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Der Lnztälsr.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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191.

Neuenbürg, Mittwoch den 3V. November 1919.

68. Jahrgang.

RunSichau.

Die Jnterpellationsdebatte des Reichs­tages über die Königsberger Kaiserrede am ver­gangenen Samstag hat ebensowenig ein positives Resultat gezeitigt, wie die unmittelbar vorangegangene dreitägige Jnterpellationsdebatte betreffs der Fleisch­not. Immerhin ließ die Samstagsverhandlung des Reichstages wenigstens das eine erkennen, daß die klerikal-konservative Mehrheit der Volksvertretung durchaus die Verteidigung der jüngsten kaiserlichen Kundgebungen seitens des Reichskanzlers v. Beth- mann Hollweg unterstützte, obwohl die Argumente, mit denen der leitende Staatsmann diese allerhöchsten Kundgebungen nachträglich gut hieß und zu recht- fertigen suchte, eine schärfere Kritik kaum vertrugen. Indessen, die jetzige Reichstagsmehrheit dokumentierte ihren festen Willen, der Regierung des Hrn. von Bethmann Hollweg zur Seite zu stehen, sofern sie nicht aus der Richtungslinie ihrer bisherigen Politik fällt, und so können der Kanzler und seineKabi­nettsmitglieder" vorerst mit einer gewissen Gemüts­ruhe dem weiteren Verlaufe des neuen parlamen­tarischen Feldzuges entgegensetzen.

Berlin, 28. Nov. Als große Neuigkeit teilt ein hiesiges Montagsblatt mit. der Kaiser habe un­mittelbar nach Schluß der Besprechung der sozial­demokratischen Interpellation über die Kaiserrede einen ausführlichen Bericht durch das Kgl. literarische Büro des preußischen Staatsministeriums erhalten. Das ist ein durchaus gewöhnlicher Vorgang. Der Kaiser erhält über jede Reichslagssitzung einen solchen Bericht, natürlich wird er wohl am Samstag etwas ausführlicher als sonst ausgefallen sein.

Berlin, 29. Nov. Eine hiesige Korrespondenz versichert, an maßgebender Stelle habe niemals der Plan bestanden, die Neuwahlen zum Reichstag erst im Januar 1912 vornehmen zu lassen. Es wird nun auf Grund zuverlässiger Informationen bestätigt, daß von gewisser, nämlich von konservativer Seite, tatsächlich Bestrebungen im Gange, sind, den Reichskanzler zu bewegen, die Neuwahlen bis zum äußersten zulässigen Termin, d. h. also bis zum Januar 1912 hinauszuschieben. Demgegenüber er­fährt dieTägliche Rundschau" von gut unter­richteter dem Bundesrat nahestehender Seite, daß ein solcher Plan an maßgebender Stelle niemals bestanden habe. Es ist beabsichtigt, die Neuwahlen in der zweiten Oktoberhälfte und die Stichwahlen im November vorzunehmen.

Berlin, 29. Nov. Der Präsident des Reichs­tags, Graf Schwerin-Löwitz, hat dem Abgeordneten Bebel folgende Depesche gesandt:Zu dem schweren Verlust Ihrer treuen Lebensgefährtin, welcher Sie betroffen hat, gestatte ich mir. Ihnen meine herzliche Teilnahme auszusprechen."

Berlin, 29. Nov. Die Hauptveranstaltung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft bei ihrer ^jäh­rigen Jubiläumsfeier, der auch der Kaiser bei­wohnen wird, findet hier am 12. Dezember statt.

Die Fortschrittliche Volkspartei Badens hielt am Sonntag in Offenburg ihre Landesver­sammlung ab. Ju einer angenommenen Resolution erklärte die Versammlung die Bekämpfung des Zen­trums und der Konservativen als ein Haupterforder­nis der nächsten Reichstagswahlen und drückte dafür die Bereitwilligkeit der Fortschrittlichen Volkspartei Badens aus, mit den dortigen Nationalliberalen bei den kommenden Reichstagswahlen unter gewissen Voraussetzungen zusammenzugehen.

