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165.

Neuenbürg, Samstag den 15. Oktober MO.

68. Jahrgang.

RunSlchau.

Berlin, 13. Okt. Die Reichstagskommission für die Reichs Versicherungsordnung hat nach längerer Diskussion unter Ablehnung gestellter Anträge mit 18 Stimmen die Bestimmung der Regierungsvorlage angenommen, wonach die Versicherungsanstalten min­destens ein Viertel ihres Vermögens in Anleihen des Reiches oder der Bundesstaaten anlegen müssen. Die gleiche Bestimmung wurde für die Sonder­anstalten eingefügt.

Die Jahrhundertfeier der Universität Berlin, welche sich in den Tagen des 10. bis 13. Oktober abspielte, hat einen ebenso glanzreichen wie eindrucksvollen Verlauf genommen. Der Kaiser selbst, sowie die Kaiserin, der deutsche Kronprinz und seine Brüder, ferner Prinz Rupprecht, der künf­tige König von Bayern, wohnten der Jubelfeier an ihrem Haupttage, am 11. Oktober bei, ebenso der Reichskanzler nebst den Mitgliedern der Reichs- und der preußischen Regierung. Weiter nahmen zahlreiche hervorragende Vertreter der deutschen Wissenschaft und eine Reihe namhafter Gelehrter aus dem Aus­lande teil. Unter den vielen rednerischen Kundgeb­ungen ist besonders die Rede, welche der Kaiser beim ersten Festakte hielt, eine der bemerkenswertesten. Betonte doch der Kaiser in ihr mit markigen Worten ! den ausgeprägt nationalen Charakter der Universität Berlin und die besondere politische und nationale Bedeutung ihrer Gründung gerade zur Zeit der drückenden r.apoleonischen Fremdherrschaft in Deutsch­land. Besondere Genugtuung hat dann die Mit­teilung des Kaisers hervorgerufen, daß er die Gründ­ung selbständiger Forschungsinstitute, wofür be­reits etwa zehn Millionen Mark gezeichnet seien, ankündigte. Der Kaiser schloß mit den Worten: Alle Wahrheit aber ist Gottes, und sein Geist ruht auf jeglichem Werke, das aus der Wahrheit stammt und zu ihr strebt! Dieser Geist der Wahrheit möge euch, Kommilitonen, erfüllen; er möge meine teure Hochschule in ihrem ganzen Wirken durchdringen l Dann wird ihr Alter sein wie ihre Jugend, und sie wird bleiben eine Stadt auf dem Berge, zu der die Völker wallen, und eine Zierde und ein Hort des Vaterlandes!" Den Wunsch, welchen der Kaiser schließlich aussprach, daß die Berliner alina maksr allzeit den Geist der Wahrheit und der wissenschaft­lichen Freiheit wahren möge, wird wohl jeder ge­bildete Deutsche teilen. Mit Befriedigung kann man die Tatsache feststellen, daß der Kaiser es sorglich vermieden hat, dieser seiner Rede irgendwie ein be­sonderes politisches Relief zu verleihen, wie es hie und da erwartet worden war; ein solches Beginnen würde schlecht zu der akädemischen Jubelfeier gepaßt haben. Zu den Festrednern gehörte auch der Reichskanzler o. Bethmann Hollweg, der an festlicher Tafel die wissenschaftlichen Leistungen der Jubeluniversität und den sie durchwehenden freien Geist pries. Der dritte Tag des Berliner Uni­versitätsjubiläums war besonders beachtenswert durch die zahlreichen Ehrenpromotionen, welche beim Festakte in der Aula verkündigt wurden. Unter den Ehrendoktoren der juristischen Fakultät sind in erster Linie zu nennen Kaiser Wilhelm und Prinz Rupprecht von Bayern. Eine kunterbunte Reihe bilden die Ehrendoktoren der philosophischen Fakultät, denn hier erscheinen der Reichskanzler und Frau Cosima Wagner, die Witwe des großen Komponisten, ferner der Staatssekretär des Reichsamtes des Innern Delbrück und Großfürst Nicolai Michaelowitsch von Rußland, der Reichstagspräsident Schwerin - Löwitz und der Komponist Humperdinck, der Jndustriebaron Emil Rathenau, der Maler Thoma usw. Am Donnerstag gab der Kaiser eine Tafel im Berliner Residenzschlosse.

