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^Sk 164.
eaenburg, Samstag den 14. Oktober Mt
69. Jahrgang.
RunSschau.
Der Krieg um Tripolis.
Konstantinopel, 13. Okt. Der deutsche Botschafter Frhr. v. Marschall besuchte gestern den früheren Großwesir Hakki Pascha, der eine umfangreiche Rechtfertigungsschrift vorbereitet und eine Dis- ziplinaruntersuchung gegen sich beantragen will, wenn er seinen Bericht der Kammer nicht vorlegen dark. Die jungtürkische und die Oppositionspartei hielten gestern getrennte Sitzungen. Die Oppositionspartei weigert sich, mit den Jungtürken zusammenzuarbeiten. Ahmed Riza Bey unterstützte beim Großwesir die jungtürkische Forderung nach Ausweisung der Italiener.
Rom, 13. Okt. Weitere 15000 Mann sind in Tripolis gelandet und wurden nach den halbamtlichen Berichten von der Bevölkerung freundlich empfangen. Man glaubt, die Truppen werden gleich gegen die von den Türken besetzten Höhen Vorgehen. Die Einwohner von Tripolis haben bis jetzt 3250 Gewehre ausgeliefert. Es bestätigt sich, daß bei der Beschießung von Tripolis kein Italiener getötet wurde, während auf Seiten der Türken 30 Tote gezählt wurden.
Konstantinopel, 13. Okt. Die türkischen Truppen stehen 4 Tagemärsche entfernt von Tripolis beim Dschel Gharian.
Tripolis, 13. Okt. General Caneva, der Oberstkommandierende der italienischen Truppen, hat an die Bevölkerung von Tripolis und Cyrenaika einen Aufruf erlassen, in dem er erklärt, er sei entsandt worden, sie freizumachen. Das Volk werde von seinen Häuptlingen unter dem Schutze des Königs von Italien regiert werden. Alle religiösen und bürgerlichen Gesetzesvorschriften sollen unangetastet bleiben. Es werde auch keine Kontribution eingezogen werden und die jetzt bestehenden Abgaben würden durchgesehen, herabgemindert und eventuell sogar ganz abgeschafft werden. Niemand solle gegen seinen Willen zum Waffendienst gezwungen werden. Das Land werde unter dem Schutze des Königs von Italien ein Land des Islam bleiben.
Berlin, 13. Oktbr. Sehr pessimistisch lauten Pariser Meldungen über den italienisch.türkischen Krieg. In hiesigen Kreisen erklärt man den augenblicklichen Stillstand in den Vermittlungsverhandlungen der europäischen Mächte durch die recht bedenkliche innerpolitische Lage der Türkei. Das türkische Ministerium sehe sich, so berichtet man hier, zu umfassenden militärischen Maßnahmen gezwungen, die zunächst erneuerte Anstrengungen der italienischen Armee und Marine zur Folge haben werden. Unter so veränderten Umständen und angesichts der großen Aufregung, die die aus Arabien gemeldete Nieder- metzelung von 30 Italienern in ganz Italien hervorgerufen habe, wird die römische Regierung ihre Zusage, auf europäischem Gebiet Kriegsaktionen zu vermeiden, kaum erfüllen können. Die italienische Admiralität dringe auf Vereinigung einer großen Seemacht im griechisch-türkischen Archipel und man dürfe nicht erstaunt sein, die Mehrzahl der gegenwärtig vor Tripolis liegenden italienischen Panzer bald in der Nähe der Dardanellen erscheinen zu sehen.
Rom, 13. Okt. Die Agencia Stefanie teilt mit: Eine Nachricht aus Konstantinopel, die auch in deutschen Blättern wiedergegeben wurde, besagt, daß um eine Anhöhe bei Tripolis ein heftiger Kampf zwischen Italienern und Türken stattgefunden habe, wobei die Italiener 1600 Tote und Verwundete gehabt hätten. Diese Nachricht ist unrichtig.
