Württemberg.

Beruf der württ. Soldaten und ihrer Bäter. Am 1. Dezember 1906 betrug das württ. Militärkontingent an Unteroffizieren, Einjährigen und Mannschaften 33 335 Mann. Von den 3363 Unter­offizieren gehörten vor der Einstellung zum Militär­dienst der Land- und Forstwirtschaft an 606, dem Bergbau, Salinen- und Hüttenwesen 19, Berufen, die vorwiegend im Freien arbeiten 259, der Textil­industrie 51, sonstiger Fabrikation 102, dem Handel und Verkehr, freien Berufen, Lohnarbeit wechselnder Art, häuslichen Diensten 2223, keinem besonderen Berufe 103, von den 575 Einjährigen aus dem landwirtschaftlichen Beruf 10, aus Industrie und Handel, Lohnarbeit, freien Berufen und häuslichen Diensten kamen 331, ohne besonderen Beruf waren 175. Die 19 297 Mannschaften rekrutierten sich mit 5735 auf Land- und Forstwirtschaft, 13 543 aus Bergbau, Industrie und Handel, häuslichen Diensten, Lohnarbeit wechselnder Art und freien Berufen. 19 hatten keinen besonderen Beruf gehabt. Zählt man die Soldaten, die Berufen entstammen, die vor­wiegend im Freien arbeiten wegen der Art der Be­schäftigung mit denen, die der Land- und Forstwirt­schaft angehören zusammen, so ergeben sich 7953 Mann, wogegen die Fabriktätigkeit nur 960 Mann stellte. Daraus folgt, daß die Berufe mit Betätig­ung in freier Natur wesentlich stärker mit der Mili­tärpflicht belastet sind als die anderen Berufe, ein Umstand, der sich auch bei der Untersuchung nach dem Beruf der Väter der Militärpflichtigen bemerk- lich macht. Von den Vätern der 23 235 Soldaten waren nämlich hauptsächlich in Land- und Forst­wirtschaft beschäftigt 9117, während allen anderen Berufen zusammen 13 576 Soldatenväter angehörten, nur deren 93 keinen besonderen Beruf hatten und von 449 der Beruf unbekannt war. Die sogen. Vorbelastung der Landwirtschaft gegenüber von In­dustrie, Handel und Verkehr, Lohnarbeit, Bergbau, häuslichen Diensten und den freien Berufen ist so­mit tatsächlich vorhanden. Der Bauer stellt ver­hältnismäßig die meisten Soldaten, das Land zahlt eine größere Blutsteuer als die Stadt, die Scholle liefert mehr Mannschaften als die Fabrik, der Beruf im Freien mehr Taugliche als die Berufe im ge­schlossenen Raum.

Göppingen, 13. April. Der 51 Jahre alte Wirtschaftspächter Christian Wöhrle von hier hat heute vormittag seinem Leben durch Erhängen ein Ende bereitet. Das Motiv der Tat war Eifersucht. Die Frau des Wöhrle unterhielt seit längerer Zeit mit einem ledigen Arbeiter von hier ein Liebesver­hältnis. Ihr Mann kam dahinter und lauerte heute früh auf dem Wege zu der Arbeitsstätte dem Nebenbuhler auf. Dieser hatte jedoch einen Wink erhalten und einen anderen als den gewohnten Weg eingeschlagen. Als Wöhrle den Gegenstand seiner Eifersucht nicht getroffen hatte, ging er in die Fabrik, wo dieser als Arbeiter beschäftigt war und feuerte in dem Fabrikraum einen Revolverschuß auf ihn ab, ohne ihn jedoch zu treffen. Auf die alsbald erfolgte Anzeige wurde auch sofort eine Untersuchung ein­geleitet. Während der ersten Zeugenvernehmung im Rathaus scheint nun Wöhrle in seinem Haus in der Davidstraße sich das Leben genommen zu haben; denn als er verhaftet werden sollte, wurde er dort tot aufgefunden. Er hat sicherlich mit Vorsatz ge­handelt, da er noch am Morgen durch einen Notar sein Testament aufnehmen ließ.

Freudensladt, 13. April. Zum Brand des Gasthauses zur Alexanderschanze wird noch be­richtet: Die Alexanderschanze ist die erste Schanze, zu der man von Freudenstadt aus gelangt und wurde 1734 von Herzog Alexander angelegt. Sie ist ein Glied der großen Kette von Festungswerken, welche dieser Herzog in den Jahren 1734 und 1735 auf dem Schwarzwald von Neuenbürg bis über Hornberg hinaus anlegen ließ, um alle von der Murg, Rench, Kinzig und Elsach nach dem Neckar führenden Zugänge zu sperren. Sie bestand aus drei miteinander verbundenen Redouten, die den mitten durch die Schanze führenden Weg verteidigten.

Reutlingen, 13. April. In dem Dorfe Will- manndingen wurde beim Ausgraben eines Kellers ein Topf mit 160 Silbermünzen gefunden, die aus dem 13. Jahrhundert stammen.

