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132.

Der Lnztäler.

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Neuenbürg, Freitag den 19. August 1910.

Rundschau.

Wilhelmshöhe, 18. Aug. Der Kaiser em­pfing heute vormittag den Reichskanzler v. Beth- mann Hollweg und den Botschafter Frhr. v. Mar­schall zum Vortrag. Um 1 Uhr fand bei den Maje­stäten aus Anlaß des Geburtstags des Kaisers Franz Josef ein Frühstück statt, an dem u. a. teil- nahmen: Botschafter von Szögyeny-Manch, der österreichisch-ungarische Militärattache Freiherr von Bienerth, der Reichskanzler und Staatssekretär von Kiederlen-Wächter.

Berlin, 17. Aug. DerReichsanzeiger" schreibt im nichtamtlichen Teil:Kaiser Franz Josef vollendet morgen sein achtzigstes Lebensjahr. Wie ihm an diesem Ehrentag seine Völker in dankbarer Liebe entgegenjubeln, so wenden sich auch in Deutschland die Herzen dem erlauchten Monarchen zu, in dem wir den väterlichen Freund unseres Kaisers, den treuen Bundesgenossen des Deutschen Reiches, einen starken Schirmherr« des europäischen Friedens, ein leuchtendes Vorbild fürstlicher Pflicht­erfüllung verehren. Indem ungezählte Millionen dem Kaiser und König Franz Joses ihre Huldigung darbringen, vereinigen wir uns in dem Wunsch, daß seine Weisheit noch lange über den Geschicken der verbündeten und befreundeten habsburgischen Monarchie walten möge."

Wien, 18. Aug. Der 80. Geburtstag des Kaisers ist in der ganzen Monarchie durch Fest- gottesdienste, denen auch die Behörden beiwohnten, durch Schulfeiern und andere Festlichkeiten begangen worden. Zahlreiche Wohltätigkeitsstiftungen sind im ganzen Land errichtet worden.

Wien. 18. August. Die goldumrandete Fest­nummer derWiener Abendpost" bringt zum achtzigsten Geburtsfest des Kaisers einen Leit­artikel, worin es heißt: In Kaiser Franz Josef verlebendigt sich die ganze neuere Geschichte der habsburgischen Monarchie, ja sein Dasein umspannt die moderne Entwicklung des ganzen Kontinents. Darum ist der Kaiser für das politische Bewußtsein Europas heute zur repräsentativsten historischen Gestalt geworden. Das Oesterreich-Ungarn von heute ist des Monarchen persönlichstes Werk. Seine un­ermüdliche Sorge hat die Wehrkraft der Monarchie so sehr vervollkommnet, daß sie das volle Vertrauen unserer Bürger und hohes Ansehen im Ausland genießt und das tauglichste Werkzeug jener Friedens­politik wurde, deren allverehrter Schirmherr Kaiser Franz Josef ist.

DerReichsanzeiger" enthält folgenden kaiserlichen, von dem preußischen Staatsministerium gegengezeich­neten Erlaß: Auf den Bericht des Staatsmini­steriums vom 17. Juli 1910 erkläre ich mich damit einverstanden, daß die Amtsbezeichnung: Bau­inspektor (Land-, Kreis-, Wasser-, Maschinen-, Hafen-, Meliorations-, Militär-, Eisenbuhn-Bau­inspektor und Eisenbahn-Bau- und Betriebsinspektor) künftig wegfällt und die Regierungsbaumeister auch nach ihrer etatsmäßigen Anstellung diese Amts­bezeichnung weiterführen, sowie daß den bisher be­reits zu Bauinspektoren ernannten Beamten die Wahl gelassen wird, ihre bisherige Amtsbezeichnung beizubehalten oder fortan die Amtsbezeichnung Regierungsbaumeister" zu führen.

Berlin, 17. Aug. In der vergangenen Nacht statteten Einbrecher der in der Kolonie Grunewald gelegenen Villa des bekannten Musikprofessors und Komponisten Hump erd in ck einen unerbetenen Besuch ab und entwendeten aus dem Schreibtisch des Professors kostbare Schmucksachen. Auch andere Gegenstände wurden geraubt.

