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148. Amts-
und Anzeigeökatt für den Jezirk Gakw. 78. Jahrgang.
Lcschelnungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreiS 10 Mg. pro Zeile für Stadt and »qirtsorte; außer Bezirk 1L Psg.
Sonntag, den 20. September 1903.
Abonnementspr. in d. Stadt pr. Viertelt. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Vierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. LrtS- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Psg.
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das Calwer Wochenblatt für das IV. Quartal.
Bestellungen nehmen entgegen die Postan- stalten, die Postboten und unsere Austräger in der Stadt.
Amtliche AeLarmtmachnngen.
Bekanntmachung.
Von der Fleischereiberufsgenostenschaft
in Mainz sind für den Oberamtsbezirk Calw für die Zeit bis 1. Oktober 1906 gewählt: n als Vertrauensmann:
Adolf Ziegler, Fleischermeister, Calw, Lederstraße 178; b. als Vertreter desselben:
Karl Waidelich, Fleischermeister, Calw, Metzgerstratze 337.
Calw, den 18. September 1903.
K. Oberamt.
I. V.: Fahr, stv. Amtm.
Lagesneaigkeiten.
Ebhausen, 17. Sept. Heute kaufte in unserem Nachbarort Walddorf ein Händler sämtliche Hopfen um 150 pro Ztr. nebst Trinkgeld auf. Von demselben Händler wurden in Haiterbach für prima Qualität 170 pro Ztr. bezahlt.
Leonberg, 17. Sept. In Wimsheim, hiesigen Oberamts, ereignete sich heute Nachmittag ein schwerer Unglücksfall. In dem Steinbruch von Joh. Lauser brach ein Stangengerüst, auf dem mehrere Arbeiter beschäftigt waren, zusammen. Hierbei wurde einem der Arbeiter der Kopf abgeschlagen, ein anderer wurde schwer, ein dritter leichter verletzt.
Stuttgart, 18. Sept. Gestern abend ^.12 Uhr ist ein 22 Jahre altes Mädchen auf der Fahrt von Untertürkheim hierher im Eisenbahnwagen an einem Herzschlag gestorben.
Heilbronn, 16. Sept. Vor dem Schöffengericht kam heute eine Beleidigungsklage der Generaldirektion der Posten und Telegraphen als Vorgesetzter Behörde des Postamts gegen den Fernsprechteilnehmer Kutscher Ludwig Schell hier zur Verhandlung. Letzterer hat am 21. Juli von der Fernsprechstelle eines andern Teilnehmers aus mehreremale Verbindung mit seiner eigenen Sprechstclle verlangt und wurde auch jedesmal verbunden; er bekam aber keine Antwort von zu Hause. Dadurch ist ihm eine Fahrt nach Gruppenbach um 7 entgangen. Nachdem er seiner Tochter, die zu Hause gewesen sei, aber nicht anläuten gehört haben wollte, Vorhalt darüber gemacht hatte, goß er die Schale seines Zorns auch noch auf die seine Rufnummer bedienende Fernsprechgehilfin aus, welche mit der früheren Verbindung gar nicht befaßt gewesen war. Da der Teilnehmer der so überfallenen Gehilfin aus früheren Anlässen als ein „schwieriger" bekannt war, ries sie sofort 2 Genossinnen zum Mithören auf, welche als Zeuginnen ihre Angaben beim Gericht wörtlich bestätigten. Unter solchen Umständen hals das Vorbringen des Angeklagten, daß er mit seiner Tochter geschimpft und diese gemeint habe, nichts; er gab schließlich auf Zureden des Vorsitzenden zu, in der Aufregung geschimpft zu haben, was, wisse er aber nicht mehr. Das Gericht entschied auf 10 Mark Geldstrafe bezw. 2 Tag Haft nebst Kosten.
Untertürkheim, 17.Sept. (Faßmarkt.) Der heutige Markt verlief ziemlich flau. Die Zufuhr war gegen früher geringer. Der Absatz ging nur langsam. Größere Fässer kosteten pro Liter
6—8 A, kleinere 9—11 Gebinde von 150 Liter an abwärts waren entsprechend teurer. Auf dem Küblermarkt fand ein lebhafter Verkauf statt. An den Wirtschaften prangten die bekannten Riesentrauben, diesmal von besonderer Schönheit und Güte. Nachmittags entwickelte sich auf den Straßen und in den Wirtschaften ein lebhaftes Treiben. — Für die erste, auf den Abbruch verkaufte Kelter wurden 1210 ^ erlöst.
