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Nr. 44
Amts- unö Anzeigeblall für öen vberamtsbezirk (alw.
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Mi 1 twoch, den 22. Februar 1928
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101. Jahrgang.
Die deutsch-belgischen Beziehungen
Hymans verlangt Garantie-Vorschläge zur Rheinlandräumung
TU Brüssel. 22. Febr. Gestern nachmittag hielt der belgische Außenminister Hymans im Senat eine große außen- pvlttische Rede. Er beschäftigte sich darin zunächst mit den belgisch-holländischen Beziehungen und erklärte, daß Holland ln Kürze neue Vorschläge für die Neviston des Vertrages von 1898 machen werde. Was die Haubelsvertragsverhandlungen mit Frankreich angehe, so stehe die Ueberwiudung der letzten Schwierigkeiten unmittelbar bevor. Die zu erwartende Uebereinstimmnng garantiere alle Interessen Belgiens.
Auf die Nheinlandfrage übergehend erklärte Hymans, baß wegen der Räumung des Rhelnlandcs weder direkte noch indirekte Schritte bet der belgischen Regierung getan worden seien. Schon dies zeige klar, daß, falls Besprechungen über die Rheinlandsrage stattgefunden hätten, Belgien anfgesordert worden wäre, hieran teilzunehmen. Hymans erinnerte an die Reden StreiemannS und Briands, die ihrem Tone nach zu urteilen, dem Wunsche Frankreichs und Deutschlands Ausdruck verliehen hätten, eine Annäherung zwischen den beiden Ländern herbciznsühren. Belgien könnte den AnnäherungSbcstrebungcu sympathisch ge- gcnitberstehe«, aber man werde verstehen, daß Belgien zunächst mit Klugheit ein Terrain sondieren müsse, aus dem feine lebenswichtigsten Interessen lägen, nämlich Sicherheit und Reparationen. Die belgische Regierung würde es nicht ablehncn. in Zukunft eine Milderung der Modalitäten in der Anwendung der bestellenden Verträge zu suchen, aber sie behalte sich vor, die entsprechenden Vorschläge in einem geeigneten Angei,blirk mit Klugheit «nd Sorgfalt zu studieren.
Herr Stresemann habe verlangt, die Besatznngsmächtc sollten den Versailler Vertrag nach dem Geiste von Locarno anslegen. Das habe Belgien getan. Seit Locarno habe Belgien eine Rethe von Maßnahmen getroffen, die dazu be.
stimmt seien, die unvermeidlichen, durch die Anwesenheit fremder Truppen auf deutschem Boden hervorgerufenen Unbequemlichkeiten zu mildern. Die Truppenbeftände. ebenso wie die Ordonnanzen der Nhetnlandkommisston seien vermindert worden. Belgien sei bereit, diese loyale Versöh- mnrgspolitlk syrtznsctzcn. Die Besetzung des Rheinlandes sei eine Garantie für die Ausführung des Vertrages von Versailles und ganz besonders für die Erhaltung der aus der Abrüstung Deutschlands und der Entmilitaristernng der Rhclnlandzone sich ergebenden Sicherheit und endlich für die Zahlung der Reparationen. Diese Garantien gewährleisten die Durchführung des Versailler Vertrages mit einer nicht zu unterschätzenden Gründlichkeit. „Ist eS möglich, so fragte Hymans, an die Stelle dieser Garantien andere Mittel »« setzen, die uns Sie Erlangung des gleichen Zieles gewährleisten und vermag Deutschland entsprechende Vorschläge zu machen? Wir werde« alle derartige« Vorschläge Deutschlands in der Sicherhcits- und ReparationSsrage gemeinsam mit unsere« früheren Alliierte« im Geiste der Objektivität prüfe«. Aber Belgien hält es für notwendig, sich in bczng ans dke Entmilitarisierung der besetzte« Rheingcbiete r« sichern."^'
Alsdann beschäftigte sich Hymans mit dem Völkerbünde und erklärte, die belgische Politik sei eine Politik des Friedens, wobei die Sicherheitsfrage die Voraussetzung für jeden Frieden sei. Belgien wünsche die Erweiternng des Systems der Schiedsgerichtsbarkeit. Belgien glaube, daß das wirk- samste Sicherheitssystem in dem Abschluß von Regionalpak. ten, Nichtangrisfsverträgen und Schiedsgerichtsverträgen bestehe. Obgleich die Entstehung von Kriegen schwieriger geworden sei, lägen sie dennoch immer im Bereiche des Möglichen. Belgien müsse unter alle« Umstände« seine Grenzen verteidigen und dürfe infolgedessen ans entsprechende Sicherheiten nicht verzichten. Belgien wolle Opfer bringen, aber es sei gleichzeitig auch entschlossen, seine Bemühungen für dse Befriedung und Stabilisierung Europas fortznsctzen.
