Zweites

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Reuenbürg, Mittwoch den 12. Oktober MV.

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RunSschau.

Nach der soeben erschienenen Statistik hat die deutsche Reichspost im Jahre 1909 fast 8'/- Milliarden Postsendungen befördert. In jedem Jahr wächst diese Leistung um ungefähr eine halbe Milliarde. Der letzte Zuwachs betrug 454 Millionen, so daß 1909 8449 Millionen befördert worden sind. Auf Pakete und Wertsendungen ent­fallen 358 Millionen, der große Rest auf die Brief­post. Frankierte Briefe wurden befördert 2735 Millionen, unfrankierte 47 Millionen. Postkarten 1583, Drucksachen 1389, Geschäftspapiere 18, Waren­proben 88, portofreie Postsendungen 108, Zeitungen 1800, Zeitungsbeilagen 206 Millionen. Der Wert- und Bankverkehr der Post erreichte über 34'/- Milliarden Mark, davon über 10'/i Milliarden auf 193 Millionen Postanweisungen. Postwertzeichen verkaufte die Reichspost fast 4'/i Milliarden Stück im Werte von 413 Millionen Mark. Fast ein Drittel aller Wertzeichen sind Fünfpfennigmarken mit 1587 Millionen. Zehnpfennigmarken wurdennur" 1155 Millionen gebraucht. Auch der Telegramm­verkehr ist von 51 Millionen auf 53'/- Millionen gestiegen. Die Fernsprechanstalten vermittelten fast 1'/, Milliarden, genau 1496 Millionen oder 135 Millionen mehr Gespräche. Der Telegrammverkehr brachte 44 Millionen, der Fernsprechverkehr 114'/- Millionen Mark. Die Reichspost zählt jetzt 34,626 Postanstalten oder 136 mehr als im Vorjahr. Von diesen haben 35,389 Telegraphenbetrieb. Telegraphen- anstalten gibt es 34,589, Fernsprechanstalten 29,114. Eine Postanstalt kommt jetzt auf 1506 Einwohner, ein Telegraphenamt auf 1651, eine Fernsprechanstalt 1780. Das Heer der Reichspostbeamten umfaßt jetzt 272,782 Köpfe, wenn man die Vertreter er­krankter Beamtinnen, Unterbeamten usw. nicht mit­rechnet. Weibliche Beamte zählt die Reichspost 19,363.

Gebweiler, 10. Okt. Hr. Fabrikant Robert Schlumberger hat am Samstag als Erster im Automobil den Großen Belchen erstiegen. Er unter­nahm die kühne Fahrt in einem 15 Pferdestärke Delahayewagen auf dem Pionierweg über den Lauchensee. Zum Aufstieg waren vier, zur Abfahrt drei Stunden nötig. Es galt verschiedene Hinder­nisse zu überwinden, so z. B. mußte eine schwache hölzerne Brücke umgangen werden. Hätte Hr. Schlum­berger sich nicht mit Stricken, Pickel, Schaufel usw. ausgerüstet, so wäre die Fahrt nicht möglich gewesen.

Zittau, 10. Oktober. Als der Bäckermeister Kaspar in der Weberstraße heute mittag kurz nach 1 Uhr mit seinem Jagdgewehr hantierte, entlud sich plötzlich die geladene Waffe. Die Kugel ging durch das Schaufenster und traf zwei Herren, die auf der Plattform eines gerade die Straße pas­sierenden Wagens der elektrischen Straßenbahn standen. Beide Herren fielen tödlich getroffen vom Wagen. Die Kugel war beiden durch den Kopf gegangen und hatte den sofortigen Tod veranlaßt.

Ein Stahl-Luftschiff ist in Oesterreich gebaut worden. Es soll in kurzer Zeit seine ersten Flugversuche in St. Pölten machen. Mit diesem Luftschiff wird ein ganz neues System in den Wett­bewerb der bisherigen Luftschiffe eintreten. Das Luftschiff ist eine Idee des Oberleutnants Walach von Hallmbern. Seine Hülle besteht nicht aus Ballonstoff, sondern aus geschweißten Stahlblech­platten. Es ist klar, daß diese neue Art einer Luft­schiffhülle ungeheure Vorteile birgt, da eine unbedingte Dichtigkeit dadurch gewährleistet wird. Trotz der Stahlhülle stellt sich das Verhältnis von Eigengewicht und Nutzlast nicht ungünstiger dar, als bei anderen Lenkballons, die eine Stoffhülle haben. Die Schweiß­ung der einzelnen Stahlteile soll vorzüglich gelungen sein. Das Luftschiff soll imstande sein, ohne Gas­erneuerung zehn Tage in der Luft zu bleiben. Da­durch wird es sich vorzüglich für militärische Zwecke eignen. Die Gondel wird mit dem Luftschiff fest verankert. Kaiser Franz Josef hat sich durch Erz­herzog Leopold Salvator, der mit den näheren Einzelheiten des Stahl-Luftschiffes vertraut ist, einen Bericht erstatten lassen.

Mürllemberg.