Rottenburg, 11. April. Die Angst vor dem Doktor. In Kiebingen wurde die Sofie Geiger, die in nächster Zeit Hochzeit machen wollte, tot in ihrem Bette gefunden. Wie sich jetzt herausstellt, war sie krank und versäumte, einen Arzt beizuziehen.

Aus dem Algäu. 14. April. Auf die ver­hältnismäßig schöne Witterung der letzten Tage ist

heute früh wieder ein heftiger Wettersturz eingetreten. Seit den Morgenstunden hat im ganzen Algäu Schneetreiben eingesetzt und es sind alle Aus­sichten auf weiße Ostern gegeben.

Lotterie. Zu den beim Publikum beliebtesten Lotterien zählt die jedes Frühjahr wiederkehrende, anläßlich des Pferdemarktes statlfindendeGroße Stuttgarter Geld- und Pferdelotterie", deren Vertrieb auch diesmal wieder der bekannten Generalagentur für Lotterien I. Schweickert, Stuttgart, Marktstraße 6, übertragen worden ist. Auch Heuer finden die bei allen einschlägigen Ge­schäften erhältlichen Lose lebhaften Absatz und wer sich noch an dieser chancenreichen Lotterie mit 3031 Geld- und Pferdegewinnen und Haupttreffern von 40 000 -/-, 10 000 ^ usw. beteiligen will, möge sich beeilen, da nach den Losen eine sehr lebhafte Nachfrage ist und die Ziehung unter jeder Garantie bereits am 28. und 29. April stattfindet. Das Originallos kostet 2 <^, 6 Lose 11 11 Lose

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Der Ach auf Hklinsbmik.

Roman von B. Corony.

14) - (Nachdruck verboten.)

Es wurden nun die Einzelheiten eines Umbaus besprochen, und da die Ansichten Haralds die Zu­stimmung des Vaters fanden, so hatte Herr von Rabenau nichts dagegen, daß schon in nächster Zeit die Renovierung des Schlosses vorgenommen werden sollte.Sobald diese Angelegenheit geregelt sein wird, trete ich meine Reise nach Kronau an," sagte Harald. Der Freiherr wird mir unter den ver­änderten Umständen Mariannens Hand nicht mehr verweigern. Vielleicht bleibe ich ein paar Tage länger fort, trotzdem ich sehr wohl weiß, daß ich hier dringend notwendig bin. Aber meine Nerven sind durch die letzten Ereignisse stark angegriffen, und es tut mir not, einmal andere Luft zu atmen."

Harald sieht in der Tat sehr schlecht aus," sagte Frau von Rabenau, indem sie ihren Sohn anblickte.

Unter ihrem forschenden Blick schlug Harald die Augen nieder.

Du bist entschieden krank," fuhr Frau von Rabenau fort.Du kannst das Auge einer Mutter nicht täuschen. Du warst ein gesunder, junger Mensch, jetzt haben deine Augen einen eigentümlichen Glanz."

Das braucht dich nicht zu beunruhigen, Mutter," sagte Harald liebevoll.Meine hoffnungslose Lage und die Sorge im Herzen, Marianne zu verlieren, ließen mich in den letzten Monaten in keiner Nacht den stärkenden Schlaf finden. Das mußte natürlich doch nachteilig auf meine Gesundheit einwirken und ich kann mich jetzt nur schwer in die veränderte Lage der Dinge hinein finden. Die endliche Gewißheit, daß ich Marianne als meine Frau heimführen darf, wird mir wieder die Fähigkeit geben, das Leben von der frohen Seite aufzufassen."

Es ist eine Schande, wenn sich ein junger Mann, der über zwei kräftige Arme und über gesunde Sinne verfügt, so niederwerfen läßt," sagte der Vater ärgerlich.Wenn du keine größere Selbstbeherrschung hast, wirst du es auch nicht verstehen, den Leuten von Helmsbruck den nötigen Respekt vor dem künf­tigen Gutsherrn einzuflößen!"

Harald hatte eine Erwiderung auf den Lippen, schwieg aber auf einen bittenden Blick seiner Mutter und verließ das Zimmer.

Am nächsten Tage reiste Harald ab. Baron von Kronau empfing Harald sehr zuvorkommend. Er war Weltmann genug, um über die ablehnende Haltung, die er nach dem Zusammenbruch von Röck- nitz eingenommen hatte, mit einigen verbindlichen Worten hinwegzuleiten.

Zu der Standhaftigkeit, mit der Marianne an Ihnen festgehalten hat, kann ich Sie nur beglück­wünschen," erklärte Herr von Kronau, nachdem ihm von Harald alle gewünschten Aufschlüsse über die Vermögenslage seiner Familie gegeben waren.Es liegt mir fern, auch jetzt noch mich Ihrem und meiner Tochter Glück zu widersetzen."

Der Freiherr führte Harald selbst zu Marianne, die vor tiefer Ergriffenheit weinte, als sie den Ge­liebten wiedersah.

Der Einladung des Freiherrn von Kronau, ein paar Tage auf dem Schlosse zu verweilen, leistete Harald gern Folge.

