Die EnztSler und die Stuttgarter Wafferverforgung.

Aus bem Enztal geht derWürtt. Zeitung" folgender Brief zu:

Grasses Aufsehen hat im Enztal die in der letzten Woche durch die Presse verbreitete Nachricht gefun- den, daß die bürgerlichen Kollegien von Stuttgart in geheimer Sitzung in Anwesenheit von zwei nord­deutschen und zwei einheimischen geologischen Sach­verständigen sich mit der Wasserversorgung der Stadt ^ befaßt haben und daß durch den Hinweis auf er­hebliche Bedenken, die auch gegen das Langenauer Projekt vorliegen, das Schwarzwaldwasserprojekt wieder in den Vordergrund gerückt wird. Im Enztal war man nach dem bisherigen Gang der Dinge all­gemein der Ueberzeugung, daß das Schwarzwald­wasserprojekt abgetan sei und nun diese Wendung. Die Ableitung des Quellwassers aus dem Enztal nach dem Stuttgarter Projekt gefährdet die Inter­essen der Gemeinden und Werkbesitzer des Tales, namentlich aber der Stadt Wildbad in so eminenter Weise, daß schon im jetzigen Stadium der Verhand­lungen wieder energisch Protest dagegen erhoben werden muß. daß auf das Schwarzwaldprojekt zurückgegriffen wird. Abgesehen von den vielen sonstigen Nachteilen und Bedenken sei nur darauf hingewiesen, daß die Industrie des Enztales, die sich auf die Wasserkräfte stützt, aufs schwerste beein­trächtigt wird, und daß die Thermen von Wildbad durch die geplante Anlegung des Stauweihers be­droht sind.

Durch die Anziehung, welche die Pforzheimer Industrie auf die Arbeitskräfte des Tales ausübt, ist die Industrie des Tales schon jetzt in einer wenig günstigen Lage. Viele Gemeinden des Tales und der zugehörigen Umgebung bilden schon jetzt für einen erheblichen Teil der Einwohner nur die Wohnsitz­gemeinden, woraus sich für die Gemeinden schwierige wirtschaftliche Verhältnisse ergeben. Eine Beein­trächtigung oder Vertreibung der Industrie aus dem Tal, eine Beschränkung in ihrer Weiterentwicklung wäre deshalb doppelt bedenklich und politisch und wirtschaftlich von großem Schaden. Sodann halten wir es für ausgeschlossen, daß insolange auch nur die Möglichkeit einer Beeinflussung und Benachteilig­ung der Wildbader Thermen durch den von Stutt­gart geplanten Stauweiher besteht, das Enztalprojekt angesichts der Bedeutung der Wildbader Thermen ausgeführt werden darf. Von all den gehörten Sachverständigen war bisher keiner in der Lage, die Möglichkeit zu verneinen. Sollten die beiden auswärtigen Sachverständigen das tun können, so muß entschiedener Zweifel an ihrer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse erhoben werden. Die in neuester Zeit angestellten Untersuchungen über die Geeignetheit des Geländes für einen Stauweiher wegen der Durchlässigkeit des Grundes bezw. der Wände sollen ferner ein recht ungünstiges Resultat ergeben haben.

