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Die zwei Ochsen. In Dingsda, einer kleinen Stadt Oberbayerns, amtierte vor langer Zeit ein Oberamtsrichter, der durch seine originellen und witzigen Einfälle berühmt war. Einmal wurde dort dem Schöffengericht ein Mann vorgeführt, der ver­dächtig war, zwei Ochsen gestohlen zu haben. Der Herr Oberamtsrichter war von dessen Schuld über­zeugt, wurde aber von den beiden Schöffen über­stimmt und der Kerl wurde freigesprochen. Kurz darauf wurde derselbe Ehrenmann abermals des Diebstahls angeklagt, wobei, wie immer, etwaige Vorstrafen des Beschuldigten festzustellen waren. Und da ließ der Oberamtsrichter ins Protokoll schreiben:Da N. N. unlängst von dem hiesigen Schöffengericht wegen Diebstahls von zwei Ochsen freigesprochen wurde, ist er wegen dieses Reals noch nicht vorbestraft."

Was zu einem Wolkenkratzer gehört. Eins der fünfzig Stock hohen Geschäftsgebäude, die in Newyork jetzt im Bau sind, erfordert folgende Materialien: 34000 Tonnen Stahl für dasGe­rippe" des Gebäudes, 37 000 Tonnen Gußmörtel für die Korridore, soviel Steine, daß sie, aneinder- gelegt, von Newyork nach Denver reichen würden. 4500 Tonnen Terrakotta für die Verzierung, ge­nügend Glas, um drei Straßenblocks damit zu bedecken, für Heizung und Wasserleitung Röhren, die von Newyork nach Albany reichen würden, ge­nügend Drähte für eine Telegraphenlinie von New­york nach Philadelphia und über 30 000 Glühlampen.

jDer nasse Sommer.)Du Hannes, i' Hab' ja g'hört, daß du schon wieder g'straft wor'n bist, weil s' Wasser in deiner Milch g'fund'n hab'n."Aber wo war denn in dem Sommer koan's?!"

Scherzfragen.

Welches Wasser kann nicht schneiden?

Welcher Sporn taugt nicht zum Reiten?

Welche Zahl geht nicht zu zu zählen?

Welcher Apfel nicht zu schälen?

Auflösung des Doppel-Rätsels in Nr. 200. und" mit dem Buchstabenl".

Richtig gelöst von Helene Gauß in Neuenbürg.

Kriegschronik von 187M.

24./2S. Dezember 1870.

Rückzugsgefechte Faidherbes daselbst (Amiens) in der Richtung auf Arres. Rekognoszierung bei Bolbec.

130. Depesche vom Kriegsschauplatz. Ver- failles. Der Feind versuchte zur Deckung des Rückzuges verschiedene Offensivstöße gegen General v. Manteuffel, wurde aber zurückgeworfen. Ueber 1000 unverwundete Mannschaften sind bis jetzt in unseren Händen. v. Podbielski.

Amiens. Der erste Schuß der Franzosen fiel mitten in das 3. Bataillon des 65. Regiments, ca. 10 Mann sofort tötend. Ein Hagel von Chassepot­kugeln folgte, dann ein dreimaliger, wohl geleiteter Angriff des Feindes, die Straßen von Pont-Noyelles waren voll krepierender Granaten, das Dorf brannte an verschiedenen Enden, Dächer und ganze Gebäude stürzten zusammen und ein unausgesetztes Gewehr- fruer dauerte fortwährend. Und dazu die 30. Bri­gade von einem Bache aufgehalten und die zwei Bataillone fast 4 Stunden allein. Endlich kommt Unterstützung, eS ist höchste Zeit. Die 33er nehmen 3 Geschütze, vernageln eines, es gibt ein furchtbares Hin- und Herwogen, Brust an Brust, ein heftiger Bajonettkampf, während es schon dunkel geworden ist. Fünfmal sind die Franzosen in die Häuser ge­drungen, fünfmal hinausgeworfen worden, mittler­weile haben die Feinde selbst den Ort in ein Feuer­meer zusammengeschossen. Die Reserve 4er und 44er rücken an, doch der Kampf schweigt, der Kampf ist abgeschlagen, der Sieg auf Seite der Preußen.

