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135.

Neuenbürg, Mittwoch den 24. August 1910.

68. Jahrgang.

RunSschau.

Die Einweihung des Kaiserschlosses in Posen hat in Gegenwart des Kaiserpaares in fest­licher Weise stattgefunden. Das neue Schloß soll dem Kaiser und seinem Hause eine Wohnstätte bieten in der Stadt, wo die Wogen des Deutschtums und des Polentums am heftigsten gegeneinander branden, und soll davon Kunde geben, daß die Provinz Posen und die Ostmark auf ewig und unzertrennlich mit dem Deutschen Reiche und dem Königtum der Hohenzollern verbunden ist.

Kaiser Wilhelm hat den Zaren zur Teil­nahme an den deutschen Manövern eingeladen.

Berlin, 23. Aug. Heute trifft der Chef der Kanzlei des russischen Kaiserhofes hier ein, um im Auftrag der Zarin mehrere bekannte Berliner Professoren nach Darmstadt oder Schloß Friedberg zur Konsultation zu senden. Er begibt sich alsdann zum gleichen Zweck nach Paris. Die Abreise der Zarenfamilie nach Schloß Friedberg ist auf den 2. September verschoben worden. In Petersburger Hofkreisen spricht man von einem neuen Brief Kaiser Wilhelms an den Zaren, der eine Einladung zu den deutschen Manövern enthalten soll. Es wird erwartet, daß der Zar dieser Einladung Folge leisten wird. Gestern reiste ein Teil der Geheimpolizei des Zaren nach Deutschland ab. Inzwischen werden in Friedberg umfassende Vorbereitungen für die An­kunft des Zarenpaares getroffen, die teils in einer Ausschmückung der Stadt, teils in einer peinlichen Organisierung des Sicherheitsdienstes bestehen. Alle Hotelwirte sind aufs neue angewiesen worden, an- kommende Fremde sofort bei der Polizei anzumelden.

Der Deutschenhaß der Tschechen hat sich wieder einmal in Prag Luft gemacht. Als auf dem Gebäude des Hilfsvereins der Reichsdeutschen zu Ehren des 80. Geburtstages Kaiser Franz Josephs eine schwarz-weiß-rote Flagge gehißt wurde, sammelte sich vor dem Hause eine skandalierende Tschechen­menge an, welche die Entfernung der Fahne forderte. Die Polizei stellte die Ordnung wieder her, und die Fahne blieb mit polizeilicher Erlaubnis gehißt.

Der 57. deutsche Katholikentag ist am Sonntag in Augsburg offiziell eröffnet worden, nachdem schon am Samstag verschiedene Versammlungen

Die Klapperschlange. !

Novellette von August Schuster.

-- (Nachdruck verboten.)

Neun und sieben ist dreizehn und acht ist fünf- undzwanzig und sechs ist zweiunddreißig ..." s

Nach dieser arithmetischen Leistung legte Herr Gabelmann die Feder weg, denn es klingelte das Z Telephon.Fräulein Hagenbuch I Hören Sie denn ; nicht? Das Abnehmen der Telephongespräche ist Ihre Sache und nicht die meinige! Was soll s denn das für eine Bilanz werden! Ich glaube, >, ich habe da ohnehin schon einen schönen Stiefel zu- d sammen gerechnet. Bei Ihrem verfluchten Geklapper A ist es aber auch gar nicht anders möglich! Ich! glaube, daß davon mit der Zeit sogar ein Nilpferd s nervös wird. So eine blödsinnige Erfindung! Können z Sie denn nicht mit der Feder schreiben wie ein S anderer Mensch? Ich werde es Herrn Schröder sagen, daß ich unmöglich bei dem Geklapper weiter arbeiten kann. Entweder Sie hören auf zu klappern, ^ oder ich höre auf zu rechnen." k

Aber ich bin doch als Maschinenschreiberin enga- > giert!" gab Fräulein Kätchen Hagenbuch zur Ant­wort.Das hätten sich die Herren vorher überlegen z sollen." Dann ging sie zum Telephon, nahm den § Bericht ab und fing wieder lustig an zu klappern.