Die Regierung hat gerade und doch nur wegen der Bedenken gegen das Enztalprojekt einen anderen Weg für die Lösung der Stuttgarter Wasserversorg­ungsfrage gesucht. Auf Grund des übereinstimmen­den Gutachtens der einheimischen Sachverständigen hat sie nach eingehender Prüfung der Verhältnisse das Langenauer Projekt ausarbeiten lassen, das eine großzügige Wasserversorgung der Stadt Stuttgart ermöglicht. Irgend welche erworbene Rechte oder Interessen von Privaten oder Gemeinden werden dadurch nicht geschädigt. Das Projekt ist aufgebaut auf hydrologischen Untersuchungen, die auf etwa Iffr Jahre ausgedehnt worden sind, und ist von dem Kgl. Bauamt des Staatstechnikers für das öffentliche Wasserversorgungswesen, dessen guter Ruf über Württemberg hinausreicht, auf das gründlichste und sorgfältigste bearbeitet worden. Es ist völlig uner­klärlich, wie die Stadt Stuttgart trotzdem noch immer das Schwarzwaldwasserversorgungsprojekt verfolgen will, und welche Motive hier Mitwirken, und es darf nicht verwundern, wenn es bei den Interessenten im Enztal den Anschein erweck«, als sei es Stuttgart lediglich darum zu tun, am Schwarzwaldwasser­versorgungsprojekt festhalten und dieses unter allen Umständen durchführen zu können, trotzdem die ein­heimischen Sachverständigen in dieser Richtung ver­sagt haben. Letztere dürften aber den Schwarzwald und dessen Verhältnisse (Unbeständigkeit der Quellen usw.) besser kennen, als norddeutsche Geologen, die ihre Gutachten nach flüchtiger Bereisung und Besich­tigung des Enztals abgegeben haben.

Die Interessenten des Enztals werden sich mit allen Mitteln dagegen wehren, daß das Schwarz­waldprojekt zur Ausführung kommt. Ein Vorge­schmack von dem Verhalten der Stadt Stuttgart

haben sie schon dadurch bekommen, daß letztere gleich zu Beginn gegen mehrere unbedeutende Aenderungen von Stauanlagen an bestehenden Werken Einsprachen erhoben und daß sie sogar den Anschluß von 5 Ge­meinden an den Gemeindeverband der Schwarzwald- Wasserversorgung erschwert hat, obwohl diese Ge­meinden sonst nirgendsher ihren Wasserbedarf zweck­mäßig decken konnten und zum Teil unter bitterer Wassernot zu leiden hatten. Solange noch ein Weg gangbar ist, auf dem die Stadt Stuttgart ohne ganz verhältnismäßig große Opfer zu einer großzügigen Wasserversorgung kommen kann, muß das Schwarz­waldprojekt ausscheiden. Daß die Regierung dies angesichts des Langenauer Projekts endlich der Stadt Stuttgart mit aller Deutlichkeit zu erkennen gibt, dies hoffen die Interessenten des Enztals, wie, daß die Regierung dem Grundsatz nicht zum Rechte ver- hilft, daß der Schwächere die Beute des Stärkeren wird.

Aus Staöt, Bezirk unS Umgebung.

Ostern.

Ostern, Ostern, Frühlingswehen,

Ostern, Ostern, Auferstehen Aus der tiefen Grabesnacht!

Blumen sollen fröhlich blühen,

Herzen sollen heimlich glühen,

Denn der Heiland ist erwacht.

So besingt der Sänger der Befreiungskriege Max von Schenkendorf das Ineinander von Frühlings- lust und Christenfreude, das dem Osterfest seinen eigentümlichen Charakter gibt.

Es muß doch Frühling werden! Das ist die Siegesgewißheit, das die Osterbotschaft gibt. Den Sieg des Frühlings kündet Ostern für das Reich der Natur und des Glaubens. Dem Winter folgt der Lenz, dem Karfreitag, der Kreuzigung des Hei­landes, der Auferstehungstag. Als Jesus zur Richt­stätte geschleppt und ans Kreuz geschlagen wurde, da meinten seine Feinde, er sei tot, für immer be­seitigt. Aber der. den sie am Kreuze auf der Höhe von Golgatha gestorben wähnten, ist auferstanden: sein Geist ist unüberwindlich, seine Lehre hat durch die Jahrtausende einen Siegeszug ohne gleichen an­getreten. sein Leben hat kein Ende und keine Grenzen. Ein Strom unsterblichen Lebens ins Unermeßliche geht von dem Gekreuzigten aus: Der Heiland waltet und wirkt ins Unendliche, gebunden weder an die Schranken des Raumes noch der Zeit.