Tübingen, 16. Sept. (Strafkammer.) Der Lindenwirt Matthäus Deeg in Linsen Hofen, OA. Nürtingen, wurde wegen Umgeldsgefährdung zu der Geldstrafe von 150 ^ und Tragung aller Kosten verurteilt. Deeg hatte im Herbst 1902 spanische Trauben selbst gekeltert und den Wein daraus zur Versteuerung angemeldet. Er bekam nach amtlicher Aufnahme 409 Liter Wein und füllte diese in ein Faß von 650 Liter Gehalt. Bei einer Kellervisitation wurden in jenem Faß 238 Liter mehr Wein entdeckt als Deeg gekeltert hatte. Die von der Weinbauversuchsanstalt Weinsberg vorgenommene Untersuchung stellte fest, daß fraglicher Wein stark gewässert und gezuckert sei und als Kunstwein unter das Gesetz von 1901 falle. Das Kameralamt Neuffen verurteilte Deeg zu der Legalstrafe von 130 und 16 63 Kosten. Deeg
verlangte gerichtliche Entscheidung und behauptete, nicht strafbar zu sein, weil das Mehr an Wein von 238 Liter davon herrühre, daß er jenes Faß mit früher schon versteuertem Wein vollgefüllt habe. Dieses Vorbringen hatte nicht den gewünschten Erfolg.
Ulm, 16. Sept. (Soldatenmißhandlungen.) Die Ulm. Ztg. schreibt: „Das Kriegsgericht der 27. Division wird sich in nächster Zeit wieder mit verschiedenen Soldatenmißhandlungen zu beschäftigen haben. So ist Verhandlung angesetzt gegen den
Nachdruck verbeten.
Nach zwanzig Jahren.
(Clarifsa.)
Roman von O. Elster.
(Fortsetzung.)
Und wenn man i,n Geist das Auge über die gewaltige Kuppel des Mont St. Quentin hinwegschweifen läßt — weiter nach Westen — dann tauchen alle die Namen wieder auf, die hüben und drüben der Grenze stolze, schmerzliche, heldenhafte, wehmütige Erinnerungen wachrufen. Gravelotte und St.-Prioat! Sainte-Marie-aux-Shenes und Nezonville! Point-du-jour! Flavigny, Mars-la- Tour — und wie sie alle heißen, die blutgedüngten Stätten des Ruhmes! Die Erntefelder des Todes und der Ehre!
Der alte Franzose und die junge Dame an der Bastionkmauer standen schweigend da. Ihre Augen ruhten ernst auf der vom Sonnengold überstrahlten herrlichen Landschaft, auf den Bergen und Tälern, die das Grab des französischen Ruhmes geworden waren — des Ruhmes, dessen Bild das Herz des alten Soldaten sein ganzes Leben lang mit goldigem Glanz erfüllt hatte. In das Grab gesunken war der Ruhm des französischen Kaisertums — und auf die Grabstätte schaute mild und still, ernst und erhaben das eherne Bildniß des ersten deutschen Kaisers des neu geeinten, des verjüngten Deutschlands.
Tief seufzend wandte sich der alte Herr ab, die junge Dame legte schweigend die Hand in seinen Arm. Da kam über den Platz ein reizendes Kind gesprungen, ein Mädchen von etwa neun oder zehn Jahren, mit hochroten Wangen und fliegendem, blonden Lockenhaar.
„Liebste Tante, lieber Großpapa," rief das Kind in französischer Sp ache, „habt Ihr gehört, welche lustige Melodie die Musik soeben gespielt hat?"
Die junge Dame beugte sich zu dem Kinde nieder.
„Wir haben es gehört, Madeleine," entgegnete sie lächelnd. „Es war das letzte Stück — da spielen sie stets etwas Lustiges. Wir fahren jetzt nach Haus. Wo ist das Fräulein?"
„Dort kommt es!"
Madeleine eilte der hohen, etwas kräftigen Gestalt eines Mädchens entgegen, dessen einfache, schwarze Kleidung ihre dienende Stellung anzeigte. Um das hübsche, ernste, blaffe Gesicht schmiegte sich glattes, aschblondes Haar; die großen blauen Augen blickten mit freundlichem Ernst, um die Lippen deS scharfgeschnittenen, klassisch schönen Mundes schien ein herbes Lächeln zu zucken.
„Fräulein, Fräulein!" rief Madeleine. „Wir fahren nach Hause!"
„Ich komme schon, mein Kind," erwiderte die Gouvernante, denn in diesem Verhältnis schien die Dame zu dem Kinde zu stehen. Dieses hing sich an ihren Arm und zog sie nach dem Großvater und der Tante.
„Entschuldigen Sie, daß ich Madcleine nicht so rasch folgen konnte," sprach sie in einem etwas fremdartig klingenden Französisch. Man vermochte nicht zu sagen, ob ihr Accent ein englischer oder ein deutscher war.
„Bitte, eS hat nichts zu sagen, Fräulein," entgegnete die junge Dame freundlich. „Komm, Großpapa, der Wagen erwartet uns im Hotel."
Die kleine Gesellschaft entfernte sich rasch, ohne auf die aufmerksamen Blicke zu achten, die ihr von der zurückblcibenden Menge nachgesandt wurden. Nur die lustigen, dunklen Augen Madeleine's flogen neugierig umher und lachten auch wohl schelmisch einen hübschen Offizier an, der an ihr vorüberstreifte.