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Der «nztäler

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Reuen bürg, Freitag den 21. April Ml.

69. Jahrgang.

Rim-schau.

Berlin, 19. April. Es steht zur Zeit auf Grund von Erkundigung an zuverlässiger Stelle noch keineswegs fest, ob der Reichstag im Herbst zu einer Session zusammentreten wird oder nicht. Die palamentarischen Parteien haben noch keine Ent­schließungen in dieser Hinsicht gefaßt und es darf als gewiß angenommen werden, daß die Regierung die Absicht hat, vor der Hand den weiteren Verlauf der am 3. Mai wieder beginnenden Verhandlungen des Reichstags abzuwarten, bevor sie ihrerseits zu der Frage ernstlich Stellung nimmt.

Das englische Unterhaus hielt bis 4^/r Uhr morgens Sitzung, um die Debatte über die erste Klausel der Parlamentsbill abzuschließen. Die Annahme erfolgte mit 143 gegen 78 Stimmen.

Düsseldorf, 30. April. An der Wiederher­stellung des Luftschiffes »Deutschland" wird auf das eifrigste gearbeitet. Trotzdem ist es noch nicht sicher, ob am nächsten Sonntag schon die Paffagier­fahrten wieder ausgenommen werden können. Man plant die Anbringung einer Laufschiene zu beiden Seiten der Halle, um die Ausfahrt des Schiffes besser bewerkstelligen zu können. Die neue Ein­richtung würde etwa 10000 Mk. kosten und man hofft, daß die nächste Stadtverordnetenversammlung den Betrag bewilligen wird. Seit das Luftschiff hier ist, wurden etwa 14000 ^ Besichtigungsgelder eingenommen.

Berlin. 30. April. Die Hitze am gestrigen Tage war größer als in irgend einem andern April der letzten 36 Jahre. Mittags stieg die Temperatur bis auf 36 Grad Celsius.

Berlin, 19. April. Der Tischlermeister Ohainsky stieß aus Mutwillen den 13jährigen Schüler Matschke unter eine vorüberfahrende Dampfwalze. Der Knabe war sofort tot. Ohainsky wurde verhaftet.

Villingen, 30. April. Die deutsche Reichspost läßt gegenwärtig eine direkte Telephonlinie Vil­lingenStuttgart erstellen.

Essen, 30. April. Auf einem Ausflug des Turnvereins Vormholz brachen Zwistigkeiten aus, wobei der Hofbesitzer Lieber von seinem Bruder mit der Vereinsfahne erschlagen wurde. In

der Nachbargemeinde Bergeberbeck befestigten spielende Kinder auf dem Rücken eines 6jährigen Mädchens eine mit Erdöl gefüllte Konservenbüchse und zün­deten sie an. Das Kind wurde furchtbar ver­brannt und starb bald darauf.

Aus Bad Kösen wird gemeldet: Der Schlosser­meister Alfred Kuppi in Bad Kösen ertrank im Jahre 1907 in der Saale, nachdem er einen zwölf­jährigen Knaben vom Tode des Ertrinkens gerettet hatte. Die Hinterbliebene Mutter verlor mit ihrem Sohne den einzigen Ernährer und mußte ins Armenhaus ausgenommen werden. Nunmehr wurde Frau Kuppi auf Betreiben einflußreicher Einwohner Kösens vom Kuratorium der Carnegiestiftung für Lebensretter bis auf weiteres eine jährliche Rente von 600 Mk. zuerkannt.

In München ist ein 63jähriger Maurerpolier beim Versuch, trotz der dringenden Bitten seiner Frau und seiner drei Kinder seinen in die Isar geratenen Hund zu retten, in die Turbinenanlagen eines Elektrizitätswerks geraten. Dort wurde er durch einen Leerlauf der Turbinen gezogen und ihm die Kopfhaut vollständig heruntergeriffen. Die Feuer­wehr mußte schließlich die Leiche bergen.

Recklinghausen, 19. April. In der Notwehr schoß ein Förster bei einem Zusammenstoß mit 8 Wilddieben 3 nieder. Die andern entflohen.

