitnächsten Tages vor der Wohnung, welche die hübsche Louison und ihre Mutter inne hatte, eine Schar Nachbarinnen. Tuschelnd und flüsternd steckten sie die Köpfe zusammen. Die Stubentür stand ein wenig offen; drinnen vernahm man Murmeln, eine Stimme, die beschwichtigte und dazwischen eine Helle, jugendliche, die mit Weinkrämpfen rang.
„Es ist nicht wahr — Hans hat nicht das Bild gestohlen," schluchzte Louison.
„Daran glaub' ich auch nicht, Fräulein!" erwiderte die beschwichtigende Stimme. „Als aber heute früh plötzlich die Polizei bei mir klopfte und nach meinem Mieter, dem Herrn Günther, fragte, kriegte ich 'n heillosen Schrecken. Und als sie ihn dann, trotz seiner Beteuerungen, er habe das Bild nicht genommen, mitschleppten, hielt ich's für meine Pflicht, Ihnen Bescheid zu bringen —
Die Frauen draußen schüttelten zweifelnd die Köpfe.
„Er hat immer Geld schaffen wollen, um heiraten zu können," meinte die älteste. „Und nun kommt mit einem Mal die Erbschaft — das ist verdächtig."
„Ja, und weil sein Herr Maler ist, wußte der Günther damit umzugehen, wie man so 'n Bild fortschafft," meinte eine andere.
„Die Polizei wird ja nachforschen, ob's mit der Erbschaft richtig ist."
sich unverzüglich dem Landjäger. Den aus Stuttgart herbeigerufenen Polizeihund Lux wollte man nun nicht mehr abbestellen, sondern es auf eine Probe ankommen lassen, die der Hund aber schlecht bestand: er vermochte trotz der günstigen Momente keine Spur von den Tätern zu finden. Was die 2 „ehrlichen" Schloßberger jetzt wohl denken mögen?
Brackenheim, 13. Oktbr. (Eine treue Sau.) Hatte da gestern ein hiesiger Metzger in Dürrenzimmern so ein „Schweinchen" von 2—3 Zentner gekauft, mit vieler Geduld und mit nicht geringer Mühe in seine Behausung getrieben und ihm eine gute Lagerstätte bereitet. Aber ach. das Tierchen bekam Heimweh und sogar ein gut verriegelter Stall kann dieses mächtige Gefühl nicht bannen. Unter dem Schutze der Dunkelheit brach das Schwein aus und eilte schnurstracks seiner alten Heimstätte zu. Vor der Tür des ehemaligen Stalles bei seinem alten Herrn wurde heute morgen das treue Tier gefunden.
Schwäbische Gedenktage.
Am 11. Oktober 1414 kam Kaiser Sigismund nach Schwäbisch Hall.
Am 11. Oktober 1793 starb Herzog Karl Eugen in Hohenheim. Sein Leichnam wurde im Schlosse zu Ludwigsburg beigesetzt.
Der 12. Oktober 1748 war' der Einzugstag Herzog Karl Eugen's und seiner Gemahlin Eisisabeth Friedrike Sofie von Brandenburg-Bayreuth in Stuttgart. 45 Jahre später ist der Herzog gestorben.
Am 15. Oktober 1758 wurde der berühmte Bildhauer Dannecker in Stuttgart geboren. Dannecker war ein Mitschüler Schiller's auf der Karlsschule, berühmt ist seine Büste von Schiller. Sein bestes Werk ist die „Ariadne" auf dem Panther.
Am 15. Oktober 1806 wurde durch K. Religionsedikt den drei christlichen Konfessionen in Württemberg freie Glaubensübung garantiert.
Am 16. Oktober 1733 starb in Tübingen der Philosoph Joh. Eberh. Rösler, ein geborener Lorcher (im Jahre 1668). Rösler war ein eigenartiger Gelehrter. So hat er u. a. nichts von seinen Abhandlungen und Vorträgen drucken lassen, denn er sagte: es werde täglich genug geschrieben, er wolle die Büchermasse nicht vermehren! Jetzt lassen manche drucken, was sie mit Frau und Kindern reden.