Der Reichstag wird am nächsten Dienstag wieder zusammentreten. Die Tagesordnung zur ersten Sitzung nach der Sommerpause enthält Petitionen; so wird nach altem Brauch zum Sammeln geblasen. Hernach aber wird man mit besonderer Spannung den Beschlüssen des Senioren
konvents entgegenzusehen haben, der den Arbeitsplan aufzustellen hat. Noch vor dem Plenum war die Schiffahrtsabgaben-Kommission wieder zusammengetreten, sie erledigte am Dienstag und Mittwoch die zweite Lesung des Gesetzentwurfes über die Erhebung von Schiffahrtsabgaben, so daß ihr Bericht bis zum Beginne der Plenarverhandlungen fertiggestellt sein wird. Die Liste der noch unerledigten Vorlagen ist sehr groß und steht in keinem richtigen Verhältnis zu der kurzen Dauer der Nachsession. Unter diesen Umständen muß der Seniorenkonvent im Einvernehmen mit den verbündeten Regierungen darüber entscheiden, was als besonders dringlich zu behandeln ist und was dem Papierkorb zum Opfer fallen muß. In erster Linie dürften wohl zur Erledigung kommen: das Privatbeamtenpensionsgesetz, das Schiffahrtsabgaben-, das Hilfskassengesetz, die kleine Strafgesetznovelle, der Entwurf über die Errichtung eines obersten Kolonial- gerichtshofes, das Heimarbeitsgesetz, sowie die Handelsverträge mit Japan und England, die zur Zeit aber noch nicht vorliegen. Der übrige Stoff (Strafprozeßordnung. Arbeitskammergesetz, Fernsprechgebührenordnung, Kurpfuschergesetz, Gerichtskosten- novelle u. a.) dürfte wohl unerledigt bleiben, da nur mit einer etwa siebenwöchigen Tagung gerechnet wird, so daß der Reichstag spätestens anfang Dezember wieder geschlossen würde. Als aktuelles Thema wird wohl auch die Lebensteuerung zur Sprache kommen. Den wichtigsten Gegenstand aber dürfte die Marokkofrage bilden. Eine Veröffentlichung des Marokkoabkommens, soweit ks sich eben auf Marokko selbst b-zicht, ist zwar noch rstcht erfolgt, doch weiß man ohnehin schon seinen wesentlichsten Inhalt. Deutschland hat auf seine politischen Interessen und Rechte in Marokko verzichtet und das Protektorat Frankreichs über dies bislang noch einzige selbstständige Staatswesen Nordafrikas anerkannt. Angesichts dieses zweifellosen Kernpunkts des ersten Teiles des deutsch-französischen Marokkovertrages kommt es auf die Einzelheiten nicht mehr so sehr viel an, jedenfalls ist Deutschland vor der Forderung der Franzosen, daß künftig ihr politischer Einfluß in Marokko allein dominieren solle, zurückgewichen. Als Ersatz hat es sich von Frankreich wirtschaftliche Freiheiten in Marokko ausbedungen, außerdem soll es bekanntlich durch Abtretungen im französischen Kongogebiet entschädigt werden. Die Verhandlungen über die Kongokompensationen sind noch zu erledigen. Wenn das Ganze zur Kenntnis der Oeffentlichkeit gelangt sein wird, dann erst wird sich ein bestimmtes Urteil über die Tragweite des deutsch-französischen Marokkoabkommens für jeden der beiden Kontrahenten fällen lassen. Am Mittwoch war auch der für auswärtige Angelegenheiten in Berlin bestehende Ausschuß des Bundesrates zusammengetreten, um die Mitteilungen der Reichsregierung über die jetzt getroffenen Vereinbarungen zwischen Deutschland und Frankreich entgegenzunehmen. Die Sitzung des genannten Bundesratsausschusses wurde verfassungsgemäß vom bayerischen Ministerpräsidenten v. Podewils präsidiert; weiter nahmen als Mitglieder des Ausschusses an der Sitzung der sächsische, der württembergische, der badische und der Mecklenburg-schwerinische Ministerpräsident teil. Abends gab der Reichskanzler ein größeres Diner zur Feier des Tages. Außer den genannten Ministern nahmen hieran noch die Gesandten der genannten Staaten, ferner die Staatssekretäre von Kiderlen-Wächter, Delbrück, Wermuth usw. teil.