Manteuffel erreicht bei Verfolgung der Nord­armee Albert. Eisenbahnüberfälle bei Bricon. Scharmützel bei Mouzon, Bel air. St. Mont la Billette. S° Kälte, heiler ohne Schnee und Wind.

Versailles. Gestern abend waren alle Läden überfüllt, die deutschen Soldaten machten ihre Weih- nachtseinkäufe. Die Kaufleute machten Geschäfte wie nie zuvor. Unsere Soldaten haben große Tannen­bäume hereingebracht, die überall mit Lichtern be­steckt wurden. Trotz der furchtbaren Kälte waren die Vorposten illuminiert, so daß die Pariser unsere Weihnachtsfeierlichkeiten beobachten konnten. Im Hauptquartier wurde der Weihnachtsabend ernst und in einfacher Weise gefeiert. Die Verwundeten er­hielten Liebesgaben. Die Kosten für die Bescherung

der Truppen sind zum größten Teile von den Lstfi- zierkorps aufgebracht worden. Der König verließ die Präfektur nicht. Im königlichen Palais erstrahlen zwei große Weihnachtsbäume. Dort waren die meisten deutschen Fürsten und sehr viele Mitglieder des großen Hauptquartiers versammelt. Um 7 Uhr fand die Feier in der Villa des Kronprinzen statt. Ein Sängerchor vom 1. Garde-Landwehr- Regiment. lauter Berliner, sangen Mendelssons Stille Nacht". Und während die Truppen vor Paris ihr deutsches Weihnachten feiern, versuchten die Franzosen durch ein starkes Kommando aus den Forts den Belagerern die Freude zu verderben. In Choisy le Roi schlug eine Granate in eine um einen Christbaum versammelte Gruppe von Muske­tieren und tötete deren 3, einen schwer verwundend.

Paris. In der Stadt ist alles ruhig. Die Bevölkerung wartet mit wundervoller Geduld und mit wahrem Patriotismus auf das Ende der mili­tärischen Operationen. 4 gefangenen deutschen Ossi zieren in Zivil, darunter einem Württemberger, be kam der Besuch eines Pariser Cafös, in dem sie deutsch sprachen, sehr schlecht. Sie wurden umringt, insultiert und konnten sich nur mit Mühe in Sicher­heit bringen. Sie wurden daraufhin gegen 4 ge­fangene französische Kameraden ausgetauscht.

Weihnachten in Frankreich.

Eine Erinnerung an Deutschlands große Zeit vor 40 Jahren.

Von A. St ahn. sNachdr veib.!

(Schluß.)

Dienstliche Obliegenheiten nahmen Adalbert den nächsten Morgen in Anspruch und erst am späten Vormittag, als er Madelon glücklich gerade noch traf, als sie eben das Musikzimmer verlassen wollte, in dem sie die von den Soldaten getroffenen Weih­nachtsvorbereitungen besichtigt hatte, konnte er sich mit ihr verständigen. Von ihr erfuhr er, daß der Marquis allerdings äußerst ausgebracht sei, weil er der Darstellung seines Verwalters unbedingt geglaubt hatte; sie wolle aber sofort zu ihrem Vater und sie sei sicher, daß er, gerecht wie er war, seinen Groll gegen die deutschen Soldaten und den an dem Vor­fall doch ganz schuldlosen Offizieren nicht länger aufrecht erhalten würde. Madelon selbst faßte den Vorgang durchaus nicht tragisch auf, im Gegenteil, sie lachte herzlich über den Streich, dem man dem Verwalter gespielt. Sie konnte den Monsieur Pa- taud auch nicht gerade zum besten leiden. Des­wegen solle doch den braven Leuten und ihnen beiden selbst die Weihnachtsfreude nicht verdorben werden.