Hervstuachrichten vom 12./13. Oktober.
Weinpreise für je 3 KI.
Untertürkheim. Bei steigenden Preisen alles verkauft. Mittelgewächs 280—295 Bergwein 300—330 »A, Riesling 335—340
Cannstatt. Die Lese dauert an. Güte vorzüglich. Verkäufe zu 275, 285, 300 ^ (Steinhalden). — Fellbach. Lese geht am Samstag zu Ende. Verkauf lebhaft, nur noch wenig feil. Preise zu 260- 280 ^ für Mittelgewächs, Bergweine 300—350 ^kommen nächste Woche zur Versteigerung.
Reutlingen. Wein gut. Viel verstellt und viel Nachfrage. Preise 200—220 -kt steigend.
Aus Baden. Im Markgräflerland, Kaiserstuhl und Ortenau ist die Weinlese in vollem Gang. Am Kaiserstuhl sind die Preise der billigeren und besseren Weine zurzeit eher im Zurückgehen als im Steigen. Im Rotweingeschäft
herrscht am Kaisersiuhl viel Betrieb und sind die Elfer- Rotweine innerhalb 3 Tagen sämtlich verkauft worden.
Stuttgart, 12. Okt. (Mostobstmarkt aus dem Wilhelmsplatz ) Zufuhr 800 Zentner. Preis 6 ^ 80 ^ bis 7 °kt 40 für l Zentner.
Stuttgart, 12. Oktbr. (Kartoffelgroßmarkt auf dem Leonhardsplatz.) Zufuhr 650 Ztr. Preis 5 bis 6 ^ 20 ^ für 1 Zentner.
Von den Fildern, 18. Okt. Die Preise für Filder- kraut sind, wie vorauszusehen war, wesentlich gefallen. Der Zentner Rohkraut kostet nur noch 5 80 ^ bis 6
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Reute, OA. Gaildorf, 11. Okt. (Ein Jägerstücklein und zwar ein buchstäblich wahres!) Kam da kürzlich — vermutlich von einem Nimrod oder seinem Jagdhund aufgescheucht — ein Feldhase zur oberen Tür des zum Kloster gehörigen Hauses St. Elisabeth in gestrecktem Galopp hereingerast — die Treppe hinunter und flugs in die Küche hinein! Zitternd schlüpfte das Tier in einen Winkel der Küche. Nach dem Vorbild des hl. Franziskus suchten die Schwestern das arme Häslein zu beruhigen, öffneten dann die Tür ins Freie und dankbaren Herzens nahm der Hase seinen eiligen Lauf ins Feld hinaus. Hoffentlich hat ihm nicht alsbald wieder der feindliche Jagdhund die goldene Freiheit vergällt.
Schussenried, 12. Okt. (Mahlzeit!) „So ein gutgenährtes Feldhäslein, das wäre jetzt ein leckerer Bissen", dachten vier lukullisch gesinnte Schussenrieder. Nach einigem Bemühen kam's so weit und unsere Vier saßen freudestrahlend vor einem respektablen Hasenessen in der siebten Abendstunde. Ha, wie das mundete! Wie zart und fein das Fleisch! Und die Spätzlen! Und die Tunke! Und der gute Salat! Und — o wie herrlich I Herr, die haben eingehauen und ein Lob auf die Hasen und deren Koch geschwungen. Das war „nobel", wie der Schussenrieder sagt. Dann wurde gezecht. — So nach einer Weile gelüstete es den Arrangeur der Sache, seinen Gästen auch die Hasenbälge zur Glaubwürdigkeit zu zeigen, zeigt doch der Indianer auch die Skalps seiner umgebrachten Feinde. Aber o Schreck I An zwei Bälgen hingen noch die — Katzenköpfe! Gelächter! Bestürzung! Enttäuschung! Wut und Schadenfreude! Wieder ein paar Katzen weniger auf Erden!
Zweisilbige Scharade.
Wär' meine erste Silbe „groß".
So wär' das Ganze tadellos.
Und wär' die erste Silbe „klein".