Hamburg, 18. Aug. Die Zahl der streiken­den Werftarbeiter ist durch die Abwanderung der unverheirateten Leute erheblich zurückgegangen. Sie beziffert sich nach den letzten Zählungen an den Kontrollstellen in Hamburg auf 5950, an den Weser­

plätzen auf 5500, in Flensburg auf 1350, in Kiel auf 5700, in Lübeck auf 1700, in Stettin auf 4300 und in Rostock auf 850. Dies ergibt eine Gesamt­zahl von 29 600, denen sich am Samstag, wenn die Streikandrohung auf der Germaniawerft in Kiel auch nur teilweise verwirklicht wird, noch 700 Arbeiter zugesellen werden.

Ein neues Jahndenkmal ist in Freyburg an der Unstrut, wo der Turnvater Friedrich Ludwig Jahn die letzten Jahre seines bewegten Lebens zu­gebracht hat, feierlich enthüllt worden. Bekanntlich war die Reichshauptstadt der erste Ort, der den Verdiensten Jahns durch Setzung eines Denkmals gerecht wurde. Seit 1872 erhebt sich auf dem Turn­platz in der Hasenheide sein Erzstandbild von Encke, und zwar auf einem Steinhügel, zu dem Deutsche aus allen Gauen und selbst aus überseeischen Landen Steinblöcke gesandt hatten. Das neue Jahndenkmal hat seine Stätte im Jahn-Museum gefunden und ist vom Bildhauer Georg Meyer (Steglitz) ausgeführt. Es ist drei Meter hoch und besteht aus Kalkstein.

Offenburg, 14. Aug. Etwa 8000 badische Veteranen von allen Truppenteilen fanden sich heute in unserer außerordentlich reichgeschmückten Stadt zusammen, um die Erinnerung an die ersten gemeinsamen Waffentaten vor 40 Jahren kamerad­schaftlich zu begehen. Beim Festbankett am Abend vorher waren schon so viele alte Krieger erschienen, daß der etwa 2000 Personen fassende Unionsaal bis auf den letzten Platz besetzt war. Hier begrüßte im Namen der Stadt O.B.M. Hermann, namens der Veteranenvereinigung Lederhändler Stephan die Gäste. Der Großherzog kam von Badenweiler um 1 Uhr an und begab sich sofort nach dem großen freien Platz bei der Oststadtkirche, wo die Veteranen regimenterweise in 4 Gliedern Aufstellung genommen hatten und den Großherzog bei seiner Ankunft mit einem mächtigen Hurra begrüßten. Der Landesfürst schritt dann die Fronten ab und unterhielt sich mit zahlreichen Veteranen und alten Offizieren, die den Feldzug mitgemacht hatten, in liebenswürdigster Weise. Vom Kirchplatz fuhr er zur Tribüne vor dem Bezirksamt, ließ sich dort verschiedene Offiziere und Kriegsinvaliden vorstellen und nahm dann die Parade der Kriegsveteranen ab, die unter Hurra­rufen und Hüteschwenken vorüberzogen. Abends bildete die Illumination der Stadt und eine kamerad­schaftliche Vereinigung der Veteranen den Abschluß des Festes.

Baden-Baden, 16. Aug. Nach heute nach­mittag beim hiesigen Bürgermeisteramt eingegangenen telegraphischen Nachrichten wird der Luftkreuzer L Z 6" an diesem Freitag oder Samstag hier Ein­treffen und seine Passagierfahrten aufnehmen. Zu dem großen Blumenkorso für Automobile und Wagen am Mittwoch den 24. August haben die Großherzogin-Witwe Luise von Baden, Prinz Wilhelm von Sachsen-Weimar, Fürst Max Egon zu Fürstenberg, sowie der Internationale Klub, die Stadt und das Kurkomitee Ehrenpreise gestiftet.

Frankfurt a. M., 17. Aug. Der Postillon Roland von Forbach unterschlug heute vormittag auf der Fahrt Frankfurt-Forbach (?) aus dem Wert­gelaß des Postwagens zwei Wertsäcke, enthaltend 80 000 Mk. Bargeld. Roland, der das Wertgelaß anscheinend mit einem zweiten Schlüssel geöffnet hatte, hat, um den Verdacht abzulenken, den Boden des Wertgelasses zertrümmert, wodurch der Anschein erweckt wurde, als ob durch den zerbrochenen Boden die Wertsachen verloren gegangen seien. Roland hat dann seine Beute in einen Korb verpackt und diesen mit der fingierten AdresseBahnlagernd Neukirchen" einem hiesigen Spediteur zur dringenden Besorgung übergeben. Der Spediteur schöpfte Ver­dacht und erstattete Anzeige. Der gesamte Betrag von 80000 Mk. wurde in dem Korb gefunden und der Täter verhaftet.