Ihr Vater würde ihren Bitten nicht widerstehen können. Und sie war des Erfolges so gewiß, daß sie lächelnd den Leutnant aufforderte, sie im Musik­zimmer zu erwarten, daß sie ihm die frohe Kunde gleich übermitteln könne.Ich helfe euch!" Und sie reichte Adalbert die feine, kleine Hand.

Und sie half! Nach einer halben Stunde, die Adalbert mit einigem Bangen zugebracht, kam sie wieder und in ihrer Begleitung der Marquis, der mit Rührung und Verlegenheit zugleich zu kämpfen schien. Er riß nervös an seinem mächtigen Henry- quatre und sah bald auf seine Tochter, bald auf den jungen Offizier, ohne zunächst das Wort zu nehmen, bis Madelon zu ihm trat, zärtlich den Arm um seine Schulter legte und bat:Nun, Papa, bitte sprich doch, sage, daß du allen verzeihst I"

Da lachte er in komischer Verzweiflung auf: Aber ja was da viel reden. Das Teufelsmädel hat mir keine Ruh gelassen. Eh bien, Herr Leut­nant. wenn die Sache so ist, wie mir meine Tochter erzählte, dann habe ich ja keinen Grund mehr zu meinem anfänglichen Zorn. Vielmehr hätte Mon­sieur Pataud die Hühner gegen Bezahlung abgeben müssen, wenn es verlangt wurde, denn wir sind ja"

er konnte einen Seufzer nicht unterdrücken nicht die Sieger, sondern die Besiegten. Mögen Ihren Herren Kameraden die Vögel gut bekommen, und wir eh bien es bleibt bei der gemein­samen Weihnachtsfeier. Sind Sie zufrieden, Herr Leutnant?"

Adalbert drückte dem Herrn herzlich die Hand.

Und dann", setzte der Marquis hinzu und es schien ihm doch einige Ueberwindung zu kosten, das Thema zu berühren,habe ich etwas mit Ihnen zu reden Madelon, ich glaube, Mama rief nach Dir!"

Das Mädchen schlüpfte, Adalbert verstohlen lächelnd zuwinkend, aus dem Zimmer. Der Marquis wies auf einen Stuhl, daß sein Gast sich setze und nahm selbst Platz.

Monsieur le baron", begann er und ließ dabei seine Blicke prüfend über die hübsche, kraftvolle Gestalt des Leutnants gleiten,ich weiß längst um Ihre Neigung zu meinem Kinde, und aus dem

Munde Madelons erfuhr ich, daß sie Sie wieder liebt. Ich habe Sie beobachtet,^ Sie sind, offen gestanden, mir ja recht sympathisch, aber Sie werden die Gefühle eines Mannes verstehen, dessen schönes Vaterland durch eben diese Leute, deren einer mir nun mein Kind entführen will, verwüstet und un­glücklich gemacht worden. Ich weiß," winkte er ab, als Adalbert ihn unterbrechen wollte,was Sie sagen wollen: daß Ihr Volk den Krieg nicht an­gefangen eh bien, darüber läßt sich streiten. Es fällt mir schwer, unser einziges Kind einem Fremden hinzugeben, sie in Ihr Land ziehen zu lassen, ich weiß nicht, welches Leben man dort führt"

Herr Marquis" und Adalbert griff nach des alten Herrn Hand, die er herzlich drückte.Sie machen mich überglücklich, ich und Madelon-"

Nicht so stürmisch," lächelte der Schloßherr gerührt,Herr Baron, Sie haben mir noch nicht gesagt, welche Garantien Sie bieten, daß meine Tochter einer sicheren Zukunft gewiß sein darf. Sagen Sie mir also offen alles, was Sie mir über sich und ihre Familie mitzuteilen haben."