Die Gründung eines deutschen Mittelstands- bundes ist geplant. Er soll alle in Deutschland vorhandenen Mittelstandsvereine und Mittelstands- Vereinigungen zu einer großen Organisation zu­sammenfassen, die indes angeblich keine politischen Zwecke, sondern rein wirtschaftliche Bestrebungen, die im Interesse der neuen Organisation liegen, ver­folgen würde. Die Vorverhandlungen in dieser An­

gelegenheit sind dem Vernehmen nach schon weit gediehen, bereits für Anfang nächsten Jahres ist die Gründung des deutschen Mittelstandsbundes ins Auge gefaßt, sie erfolgt voraussichtlich in Dresden.

Wiesbaden, 28. Nov. Eine von 270 Teil­nehmern besuchte Europäische Fahrplan-Kon­ferenz wurde heute im Beisein von Vertretern der Verkehrsministerien sämtlicher europäischer Staaten, sowie der Direktionen der Privat- und Staatseisen- bahnen hier eröffnet.

Berlin, 28. Novbr. Auf der Petroleum- TankanlageNobels Hof" der Deutschen Petro­leum-Verkaufs-Gesellschaft Abteilung Berlin bei Boxhagen-Rummelsburg explodierten mehrere Benzinbehälter mit je 20000 Hektoliter. Verletzt wurde niemand. Die Feuerwehren der Umgegend und der Stadt Berlin sind auf der Brandstätte tätig.

Nürnberg, 28. Nov. In dem Juwelen- und Goldwarengeschäft von Müller hier wurde in der vergangenen Nacht ein Einbruch^verübt und für 40 000 ^ Waren gestohlen. Die' Ladenkasse und der Geldschrank, in dem sich kostbare Juwelen und ungefaßte Edelsteine befinden, wurde unberührt ge­lassen. Der Verdacht fällt auf zwei junge Leute, die sich abends in der Nähe des Geschäfts auffällig machten.

Mannheim. 29. Nov. Rhein und Neckar sind in der vergangenen Nacht stark gestiegen. Bei Heilbronn stieg der Neckar um 75 cm, bei Mannheim um 38 cm; der Rhein stieg bei Mann­heim um 36 cm. Man erwartet Hochwasser.

Traben-Trarbach, 28. Nov. Beim Rodeln stürzte gestern ein mit vier Burschen besetzter Schlitten in die hochgehende Mosel. Zwei Burschen konnten sich retten, die beiden andern ertranken. Die Leichen sind noch nicht gefunden.

In den Arbeiterkreisen Frankreichs hat das vom Schwurgericht zu Rouen gegen Durand, den Syndikus des Verbandes der Werftarbeiter, aus­gesprochene Todesurteil große Erregung hervor­gerufen. Das Urteil hängt mit einem bei dem letzten Werftstreik in Havre begangenen Ueberfall eines Arbeitswilligen, der hiebei tödliche Verletzungen er­hielt, zusammen. Es waren wegen dieses Totschlages 7 Personen angeklagt; 4 von ihnen wurden vom Schwurgericht zu Rouen zu hohen Strafen verurteilt, gegen zwei andere lautete das gerichtliche Erkenntnis auf Freisprechung. Den siebten Angeklagten aber, eben den erwähnten Durand,, verurteilte das Schwur­gericht zum Tode, obwohl er an der Tat direkt gar nicht beteiligt war. Aber es wird ihm als todes­würdiges Verbrechen ausgelegt, daß er in einer Werstarbeiterversammlung zur Ermordung des be­treffenden Arbeitswilligen aufgefordert haben soll, was allerdings Durand entschieden bestreitet. Die Mitglieder der französischen Syndikate planen nun eine allgemeine Protestversammlung gegen das Todes­urteil von Rouen; inzwischen haben die beteiligten Geschworenen beschlossen, ein Gnadengesuch für Du­rand beim Präsidenten der Republik einzureichen.

London, 29. Novbr. Ohne Zwischenfall ist gestern das englische Parlament vollends ge­schloffen und aufgelöst worden. Der König hatte in der Sitzung des geheimen Rats die Proklamation unterzeichnet, durch die das Parlament aufgelöst und das neue Parlament auf den 31. Jan. 1911 einberufen wird. In der Schlußsitzung des Parla­ments verlas der König persönlich die Thronrede, durch die er das Parlament fürprorogiert" erklärt.

