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erschossen aufgefunden. Die Unglücklichen wurden als der 26 Jahre alte Reichsbankbeamte Schröder und die 19 Jahre alte Adele Kloth erkannt.

Unglückliche Liebe dürfte auch hier der Beweggrund zu der Tat gewesen sein. Der 24 Jahre alte Kraft wurde gestern Abend von dem Wirt Hieb in der Steinpasse in dessen Wirtschaft durch 6 aus einem Revolver abgegebene Schüsse gelötet. Hierauf brachte sich der Wirt einen Schuß in die Schläfe bei, welcher den sofortigen Tod zur Folge hatte. Kraft soll mit der Frau des Wirtes ein Verhältnis unter­halten haben, was die Veranlassung zu der Tat war.

Frankfurt a. M., 5. Sept. (Leichen­fund.) Heute Mittag wurden hier in der Nähe des Schlacht- und Viehhofes vier zusammengebun­dene Leichen, Vater, Mutter und zwei Söhne, aus dem Main geländet. Die Persönlichkeit der Toten ist noch nicht festgestellt.

Frankfurt a. M., 5. Sept. Auf den V-Zug Frankfurt-Berlin, der 9.35 von hier abgeht, wurde gestern abend bei Mühlheim ein Attentat versucht, indem eine etwa 12 w lange und 10 Zentner schwere Goliathschiene quer über das Gleise gelegt wurde. Der Bahnwärter stellte den Zug, der 70 km in der Stunde zurück­legte, noch rechtzeitig und verhütete so ein entsetzliches Unglück. Die Schiene muß von mehreren Männern an die Stelle gelegt worden sein. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Unter­suchung eingeleitet. Man vermutet, daß entlassene Streckenarbeiter die Täter gewesen sind.

Siegburg, 5. Sept. In vergangener Nacht wurde die Kattunfabrik von Rolfs L Co. teilweise durch einen Brand zerstört. Die Strafanstalt und mehrere andere Gebäude standen eine Zeit lang in Gefahr, auch von dem Feuer ergriffen zu werden. Verschiedene Arbeiter wurden schwer verletzt.

Berlin, 5. Sept. Der Berliner Magistrat beschloß, für die Ueberschwemmten im Notstands­gebiete 30000 ^ zu bewilligen.

Berlin, 5. Sept. Die große Anlage vor dem Brandenburger Tor mit den Denkmalen des Kaisers und der Kaiserin Friedrich soll nach einem jüngst vom Kaiser ausgesprochenen Wunsche bestimmt am 18. Oktober, dem Geburtstage Kaiser Friedrichs enthüllt werden.

Berlin, 5. Sept. Die Kaiserparade in Merseburg wurde gestern mittag mit einem Paradediner im Ständehouse beschlossen, wobei der Kaiser auf das 4. Armee-Corps toastete. Im Parke des königlichen Schlosses fand am Abend großer Zapfenstreich statt.

Berlin, 5. Sept. Das neue Linien­schiff I-., das am 18. ds. auf der Germania- Werft in Kiel vom Stapel laufen und dessen Taufe der Großherzog von Hessen vor- nimmt^ wird den NamenHessen" erhalten.

Druck ausub-n zu können! Ich danke Gott, daß ich zur rechten Zeit kam, um größeres Unheil zu verhüten."

Ja", nickte Tennewitz,es war gut, daß du kamst. Denn wenn du damals nicht gleich angefangen hättest, zu lernen, so wärest du heute nicht im stände, etwas zu verdienen, und ich wüßte nicht, was dann werden sollte."

Jsa lachte,du hast mich auch gleich tüchtig in deine Schule genommen, Papa."

Es machte mir Spaß, denn du warst eine sehr gelehrige Schülerin."

Sage einmal", begann Jsa nach einer kleinen Pause wieder,ich denke immer, Direktor Conradty zahlt mir eigentlich viel mehr, als ich für meine geringen Leistungen beanspruchen könnte. Ist dem nicht so?"

Conradty weiß schon, was er an dir hat. Glaube mir, er zahlte dir die verhältnismäßig hohe Summe nicht, wenn er eS sich nicht auSrcchnete, welche Zugkraft du für ihn bist. Er ist ein schlauer Geschäftsmann und kennt sein Publikum. Du bist eine tüchtige Reiterin geworden in den sechs Monaten, er­staunlich, geradezu großartig ist es, was du leistest. Könntest du dich nur einmal sehen, wie du zu Pferde sitzest! Meinst du für nichts erntest du solch rasenden Applaus?"