Und die Auskunft, die der Leutnant dem Mar­quis gab, muß diesen wohl völlig befriedigt haben, denn zutraulich seinen Arm in den des jungen Offi­ziers gelegt, verließ nach einer Weile der Marquis das Musikzimmer, um sich mit seinem Gast in die Appartements seiner Gemahlin zu begeben. Und als der Abend herankam, ließ er für jeden der deutschen Soldaten eine Flasche guten, alten Bur­gunder, der in einem verschwiegenen Winkel seines Kellers lagerte, unter den Weihnachtsbaum stellen.

Die Soldaten, von dem Unteroffizier geführt, versammelten sich in dem saalartigen Zimmer und schauten freudig und gerührt auf den in reichem Kerzenschimmer strahlenden Weihnachtsbaum. Aber kein lauter Jubel wollte noch sich erheben: jeder dachte still seiner Lieben daheim und ob er sie wohl wieder sehen würde. Denn wer mochte wissen, was der Krieg noch bringen konnte!

Die Marquise, eine alte, bequeme Dame, saß auf dem Divan neben ihrem Gatten, und beide schauten lächelnd und halb verwundert das unge­wohnte Bild. Jeder der Soldaten fand an seinem Platze ein kleines Geschenk, die meisten hatten von daheim ein Kistchen erhalten und den anderen, die noch keins erhalten, hatte eine Karte wenigstens Kunde gegeben, daß ein solches für sie unterwegs sei. Und mit Dank und Freude nahm man das Geschenk des Schloßherrn entgegen. Auch das Ge­sinde des Schlosses war herbeigekommen, um an der Festlichkeit teilzunehmen. Nur Monsieur Pataud fehlte, aber er wurde von niemand vermißt.

Hand in Hand mit Madelon trat der Leutnant zu den Eltern seiner Braut, wechselte mit ihnen einige Worte und wandte sich dann an seine Mann­schaften, ihnen seine Verlobung mitzuteilen. Ein freudiges Hurra! antwortete ihm. das die etwas gedrückte Stimmung mit einem Schlage löste.

Aber es sollte nicht bei dieser einen Ueberraschung bleiben, denn nach einer Weile trat der Unteroffizier, der indessen mit einem hübschen Mädchen, der Köchin, geflüstert, Hand in Hand mit dieser vor den er­staunten Schloßherrn und hielt eine gar wohlgesetzte Rede, des Inhalts, daß er und Jeannette auch mit­einander einig geworden und sie sich entschlossen habe, ihm nach beendigtem Kriege auf seinen deutschen Bauernhof zu folgen. Und er bitte um die Ein­willigung des Herrn Marquis.

Der alte Herr, der bisher mit halb wehmütigem Lächelt! seine Tochter und den jungen Offizier be­trachtet, schaute überrascht und befremdet auf das Paar und wandte sich dann fragend an Adalbert. Adalbert übersetzte die Ansprache seines Untergebenen. Der Marquis schlug sich mit der flachen Hand auf das Knie:Pour l'amour de Dieu! Die Herren Deutschen machen gute Beute! Der Herr Leutnant nimmt mir meine Tochter und der Unteroffizier da meine Köchin! Die mir meine Leibspeisen so vor­trefflich bereitete! Da weiß ich wirklich nicht, welcher Verlust für mich größer ist!" scherzte der alte Herr.

Und nun setzte sich Adalbert ans Klavier und intonierte den alten, schönen Choral:Vom Himmel hoch, da komm ich her!" und andachtsvoll lauschten die Anwesenden, Deutsche u. Franzosen, den Klängen, die bald von Gesang begleitet wurden: sowohl der Unteroffizier, wie einige der Leute besaßen recht gute Stimmen. Und diesem Liede folgte das andere: Stille Nacht, heilige Nacht!" Die Kerzen knisterten leise, Tannenduft wie daheim zog durchs Zimmer und mit volltönender Stimme sangen deutsche Männer die liebe deutsche Weise. Das waren deutsche Weihnachten in Frankreich.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.