und wurde dabei vom Chan Usmey gefangen genommen, der 30000 Rubel Lösegeld für ihn verlangte. Kaiserin Katharina wollte aber kein Löse- aeld für unseren schwäbischen Landsmann zahlen, sondern befahl, ihn mit Gewalt zu befreien. Dabei kam aber Gmelin um und so ruht er am Fuße des Kaukasus begraben als ein Opfer seines Forschungsdranges.
Aus StaSt» Bezirk unS Umgebung.
Seine Majestät der König het dem Amts- gerichtsdiener Regelmann in Calw (von Neuenbürg) anläßlich seiner Versetzung in den Ruhestand die Verdienstmedaille des Friedrichsordens verliehen.
Neuenbürg, 24. Juli. Das Ergebnis der Verhandlungen der bürgerl. Kollegien der Stadt- emeinde Stuttgart über die Wasser-Versorgungsrage wurde im Enztal mit gemischten Gefühlen ausgenommen und Hut nicht gerade zur Beruhigung der Gemüter beigetragen. Zwar begrüßt man die Neigung der Kollegien, den von der Regierung gezeigten Weg zu betreten und dem Langenauer Projekt näher zu treten. Unsere Bedenken und Befürchtungen bezügl. des Schwarzwald-Projekts werden jedoch dadurch nicht beseitigt, sondern bleiben bestehen, weil man dieses Projekt nicht aufgeben, sondern als „Reserve- und Ergänzungs-Wasserversorgung" neben dem Langenauer Projekt gleichfalls zur Ausführung bringen will. Es fällt auf, daß die Stadt Stuttgart in den bisherigen Verlautbarungen hauptsächlich der geringeren Kosten wegen so zäh an dem Schwarzwaldprojekt festhielt, während man jetzt an die Ausführung von zwei kostspieligen Wasserversorgungen zugleich denkt. Der Gedanke ist nur so begreiflich, wenn der Staat das Langenauer Projekt selbst zur Ausführung bringt und dadurch der Stadt Stuttgart die Neugestaltung ihrer Wasserversorgung außerordentlich erleichtert. Die für die Beibehaltung des, Schwarzwaldprojekts geltend gemachten Gründe rechtfertigen doch eigentlich dieses Verlangen noch nicht und es wäre die Bedürfnisfrage erst nachzuweisen und zu entscheiden. Der Gedanke, daß Stuttgart sich in seiner Wasserversorgung nicht nur auf eine Zuleitung stützen könne, ist schon durch den bisherigen Zustand widerlegt und die bisherige Wasserversorgung könnte als „Reserve" ebensogut beibehalten werden. Es müssen also schon noch andere Gründe für den Gedanken einer „Doppel-Wasser-Versorgung" vorhanden sein und man kann sich des Gedankens nicht entschlagen, daß das so zäh festgehaltene Schwarzwaldprojekt, dessen Schwierigkeiten unüberwindlich schienen, auf Umwegen, d. h. mit Hilfe des Langenauer Projekts, doch noch verwirklicht werden sollte. Die neue Sachlage begegnet sehr großem Mißtrauen, und man ist sich darüber klar, daß die Umgestaltung des Schwarzwaldprojekts in eine „Reserve- und Ergänzungs- Wasserversorgung" ganz denselben schädigenden Einfluß auf Gewerbe. Industrie und Landwirtschaft ausüben würde, wie das ursprüngliche Projekt, und auch die schweren Bedenken bezügl. der Heilquellen von Wildbad bleiben bestehen. Der neuen Sachlage gegenüber ist daher die gleiche, wo nicht größere Vorsicht geboten, weil die Gefahr bestände, daß einem sogen. Reserveprojekt gegenüber eher Konzessionen gemacht werden, dis sich später bitter rächen müßten, oder daß ein solches Projekt nicht mit den erforderlichen Rechtsgarantien umgeben wird. X.