Ich will Ihnen einen Vorschlag machen," meinte jetzt Herr Buchhalter Gabelmann,kommen Sie des Morgens eine halbe Stunde vor der Bureauzeit ins

stattgefunden halten. Eingeleitet wurde der Katho­likentag durch ein feierliches Pontifikalamt im Dom, worauf mehrere getrennte Versammlungen abge­halten wurden, darunter im Festsaal des Hotels Drei Mohren" die Generalversammlung desAu­gustinusvereins zur Pflege der katholischen Presse". Nachmittags durchzog von 2 Uhr bis 4ff» Uhr ein großer Festzug die Hauptstraßen der Stadt, nachher fanden abermals in mehreren Lokalitäten Versamm­lungen der Teilnehmer am Katholikentage statt.

Baden-Baden, 21. Aug. Noch in den letzten Tagen ist der Fremdenzuzug rapid ins Steigen ge­kommen. Die Frühzüge brachten heute ununterbrochen aus der Umgegend, den benachbarten größeren Städten, selbst aus fernen Landen eine große Men­schenmenge. Der Andrang nach dem Jffezheimer Truf war enorm. Die Tribünen reichten zur Auf­nahme der vieltausendköpfigen Zuschauer kaum aus. Der Internationale Klub sieht sich deshalb, diesem Umstand Rechnung tragend, veranlaßt, die altehr­würdigen Tribünen zu opfern, und an ihre Stelle allem Komfort und den modernsten Ansprüchen ent­sprechende Neubauten zu erstellen. Die elegante Damenwelt entfaltete wieder großen Toilettenreich­tum. Das Alte Badener Jagdrennen, das mit seinem historischen Kurse eine mächtige Anziehungs­kraft auf die Masse ausübt, und für den Fachmann und Sportsfreund eine Reihe fesselnder Momente aufweist, wurde diesmal von fünf Steeplern gegen drei im Vorjahre, bestritten. DieAlte Badener" besteht seit 1861. In den Jahren 1870 und 1888 bis 1892 fand dieses Rennen nicht statt, sonst ununterbrochen.

Der großartige Zug und die internationale Be­deutung der Rennen von Baden-Baden datiert seit dem Jahre 1872. Damals wurde, nachdem kurz vorher die Spielbank in Baden-Baden geschloffen worden war, von den vornehmen Sportsleuten Oesterreichs und Deutschlands der internationale Klub gegründet, um die Wettrennen zu heben und ihnen einen internationalen Charakter zu verleihen. Und obwohl die Franzosen, einst die eifrigsten Besucher Baden-Badens, in den ersten Jahren nach 1870 den Platz mieden, erreichten die Rennen zu Iffezheim doch bald eine Weltbedeutung, und das internationale Klubhaus in der Lichtentaler Allee zu Baden-Baden

ist heute der Mittelpunkt der vornehmen Sportswelt aller Länder. Die Franzosen haben auch wieder den Weg nach Baden-Baden und damit zum Renn­platz nach Iffezheim gefunden, und in der jetzigen Großen Woche von Baden-Baden holen sie sich, deren Pferdezucht der unseren überlegen ist, wieder große Triumphe.

Baden-Baden, 19. Aug. Bei der Submission für den Neubau der St. Bernharduskirche in Baden- West ergab sich folgendes traurige Resultat: Das höchste Angebot der Erdarbeiten betrug 2896 und das niederste 2091 °^, 198 200 als höch­stes Angebot der Maurerarbeiten, 147 578 als niederstes. Bei den Steinhauerarbeiten betrug das höchste Angebot 46 096 und das niederste 25 810 ^ Die Differenz der Schmiedearbeiten ist im Verhältnis zur Gesamtsumme die gewaltigste. Das Angebot mehrerer Submittenten betrug 1400 und ein Angebot ergab als Endsumme 860 Ein gleichfalls in diesem Verhältnis stehendes Angebot ergab die Submission des Pfarrhauses. Diese un­geheuren Differenzen dürften einerseits von dem all­gemeinen schlechten Geschäftsgang herrühren, ander­seits sind sie jedoch auf schlechte Kalkulation zurück­zuführen.