Wie Leib und Seele, wie Natur und Geist ge­hören Frühling und Ostern zusammen. Aber die keimende und grünende Welt des Lenzes lehrt nur das Leben, das mit dem Winter des Todes endet; die Natur kennt nur ein Werden und Auf­erstehen, dem die Notwendigkeit des Vergehens, des Unterganges folgt. Jesus Christus erschließt das Leben, das den Tod in alle Ewigkeit überwindet. Das christliche Ostern ist der Geistesfrühling, für den es kein Wintergrab gibt. Das Osterevangelium spricht der menschlichen Seele unvergänglichen Wert zu. Wer bloß die Tatsachen der sinnlich wahrnehm­baren Natur anerkennt, für den können die Rätsel seines Daseins keine andere Lösung haben, als den Untergang, der alles Leben beschließt. Wer dagegen für das christliche Ostern empfänglich ist, erhält die Gewißheit, daß das Leben hienieden einen Aufgang hat zu überirdischem Sein. Die christliche Ostersonne läßt nimmer in Nacht und Finsternis versinken: sie ist das ewige Licht, das die Bahn erleuchtet, die jenseits des irdischen Sterbens liegt.

Die Osterhoffnung: Es muß doch Frühling werden! hat sich unserem deutschen Volke von jeher in Zeilen der Trübsal und Not als Gewißheit er­wiesen, weil die Osterhoffnung in des Volkes Herzen fest wurzelte, weil der Glaube an das Vaterland so mächtig blieb, wie die fromme Zuversicht an die Auferstehung des Ostermorgens, an den Triumph des Lebens über den Tod.

Es muß doch Frühling werden! Dieser Oster­glaube bannt die Hoffnungslosigkeit, wehrt allem Zagen und Zweifeln, allem Mißmut und Kleinmut. Das christliche Osterfest lehrt und erinnert immer wieder, daß wir festhalten müssen an dem Glauben der Auferstehung, auch wenn dieser Glaube von vielen verachtet wird. Im Leben des Einzelnen wie des Volkes wird die Osterbotschaft stets ihre Kraft bewähren. Die des Glaubens spotten, haben nur die Gegenwart und die Vergangenheit, keine Zukunft. Den Christen aber mit ihrem Osterglauben der Hoffnung gehört und bleibt die Zukunft, die dem Leben erst Lebenswert verleiht, die alles Un­gemach und Leid verstehen lehrt als die Schule sitt­licher Erziehung zu höherem, hoffnungsvollem Da­sein. Möge unser deutsches Volk ein christliches

Volk der Hoffnung bleiben, die die Gewißheit ge­währt, daß es Zeiten der Anfechtung, des Dranges und Sturmes siegreich überwindet, daß auch in unseren innerpolitischen Kämpfen auf jeden Karfrei­tag der Ostermorgen, der Frühling folgen muß!