Stuttgart. Am Sonntag, 2. Okt. ds. Js. beging das Mutterhaus der Olgaschwestern (Karl- Olga-Krankenhaus Metzstr. 62) nachmittags 2'/- Uhr sein Jahresfest in der Friedenskirche. Zu dieser Feier hatte sich eine zahlreiche Gemeinde zusammen­gefunden. Zunächst bestieg Dekan Meissner aus Balingen die Kanzel, dessen gediegener Festpredigt das Prophetenwort (Sach. 6,15):Sie werden kommen von ferne, die am Tempel des Herrn bauen werden", zu Grunde lag. Hierauf trug Pfarrer Schippert den Jahresbericht vor, um weiterhin nach einer kurzen Ansprache über Psalm 100, 2 die Einsegnung von 10 Schwestern vorzunehmen. Da unser Haus zu den öffentlichen Krankenanstalten zählt, halten wir es für unsere selbstverständliche Pflicht, auch in breiterer Oeffentlichkeit über unser Leben und Arbeiten Rechenschaft abzulegen und einen kurzen Auszug aus dem Bericht zu geben. Im Anschluß an Ap.-Gesch. 14,17 bezeichnte der Be­richterstatter das Jahr 1909/10 als ein solches, das gleichermaßen wegen schwerer Heimsuchungen wie wegen freundlicher Gnadenbezeugungen unvergessen bleiben werde. Im Vordergrund stand der rasche Tod des langjährigen Mutterhausvorstandes. Pfarrer Deckinger, dessen Namen mit der Geschichte und mit den Erfolgen des Hauses unauflöslich verbunden bleibt. Außerdem war der Hingang zweier Schwestern, Frida Bay und Katharine Fuchs zu beklagen. Im Verwaltungsrat entstanden empfind­liche Lücken durch das Ableben des Hrn. Staatsrats v. Moser und des Hrn. Geh. Kommerzienrats v. Hummel, sowie durch den Rücktritt der Gräfin Luise v. Uxkull. Es entschlossen sich in den Riß zu treten Hr. Geh. Hofrat Dr. Sieglin und Frau Prälat v. Bilfinger. Als höchst bedauerlich und arbeits­hemmend war die unverhältnismäßig große Zahl der Schwesternerkrankungen zu erwähnen, die bis in die Gegenwart hereinwirkt und sich gerade zur Zeit der Uebersiedlung der chirurgischen Abteilung in den Charlottenbau besonders fühlbar machte. Die Ge­samtzahl der Olgaschwestern beträgt einschl. 5 im Pensionsverband befindlicher Schwestern 182; 18 Neueintritten stehen 7 Austritte gegenüber. Invalide Schwestern zählen wir 10. Augenblicklich sind für den Pflegedienst verfügbar 155; davon im Karl- Olga-Krankenhaus hier 28 inel. 13 Lehrschwestern; außerdem sind 8 Schwestern im Mutterhaus zu Haushalts- u. a. Zwecken, 1 im Erholungsheim Murrhardt tätig. Die Statistik des Karl-Olga- Krankenhauses weist 1737 Kranke mit 33 691 Ver­pflegungstagen und 1486 Nachtwachen auf; dazu treten noch 55 Privatpflegen mit 874 Pflegetagen, 189 Nachtwachen und 84 Stundenbesuchen. Unsere Poliklinik fand reichlichen Zuspruch, sofern 2072 Patienten sich um Hilfeleistung bemühten. Ferner hatten wir 60 Stationen, 38 Gemeindepflegen und 22 Krankenanstalten zu bedienen. Dort verpflegten unsere Schwestern 19405 Kranke in 309205 Pflege­tagen, 6550 Nachtwachen und 183431 Einzelbesuchen, worunter 10174 Gänge in Armensachen. Neu über­nommen wurden 5 Gemeindepflegen (Gussenstadt, Nattheim, Bissingen a/E., Kornwestheim, Schwann); aufgegeben 1 (Krankenhaus Sindelfingen). Weitere Gesuche um Schwestern liegen in reicher Fülle vor^ doch der Schwesternmangel hält die Berücksichtigung hintan. An den Ausbildungskursen beteiligten sich 21 Schülerinnen, darunter 2 Gemeindepflegerinnen und 3 Lehrschwestern des Johanniterordens. Die staatliche Prüfung für Krankenpflegerinnen werden Heuer erstmals 11 Schwestern und 9 Schülerinnen abzulegen haben. Natürlich kann der Jahresbericht auch die Höhepunkte des Anstaltslebens nicht über­gehen; deshalb erinnert er an die Einweihung der neuen chirurgischen Klinik, des sogen. Charlottenbaus, die den Hausgenossen viel Ermutigung brachte und wegen der Teilnahme unseres Königspaares in weiteren Kreisen Beachtung fand. Darum hievon hier nicht weiter. Nur mögen alle Freunde einer zeit- und sachgemäßen Krankenpflege beim Lesen dieser Zeilen freundlich daran denken, daß sich unsere heilige ernste Sache weder auf Aktien noch Divi­denden gründet, sondern zunächst auf die Wohltätig-

68. Jahrgang.

keit und Freigebigkeit derer angewiesen ist, die sich einer unverwüstlichen Gesundheit erfreuen und gerne beisteuern zu dem Werk, dessen sie selbst nicht be­dürfen oder auch derer, die als Verpflegte und Ge­nesene den Segen solcher Veranstaltungen persönlich erlebt und darum sich vorgenommen haben, an deren Erhaltung und Erweiterung unterstützend mitzu­arbeiten. Erklären sich aber alle Gesunde und alle aus Krankheitsnöten Wiederaufgeblühte unserem Werk der Nächstenliebe tributpflichtig, so kann es sich je mehr und mehr machtvoll entfalten. 8ck.