Brüssel, 17. August. Der deutsche Reichs­kommissar Geh. Reg.Rat Albert hat folgende Mitteilungen gemacht: Die deutsche Abteilung ist entgegen irrig verbreiteten Nachrichten in vollem Umfang unversehrt geblieben. Der Sicherheits­dienst der deutschen Abteilung hat durchaus funktio­niert. Auf ein mit der Dampfpfeife gegebenes Signal waren sämtliche Mannschaften der deutschen Abteilung in wenigen Minuten nach Ausbruch des Brandes in der deutschen Abteilung versammelt. Die Schläuche wurden angeschlossen und die Dächer der Gebäude, soweit erforderlich, unter Wasser ge­setzt. sodaß herüberfliegende Funken im Keime erstickt wurden. Im übrigen ist das Feuerrisiko der ge­samten Baulichkeiten von dem Syndikat der deutschen Feuerversicherungsgesellschaften gedeckt. In gleicher Weise haben die deutschen, sowie eine Reihe eng­lischer Versicherungsgesellschaften das Feuerrisiko der sämtlichen deutschen Ausstellungsgegenstände über­nommen. Der Zugang zur deutschen Abteilung ist nicht unterbrochen gewesen. Trotz des augenblicklich erforderlichen Umweges hat der Besuch der deutschen Abteilung eher zugenommen, als abgenommen. Die Zerstörung erweist sich übrigens geringer, als im ersten Schrecken angenommen wurde. Vollständig vernichtet sind die englische Abteilung mit ihren unersetzlichen Kunstschätzen und Wertobjekten, sowie derjenige Teil der belgischen Abteilung, der hinter der Hauptfassade liegt. Die britische Regierung hat den Staatssekretär beauftragt, für 2.8 Millionen Pfund Schadenersatz an der Brüsseler Ausstellung anzumelden. Der Gesamtschaden wird auf 3 Mill. Pfund geschätzt. In der englischen Abteilung sind Gegenstände von unermeßlichem Werte, z. B. Gegen­stände aus dem Kenstngton-Museum, wie alte Möbel, Gobelins und vieles andere zerstört worden, wie überhaupt England die am meisten geschädigte Nation unter den Ausstellern sein dürfte. Der angerichtete Schaden, den Frankreich durch den Brand der Weltausstellung erlitten hat, läßt sich noch nicht genau beziffern. Die Schätzungen gehen bis zu 40 Millionen Franken. Der allgemeine Schaden läßt sich immer noch nicht definitiv be­stimmen, da die Ermittelungen noch lange nicht ab­geschlossen sind. Fortwährend werden noch aus dem Schutt wertvolle Objekte unbeschädigt hervorgeholt.

Paris, 17. Aug. Der französische General­kommissar Chapsal erklärt, die Lehre aus dem Un­glück liege klar auf der Hand. Es wird in Zukunft nur noch eine einzige Art von Ausstellungsanlagen möglich sein, nämlich das Genre der getrennten und voneinander isolierten Pavillons. In dieser Hinsicht sei namentlich die Organisation der deutschen Aus­stellung musterhaft zu nennen. Die deutschen An­lagen waren so eingerichtet, daß sie sich gegen Flammen von benachbarten Gebäuden selbst zu schützen vermochten.

Brüssel, 17. Aug. Die Untersuchung über die Brand-Ursache nimmt immer größeren Umfang an. Von den Gerichtsbehörden sind jeßt eine große An­zahl Sachverständige zugezogen worden. Man scheint nunmehr tatsächlich die Untersuchung so zu führen, als ob eine Brandstiftung vorliege. Erst jetzt übersieht man die außerordentlich zahlreichen Dieb­stähle, die auf der Ausstellung ausgeführt worden sind. Man vermißt u. A. wertvolle Broschen, Perlen-Colliers, goldene Ringe, goldene Uhren, ein Diadem mit drei Brillanten, eine Uhr im Werte von 20000 Francs. Abhanden gekommen ist ferner eine außerordentlich wertvolle Münzen - Sammlung, die alle alten französischen Geldmünzen von der Zeit der Gallier an bis zur Neuzeit enthielt. König Albert von Belgien ist heute wieder in Brüssel eingetroffen.

Narbonne, 18. Aug. Gestern abend gegen 9 ^ Uhr ist die hiesige Kathedrale durch Feuer zer- ^ stört worden. Das Feuer war hinter dem Haupt- ' altar zum Ausbruch gekommen. Die Marmorstand-