Bingen, 20. August. Zu einer ergreifenden, eindrucksvollen Kundgebung gestaltete sich vor einigen Tagen eine Feier am Nationaldenkmal, die von dem Verbände der Kriegsfreiwilligen von 1870 vorbereitet worden war, dem sich die Vereinigung der einjährig-freiwilligen Kampfgenossen von 1864, 1866 und 1870/71 und viele andere Kriegervereine angeschlossen hatten. Viele Hunderte von ergrauten Männern, dessen Brust mit langen Reihen von .Orden und Ehrenzeichen geschmückt war, füllten teils in freudiger, teils in wehmutvoller Stimmung, die umfangreichen Terrassen und Treppenanlagen am Fuße des Denkmals. Nach der Niederlegung eines Riesen-Lorbeerkranzes durch den Vorsitzenden des Verbandes, Geh. Sanitätsrat Dr. Riedel-Berlin, hielt Professor Adolf Müller-Hannover mit weit­hin schallender Stimme eine Ansprache, in der er der Männer gedachte, die ihr Leben auf dem Altäre des Vaterlandes geopfert haben, der Männer, denen es nicht vergönnt gewesen ist, die Frucht ihres Opfermutes, des neu erstandenen Deutschen Reiches

Geschäft. Ich erbiete mich. Ihnen unentgeltlichen Unterricht im kaufmännischen Schönschreiben zu er­teilen. Sie sollen sehen, in ein paar Wochen . ."

Das junge Mädchen lachte. Geben Sie sich keine Mühe, Herr Gabelmann! Ich danke Ihnen für Ihren Vorschlag, aber ich bin Maschinenschreiberin und das will ich bleiben!"

Eine Klapperschlange sind Sie, das wäre der richtige Titel!" meinte ärgerlich Herr Gabelmann.

Ich verbitte mir diesen Namen," sagte nun das junge Mädchen, dem Weinen nahe,ich werde es Herrn Schröder sagen!"

Herr Schröder hatte den Streit aus seinem an­stoßenden Privatkontor mit angehört, und er erschien jetzt in der Tür.Aber, bitte meine Herrschaften, vertragen Sie sich doch! Sie können ja, so lange Sie an der Bilanz arbeiten; zu mir hereinkommen, Herr Gabelmann!" meinte beschwichtigend der Chef des Hauses.

Herr Gabelmann packte mit beiden Armen sein schweres Hauptbuch und ging damit ins Privatkonto!, aber seine Laune war deshalb nicht besser geworden. Wie fchön war es doch früher, als noch kein schrilles Telephongeklingel einen aus der Arbeit aufschreckte und noch keine Schreibmaschine die Nerven zer- martete, als nur das gleichmäßige Ticktack der Wanduhr zu hören war, so wohltuend in seiner Einförmigkeit!

Als nach Verlauf einer Stunde Herr Gabel­mann, einen großen, mit Zahlen beschriebenen Bogen in der Hand, wieder ins Kontor trat, lag auch

wieder der Sonnenschein der Zufriedenheit über seinem sonst so gutmütigen Gesicht. Er hätte sogar vielleicht den kleinen Vorfall mit seiner Kollegin, Fräulein Hagenbuch, ganz vergessen, wenn ihm nicht ein zufälliger Blick auf diese gezeigt hätte, daß sie dieKlapperschlange" noch keineswegs überwunden hatte. Das junge Mädchen saß mit verweinten Augen hinter der Maschine und würdigte ihn keines Blickes.

Das junge Mädchen erwiderte nichts mehr, aber Herr Gabelmann fühlte, daß seine letzten Worte albern und sogar taktlos waren. Er ärgerte sich über sich selbst und saß den ganzen Nachmittag mit verdrießlicher Miene hinter seinem Pulte. Die Adresse der Kollegin hatte er im Adreßbuchs ge­funden, und nun wollte er, lustig vor sich hin­pfeifend, einen Brief eigenhändig dem Briefkasten übergeben. Fatal! Wie das Täfelchen am Brief­kasten besagte, wurde dieser erst am nächsten Tage um neun Uhr vormittags geleert, und da der nächste Tag ein Sonntag war, so würde die Adressatin den Brief erst am Montag erhalten. Schon hatte sich Herr Gabelmann entschlossen, den Brief selbst auf das Postamt zu tragen, als er vom Wäldchen her einen muntern Burschen von etwa dreizehn Jahren auf sich zukommen sah.

Junge, wo kommst du her?" redete ihn Herr Gabelmann an.Aus dem Wäldchen," erwiderte dieser.Hier in dem großen Korbe habe ich Tannen­zapfen, die sind für Mutter zum Heizen, und da, in dem kleineren, sind Maiglöckchen, die sind zum