Du machst mich noch eitel, Papa," lächelte Jsa.

Das darfst du auch sein, getrost darfst du es! Manche erste Künstlerin könnte von dir lernen."

Es klopfte, und ein Diener in herrschaftlicher Livree trat ein. Er trug ein riesiges Bouquet in der Hand und kam auf Jsa zu, die sich erhoben hatte und mit tief verfinstertem Gesicht auf den Bedienten zuschritt.

Habe ich die Ehre von Siognora Gratiana?" fragte er unter tiefen Bücklingen.

Berlin, 6. Sept. Wie derVorwärts" meldet, ging ihm vor einigen Wochen ein Brief eines bei einem Berliner Regiment dienenden Solda­ten zu, in welchem sich derselbe in zum Teil erregten Worten über Mißstände in einer genau bezeichneten Kompagnie beschwerte. Es wurde^ Klage geführt über einen Hauptmann, durch dessen militärische Anordnungen die Mannschaften schwer litten. Ins­besondere wurde ein Fall angeführt, in welchem durch die Ueberanstrengung des Dienstes ein Mann so schwer erkrankt ist, daß derselbe entlassen werden niußte. Da die Redaktion desVorwärts" die Richtigkeit dieser Angaben nicht kontrollieren konnte, machte ein Berichterstatter namens Rehbein dem betreffenden Kommandanten Mitteilung von der Beschwerde des Soldaten ohne dessen Namen zu nennen. Der Oberst des Regiments erwiderte, daß die Untersuchung nicht eingeleitet werden könne, weil der Beschwerdeführer nicht bekannt sei. Nach einiger Zeit wurde Nehbein vor das Militärgericht vorgeladen, wo er erfuhr, daß in der Tat der Soldat, dessen Namen im Briefe nicht genannt war, wegen Krankheit entlassen werden mußte. Die Ueberanstrengung sei aber nicht unmittelbare Ulsache seiner Dienst-Untauglichkeit, er sei vielmehr schon krank in das Heer eingetrelen. Rehbein wurde dringend nach dem Namen des Briefschreibers gefragt, lehnte aber jede Auskunft darüber ab. Rehbein wurde zu 10 Geldstrafe verurteilt. Gestern Morgen wurde nun Rehbein ans dem Bett heraus in seiner Wohnung verhaftet.

Meiderich, 5. Sept. Heute Nacht brannte auf der hiesigen elektrischen Kraftstation ein Wagenschuppen vollständig nieder. Ein Wagenmaterial im Werte von 400000 ist vernichtet. Der Gesamtschaden beziffert sich auf eine Million Mark. Der Staatsbahnverkehr ist völlig unterbrochen.

Bern, 4. Sept. Freitag morgen ist der Luftschiffer Spelter ini mit seinem ganzen Hilfs­personal nach Zermatt abgereist, um seine Fahrt über die Alpen in deu nächsten Tagen anzu­treten. Tie Gcsamtkosten der Fahrt kommen Spelterini auf rund 12 000 Fr. zu stehen. Er wird außer dem starken Sandballast nur zwei Passagiere mitnehmen und zwar Hrn. Wernecke vom Katzensee und wahrscheinlich vr. Seiler in Zermatt, vr. Maurer besorgt in Zermatt die meteorologischen Beobachtungen.

Wien, 6. Sept. Das Reise-Programm des Zaren hat insofern eine Aenderung erfahren, als derselbe nach Beendigung der Hochwild-Jagden in Steiermark nicht mehr nach Wien zurückkehrt, sondern die Fabrt von dort direkt nach Darmstadt fortsetzt. Ende Oktober wird der Zar in Begleitung der Zarin von Darmstadt nach Rom reisen.

Paris, 5. Sept. Infolge Versagens der Steuerung rannte gestern in der Nähe von Corbeil ein Automobil mit solcher Heftigkeit gegen eine

Jsa nickte, und maß den Frager mit solch hochmütigem, stolzem Blick, daß er beinahe lcheu zu ihr hinsah.

Baron Felsenegg sendet diese Blumen mit seinen untertänigsten Grüßen," sagte der Bediente fast schüchtern.

Bitte, nehmen Sie die Blumen samt den Grüßen nur wieder mit, und sagen Sie dem Herrn Baron, ich lasse danken!"