Berlin, 13. Okt. Zum zweiten Teil der Marokkoverhandlungen schreibt heute in einem anscheinend offiziös inspirierten Artikel der Lokalanzeiger angesichts der Kritik, die an dem bisher erreichten geübt wurde, man möge mit dem Urteil noch etwas zurückhalten, denn es sei zu erwägen, daß bei uns vieles noch nicht gesagt worden sei, weil es noch nicht gesagt werden könne. Wenn heute in Frank
reich gesagt werde, daß Deutschland das größere Interesse am Abschluß habe, so sei das widersinnig. Sollte Frankreich wider Erwarten von den ursprünglichen Versprechungen hinsichtlich der Grenzen und der Ausdehnung des Kompensationsobjekts zurückzutreten wünschen, so würde es eben kein Marokkoabkommen geben. Daß ein solcher Ausgang aber gerade uns näher angehen sollte, wie Frankreich, das sei eine Vorstellung, für die man in Deutschland nirgends Verständnis finden werde. Deutschland habe an dem Abkommen nur das eine große Interesse, das seine ganze Politik und seine internationalen Beziehungen regele, nämlich die Erhaltung des europäischen Friedens. Zum Schluß wird erklärt, daß keinerlei Grund vorliege, dem zweiten Teil der Verhandlungen mit Besorgnis entgegenzusehen, daß man vielmehr glauben könne, daß auch die Verhandlungen über die Kompensationsfrage einen rüstigen und ungehinderten Fortgang nehmen werden.
Im Schoße des französischen Ministeriums sollten Meinungsverschiedenheiten über den Umfang der Deutschland am Kongo zu gewährenden Kompensationen ausgebrochen sein. Indessen tritt das Ministerium in einer offiziösen Note den betreffenden Gerüchten entgegen, welche anscheinend auf eine mißverständliche Auffassung gewisser in der Oeffentlichkeit gemachter Aeußerungen des Kolonialministers Lebrun über die Kongokompensationen zurückzuführen sind. Jedenfalls macht sich aber in einem nicht unbeträchtlichen Teile der öffentlichen Meinung Frankreichs eine entschiedene Abneigung gegen größere räumliche Zugeständnisse an Deutschland im französischen Kongogebiet gelten. — Die französische Flagge, welche seit dem 8. Okt. auf einer Bastion der halb in Trümmer liegenden Befestigungen des südmarokkanischen Hafens Agadir wehte, ist laut einer Meldung aus Tanger wieder eingezogen worden.
Paris, 13. Okt. Der französische Minister des Auswärtigen de Selves erklärte im Budgetausschuß, daß er über die Marokkoverhandlungen keine Auskunft geben könne.
Der Auf st and in China greift immer mehr um sich. Die Lage am Aangtsekiang ist ernst.
Peking, 13. Okt. Die gesetzgebende Versammlung der Provinz Hupeh hat sich von der kaiserlichen Regierung losgesagt. Die Aufständischen dieser Provinz — 10 000, nach anderen Berichten 17 000 Mann — sollen 30 moderne Geschütze erbeutet haben. Aus Tschengtu wird gemeldet, daß die Aufständischen das ganze Gebiet westlich von Minhoang zwischen Kiating und Kwan besetzt haben.
Baden-Baden, 13. Okt. Die „Schwaben" ist heute vormittag 8 Uhr 55 mit 5 Fahrgästen zur Fahrt nach Frankfurt aufgestiegen und hat um 10 Uhr 25 Heidelberg passiert.
Frankfurt, 13. Oktober. Das Luftschiff „Schwaben" erschien um ^12 Uhr über Frankfurt und landete um 12 Uhr glatt vor der Halle. Die Weiterfahrt nach Düsseldorf erfolgte 12 Uhr 35. Die „Schwaben" fährt über Wiesbaden und Bingen, um 2.25 passierte sie Koblenz.
Düsseldorf, 13. Oktober. Das Luftschiff „Schwaben" ist um 4.10 Uhr glatt vor der Halle gelandet.
Die am 31. Okt. zu Ende gehende Dresdener Weltausstellung für Gesundheitspflege wird mit einem ganz erheblichen Ueberschusse abschließen, der sich nach den vorläufigen Ermittelungen auf mindestens 400000 Mk. belaufen wird. Die Zahl der Besucher wird voraussichtlich noch in dieser Woche die fünfte Million erreichen.
Barmen, 13. Okt. Die Spruchkammer des Gewerbegerichts verurteilte 75 Metallarbeiter dreier Firmen zum Ersatz des Schadens, der ihren Arbeitgebern durch den seit zwölf Wochen andauernden Streik entstanden ist und noch entstehen wird. Die Höhe des bisherigen Schadens ist auf