* Neuenbürg, 25. Juli. Ueber Erwarten günstig ist der am heutigen Jakobifeiertag veranstaltete Bazar des Jungfrauenvereins verlaufen. Nach Verfluß von wenigen Stunden hatte der gesamte. reichhaltige, in hübscher Zurüstung im Lokal der Kleinkinderschule ausgebreitete Vorrat an Arbeiten und Geschenken seine Liebhaber gefunden und manche, die noch früh genug zur Besichtigung der gabenbeladenen Tische sich einzustellen glaubten, mußten sich in die Enttäuschung finden, kaum noch einen Rest von Sehenswürdigkeiten anzutreffen. Einschließlich einiger Dreingaben und Extraspenden beziffert sich der Erlös des Bazars auf 304 ^ Allen fleißigen Händen und ihren freudwilligsn Mithelferinnen, wie den zahlreichen Abnehmern, die zum Verkaufstag sich eingestellt haben, sei an dieser Stelle wärmster Dank gesagt!
Neuenbürg. 24. Juli. (Uebergangsverkehr mit Wein nach Baden). Bei Weinsendungen aus dem Ausland, die in Württemberg verzollt werden und unmittelbar nach Baden zur steuerfreien Einlage mit der Eisenbahn oder dem Dampfboot eingesührt werden, ist der Inhaltserklärung die mit einer Beurkundung über die Anlegung des Zollverschlusses versehene Zollquittung, Niederlageabmeldung oder eine sonstige Bescheinigung der Zollbehörde anzu
schließen, aus der die Verzollung des Weins, der unmittelbare Bezug aus dem Vereinsausland oder aus der Niederlage und die Anlegung des Zollverschlusses ersichtlich ist. Die Bescheinigung kann auf die Inhaltserklärung selbst gesetzt werden.
<S> Birkenfeld, 23. Juli. Auf Veranlassung des Bezirks-Obst- und Gartenbauvereins Neuenbürg hielt heute nachmittag im Gasthaus zum Adler der dem hiesigen Bezi k von der Kgl. Zentralstelle für Landwirtschaft zugeteilte Sachverständige für Wein-, Obst- und Gartenbau, Hr. Weinbauinspektor Mähr len aus Weinsberg, einen höchst lehrreichen Vortrag über die verschiedenen Arten der Obst- und Gemüseverwertung mittelst Dörrens, Eindünstung und sonstiger Konservierung. Der Redner zeigte an den mitgebrachten Gläsern mit Inhalt die verschiedenen Verfahren und Verschlußarten und belehrte uns, wie auch ohne besonderen Apparat, z. B. durch Verwendung kleinerer Waschksffel mit Einlage und Thermometeraufsatz Früchte und Gemüse sterilisiert werden können, auch ohne daß man an die besonderen Gläser gebunden ist. Immerhin hielt er die Verwendung der Weck- schen Gläser für das Beste. Auch einige andere Rezepte, wie sie an der Kgl. Weinbauschule Weinsberg bei den dortigen Kursen angewandt werden, wurden bekannt gegeben. An den Vortrag, dessen Besuch leider durch die Hitze und ein Waldfest beeinträchtigt war, schloß sich noch ein Gang in die musterhaften Obstgüter des Hrn. Gottl. Oelschläger an, deren Stand auch dem Hrn. Sachverständigen Anerkennung abnötigte. Es wurde noch die Frage aufgeworfen, ob es nicht möglich sei. für die Frauen und Töchter der Mitglieder nächsten Sommer in Neuenbürg einen Wanderkurs für Obst- und Gemüseverwertung abzuhalten. Ein Versuch würde sich jedenfalls empfehlen.
Waldrennach. 24. Juli. Von hier sind mehrere Unfälle, die Verletzungen zur Folge hatten, zu verzeichnen. Am Samstag stürzte Maurerm. Schmid von einem Neubau, ihm folgten am Montag von demselben Bau die Zimmerleute Proß und Möschlitz. Am Samstag stieß auch dem Josef Klingenmaier, Platzmeister auf dem Eisenfurtwerk, beim Abladen von Holz ein gleichfalls bedauerlicher Unfall zu, so daß er mit einer Beinverletzung ins Bezirkskrankenhaus verbracht werden mußte.
