als auf der Schranne bezahlt werden, findet. Auch scheinen die übrigens äußerst niedrigen Schrannengebühren die Interessenten zu veranlassen, ihren Handel auf den öffentlichen Straßen und Plätzen abzumachen. Mit Rücksicht auf die im Herbst naturgemäß noch einigermaßen lebhafte Zufuhr und im Interesse der Landwirte der umliegenden Gemeinden haben indes die Kollegien beschlossen, die Schranne den Winter über noch bestehen zu lassen. Sache der Landwirte ist es aber, den Nachweis des ferneren Bedürfnisses einer Schranne in Calw durch stärkere Benützung derselben zu erbringen. Daß die Benützung der Straßen und Plätze der Stadt zum Fruchihandel nicht mehr gestattet wird, hat das Stadtschultheißenamt bereits bekannt gegeben. Cz.
Calw, 29. Sept. Die Ausstellung des Kaninchenzuchtvereins für Calw und Umgebung ist gestern abend geschloffen worden, nachdem sie Sonntag und Montag dem Zutritt geöffnet war. In dem geräumigen hübsch dekorierten Saale des „Bad. Hofes" hatte der erst seit wenigen Jahren bestehende Verein seine erste Ausstellung veranstaltet und damit gezeigt, daß seine Mitglieder es sich hatten angelegen sein lassen, zum Zweck der Fortzucht nur gutes Material zu erwerben. Die Zahl der zur Ausstellung gebrachten Tiere überstieg die gehegten Erwartungen; es waren vertreten: belgische Riesen, franz. Widder, Angora, Holländer, englische Schecken, Russen. Japaner, einige Leporiden, Silberkaninchen und mehrere Kreuzungen. Den Ausstellern winkten Ehrengaben, von den Frauen der Vereinsmitglieder, sowie ein Ehrenpreis von der Stadt Calw gestiftet. Die Prämierung, die schon tagszuvor stattgefunden, hatte folgendes Resultat.
Es erhielten: Ehrenpreise: Friseur Wilhelm-Teinach (Ehrenpreis der Stadt Calw), Steinhilber-Calw, Bäckermstr. Frank-Calw, Braumeister Mang-Calw, G. Hennefarth-Calw, Maschinist Schroth-Calw, für belgische Riesen. Wilh. Dod, Küchenchef a. d. Handelsschule und Friseur Wilhelm- Teinach, für Silberkaninchcn. Handelsgärtner Maurer-Calw für Japaner und Angora, Kürschner Kolb jr. für ausgestellte Pelzwaren aus Kaninchenfellen. 1. Preise: Friseur Schneider-Calw, Steinhilber-Calw, Weichenwärter Haug-Calw, für belg. Riesen; Friseur Wilhelm-Teinach für russ. Kaninchen. II. Preise. Maschinist Schroth-Calw für belg. Riesen; Küfermstr. Giebenraih-Calw, Flaschnermstr. Grießler-Calw, für Silberkaninchen; Stelzer-Calw, Rathfelder - Wtldberg für russische Kaninchen. Hausmeister Schüler für Schlachtkaninchen. III. Preise. Friedr. Hennefarth, Küfermstr. Giebenrath.Briefträger Steiner,Maschinist Schroth, für belg. Riesen, Handelsgärtner Maurer für Silberkaninchen und für Japaner, Küchenchef Dod für Schlachtkaninchen, Briefträger Steiner für 1 Wurf Junge. Lobende Anerkennung: Ackermann-Wildberg, Haug, Weichenwärter, Fr. Hennefarth, Kürschner Kolb jr., Maurer, Handelsgärtner, Flaschnermstr. Grießler, Friseur Wilhelm, Briefträger Steiner, für diverse Rassen. Außerdem erhielten das Ehrendiplom des Verbands Württ. Kaninchenzüchter für die beste Gesamtleistung und die bronzene Ehrenmedaille Wilh. Dod, Küchenchef a. d. Handelsschule und Maurer, Handelsgärtner in Calw.
Mil der Ausstellung war ein Kaninchenessen verbunden, an das sich ein Vortrag vom Vorstand des Bunds württ. Kaninchenzüchter, Hrn. Paul
Salomon aus Gmünd, anschloß. Am Essen beteiligten sich etwa 70 Personen, welche mit bestem Appetit etwa 30 Kaninchen verzehrten. Die vortreffliche, fachmännische Zubereitung dieses recht ansehnlichen Fleischquantums, das zunächst in Ragout und nachher gebraten (Ziemer und Schlegel) serviert wurde, verdankten die Teilnehmer dem Küchenchef Dod an der hies. Handelsschule. Möge der zahlreiche Besuch und das rege Interesse, das dem Unternehmen zugewendet wurde, den jungen Verein ermutigen und ihm ein Ansporn sein, auf dem betretenen Wege unentwegt fortzuschreiten.
