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129.

Neuenbürg, Samstag den 13. August 1919.

68. Jahrgang.

Run-schau.

Der bayerische Landtag ist am Mittwoch nach fast elfmonatiger Sessionsdauer geschlossen worden. Das wichtigste Ergebnis der langen Ses­sion ist das Zustandekommen der Steuerreform, die allerdings erst nach Ueberwindung großer Schwie­rigkeiten, welche die Reform mehr wie einmal zum Scheitern zu bringen drohten, unter Dach und Fach gelangte.

Eine recht unerfreuliche Erscheinung auf wirt­schaftlichem Gebiete haben wir wieder vor uns: die große Arbeiterbewegung auf den deutschen Werften. Erst Ausstand und Aussperrung der Bauarbeiter mit einem in die Millionen gehenden Schaden und jetzt der Streik und im unmittelbaren Gefolge damit auch wieder die Aussperrung der Werftarbeiter, deren Zahl in die Zehntausende geht. Freilich die Position der Arbeiter ist hier eine wesent­lich ungünstigere als beim Krieg im Baugewerbe. Die Kapitalmacht der Werften kann einen ganz andern Ansturm aushalten als das vielverzweigte Baugewerbe, bei dem lokale Fragen weit mehr einem Friedensschluß zudrängten als solche allgemeiner Natur. Da aber durch den Streik bezirk die Aus­sperrung der Werftarbeiter noch ganz andere wirt­schaftliche Momente in die Wagschale fallen, darf man die Hoffnung hegen, daß auch hier auf dem Wege des Kompromisses, der Vermittlung und gegen­seitigen Verständigung eine Ausgleichung der wider- streitenden Interessen stattfindet. Die direkt nur auf eine Lohnerhöhung abzielende Bewegung der Werft­arbeiter hat ihren tieferen Grund in einer allgemeinen Unzufriedenheit über zahlreiche Arbeiterentlassungen auf einzelnen Werften, und eine etwaige Vereinbarung wird sich nicht zuletzt auch mit dieser Frage zu befassen haben.

Der Kampf in der deutschen Schiffsbau-In­dustrie hat am Donnerstag zum Beginne umfas­sender Aussperrungen der Arbeiter auf den Werften zu Stettin, Lübeck, Flensburg usw. unter entsprechenden Betriebseinschränkungen geführt. Gleichzeitig dehnt sich die Streikbewegung' unter den Hamburger Werftarbeitern aus, es haben sich ihr jetzt auch die christlich organisierten Werftarbeiter und die Arbeiter der Hirfch-Dunkerschen Richtung angeschlossen. Ferner sind Vorbereitungen im Gange, um eventuell auch einen Streik der Schauerleute, Kaiarbeiter, Ewerführer usw. in Hamburg ins Werk zu setzen. Vorläufig ist noch kein Ende des Kampfes in der Schiffsbauindustrie abzusehen.

Stettin, 12. Aug. LautVorwärts" haben die Werftvertrauensleute in einer gestrigen Konferenz beschlossen, falls eine Aussperrung erfolgen sollte, überall dort die Arbeit niederzulegen, wo es im Interesse der Gesamtbewegung liege und örtliche Verhältnisse es geboten erscheinen lassen. Die Be­triebs- und Gruppenversammlungen dürften das Ergebnis haben, daß von den nicht Ausgesperrten folgende Gruppen in einen Sympathiestreik eintreten: Beim Vulkan der Turbinenbau, die Dreherei und Gießerei, auf den Oderwerken die Schiffsbau­gießerei, Nieterei, Schmiede und Tischlerei. Bei Nüske u. Co. dürfte es zum allgemeinen Ausstand kommen.

Nach einer Dauer von 6'/, Wochen ist der Schmiedestreik in Berlin mit einer Niederlage der Streikenden beendet worden. In einer Ver­sammlung der Streikenden berichtete der Streikleiter Siering, daß auch der letzte Verständigungsversuch der Streikleitung gescheitert sei. Da eine Fortsetzung des Kampfes keinen Erfolg verspreche, so empfahl die Streikleitung den bedingungslosen Abbruch des Streiks. Die Versammlung beschloß nach kurzer Debatte in geheimer Abstimmung die Beendigung des Kampfes. Der Streik hat für den Schmiede­verband eine Ausgabe von rund 40000 Mk. ver­ursacht.