Salmbach, 24. Juli. Hier fand im „Löwen" eine Versammlung von Gemeindevertretern statt, die beschloß, einen Plan einer Eisenbahn von Pforzheim nach Büchenbronn—Engelsbrand—Grunbach— Salmbach—Langenbrand bis Schömberg ausarbeiten zu lassen.
Calw, 23. Juli. Die große Hitze dieser Tage scheint einem Insassen der hiesigen Wanderarbeitsstätte ganz bedeutend zugesetzt zu haben, jedenfalls verschaffte er sich auf etwas eigentümliche Art und Weise Luft. Er warf sämtliche Fenster des Lokals, das ganze Mobiliar zum großen Gaudium des Publikums auf den Marktplatz herunter. Bis die Polizei zum Einschreiten kam, hatte er das Zimmer so ziemlich ausgeräumt. Geschlossen mußte er ins Arrestlokal geführt werden; dorthin verbracht zerriß er seine sämtlichen Kleidungsstücke.
Calw, 24. Juli. In Simmozheim mißhandelten in der Nacht zum Sonntag auswärtige Burschen den Polizeidiener Wacker, der sie zur Ordnung gewiesen hatte, derart mit seinem Seitengewehr, daß er bewußtlos liegen blieb. Das Seitengewehr des Polizeidieners wurde später in einem Ackerfeld aufgefunden. Die Täter sind erkannt.
Altensteig, 24. Juli. In dem Weiler Mon- hardt wurde gestern abend der 27jährige Bauer I. M. Kalmbach so unglücklich von seinem Pferde geschlagen, daß er bald darauf verschied.
Der Ansichtskartensport hat jetzt wieder seine „Saison" und steht in hoher Blüte, wenn auch die eigentliche Blütezeit der Fabrikation illustrierter Grüße vorüber ist. Es ist gewiß etwas Schönes, einem lieben Freunde ein Gruß-Kärtchen aus der Ferne zuzusenden und auf einer Partie irgendwo im schattigen Winkel einer Waldklause, eines Kaffeegartens oder Kurhotels zu wünschen: könntest du doch auch mit dabei sein! Das hat ebenso für den Absender einen gewissen Reiz, wie sich der Empfänger über solche Aufmerksamkeit freut und das aus weiter Ferne „hereingeschneite" Kärtchen mit einer gewissen Zärtlichkeit betrachtet. Aber wie viele solcher Kärtchen flattern umher, — schlecht gewählt, schlecht geschrieben und mit nichts als mit einem fast gleichgültigen „Es grüßt —" belastet. Dann sagt wohl mancher: es ist schade ums Geld! Denn Geist, Witz und Humor geben auch einer Ansichtskarte erst Wert und Gehalt, und ein steifleinenes „Es grüßt —" wird nicht immer Freude machen.j
Neuenbürg, 25. Juli 1S11.
Im schönste« Wieserrgrurrde.
- (Nachdruck verboten.)
Die Schwaben sind bekanntlich ein sangesfrohes Volk und eine große Anzahl echt schwäbischer Lieder sind so in Fleisch und Blut des Volkes übergegangen, daß sie landauf, landab in Schulen. Häusern, Feld und Wald von Hoch und Nieder, von Jung und Alt gesungen werden. Eines der bekanntesten unter den vielen schwäbischen Volksliedern ist das Lied: „Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus rc.". Gewiß dürfte es auch die Leser des „Enztäler" interessieren, wann und wo dieses herrliche Lied entstanden ist. Der Name des Dichters, der ja auch in unserem Schulliederheft genannt ist, ist Wilhelm Ganzhorn. Derselbe wurde 1818 in Böblingen geboren. Er studierte nach Absolvierung des Gymnasiums in Stuttgart in Tübingen die Rechtswissenscha't. 1844 wurde er Gerichtsaktuar in Neuenbürg, 1855 Oberamtsrichter in Ulm. kam in gleicher Eigenschaft 1859 nach Neckarsulm und 1878 nach Cannstatt, wo er im Jahr 1880 starb. Eine Tochter Ganzhorns ist die Gattin des früheren Oberbürgermeisters Hegelmeier in Heilbronn. Als