** Möttlingen. Am letzten Sonntag wurde hier im „Ochsen" die Hcrbstversammlung des Bezirksbienenzüchtervereins abgehalten, die recht gut besucht war. Nach einem eingehenden Referat über die Tuttlinger Landesausstellung von Hrn. Lehrer Mäckle-Calw hielt Hr. Lehrer Häcker von hier einen recht interessanten Vortrag über Weiselzucht. Praktische Uebungen auf dem Bienenstand des Hrn. Häcker schlossen sich an die Vorträge an. Das abgelaufene Bienenjahr hielt nicht, was es anfangs versprach. Die Erträgnisse sind gering; doch haben auf der Waldscite die Bienen aus der Heidetracht noch ordentlichen Ertrag eingebracht; es ist aber ratsam, den Bienen zu diesem bald hart werdenden Winterfutter noch eine Zugabe von Zuckerlösung zu reichen.
^Amtliches aus dem StaatSanzeiger.j Se. König!. Majestät haben am 24. d. M. allergnädigst geruht, die erledigte Stelle eines Rektors und ersten Haupilehrers an der Realschule in Freudenstadt dem Professor Haug am Realprogymnasium in Calw zu übertragen.
^Amtliches aus dem StaatsanzeigerZ S e. Königl. Majestät haben am 25. Sept. d. I. allergnädigst geruht, auf das erledigte Forstamt Stammheim den Oberförster Wurm in Nellingen auf Ansuchen zu versetzen, sowie den Notariatskandidaten Krehl in Calw zum Amtsgerichtsschreiber in Besigheim mit dem Titel Amtsgerichtssekretär zu ernennen.
Leonberg, 28. Sept. Gestern mittag wurde ein 13jähriger Knabe zum Wechseln eines Hundertmarkscheines auf die Post geschickt. Der Knabe ist nicht mehr zurückgekehrt.
Stuttgart. (Volksfest.) Der Personenverkehr über die Volksfesttage überstieg sowohl bei der Eisenbahn als auch bei der Straßenbahn den im vorigen Jahr bedeutend. Die Straßenbahn hatte olle ihre Fahrzeuge in Betrieb genommen. Der Verkehr hat sich in jeder Beziehung glatt abgewickelt. — Die Eannflatter Stadtgemeinde hat für die Volksfestplätze im ganzen 45200 ^ eingenommen, und zwar für Wirtschaften 11063 Schaubuden 27177 Verkaufsstände 7010 Das letzte Jahr ergab 40990 also ist Heuer ein Mehrerlös von 4260 zu verzeichnen. — Ausklang oder Auskehr, wie man will, vielleicht auch beides, war gestern, dem letzten Tag des Volksfestes überall auf dem Wasen zu finden. Alle möglichen Artikel, die an den andern Tagen für gutes Geld erhältlich waren, wurden den Besuchern gestern zu Spottpreisen förmlich nachgeworfen; nur Bier und Wein behielten eigentlich ihre „festen" Preise. Was übrigens in den 4 Volksfesttagen allein an Bier weggetrunken wurde, kann man sich
ausrechnen, wenn man bedenkt, daß allein an Stuttgarter Bier etwa 2200 kl auf den Wasen gebracht wurden; dazu kommen aber noch etliche Eisenbahnwagenladungen mit der Bahn zugeführtes Bier. Auch die Poststelle auf dem Festplatz hatte täglich eine reich bemessene Arbeitslast zu bewältigen, obwohl das, was man an Ansichtskarten feilbot, weder originell noch witzig, dafür aber vielfach recht ordinär und widerlich war. Allein am Sonntag wurden an den beiden Schaltern des Postamts auf dem Wasen 23000 Stück 5 ^.-Marken verkauft; dazu sind aber noch die verschiedenen Tausende 8- und 2 ^.-Marken, sowie die Marken, die man schon mitbrachte, zu rechnen. Der Landjägermannschaft ist es am Samstag noch gelungen, die „Fabrikanten" der falschen 5- und 2 ^.-Stücke dingfest zu machen. Gestern wurde auch ein Handelsmann verhaftet, der die verpönten Federwischer verkauft. Am Sonntag entstand in einer Wirtschaftsbude eine Schlägerei, die jedoch bald unterdrückt wurde, zu ernsten Verletzungen kam es dabei nicht. Gestern nachm, erlitt ein Mann einen Schlaganfall; er mußte in einem Wagen heim- geführt werden. (Schw. M.)
Stuttgart, 28. Sept. Die Warenhaus- Firma Tietz, für die die Räumlichkeiten im ehemaligen Hotel Oberpollinger nicht mehr genügen, hat, wie verlautet, das Haus Königstrabe 27, Ecke der Schulstraße, um die Summe von 1250000 angekauft. Außerdem ist von der Firma auch das Nachbarhaus in der Schulstraße angekauft worden; man nennt hiefür den Kaufpreis von 200000 ^ Am 1. Juli n. I. will man mit dem Neubau beginnen. In den beiden Häusern befinden sich gegenwärtig 6 Läden.