Zur Beilegung der noch immer nicht ganz über­wundenen Differenzen in der Werftindustrie sind m Hamburg erneute Verständigungsverhand­

lungen zwischen Bevollmächtigten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer eingeleitet worden. Erneut streiken die Werftarbeiter in Hamburg und in Flensburg.

Bremen, 13. Okt. Die Verhandlungen zwischen den Werftarbeitern einerseits und der Nord­deutschen Armaturenfabrik und der Aktien­gesellschaft Weser andererseits haben zu einer Bei­legung aller Differenzpunkte geführt. Die Arbeit bei der Armaturenfabrik wird morgen wieder aus­genommen werden.

Nach Berliner Muster haben Arbeiterkrawalle in Remscheid stattgefunden. Im Anschluß an fünf Protestversammlungen gegen den vom Arbeit­geberverband eingerichteten Arbeitsnachweis zogen nachts etwa 2000 Arbeiter lärmend und mit den Rufen:Nieder mit dem Arbeitsnachweis! Nieder mit der bürgerlichen Presse!" über den Markt durch die Alleestraße. Die Aufforderung der Polizei­beamten, auseinanderzugehen, wurde von der Menge mit Hohnrufen und Steinwürfen beantwortet. Es gelang zunächst, die Ruhestörer ohne Anwendung der Waffe in die Nebenstraßen zu drängen. Als sich jedoch die Menge im Rücken der Wache abermals zusammenrottete und aus ihrer Mitte Steine auf die Beamten geworfen wurden, waren diese gezwungen, blank zu ziehen.

Der Lenkballonk VI" ist am Mittwoch nachmittag '/-5 Uhr am Ziele seiner am Montag vormittag ins Werk gesetzten Fernfahrt München- Berlin, auf dem Flugfeld Johannistal-Berlin, ein­getroffen. Der letzte Teil der sonst so gelungenen Fahrt desk VI" wurde dadurch erheblich beein­trächtigt und erschwert, daß nach dem Passieren Wittenbergs die eine Schaufel des Propellers und bald darauf auch die Welle brach. Das Luftschiff muß sich daher in der Johannistaler Ballonhalle einstweilen den notwendigen Reparaturen unterziehen.

Berlin, 14. Okt. In einem Haus der neuen Friedrichstraße gegenüber der Markthalle entstand heute nachmittag infolge einer Gasexplosion in einem Wäschegeschäft Großfeuer. Der Brand er­streckte sich auf das dritte und vierte Stockwerk, so­wie auf den Dachstuhl, der beinahe gänzlich abge­brannt ist. Es wurden zwei verkohlte Leichen, anscheinend ein Mann und eine Frau, aufgefunden. Durch die Feuerwehr wurden acht Personen, denen der Weg durch das Feuer abgeschnitten war, mit Rettungsleitern und Sprungtuch gerettet. Zwei Mädchen wurden schwer, ein Zuschneider leicht verletzt.

Würzburg, 13. Oktbr. Kurz vor Schluß der gestern abgehaltenen Generalversammlung der Aktien­gesellschaft für landwirtschaftliche Maschinen, vorm. Gebr. Buxbaum, erschienen im Versammlungslokal der Staatsanwalt und der Untersuchungsrichter und verhafteten das Aufsichtsratsmitglied Justitiar Boden­bach aus Essen. Eine große Anzahl Papiere wurde beschlagnahmt. Bodenbach gehörte bereits dem Auf­sichtsrat der jetzt in Haft sitzenden Gebrüder Bux­baum an.

Frankfurt a. O., 14. Okt. Heute früh 1 Uhr überfuhr in Wellmitz der Eilgüterzug 6055 das Haltesignal und fuhr auf den Güterzug 7739 auf. Hilfsbremser Treschenschi aus Frankfurt a. O. ist tot. Lokomotivführer Scheemann, Heizer Rudolf aus Berlin und der Packmeister Tischler aus Breslau sind schwer verletzt. Die Lokomotive und zwölf Wagen sind zertrümmert. Der Betrieb ist auf beiden Gleisen auf 8 Stunden gesperrt. Der Personen­verkehr wird aufrecht erhalten.