Wie schon kurz berichtet, ist der Verkauf von zwei deutschen Kriegsschiffen an die Türkei zum Abschluß gekommen. Es handelt sich um die beiden zur Brandenburg-Klasse gehörenden Schiffe Kurfürst Friedrich Wilhelm" undWeißenburg". Beide Teile haben mit dem Verkaufe ein gutes Geschäft gemacht. Für Deutschland kommt vor allem der Kaufpreis in Betracht. Die 18 Millionen Mark, welche die Türkei uns zahlt, hätten wir bei dem sonst üblichen Verkauf an eine Schiffsreederei zu Zwecken, für welche die militärische Brauchbarkeit zum mindesten nicht in Betracht kommt, niemals er­zielt. Ausscheiden aber mußten die Schiffe aus unserer Schlachtflotte; denn einmal hatten sie die gesetzliche Altersgrenze erreicht und sodann entsprechen sie nicht mehr den modernen Anforderungen im Falle eines großen Krieges, für den ja die Schlachtschiffe der deutschen Flotte bestimmt sein müssen. Für die Zwecke, zu denen sie in der türkischen Flotte bestimmt sind, reichen sie vollkommen aus, ja sie sind den Gegnern, die allein möglicherweise in Betracht kommen können, ohne Zweifel überlegen. Also ein solides Geschäft, bei dem beide Teile gut fahren. Die beiden verkauften deutschen PanzerschiffeKurfürst Friedrich Wilhelm" undWeißenburg" haben am Freitag Kiel zur Fahrt nach Konstantinopel verlassen.

Am 10. August waren 2 0 Jahre verflossen, seit die Insel Helgoland deutsch wurde. Es fand an genanntem Tage eine Erinnerungsfeier an dies Ereignis auf Helgoland unter lebhafter Be­teiligung der Kurgäste statt.

Berlin, 12. August. Um die Sicherheit der deutschen Kolonisten zu gewährleisten, ist ein tür­kisches Kriegsschiff mit Truppen vor Haifa eingetroffen. Der Mali befindet sich an Ort und Stelle und leitet die Untersuchung wegen der Er­mordung des Deutschen Unger. Bis jetzt sind 17 Verhaftungen vorgenommen worden.

Am 14. August sind 50 Jahre seit dem Re­gierungsantritte des Fürsten Nikita von Montenegro verflossen, dem dasLand der Schwarzen Berge" so viel verdankt. Die Feier des 50jährigen Regierungsjubiläums des Fürsten Nikita erhält dadurch eine ganz besonders bedeutsame Um­rahmung, daß hierbei die Proklamierung des Fürstentums Montenegro zum Königreich erfolgen wird. Es sind zu dieser Doppelfeier bereits alle Vorbereitungen in Cettinje getroffen.

Die bedeutende Zunahme des Handels­verkehrs in Tsingtau hat auch im ersten Viertel­jahr 1910 angehalten. Die chinesischen Seezoll­behörden geben bekannt, daß die Einnahmen des Seezollamts Tsingtau im ersten Viertel dieses Jahres gegen denselben Zeitabschnitt des Vorjahres um 28,3 v. H. gestiegen sind. Tsingtau nimmt unter allen chinesischen Häfen die sechste Stelle ein, und zwar hinter Tientsin, dem alten bedeutenden Handelsplatz.

Der Riesenstreik im Mantelnähgewerbe New-Uorks umfaßt bisher 70000 Personen. Es ist dies die größte Zahl, die je der Ausstand inner­halb eines einzigen Gewerbes in New-Dork erreicht hat. Auch 21000 Schneider befinden sich in dem Ausstand. Man erwartet, daß im Laufe der Woche noch weitere 45000 hinzukommen werden.

Tiflis, 12. Aug. Die Touristen von der Wart- Nürnberg und Schmalbach-Berlin haben mit zwei Führern die Kasbekspitze im Kaukasus zum erstenmal erstiegen. Auf- und Abstieg erforderten zusammen 16 Stunden. Die Spitze ist 5044 w hoch.

Lanerk, 12. Aug. Bei dem gestrigen Wett­fliegen erreichte der Aviatiker Drexel eine Höhe von 6750 Fuß und stellte damit einen neuen Welt- höhenrekord auf.

Der in Berlin abgehaltene 5. Weltkongreß für freies Christentum ist am Mittwoch abend mit einer offiziellen Schlußfeier wieder beendigt worden. Am Donnerstag fand eine Fahrt der meisten

Kongreßteilnehmer nach Wittemberg, Weimar und Eisenach statt.