6 Neuenbürg. (Aus der Bezirksrats­sitzung vom 10. April 1911.) Das Wirtschafts­recht des Konstantin Hummel in Herrenalb wird auf den zu seinem Anwesen gehörigen Hofraum und einen Garten daselbst ausgedehnt. Außerdem erhält Hummel die Erlaubnis zum Ausschank von Brannt­wein. Frau Elise Lacher in Herrenalb erhält die Erlaubnis zum Ausschank von Wein, Bier und nicht geistigen Getränken in ihrem Gebäude samt Garten unter Beschränkung auf die im Hause wohnenden Kurgäste und deren Besuche, sowie auf die Zeit vom 1. April bis 30. September jährlich. In öffentlich­mündlicher Verhandlung wird das Gesuch des Georg Fr. Kiefer in Calmbach um die Erlaubnis zum Betrieb der Gastwirtschaft zum Adler daselbst abge­wiesen. da ein Bedürfnis für das Fortbestehen dieser Wirtschaft nicht nachgewiesen werden kann. Die Ortskrankenkasse Zuffenhausen erhält die Er­laubnis zum Betrieb der Gastwirtschaft zur Uhlands- höhe in Wildbad mit Beschränkung auf die In­sassen des Gebäudes und deren Besuche. Dem Gesuch des Karl Mahler, Seifensieders hier um Genehmigung zur Aenderung seiner Talgschmelz­anlage und zur Aufstellung eines Dampfkessels wird nach vorausgegangener öffentlicher mündlicher Ver­handlung entsprochen. Die Einsprachen der Nach­barn gegen das Unternehmen werden abgewiesen, da der Bezirksrat der Ueberzeugung ist, daß durch die geplante Aenderung eine wesentliche Verbesserung des seitherigen Zustandes eintritt. Der Bezirksrat hat sich zu der Frage, ob allgemeine öffentliche Tanzunterhaltungen in weiterem Umfang als bisher zugelassen werden sollen, dahin geäußert, daß die seitherige Hebung des Oberämts hinsichtlich der Genehmigung solcher Veranstaltungen beibehalten werden möge. Dem Bezirksobstbauverein soll zu dem Aufwand für Portoauslagen ein jährlicher Beitrag von 10 aus Mitteln der Amtskörperschaft gewährt werden. Die Stelle des Sparkassenagenten in Birkenfeld wird dem Hauptlehrer Eisenhardt daselbst übertragen.

Neuenbürg. 15. April. Hatten wir in den ersten Tagen dieser Woche noch richtiges Aprilwetter, das sich auch am Gründonnerstag noch in seinem ganzen Wesen zeigte, so brachte der gestrige Kar­freitag unerwarteterweise die schönste Frühlings­witterung. Das um 3 Uhr nachmittags hier ge­gebene Kirchenkonzert von Pluschkell-Hartung war außerordentlich gut besucht. Wir sind gebeten, hiedurch bekannt zu geben, daß durch den blinden Orgelvirtuosen Hartung und seine Tochter, die Kirchensängerin Frau Pluschkell-Hartung, weitere Kirchenkonzerte staltfinden am Ostersonntag nach­mittags 3 Uhr in Höfen und um 5 Uhr in Calm­bach. Am Ostermontag 4'/2 Uhr nachmittags findet alsdann ein solches Konzert in der Kirche zu Schömberg statt.

-X- Neuenbürg, 15. April. Am gestrigen Kar­freitag gab der erblindete Orgelvirtuose Heinrich Hartung im Verein mit seiner Tochter Frau Plusch­kell-Hartung ein Kirchenkonzert, das gut besucht war und den Teilnehmern edlen Kunstgenuß ver­mittelte. Obwohl erblindet beherrscht Hr. Hartung sein Instrument in einer Weise, die unbedingte Hoch­achtung abnötigt, sowohl nach der Seite der glänzen­den Technik wie nach der der inneren Erfassung und eines geschmackvollen Vortrags; wie weihevoll ertönte der Choral mit VariationenWie schön leuchtet der Morgenstern", wie gläubig ergeben das Andante von Behrens! Die Bach-Fuge (übrigens nicht die L. 6. U. des Programms, sondern die kleine A-moII) und die Toccata haben wir zwar schon des öfteren von eben­falls tüchtigen Organisten gehört, doch kaum je in solch durchsichtiger und dabei genial temperamentvoller Weise. Frau Pluschkell sang mit kräftiger, be­sonders in den mittleren und unteren Lagen weich und angenehm klingender Stimme 3 der schönsten geistlichen Liederperlen klassischer Richtung; am besten gelang ihr wohl außerdem das mit tiefer Innerlich­keit vorgetrageneTrost in Leiden" von Stolberg, das gerade im Hinblick auf das Schicksal des Konzert­gebenden besonders geeignet ist, die Herzen der Zuhörer zu ergreifen.

):( Neuenbürg, 14. April. Wiederum ist die Zeit gekommen, wo eine große Anzahl unserer Jugend aus der Schule entlassen wird, um in die berufliche Tätigkeit einzutreten. Nachdem nun die Ellern derselben die gewiß nicht leichte Aufgabe des