Hachenburg (Westerwald), 13. Oktober. Ein schweres Automobilunglück ereignete sich in vergangener Nacht auf dem Wege nach Oberhattert. Der frühere Rennfahrer von hier und der Sohn des Lederfabrikanten Thehwald, sowie ein Angestellter des Geschäftes trugen eine Wette aus, wonach die Fahrt nach Oberhattert hin und zurück im Automobil in wenigen Minuten zurückgelegt werden sollte. Der

Wagen fuhr mit voller Wucht in einen Graben. Thehwald und der Angestellte wurden sofort ge­tötet. Henney trug so schwere Verletzungen davon, daß er kaum mit dem Leben davon kommen dürfte. Der Wagen wurde vollständig zertrümmert.

In Frankreich herrscht wieder einmal die Kala­mität eines allgemeinen Ausstandes der Eisen­bahnangestellten und Eisenbahnarbeiter, der sich rasch aus einem Teilstreik der Werkftättenarbeiter der Nordbahn entwickelte. Der Eisenbahnverkehr des Landes ist hierdurch vielfach ins Stocken ge­kommen, obwohl die Regierung alles mögliche tut, um den Verkehr aufrecht zu erhalten. Unter anderem sind ca. 30 000 militärpflichtige Eisenbahnbeamte als Reservisten einberufen worden, um auf Kommando den Eisenbahndienst zu verrichten. Die Pariser Bahnhöfe sind fast alle geschloffen. Der Eisenbahn­verkehr aus Frankreich nach dem Auslande stockt ebenfalls vielfach. Die Streikenden haben sich schon zahlreicher und mitunter bösartiger Ausschreitungen schuldig gemacht. In Paris macht sich der Ausstand derEisenbahner" besonders durch eine rapide Preis­steigerung bei den notwendigsten Lebensmitteln sür weite Kreise der Einwohnerschaft schon sehr un­angenehm fühlbar. Ministerpräsident Briand sprach sich zu mehreren Preßvertretern scharf verurteilend über den Streik der Eisenbahnbeamten aus und bezeichnte ihn als eine rein aufrührerische Bewegung; der Streik sei durchaus grundlos ausgebrochen.

Paris, 14. Okt. Die Lage zeigt eine weitere Neigung zur Besserung. Die Orleansgesellschaft meldet, daß ihre ausständigen Angestellten in großer Zahl die Arbeit wieder ausgenommen haben und daß der Verkehr fahrplanmäßig von statten geht. Das gleiche gilt für die Ostbahn. Aus der staat­lichen Westbahn und auf der Nordbahn, bei denen die Züge ordnungsmäßig eintreffen, wird die Arbeit gleichfalls wieder ausgenommen. Auf der Südbahn hat nur ein Teil der Arbeiter dem gestrigen Beschluß, in den Ausstand zu treten, Folge geleistet. Für diese Ausständigen ist Ersatz geschaffen. Lokomotivführer und Heizer sind zum Dienst erschienen, der sich in gewohnten Weise abwickelt.

Paris, 14. Okt. Das Komite der Vereinigten . Bauarbeiter-Syndikate hat sich heute vormittag für den allgemeinen Ausstand entschieden. Eine Versammlung der Arbeiter der elektrischen Industrie stimmte für die Fortsetzung des Ausstandes.

Brüssel, 13. Oktbr. Der endgültige offizielle Schluß der Weltausstellung ist auf Montag den 7. November abends festgesetzt worden.

London, 14. Okt. Der DampferHeathsteld" aus Glasgow ist gestern bei einem furchtbaren Sturm auf der Höhe von Sharingham gestrandet. Zwei Matrosen konnten gerettet werden, die übrigen 16 sind ertrunken.

New - Dork, 14. Okt. Die Kohlenfirma Thomas Watkins hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Ver­bindlichkeiten belaufen sich auf 1275000 Dollars.

Erneut werden verheerende Waldbrände aus Nordamerika gemeldet. Namentlich wird der Staat Minnesota von ihnen heimgesucht. Die Zahl der bis jetzt umgekommenen Personen wird auf mehr als tausend geschätzt. Der durch die Waldbrände angerichtete materielle Schaden beziffert sich auf Hunderte von Millionen Dollars. Die Waldbrände sind auch auf kanadisches Gebiet übergesprungen.

Havanna, 14. Oktbr. Ein Orkan hat die Städte Kasilda und St. Clara zerstört. Viele Menschen sollen dabei umgekommen sein.

Württemberg.

Die württembergischen Staatsbeamten haben wiederum eine Eingabe an die Regierung gerichtet, worin sie ihre Wünsche zu der Gehaltsvorlage niederlegten.

Stuttgart, 13. Okt. Bekanntlich haben die bürgerlichen Kollegien vor einem Monat beschlossen.