Wie stolz und hochmütig das klang, eine Fürstin konnte kaum herablassender sprechen. Die zarte Gestalt des Mädchens schien zu wachsen, wie eine Königin stand Jsa vor dem verblüfften Bedienten, der nicht wußte, was er mit dem Strauß in der Hand anfangen sollte. Er machte ein so hilfloses Gesicht, daß Jsa nur mit Mühe ein Lächeln unterdrückte. Dann wandte er sich unter nochmaligen Ver­beugungen rückwärts, dem Ausgange zu.

Du hättest doch annehmen sollen," sagte Tennewitz, als sich die Türe geschlossen.Felsenegg ist eine einflußreiche Persönlichkeit, er kann dir schaden."

Ach, wieso denn?" machte Jsa mit verächtlicher Geberde,man soll mich in Ruhe lasten. Warum schickt man mir immer wieder Blumen? Ich will sie doch nicht!"

Der Vater seufzte.

So bist du nun einmal. Alle Vorstellungen prallen an deinem Eigensinn ab. Was liegt nun daran, wenn du die Blumen annimmst? Worauf wartest du denn? Glaubst du, daß ein Prinz kommen wird, dich zu erlösen?"

Ein Prinz gerade nicht," lächelte das schöne Mädchen, und in den großen Augen strahlte es hell und eigentümlich auf,aber erlöst werde ich doch, das weiß ich gewiß, des Ritters will ich warten."

Die letzten Worte waren nur geflüstert, und offenbar für keinen andern bestimmt. Der Vater hatte sie aber doch gehört.

Berlin, 5. Sept. Die Fortsetzung der Verhandlungen des deutsch-russischen Handelsvertrages soll im November in Berlin stattfinden.

Berlin, 5. Sept. In Ems in Grau­bünden sind, wie von dort gemeldet wird, 14 Häuser niedergebrannt.

Berlin, 5. Sept. DerLokalanzeiger" meldet Semlin: Seit 2 Tagen sind in ganz Serbien die Truppen konsigniert. In allen Gar­nisonen geht es lärmend zu. Es besteht kein Zweifel, daß die weitaus überwiegende Mehrheit der Offiziere gegen die ehemaligen Verschwörer Stellung nehmen. Uebrigens werden die in Nisch verhafteten Offiziere schon deshalb, weil der dortige Divisionsgeneral Jankowitsch mit ihnen eines Sinnes ist, rücksichts­voll behandelt. Mehrere von ihnen erhielten nur Stubenarrest. Bei der Unsicherheit der Lage durch­schwirren die seltsamsten Gerüchte die Stadt. Es soll die Absicht bestehen, die ganze Angelegenheit auch vor die Skuptschina zu'bringen, die zu diesem Berufe unmittelbar nach den Wahlen zu einer außerordentlichen Tagung einberufen werden soll.

Berlin, 5. Sep. Die Vossische Zeitung meldet aus Kattowitz: In Zalenze stießen zwei Motorwagen der elektrischen Bahn so heftig zu­sammen, daß beide Wagen vollständig zertrümmert wurden. 5 Passagiere und die zwei Motorführer sowie ein Kontrolleur erlitten schwere Verletzungen. Verschiedene andere Personen kamen mit leichteren Verletzungen davon.

Berlin, 5. Sep. lieber einen neuen An­schlag auf einen Dampfer wird dem Berliner Tageblatt aus Constantinopel gemeldet. Darnach soll der Levantedampfer Pyrgos auf hoher See cxplodirt sein. Auf der Agentur der Levante-Linie in Constantinopel ist bisher hiervon noch nichts bekannt.

Berlin, 5. Sep. Der Lokal-Anzeiger meldet ausConstantinopel: Der Minister des Aenßeren, Tewfik Pascha, erklärte mehreren Botschaftern, der Sultan habe nunmehr derartige Maßnahmen gegen die bulgarischen Banden verfügt, daß binnen Kurzem mit diesen aufgeräumt sein werde. Im Wilajet Monastir seien bereits fast alle Banden cernirt.

Berlin, 6. Sep. Wie derVorwärts" mit- teilt, ist der wegen der Königsinsel-Affäre verhaftete Redacteur Leid gestern aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Berlin, 5. Sep. Nach einer Meldung deS Wiener Times-Correspondenten glaubt man in dortigen gut informirten Kreisen nicht, daß Kaiser Franz Josef den Besuch König Eduards schon im nächsten Frühjahre erwidern werde. Es seien noch keine definitiven Abmachungen getroffen. Es herrsche jedoch Einverständniß darüber, daß Kaiser Franz Josef England wenn möglich nächstes Jahr besuchen werde.