Die Vorkämpfer und Vorkämpferinnen des Frauenstimmrechtes in England machen sich immer wieder sehr unliebsam bemerklich. Als der Minister des Inneren, Winston Churchill, mit der Bahn aus Bradford nach London zurückkehrte, wurde er im Zuge von einem Anhänger des Frauenstimm- s rechtes mit einer Hundepeitsche tätlich angegriffen, der ihm zurief:Nimm das, du Hund!" Zwei

Detektivbeamte, die Churchill begleiteten, wehrten den Schlag ab und verhafteten den Angreifer nach heftigem Kampfe. Bei seiner Ankunft auf dem Lon­doner Bahnhof versuchten drei Frauen auf Churchill einzudringen, wurden aber von der Polizei daran gehindert.

Hongkong, 28. Novbr. In China hat sich eine Anzahl Antizopfvereine gebildet, die darin bestehen, daß ihre Mitglieder den unmodernen Haarschmuck abschneiden sollen.

Württemberg.

Stuttgart, 29. Novbr. Das Königspaar wird Ende der Woche von Bebenhausen wieder hier eintreffen.

Bebenhausen, 28. Nov. Unter der hiesigen Kinderwelt gabs am Samstag frohe Gesichter. Die Königin beschenkte eigenhändig jedes Schulkind mit einem Schnitzlaibchen und selbst die kleineren Kinder bis zu 2 Jahren herunter wurden zu ihrer Freude mit derselben Gabe bedacht.

Stuttgart, 26. Nov. Der Ministerialdirektor im Finanzministerium, Staatsrat v. Buhl, ist seinem Ansuchen entsprechend unter Verleihung des Rangs aus der zweiten Stufe der Rangordnung in den Ruhestand versetzt und an seiner Stelle der Vor­tragende Rat im Finanzministerium, tit. Ministerial­direktor Dr. v. Pistorius zum Ministerialdirektor befördert worden. Landgerichtsrat Uhland wurde an Stelle des zum Landgerichtspräsidenten in Tübingen beförderten früheren Landgerichtsdirektors von Graner zum Landgerichtsdirekior der 3. Zivil­kammer des K. Landgerichts in Stuttgart befördert.

Stuttgart, 28. Nov. Die landwirtschaftlichen Gauverbandsausschüffe Württembergs haben dem Direktor v. Streb el in Hohenheim eine Kundgeb­ung dargebracht, in welcher sie die vielen Verdienste Strebels um die Hebung der Landwirtschaft dankbar anerkennen und den Leiter der Hochschule bitten, auch in Zukunft seine Kraft in den Dienst der Hochschule und des Landes zu stellen. Direktor v. Strebe! hat die Kundgebung mit der Versicherung entgegengenommen, daß er, solange es ihm seine Gesundheitsverhältniffe gestatten, sein Amt beibe­halten werde.

Stuttgart. 28. Nov. Nach einer Bekannt­machung des Ministeriums des Innern ist wegen großer Verbreitung der Maul- und Klauenseuche in Oesterreich-Ungarn die Einfuhr von Schlachtrindern und Schlachtschafen auch in die öffentlichen Schlacht­häuser zu Stuttgart, Eßlingen, Heilbronn und Ulm aus verschiedenen österreichischen und ungarischen Sperrgebieten bis auf weiteres verboten.

Der württ. Landesausschuß des Bundes der Landwirte proklamierte für die kommenden Reichstagswahlen energischen Kampf gegen links und protestierte gegen die Zulassung ausländischen Schlachtviehs nach Württemberg.

Der württembergische Reichstagsabgeordnete Vogt, Vertreter des Wahlkreises Hall, ist durch einen von ihm mit der Sozialdemokratie geführten Brief­wechsel, der jüngst veröffentlicht wurde, einiger­maßen kompromittiert worden. Dies hat jetzt zur Folge gehabt, daß Hr. Vogt, welcher der Wirtschaft­lichen Vereinigung angehört, von dem Vorsitzenden der Vereinigung, Abg. Liebermann von Sonnen­berg, in einer erlassenen Erklärung scharf getadelt wird, indem Hr. Liebermann von Sonnenberg betont, die Wirtschaftliche Vereinigung verwerfe grundsätzlich jede Unterstützung der Sozialdemokratie, wie sie Abg. Vogt in dem betreffenden Briefe in Aussicht gestellt hatte. Außerdem verlautet, daß ihm die Wirtschaft­liche Vereinigung das Amt eines zweiten Fraktions­vorsitzenden entzogen und seinen Landsmann Vogt- Crailsheim zu seinem Nachfolger in diesen Posten gewählt habe. Ob Abg. Vogt-Hall nach diesen Zwischenfällen noch fernerhin in der Wirtschaftlichen