Die Hochzeit Haralds mit Marianne v. Kronau wurde vier Monate später mit großem Prunk unter

der Teilnahme des gesamten Landadels auf Schloß Kronau gefeiert.

Walter von Rabenau gab sich bei dieser Feier noch einmal ganz dem heiteren Lebensgenuß hin. Ein trügerischer Schein längst entschwundener Ge­sundheit färbte sein Gesicht, als man sich von der Hochzeitstafel erhob.

Das junge Paar trat eine längere Reise nach dem Süden an und Walter von Rabenau kehrte mit seiner Frau nach Helmsbruck zurück, das in­zwischen innen und außen eine gründliche Umwand­lung erfahren hatte.

9. Kapitel.

Die Gerichtsverhandlung gegen Stork fand ein paar Monate nach seiner Einlieferung in das Unter­suchungsgefängnis statt.

Die Aussagen der Zeugen, die das Gericht ver­nahm, lauteten durchaus ungünstig für Stork. Der Schlosser Wilke bestätigte, daß Stork ihm die An­zahlung von 5000 Kronen bestimmt in Aussicht ge­stellt, aber jede Auskunft über den Darleiher des Geldes verweigert habe. Auch verschiedene andere Aussagen konnten den Hufschmied nicht entlasten. Für ihn sprach lediglich der gute Leumund, den er bis zu seiner Verhaftung im Dorfe genossen hatte.

Vergebens versuchte der Richter, den Angeklagten durch wohlwollende Worte zu einem reumütigen Geständnis zu bewegen. Anfänglich verteidigte sich Stork eifrig, verharrte aber später, als sich die Maschen des Beweisnetzes immer enger zogen, in ruhigem Schweigen.

Nur die Beteuerung seiner Unschuld wiederholte er von Zeit zu Zeit, aber sie wurde nicht mehr ruhig und bestimmt ausgesprochen, wie in der Vor­untersuchung. sondern voll dumpfer Verzweiflung.

Der Fall lag so klar, daß das Gericht sogar auf eine Anzahl Belastungszeugen verzichtete und das Verfahren in zwei Tagen erledigte. Die Ge­schworenen hielten Storks Schuld trotz seines hart­näckigen Leugnens für erwiesen, nahmen aber zu seinen Gunsten an, daß nicht vorsätzlicher Mord, sondern Totschlag vorliege, und daß sich Stork im Verlaufe einer heftigen Auseinandersetzung zu seiner Tat habe hinreißen lassen.

Der Hufschmied Stork wurde zu zwölf Jahren schweren Kerkers verurteilt.

Finster und trotzig nahm er den Urteilsspruch auf. Nur als Hanni nach der Verhandlung zu ihm trat, nahmen seine Gesichtszüge einen weicheren Aus­druck an.

Das junge Mädchen bot in dem abgetragenen, schwarzen Kleid, das sie trug, mit ihren rot geweinten Augen und dem schmerzlich zuckenden Mund einen rührenden Anblick. Schluchzend sank sie in die Arme des Vaters und stammelte:Es ist nicht wahr, es kann nicht wahr sein!"

Nein, es ist nicht wahr!" erwiderte Stork fest. Bei dem Andenken an deine verstorbene Mutter kann ich beteuern, daß ich keine Schuld auf mich geladen habe. Die Richter haben ein Verbrechen an mir begangen!"

Ich weiß es, Vater. Deine Unschuld wird an den Tag kommen."

Verlassen von Gott und den Menschen, gehe ich jetzt in Schande und Elend zu Grunde," sagte Stork bitter.

Der allmächtige Gott wird uns helfen. Nicht alle haben dich verlassen. Deine Tochter glaubt an dich."

Mein armes Kind." sagte der Hufschmied be­wegt, und Tränen rannen dem sonst so wetterfesten, starken Mann die Backen hinunter.Mein armes Kind I Ich muß dich hilflos zurücklassen, in Armut und mit einem entehrten Namen."

Für mich ist unser Familienname unbefleckt und eines Tages wird er es vor aller Welt wieder sein."

Diese Hoffnungen habe ich aufgegeben," sagte der Hufschmied trostlos.Ich kann nicht mehr an die Gerechtigkeit menschlicher Natur glauben. Aber sprechen wir nicht mehr von mir. Dein Los geht mir näher als mein eigenes. In unserem Dorfe kannst du nicht bleiben, denn ich will dich nicht den höhnischen Redensarten der Dorfbewohner ausgesetzt wissen. Es wäre ein Glück, wenn sich ein Käufer für unser Haus fände."

(Fortsetzung folgt.)

Wende-Rätsel.

Mit einem Schritte hast du mich;

Drehst du mich um, so bleib' ich ich.

Auflösung des Aufgabe iu Nr. 58 ds. Bl.

15. 4. 1911. Ostern-Heiligabend.

Richtig gelöst von Walter Kübler in Neuenbürg und Ludwig Seyfried in Calmbach.

Redaktion, Druck und Verlag vo» C. Meeh in Neuenbürg.