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und Anzeigeölait für den Bezirk Kakv. 78. Jahrgang.

SrscheinungStagc: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. JnsertionSprei« 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Psg.

Dienstag, den 22. September 1903.

LbonnementSpr. in d. Stadt pr. Viertel). Mk. 1.10 incl. Trägerl. Vierteljahr!. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. OrtS- u. Nachbar- ortsvcrkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Vfg-

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* Calw, 21. Sept. Das Orgelkonzert des erblindeten Orgel- und Klaviervirtuosen Emil Schröder aus Neustrelitz bot den Freunden kirchlicher Musik einen äußerst hohen Kunstgenuß. Der Konzertgeber beherrscht in geradezu vollendeter Weise sein gewaltiges Instrument und bewunderns­wert war die höchst charakteristische Registrierung. Dom leisesten Piano bis zum ausgiebigsten Fortissimo erklangen die Töne in reichster harmonischer Ab­wechslung. Ein Meisterstück war der Vortrag der großen Dooeata und Fuge in v-moll von S. Bach. Alle Schwierigkeiten der prächtigen Komposition wurden mit spielender Leichtigkeit überwunden. In 2 eigenen Kompositionen, Phantasie über den Choral: O Haupt voll Blut und Wunden" undEin feste Burg" hatte der vortreffliche Künstler Gelegenheit, seine glänzende Technik zu entfalten und sich als vorzüglichen Komponisten zu zeigen. Die beiden Kompositionen wurden in höchst weihevoller Weise vorgetragen. Auch bei den übrigen Vorträgen zeigte Hr. Schröder, daß er eine vornehme Künstlernatur ist, die rein auf den Effekt berechnete Kunststücke verschmäht, dafür aber desto intensiver mit ihren reinen Kunstdarbietungen wirkt. Wirksam unterstützt wurde der Künstler durch Hrn. Musikdirektor Höfer und durch den hiesigen ev. Kirchenchor. Der Be­

such des Konzerts war befriedigend, doch wäre eine noch größere Teilnahme wünschenswert gewesen.

Stuttgart. Die Polizei hat in neuerer Zeit Hunde zu ihrer Hilfe eingestellt, vorerst vier Stück, die an Beamte der äußeren Reviere verteilt wurden und in 46 Monaten ausgebildet sein sollen. Solche Polizeihunde haben sich anderwärts, z. B. in Gent, ganz gut bewährt. Es werden nur deutsche Schäferhunde verwendet von wolfsähnlichem Aussehen, von denen das Stück etwa 100 kostet. Jeder Hund bleibt ständig einem Bezirk zugeteilt und muß der Reihe nach mit sämtlichen dort Dienst tuenden Beamten arbeiten. Auf dem Wege zu seinem Arbeitsgebiet wird er an der Leine gehalten und auch während des Dienstes soll er immer möglichst nahe beim Beamten bleiben. Es sei denn, daß er zur Auskundschaftung einer Oertlichkeit ausgesandt wird. Im Dienst trägt er einen Maul­korb, der mit einem elastischen Kautschukriemen am Halse befestigt ist. Sobald der Hund etwas Ver­dächtiges meldet, wird der Maulkorb rasch abge­streift und hängt nun frei am Halsband. Bei Regenwetter ist der Hund mit einer wasserdichten Decke aus Segeltuch versehen. Die Tiere sind sehr wachsam. Sie merken und melden jedes verdächtige Geräusch von Einbrechern oder versteckten Personen und stellen Stromer und Messerhelden vorzüglich. Seit man in Gent Wachhunde in Gebrauch hat, haben sich die Einbrüche, Ueberfälle und nächtlichen Radauszenen auffällig vermindert.

Ludwigsburg, 19. Sept. Gestern abend wurde ein Heizer der Ziegelwerke verhaftet, wie er dem am Bahnhof aufgestellten Automaten durch Ein­wurf selbstverfertigter Blechstücke Zigarren entnahm.

Tübingen, 18. Sept. Vorgestern verun­glückte der hier wohnhafte Schaffner Rampf auf dem Bahnhof in Cannstatt auf folgende Weise: Ein Reisender ließ bei der Abfahrt des Zuges die Coupetüre offen stehen. Schaffner Rampf, der dies bemerkte, war im Begriffe, solche zuzumachen, als in dem Moment der Orientexprcßzug heranbrauste und ihm den rechten Arm total abriß. Der Ver­unglückte wurde nach Plochingen übergeführt.

Oberndorf, 18. Sept. Vorgestern wurde eine aus ungefähr 30 Köpfen bestehende Zigeuner­familie festgenommen und in das hiesige Gefängnis abgeliefert. Sie hatten die ganze Umgegend durch Betteln und Stehlen unsicher gemacht.