Aus Hohenzollern, 19. April. Obwohl Hechingen, des Reiches älteste Zollernstadt, seit über 60 Jahren in der Reihe der Residenzstädte gestrichen ist, hat sich dort immer noch ein alter sinniger Brauch aus jenen Zeiten erhalten; es ist dies das alther­kömmliche sogenannte Apostelmahl am Grün­donnerstag. Es werden dabei nach dem vormittägigen Gottesdienst 13 arme alte Greise und 13 arme Matronen gespeist und bewirtet. Die Kosten trägt der fürstliche Hof in Sigmaringen. Die Bedienung der Armen bei dem Mahle geschieht herkömmlich durch Beamte und Magistratsmilglieder. In älterer Zeit bediente dabei das Fürstenpaar piit seinem Hofe und nahm an ihnen auch die Fußwaschung vor. Heutzutage ist letztere weggefallen. Mit Ansprache? und Gebet beginnt das Mahl. Der etwas altertüm­liche Speisezettel lautet ein- für allemal: Reis- oder Gerstensuppe, gebratene Knöpfte (Spätzle) mit Brat­

hering, Stockfisch mit Sauerkraut. Dazu werden große Mengen von Gugelhopf und 140 Liter Bier verabreicht. Alles was an Speisen und Getränken übrig bleibt, und es ist nicht wenig, dürfen die Apostel" in ihren dazu mitgebrachten Körben nach Hause nehmen, ebenso das jedes Jahr neuaufgelegte Geschirr, sowie das Besteck. Auch eine Geldspende von 3 Mk. 66 Pfg. (ein Silberling) erhält jeder Apostel" auf den Heimweg. Diesem Brauche wurde auch heute in Hechingen wieder gehuldigt.

Vom bad. Schwarzwald, 19. April. Die Ostertage mit ihrem prächtigen Festwetter haben dies­mal den Fremdenverkehr in allen auch nur einigermaßen bekannten Schwarzwaldorten ungemein gefördert. Endlose Züge vom Unterland und aus dem Elsaß brachten Reisende auf alle Stationen. Besonders besucht waren Triberg, Villingen, der Wartenberg mit dem großen fürstlich fürstenbergischen Tierpark, der Hohentwiel und der Bodensee; nicht weniger aber auch der Feldberg und das Höllental. Der Schnee liegt auf dem Feldberg noch in solcher Höhe, daß dort eifrig dem Wintersport ge­huldigt werden konnte.

Duisburg. 19. April. In den gräflich Spee- schen Waldungen vernichtete ein Brand tausend Morgen Wald.

Goch, Id. April. Ein riesiger Waldbrand, der heute in der Nähe der Arbeiterkolonie Petrus­heim bei Wembroich ausgebrochen ist, hat rund 3500 holländische Morgen Tannen- und Eichenschäl­waldungen ergriffen. Zahlreiches Wild ist in den Flammen umgekommen. Es wird Brandstiftung an­genommen, da man von der Grenze aus einen Hol­länder gesehen haben will, der das Feuer legte. Nach ungefährer Schätzung sind an 3000 Morgen größtenteils dem Grafen von Los gehörige Wald­ungen auf deutschem Boden hart an der holländischen Grenze verbrannt. Das Schloß Wiffem selbst war nicht gefährdet, da es 1 Vr Stunden entfernt ist.

Bei der Besteigung des Kleinen Mythens stürzten die Touristen Heinrich Stegmaier. Tisch­ler und August Kämpf, Schlosser, beide aus Heil­bronn, infolge Rutschens einer Schneeschicht, 100 Meter ab. Stegmaier starb am Montag auf dem Transport nach Einsiedeln, Kämpf ist leicht verletzt.

Aer Flch auf Helmbruik.

Roman von B. Corony.

17) - (Nachdruck verboten.)

Die Familiengruft der Rabenaus auf dem kleinen Dorffriedhof war von einem schwarzen, mit Silber verzierten Gitter umgeben.

Dort hinab, wo seit wenigen Jahren Antonie von Rabenau von ihrem freudlosen Dasein ausruhte, wurden auch die irdischen Ueberreste der kleinen Ilse gesenkt. Marianne fand in ihrer Erschütterung keine Tränen. Auch des Geistlichen tröstende Worte vermochten die junge Mutter aus ihrer Erstarrung nicht aufzurütteln. Sie konnte nichts anderes denken, nichts anderes verstehen, als das eine, daß ihr das Liebste genommen war.