Stuttgart,- 29. Sept. Abermals sind hier auf Grund des Reichsweingesetzes zwei Partien von 51 kl verfälschten Weins und von etwa 115 kl Rosinenweins beschlagnahmt worden, nachdem inzwischen das durch gerichtliches Urteil ein- gezogene Quantum von. über 30 Kl verfälschten Psälzerweins unter Aufsicht von 4 Polizeibeamten durch die hiesigen Abwasserkanäle geleitet worden ist, wozu ein voller Tag erforderlich war.
Baiersbronn, 28. Sept. Eine ergreifende Feier fand gestern in unserer Kirche statt. Der 87 Jahre alte Adam Halst, Bauer, und seine körperlich und geistig sehr rüstige, 81jährige Ehefrau standen nach dem VonniitagsgotteSdienst zur Feier der diamantenen Hochzeit nach 60 Jahren wiederum vor dem Altar, um den Segen aufs neue zu empfangen. Pfarrer Sauter erhielt eine erhebende Ansprache. Um das betagte bräutliche Paar standen 6 Kinder, 37 Enkel und 6 Urenkel.
Schwaigern bei Heilbronn, 28. Sept. Das seit acht Tagen anhaltend schöne Wetter hat in unsern Weinbergen Wunder getan. Die Frühnebel und die darauf folgende große Wärme bei Tag haben in der Reife der Trauben solche Fortschritte verursacht, daß immerhin noch auf einen „guten" Wein gerechnet werden darf. Dank dem unermüdlichen Fleiß der hiesigen Weingärtner (Pünktlichkeit im Bebauen der Weinberge, rechtzeitiges und wiederholtes Schwefeln und Spritzen der Reben) sieht man von Krankheitserscheinnngen so viel wie nichts; vielmehr prangen dieRebpflan- zungen im schönsten, üppigsten Grün.
„Und wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?"
„Zwanzig Jahre, mein Herr."
„Heißen Sie nicht Madeleine?"
„Allerdings."
„Nun, dann kennen wir uns, mein Fräulein!"
„Sie kennen mich, mein Herr? Ich entsinne mich nicht . . ."
„Ich glaub es wohl," lachte der General. „Als wir uns kennen lernten, lagen Sie noch in den Windeln. Es war im Jahre 1870 — nicht wahr, da waren Sie noch sehr, sehr jung — ober ich erinnere mich der kleinen Madeleine noch sehr gut! Freilich waren Sie damals nicht hier in La Maxe, sondern in St. Remy."
„Wir wohnten damals in St. Remy, da unser Haus verbrannt war."
„Ja, und in demselben Hause zu St. Remy wohnte ein deutscher Offizier, der Sie, kleine Madeleine, oftmals auf den Knieen geschaukelt hat."
„Sie — Sie wären der gütige Offizier gewesen, von dem meine Mutter mir so oft erzählt hat?"
„Wenigstens bin ich der Offizier, der mit Ihrer Mama und Ihren Großeltern in St. Remy in einem Hause wohnte."
„O, mein Herr, wir haben Sie nicht vergessen! Wie freue ich mich, Sie kennen zu lernen! Wie oft habe ich gewünscht, Sie kennen zu lernen, um Ihnen zu danken!"
„Aber, mein Kind, von Dank kann ja nicht im Geringsten die Rede sein!"
„Gewiß, mein Herr!" Sie eilte ihrer Mutter entgegen, welche soeben mit dem Wein au» dem Hause trat.
„Mama, denke dir — jener Herr — er ist der Offizier, der uns im Jahr 1870 aus dem brennenden Haufe gerettet, der uns in St. Remy so freundlich behandelt hat."
Die Frau ließ vor Ueberraschung fast die Flasche und die Gläser fallen. Rasch stellte sie diese auf den Tisch und ehe der General cs verhindern konnte, hatte sie dessen Hände ergriffen und an die Lippen gepreßt.
„Mein teurer, lieber Herr!" rief sie mit Tränen im Auge. „Endlich kann ich Ihnen für Ihre Liebe, für Ihre Freundlichkeit danken, die Sie wir damals in jener schrecklichen Zeit erwiesen haben. — Rasch, Madeleine, rufe den Vater! Er ist im Garten! Er soll den Wohltäter seiner Frau und seines Kindes kennen lernen und ihm danken."
Madeleine eilte fort, um bald darauf mit einem etwa fünfundvierzigjährigen, breitschulterigen Bauersmann, ihrem Vater, zurückzukehren.
Der General suchte vergebens sich der Dankesbezeugungen der braven Leute zu erwehren.
„Ich Hab ja doch weiter nichts getan, als meine Menschenpflicht," sprach er lächelnd.
„Sie haben mehr getan, Herr General," sagte ernst Herr Thury, der Besitzer der Herberge zur heiligen Agathe. „Hören Sie nur, Herr Lieutenant, wandte er sich dann an Konrad. Der Herr General hat nicht nur mein Weib und Kind aus den Flammen gerettet, sondern ihnen und meinen Schwiegereltern in St. Remy ein gutes Unterkommen verschafft und dafür gesorgt, daß es meiner kranken, schwachen Frau an nichts mangelte."
(Fortsetzung folgt.)