So müßt' es auch die Zweite sein.
Doch ist die Erste wie sie ist.
So zeigt das Ganze, wie ihr wißt.
Obgleich die Zweite ehrt den Mann:
Doch weiter nichts als einen „Dummen" an!
Auflösung der Aufgabe in Nr. 160 ds. Bl.
Die Zahl 64.
Richtig gelöst von Rudolf Mast in Rotenbach.
„Kann sie auch!" eiferte eine vierte. „Geerbt hat der Günther, das ist wahr! Aber 2000 Mark sollen es nur sein. Da ist's nicht unmöglich, daß . er gedacht hat: das reicht nicht weit — mehr ist besser, und hat's getan."
„Zweitausend Mark?" fragte die älteste. „Das ist 'n schönes Geld für 'n armen Schlucker! Aber darum jubiliert man doch halt nicht so unbändig, wie sie gestern abend taten, als der Günther ankam l Bis in meine Wohnung drüben Hab' ich's gehört! Und Wein haben sie getrunken; ich Hab' das Anklingen ja vernommen. Und gesungen und getanzt haben sie! Und heute früh erzählte mir die Louison, ihr Bräutigam habe ihr eine goldene Uhr geschenkt und 'n weißes Seidenkleid würd' sie als Braut tragen. . . . Na, wenn man so anfängt, da muß man's halt dicke haben."
„Ja, ich sage auch, ich trau' der Sache nicht. Na, wir werden ja sehen. ... Pst .... die Louison kommt!"
Zu derselben Zeit bestand Hans Günther das erste Verhör.
Das sonst so lebhafte und frisch gerötete Gesicht von Helldörfers Diener sah gegenwärtig wie erstarrt aus. Der Schrecken über seine Verhaftung war Günther offenbar auf die Nerven gefallen. Stockend beteuerte er immer wieder, von dem Bilddiebstahl ! ja erst erfahren zu haben, als er zurückgekommen ^ sei. Geriet dann aber bei den Kreuz- und Quer- . fragen des Polizrikommissars in heillose Verwirrung und gab wiederholt verkehrte Antworten. Sein un- I sicheres Wesen steigerte den Verdacht gegen ihn.
Als jetzt im angrenzenden Zimmer des Polizeigebäudes plötzlich eine Helle jugendliche Stimme laut wurde und mit allen Zeichen der Aufregung, von heftigem Weinen unterbrochen, rief: „Ich will zu meinem Bräutigam! Ich kann nicht müßig zusehen, wie er unschuldig angeklagt wird! gebot der Kommissar kurzerhand, den Angeklagten in das Untersuchungsgefängnis abzuführen.
Günther stieß einen dumpfen Schrei aus und taumelte, aschfahl im Gesicht, gegen die Wand.
Gleichzeitig flog die Tür auf und Louison stürzte mit flehend erhobenen Händen herein. Ihr folgte auf dem Fuße ein Telegraphenbote und überreichte dem Kommissar ein Telegramm.
Dieser öffnete, las, und las nochmals den Inhalt. Seine Mienen waren undurchdringlich, als er darauf zu Günther sagte:
„Sie sind frei, Herr Günther, der Dieb des Bildes hat sich gemeldet."
In dem Jubelschrei, mit dem das Brautpaar sich in die Arme sank, klang das Geräusch der Tür, die sich hinter dem Kommissar schloß. Dieser schritt in das danebenliegende Zimmer und auf einen dort mit schriftlichen Arbeiten beschäftigten Beamten zu und sagte:
Helldörfer selbst war der Dieb des Bildes. Er teilt es soeben telegraphisch mit, und daß er das Bild wieder zustellt. Er schließt: Wenn Sie dies Telegramm erhalten, bin ich dort angelangt, wo alle Sehnsucht gestillt sein wird."
Tags darauf meldeten die Zeitungen: In Ungarn erschoß sich auf dem Grabe seiner Braut der Maler Helldörfer.
Druck und Verlag der C. Meeh'schen Buchdruckerei des EnztiilerS (Inhaber G. Souradi) in Neuenbürg.