Nach Beendigung der Trauerfeierlichkeiten wollte Harald ihr seinen Arm reichen.

Ich danke dir laß mich ich kann allein gehen!" kam es hart und abweisend von ihren Lippen.

Zu Hause angekommen, eilte Frau Marianne in die Kinderstube.

Hier an der Stätte, wo das kleine Wesen noch vor einigen Tagen geatmet hatte, löste sich ihr Schmerz in Tränen auf und schluchzend warf sie sich über das verlassene Kinderbettchen.

Harald war seiner Frau gefolgt. Er war ent­schlossen, sich den Weg zu ihrem Herzen, den er verloren hatte, wieder zurückzuerobern, denn er fühlte erst jetzt, wie einsam er ohne Mariannes Liebe war.

.Marianne!" bat er.Ich kann es nicht mit ; ansehen, daß du dich einer solchen Trostlosigkeit hin­gibst. Noch hast du nicht alles verloren." sSie richtete sich auf und stieß fast tonlos hervor: Was willst du hier? Was hast du an dieser für mich geheiligten Stätte zu suchen?"

Ich komme, um deinen Schmerz mit dir zu teilen und dich zu trösten."

Fühlst du denn nicht den Frevel, der in diesen ! Worten liegt? Warst nicht du es, der trotz meines Flehens in jener unglückseligen Nacht in das Zimmer i drang, in dem das ruhebedürftige Kind lag und da- > durch die Katastrophe herbeiführte? Welchen Trost z könntest du mir sagen, nachdem du die Hoffnung meines Lebens zu nichts gemacht hast?" sBin ich wirklich an dem Tode des Kindes schuld.

« so vergib mir," bat Harald mit flehender Stimme, iIch trage doppelt schwer daran, da die Last der Selbstvorwürfe mich drückt. Wir wollen ein neues i Leben beginnen und wenn meine Liebe auch nicht die Erinnerung an unser Kind auslöschen kann, so ! will ich doch alles aufbieten, um dir wenigstens den r Glauben an die Möglichkeit eines neuen Glückes wiederzugeben. Verlassen wir Helmsbruck auf einige ? Zeit. Bestimme, wohin wir reisen sollen. Ich füge l mich jedem deiner Wünsche. Zerstreuung wird das ! beste Heilmittel für uns sein."

Und wer sagt dir. daß ich vergessen will?" rief Marianne leidenschaftlich.Ich kann mich nicht von der Stätte trennen, die so innig mit der Erinnerung an mein Kind verknüpft ist. Mehr als je bin ich

festgebannt an diese Räume und entschlossen, sie nicht zu verlassen. Treibt dich deine Unruhe und dein Schuldbewußtsein weg, so reise, ich aber, ich bleibe hier."

Den Kopf gesenkt, die Stirn gefurcht, stand Ha­rald vor ihr.

Du hast mir nicht verziehen, sonst könntest du nicht so herzlos zu mir sprechen."

Ich kann jene Unglücksnacht nicht aus meinem Gedächtnis löschen," sagte Frau Marianne ernst. Eine tiefe Kluft hat sich zwischen mir und dir auf­getan, Harald, ich leugne es nicht. Unseres Kindes Schatten steht zwischen dir und mir. Aber ich will dir nicht alle Hoffnung nehmen. Ich gehöre nicht zu den unversöhnlichen Naturen. Vielleicht später, wenn ich ruhiger geworden bin, werde ich dir ver­zeihen können. Heute kann ich es noch nicht! Das einzige, was ich von dir jetzt erbitte, ist, daß du meinen Schmerz ehrst und mich allein läßt."

Harald verließ ohne ein Wort der Entgegnung das Zimmer. Er fühlte, daß er nun einsamer sein würde als zuvor und daß er den dunklen Ge­walten in seiner Seele nun rettungslos preisgegeben sein würde.

* *

*

Acht Wochen waren seit dem Tode der kleinen Ilse verstrichen. Der Herbstwind weht über die Fluren, als Freiherr von Kronau zu einem Besuche seiner Tochter Schloß Helmsbruck eintras.

In schmucklosem, schwarzem Kleid trat Frau Marianne ihrem Vater entgegen. Sie sah er-