Neuhausen OA. Eßlingen, 8. Oktober. Der gefürchtete Stuttgarter Polizeihund Sherlok mußte auch hier seine feine Nase erproben. Anläßlich eines großen Wäschediebstahls in dem Garten einer hiesigen Brauerei wurde er hierher requieriert. Er nahm sofort an einer dem Dieb verloren gegangenen Wäscheklammer Witterung und fand auch bald die Spur, die in eine Gärtnerei führte. Dies war wohl die richtige, denn hier hatte der Dieb für die Familie Gemüse gekauft, aber sie führte noch zu keinem Er­gebnis. Als Sherlok wieder an den Tatort zurück­geführt wurde und wiederholt Witterung nahm, kam er auf eine zweite Spur, die sich mit der ersten ge­kreuzt hatte. Hier hatte der Dieb am vergangenen Tag auch verkehrt. Sherlok kam nach eifrigem Suchen in das Nachbarhaus des Täters. Als der Dieb auf die Tätigkeit des Polizeihundes im Nach­barhause aufmerksam wurde, verpackte er die ge­stohlenen Sachen in einen Sack und führte diesen auf einem kleinen Handwagen dem nahe beim Hause befindlichen Wagerbache entlang, gegen Plieningen zu. In dem Nachbarhause konnte naturgemäß nichts gefunden werden und man gab schon die Hoffnung auf. Aber Sherlok nahm, als die Begleitmannschaft das Haus verließ und sich nochmals an den Tatort begeben wollte, sofort die neue Fährte des Täters auf. Es war eine Freude zuzusehen, wie er nun arbeitete. Der ihn begleitende Schutzmann Wißmann mußte seine Kräfte anstrengen, den Polizeihund zu­rückzuhalten. Sherlock ging der frischen Spur des Täters nach und fand auch bald den ausgeflogenen Vogel, der sich, als er merkte, daß Sherkok hinter ihm her war, in einem Busche am Bache verstecken wollte, doch Sherlok stellte ihn sofort, worauf die Festnahme erfolgte. Als Mittäter in Betracht kommt ein 15 jähriges Mädchen, das ohne Zweifel die ge­stohlenen Wäschegegenstände seinem Schatz, der Heuer zum Militär einrücken muß, beiseite schaffte. Mit diesem Diebstahl hat sich aber auch ein schon vor zwei Monaten begangener aufgeklärt, bei dem 15 Paar Strümpfe und Socken abhanden kamen. Auch dafür kommt dieses Mädchen als Täterin in Betracht. Sie hat bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt, worauf auch die Festnahme ihrer Mutter erfolgte.

Gmünd, 10. Okt. Ein Schmelzer einer hiesigen Silberwarensabrik wurde wegen Silberschnipfeleien verhaftet. Als Hehler ist ein Agent festgenommen worden.

Vom Oberamt Brackenheim, 10. Okt. Ob­wohl noch nicht mit Zahlen für den heurigen Herbst gerechnet werden und jede Schätzung mehr oder weniger fehlgreifen kann, hört man, daß das heurige Erzeugnis keine 10000 Hektoliter ausmachen werde. Alle Jahrgänge der letzten 20 Jahren brachten es über 10 000 Hektoliter mit Ausnahme von 1891 und 1906. Im Jahre 1891 gab es nur 7237, 1906 gar nur 3370 Hektoliter Wein. 1906 war überhaupt in den letzten zwei Dezennien das schlech­teste Weinjahr, 1904 dagegen das beste, die Ernte betrug rund 52,000 Hektoliter. Schlechte Jahrgänge waren auch 1898, 1902, 1892 mit 12,828, 14,780 und 15,872. Hektoliter. Besser stand es in den Jahren 1889, 1908, 1907 und 1897 mit 20.945, 21,010, 21,723 und 25,908 Hektoliter. Die Jahr- gänge 1893, 1899 und 1909 waren im Ertrag fast gleich, sie brachten 28,166, 28,606 und 29,759 Hekto­liter. Gute Jahre waren 1895, 1901, 1896, 1905 und 1903. Der Herbst betrug in ihnen ^35,423, 39.103, 43,805. 43,593 und 45,177 Hektoliter. Am meisten Wein lieferten die Jahrgänge 1890, 1900 und 1904 mit 46,027, 49,367 und 51099 Hektoliter.