begeisterter Naturfreund unternahm Ganzhorn während seines Aufenthalts in Neuenbürg manche Wanderung durch den Schwarzwald. In dem 1 Stunde von Neuenbürg am Nordabhang des Schwarzwalds, an der Straße von Pforzheim nach Herrenalb zwischen Obstbäumen prächtig gelegenen Dorfe Conweiler, welches ihm bald zur zweiten Heimat wurde, lernte Ganzhorn seine nachberige Gattin Luise Alber kennen. Von Conweiler aus zieht sich sanft abfallend ein überaus liebliches Wiesentälchen eine Viertelstunde nach dem Marktflecken Feldrennach hin. Silberhelle Quellen vereinigen sich hier zu einem Bächlein, das mit fetten Brunnenkressen bewachsen, durch saftiggrüne Wiesen der Pfinz zufließt. Hier in Conweiler war es, wo Ganzhorn an einem Sommertage auf einer Anhöhe im Schatten eines Baumes ruhend, vor sich das stille Tal mit seinen obstbaumreichen Halden sein unvergängliches Lied schuf. An einem Hellen Sommertag. so wird erzählt, ruhte der Dichter auf der Höhe über dem im herrlichsten Grün liegenden Dorf im Schatten eines Baumes. „Wie Teppich reich gewoben — Stand ihm die Flur zur Schau." Ueber die letzten Ausläufer des Schwarzwalds hinweg schweifte der sinnende Blick ins Rheintal und zum blauenden Walle der Hardt. Würziger Hauch kam vom sonnbeschienenen Hang. Träumerisch lauschte das Ohr dem Murmeln des zu Tal springenden Silberbaches. „Da sah das Aug' so Helle — im Buche der Natur"; und dem tiefen Gemüts Ganzhorns entquoll das „wunderliebliche Gedicht", das so schnell zum allbeliebten Volkslied geworden ist. Scheffel und Freiligralh suchten ihren Freund Ganzhorn in Conweiler, wo dieser oftmals weilte, im Jahre 1868 im „Rößle" auf, um bei gutem 65er der Freundschaft Bande neu zu knüpfen. „Wie froh sind da die Gäste! — Da ist nicht Leid noch Klag. — Da wird zum Friedensfeste — Ein jeder Tag." — Anm. d. Red. Auch wir erinnern uns des ehemaligen Neuenbürgers anläßlich eines späteren Besuches im Enztal, haben auch aus dem Munde des früheren Herausgebers des „Enztälers" und seiner Altersgenossen interessante Charakterschilderungen Ganzhorns und originelle Episoden von ihm vernommen. In unserer zum 50jährigen Jubiläum des Enztälers am Jahreswechsel 1892/93 herausgegebenen Festschrift haben wir des verehrten Dichters unter besonderem Dank für seine schätzenswerten Beiträge Erwähnung getan, wenn darin wörtlich gesagt ist: „Der Enztäler schuldet dem Dichter Ganzhorn großen Dank, denn manche Dichtung. wie „Die hundert Jungfrauen von Mainz", oder das lyrische Gedicht „Vom Gaistal" und viele andere dankt er seiner Güte; oftmals waren es Gelegenheitsgedichte zu den verschiedensten Ereignissen, die das Blatt seinen Lesern mitzuteilen in den Stand gesetzt wurde.
In der Biographie, welche Staatsanwalt Sauch ay-Ravensburg im Scheffeljahrbuch 1907 von W. Ganzhorn, dem 1880 in Cannstatt verstorbenen schwäbischen Poeten entwirft, finden wir neben Bemerkungen über eine Reihe von andern Gedichten, erstmals nähere Angaben über dessen Gedicht „Das stille Tal." Ganzhorn hatte dieses Gedicht wie so viele andere zuerst an F. Freiligrath, mit welchem wie mit Scheffel, Th. Kerner ihn eine bis zum Tode dauernde Freundschaft verband (diese wird in einem ungemein regen Briefwechsel bekundet) zur Prüfung eingesandt. Freiligrath findet das Gedicht „wunderlieblich" und begreift, „daß es Eigentum des singenden Volkes geworden ist und seinen Weg in die