Die weitere Behandlung der Sicherheilsfrage
Frankreich
beginnt das alte Verschleppungsmanöver
TU Gens, 22. Febr. Im Sicherheitsausschuß gab gestern bet der Fortsetzung der Aussprache der Delegierte von Frankreich eine Erklärung ab über den Standpunkt seiner Negierung tu der Stcherheitssrage. Paul Boncour entwickelte die bekannten französischen Thesen über Len Zusammenhang zwischen Abrüstung «nd Sicherheit. Der leitende Grundgedanke seiner Ausführungen bezog sich aus den Ausbau eines Systems regionaler Sicherheitsverträge «ach dem Muster des Locarnopaktes zwischen den europäischen Staaten, zwischen denen Konfliktmüglichkeiten beständen. Das allgemeine Sicherheitsabkommen sei nach dem Scheitern des Genfer Protokolls vorläufig noch nicht zu erreichen. Paul Boncour betonte, daß die französische Auffassung hinlänglich aus den früheren Erklärungen -er Delegierten Frankreichs, insbesondere auS der Initiative der französischen Delegation auf der letzten Vollversaminlung, bekannt sei. Die Tatsache des SicherheiisansschusseS bedeute bereits einen wichtigen entscheidenden Schritt. Die allgemeine Sicherheit müsse durch regionale Sonderabksmmen erhöht werden. Derartige Abkommen würden Wesentliches für die Sichernng des Friedens bedeuten und die Gefahr künftiger Kriege zwischen Nachbarstaaten bannen. Die Möglichkeit, daß zwei Staaten eine größere Sicherheit im Beitritt eines »der mehrerer Staaten zn einem derartigen regionalen Abkommen sehen, müsse von vornherein anerkannt werden.
Paul Boncour schlug sodann vor, daß nach Abschluß der Aussprache ein Text über die allgemeine These des Regto- «alvertragssystems ausgearbeitet werden soll.
Frankreich sabotiert die deutsche« Anrrgnnge».
Am gestrigen Nachmittag haben zwischen den maßgebenden Delegationen deS Sicherheitsausschusses eingehende Verhandlungen über das einzuschlagcnde Berhandlungsver- fahren stattgesunden. Die Generaldebatte wir» aller Vor- aussicht nach bereits am Donnerstag zu Ende gehen, woraus dann »n die Diskussion der einzelnen Vorschläge und Anre- gingen eingetreten werde» wird. Nach dem bisherigen »er.
Handlungsverlauf werden folgende drei Punkte zur Einzelberatung gestellt werde«:
1. Herstellung eines BertragSschemas für ei«zel«e «nd allgemeine Schiedsgerichts- »nd VcrgleichsvertrSge.
2. Feststellung der vom Völkerbund z« ergreifenden Sicherheitsmaßnahmen in Krisengesahr.
8. Redigier««- eines Schemas für regionale Sicherheitspakte.
Der letzte Punkt dürste ohne Zweifel im Mittelpunkt der kommenden Verhandlungen des Ausschusses stehen. Von französischer Sette wird gegenwärtig mit großem Nachdruck aus eine beschlenntgte abschließende Herstellung eines Ver- tragstypus sür die regionalen Sicherheitspakte gedrängt. Es scheint bei der französischen und den Frankreich nahestehenden Delegationen die Tendenz zu bestehen diesen Vertrags- typnS bereits auf der gegenwärtigen Tagung endgültig a»s- zuarbeitcn und so einen für die weitere Behandlung der Stcherheitssrage im Völkerbund geeigneten Entwurf z« schassen, -er dann ans dem Wege über die Vollversammlung des Bundes sämtlichen Mitgliedern zur Anwendung empfohlen werden soll.
Hierbei scheint, wie aus den Erklärungen Paul Boncours hervvrgehi, die Absicht zu bestehen, die deutschen Anregungen als bereits in früheren Verhandlungen des Völkerbundes erledigte Punkte Larzustellen, wobei man aus die Arbeiten des Natskomitceö im März vorigen Jahres verweist. Demgegenüber muß darauf hingewiesen werden, daß den deutschen Anregungen besondere Bedeutung -»kommt, da sie bindende Abkommen der Staaten zur Verhütung und Verhinderung des Ausbruchs von Feindseligkeiten vorsehen. Gegenüber de» Versuchen, die deutschen Vorschläge zu übergehen und die Herstellung eines BertragSschemas sür die rationalen SichkrheitSpakte jetzt herbciznführen kan» nur immer wieder aus die große Bedeutung nnd den Ernst der Lage hingewir- scn werden.
ES erscheint kaum möglich im Berlans einer so kurzen Tagung, wie der gegenwärtigen, ein endgültig bindendes Vertragsschema für die regionale« EicherheitSpaktc zu schaffe«, die gerade t« -er europäische« Politik der Gegenwart eine so grobe Hoffe spiel«». Dringe«- ««ch.dapc, «l«»dert »«d«>.