Guben, 10. August. Der wegen Raubmords zum Tode verurteilte Maler A. Seng er aus Forst i. L. ist heute früh hin ge richtet worden. Senger hatte am 27. Aug. 1908 den früheren Versicherungs­agenten Ranke-Berlin erschlagen und seiner Barschaft beraubt. Ein Geständnis hat er nicht abgelegt.

Württemberg.

Stuttgart, 12. Aug. Der König hat dem Vorsitzenden des Vereins für Fremdenverkehr in Stuttgart, Gemeinderat Adolf Stübler hier, das Ritterkreuz 1. Kl. des Friedrichordens verliehen.

Stuttgart, 12. Aug. Die Stuttgarter Jn- fanterie-R egimenter kehrten im Laufe des heutigen Nachmittags vom Truppenübungsplatz zurück. Die seit dem 27. v. Mts. dauernde Generalstabs­reise des 13. (Württ.) Armeekorps ging heute zu Ende.

Stuttgart, 11. Aug. Die Anlagen der neuen Königs-Dragonerkaserne in Cannstatt, deren Gesamtkosten sich etwa auf 3 Millionen Mark be­laufen, wurden gestern abend von den Mitgliedern des Vereins Bauhütte besichtigt. An der Fertig­stellung des Baus wird noch energisch gearbeitet. Die Kammern der Schwadronsräume werden bereits bezogen. Auf dem Rundgang gewannen die Besucher den besten Eindruck von der vorteilhaften Gruppier­ung der einzelnen Gebäude und der praktischen Ein­richtung des Innern. Bei der Besichtigung konnten die Teilnehmer an dem Rundgang u. a. die neue feldgraue Uniform in Augenschein nehmen.

Stuttgart, 12. Aug. Nach dem Vorgang in Nordamerika, wo Funkentelegramme sowohl an die betreffenden Stationen, wie an die in Bewegung be­findlichen Züge gesandt werden, soll auch bei den deutschen Eisenbahnverwaltungen im Interesse der Sicherheit des Betriebs die Errichtung von Stationen für drahtlose Telegraphie in Erwäg­ung gezogen werden.

Die Wahlarbeit. Trotzdem wir noch ziemlich entfernt sind von den kommenden Reichstags- und Landtagswahlen, und trotz der Sommersaison, in der wir uns zur Zeit befinden, haben die Parteien bereits mit dem Aufmarsch und der Aufstellung ihrer Kandidaten begonnen. Konrad Haußmann wird in seinem Reichstagswahlkreis wieder kandidieren, ebenso Fr. Naumann in Heilbronn, auch Payer wird sich in ungeschwächter Frische kommenden Winter an die Wahlarbeit im Reutlinger Bezirk begeben. Neu aufgestellt ist ferner seitens der Volkspartei der Abg. Eisele im 4. Reichstags­wahlkreise (Böblingen, Leonberg, Maulbronn und Vaihingen). Von Tuttlingen kommt die Nachricht, daß Storz sich wiederum, entgegen anderen Nach­richten, den fortschrittlichen Wählern für die Land­tagswahl stellen wird woran übrigens niemand im Ernst gezweifelt hat. Die Aufstellung der übrigen volksparteilichen Kandidaten für den Reichs- und Landtag dürfte im Laufe der nächsten Woche er­folgen. Auch die Nationalliberale Partei hat sich durch den Ausfall der beiden letzten Wahlen nicht entmutigen lassen. Ein deutliches Zeichen liegt vor, daß sie die Erfahrungen der letzten Wochen sich zunutze machen wird, hat sie doch zur Erweiter­ung und Verstärkung der Agitation einen zweiten Geschäftsführer bestellt in der Person des Oberpost­assistenten Hopf von Welzheim. Es ist Hoffnung vorhanden, daß die liberalen Parteien, entsprechend dem Vorgang im zweiten Reichslagswahlkreis, zu­sammen in den Wahlkampf gehen. Wenn die Sozialdemokratie hierbei ausgeschlossen sein wird, so tragen die Schuld hieran zu einem guten Teil die Scharfmacher im äußersten linken Lager selbst, die durch ihre Stellungnahme eine Großblockbildung in Württemberg überaus erschweren und dadurch billige Wahlarbeit für die Rechte besorgen. Den Hauptkampf wird der entschiedene Liberalismus nach