WörnerSberg, 19. Sept. Der alte Hansenbauer" von dem die Blätter anläßlich seines kürzlich gefeierten 100. Geburtstages wieder- holentlich erfreuliche Kunde geben konnten, ist nun der erdrückenden Last eines hundertjährigen arbeits­reichen Daseins erlegen; er starb im Frieden am Donnerstag abend. Schade, daß er die ihm erwie­sene Liebe und Verehrung nicht mehr länger genießen durfte, gottlob aber, daß man sich seiner beizeiten erinnerte und so dem alten Mann die letzten Stunden und Tage verschönt wurden.

Wiesbaden, 19. Sept. Die beiden Chauffeure des Herzogs Broglie aus Paris, die vor 14 Tagen den Tüncher Kern bei Biebrich mit dem Automobil totgefahren haben und die Frau eines Doktors in Biebrich schwer verletzten, werden nunmehr von der Staatsanwaltschaft steck­brieflich verfolgt. Tie beiden Franzosen sind längst über die Grenze.

AsUjüssätt. Nachdruck verboten.

Nach zwanzig Jahren.

(Clarifsa.)

Roman von O. Elster.

(Fortsetzung.)

Durch den dunklen Hof des alten Gebäudes schritten die beiden Offiziere dem schattigen Garten zu, in dem sich schon mehrere Offiziere bei einem kühlen Glase Spatenbräu versammelt hatten. Bald saß man im Kreise der Kameraden. Konrad aber nahm wenig Teil an der Unterhaltung; vor seinen Augen stieg aufs Neue die schlanke Gestalt der dunkeläuzigsn Französin und das ernste Gesicht der blonden Erzieherin empor.

II.

General v. Brunken und Konrad v. Holtensen hielten auf dem höchsten Punkt des Plateaus von St. Privat neben dem Denkmal des Gardekorps; etwas weiter rückwärts nahe dem Dorfe die Ordonanz des Generals.

Vor ihnen nach Westen und Süden zu breitete sich das wellenförmige vlateauartige Gelände aus, auf dem vor zwanzig Jahren die deutschen Truppen den blutigsten Sieg des gewaltigen Krieges in heldenmütigem Ringen erfochten hatten. Hinter ihnen die waldreichen, von tiefen Tälern durchschnittenen Berge, an deren Abhängen sich die festungsartigen, weißschimmernden Dörfer erheben, die dem französischen Heere zu Stützpunkten und kaum einnehmbaren Stellungen gedient hatten.

Ernst und bewegt ruhte das Auge der beiden Offiziere auf den blutgedüngten Fluren, aus denen hier und da die Denkmäler der einzelnen Truppenteile hervor­ragten, während die massenhaften kleineren Denksteine und schwarzen Kreuze be­

wiesen, welch reiche Ernte hier der Tod vor zwanzig Jahren gehalten. Die Gräber der Tapferen waren pietätvoll gepflegt; frische und welke Kränze hingen an den Kreuzen und lagen neben den Denksteinen und die schmückende Hand hatte keinen Unterschied zwischen den Gräbern der Deutschen und Franzosen gekannt, alle waren in gleicher Weise mit Blumen geschmückt. Namenlos ruhten die Tapferen in der kühlen Erde. Wie oft las das Auge wehmütig:Hier ruht ein tapferer Preuße hier ein tapferer Bayer hier ein tapferer Franzose! Hier ruhen gemeinsam zehn tapfere Franzosen, die den Heldentod starben! Hier ruhen in gemeinsamem Grabe fünf tapfere Deutsche und sieben tapfere Franzosen!* Wie­viel Blut wieviel Schmerzen wieviel Tränen hingen an diesen einfachen Kriegergräbern I*

Ruhet still und friedlich, ihr tapferen Krieger! Ihr seid nicht vergessen; der laue Westwind, der mit den Gräsern und Blumen auf euren Gräbern spielt, er bringt euch Grüße aus der schönen Heimat Frankreichs und der scharfe, er­frischende Ost, der vom Rheine herüberweht, der bringt euch treu erinnernde, ehrende Grüße aus den heimatlichen deutschen Wäldern, vom Strand der Elbe, aus den ährenwogenden Ebenen des Ostens, vom Fuß der Alpen und von der Grenze am Böhmerwald. Und der wolkenlose Himmel, der sich über euren Grä­bern blaut, die strahlende Sonne, die niederlacht auf den Schmuck eurer letzten Ruhestätten er blaut sich auch über eurer Heimat, sie strahlt auch über euer Vaterland! Ihr seid nicht vergessen, hüben und drüben der Vogesen, und wenn die Trompeten wieder erklingen zu ritterlichem Kampf, wenn die Trommeln wir­beln, die Fahnen rauschen, die Rosse schnauben und stampfen, dann ist euer Ge­denken, das über den Heerschaaren schwebt, dann seid ihr die Vorbilder für eure Söhne und Enkel! Möchten doch niemals wieder die Schlachttrompeten in die Ruhe eurer Gräber dringen! Möchten doch eure Völker sich über euren Gräbern