Tages-Spiegel
Die Behandlung deS RotprogrammS -er Reichsregieruus wird so beschleunigt «erde«, daß die einzelnen Vorlage» schon Mitte dieser Woche dem Reichsrat zugehe« werde«. Es ist beabsichtigt, die einzelne« Vorlagen dem Reichstag unter eine« Mantelgesetz zngchc« z« lasse«.
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Der belgische Anßcuminifter hat in einer Rede im Senat von Deutschland die Abgabe von Garanticvorschlä««» zur Räumung des Rhcinlandes gefordert.
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Aus der Tagung des LicherheitSausschusseS schlägt Frankreich wiederum sei»« «lterprobte Verschleppungstaktik ein und versucht die deutsche« Vorschläge ans die Seite z« schiebe».
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Das asghauische Köntgspaar hat gestern abend von Basel kommend die deutsche Grenze überschritte«. De« Gäste« wurde ein feierlicher Empfang bereitet.
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Großadmiral v. Klister ist in Siel im 84. Lebrnsfah, ge- ftorbe«.
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Der deutsche Außenhandel zeig« im Januar d. I. i« reine« Warenverkehr eine« Einfuhrüberschuß von SS8 Million«» gegeuüber SSt Millionen Nm. im Bormouat.
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Nach Meldung«« aus Washington glaubt man in amtlichen Kreise«, daß die «egen der Eigeutnmsvorlage noch zwischen dem Repräsentantenhaus «nd dem Senat bestehende» Differenzen durch die Kongretzkommisston bald beseitigt «erde«, so daß Präsident Coolidge i« März durch seine Unterschrift dle Ekgentnmsvorlage als Gesetz bestätigen kan«.
-aß den einzelnen Regierungen die Möglichkeit einer Stellungnahme z« diesen Vorschlägen gegeben wird.
Einigung über das Saarabkommen
TU. Paris, 22. Februar. Bon der deutsche« Delegation wird offiziell mitgetettt: „Die zwischen der deutschen nud der französischen Delegation feit mehrere« Monaten in Paris geführten Verhandlungen über die Siegelung des Warcnaus. tanschcs zwischs« dem Saargebiet «nd dem deutschen Zollgebiet habe« zu einer Einigung geführt» z« -er die beide» Negierungen ihre Zustimmung gegeben haben. Die Unterzeichnung deS Vertrages ist im Laus« des Mittwoch oder Donnerstag zu erwarten."_
Der Lohnkonflikl in der Metall-Industrie
Vcrdindlichkcitserklärung des Schiedsspruches sür die mitteldeutsche Metallindustrie.
TU. Berli«, 22. Februar. In dem Lohuftrett der mitteldeutsche« Metallindustrie hat der Reichsarbcitsminister die Schiedssprüche vom 18. Februar 1828 im öffentlichen Jutereff« sür verbindlich erklärt. _
Der Empfang des Asghanenkönigs
TU. Weil bei LeopolLshöhe, 22. Februar. Das afghanische Köntgspaar ist gestern mit seiner Begleitung nm 19L9 Uhr in Automobilen von Basel kommen- programmäßig in Leo- poldshöhe etngetrosfen. Das Köntgspaar wurde zunächst vom afghanischen Gesandten in Berlin begrüßt, der es hierauf dem Ehrenbegletter, Retchsmlnister a. D. Erz. v. Rosen, sowie Herrn «nd Frau v. Richthofen mit den anderen Herren der dentschen Delegation vorsteltte. Exz. Rosen be- grüßte das Köntgspaar mit folgenden Worten: „Im Namen deS Herrn Reichspräsidenten und der deutschen Neichsregie- rung heiße ich Euere Majestäten beim Betreten -eutichen Bodens als Gäste der dentschen Regierung herzlich wtllkom- men. Der Wunsch der deutschen Regierung geht dahin, daß Ew. Majestäten sich in Deutschland so heimisch fühlen mögen, daß das Gefühl, ln der Fremde zu sein, bet Ew. Majestäten nicht auftommc. Die deutsche Negierung weiß, daß Ew. Majestäten nicht -um Vergnügen, sondern -» ernsten Studien nach Deutschland kommen. Sie wird sich bemühen, alle Wünsche Ew. Majestäten nach Möglichkeit zu erfüllen. Möge -er Aufenhalt Ew. Majestäten in Deutschland reichen Segen tragen zum Wvhle der beiden Länder Afghanistan und Deutschland." Exz. v. Rosen hielt die Ansprache in persischer Sprache, woraus der König mit kurzen Worten erwiderte.
Kurz nach 29 Uhr bestieg »er König den berettgestellten Sonderzug, der sich um 29,20 Uhr programmäßig »ach Berlin über Karlsruhe—Frankfurt a. M-—Fnlda-Magdebnrg l»