«US Staöt, Bezirk uns Umgebung.

* Neuenbürg, 22. Februar. Vor einer Zu­hörerschaft von etwa 60 Personen hielt am Sonn­tag abend Proviantamtsinspektor a. D. Schmidt aus Stuttgart, Sekretär des Christlichen Soldaten­bunds, im Gasthof zumBären" hier einen äußerst anziehenden Vortrag über das Thema:Können und sollen wir zur Stärkung unserer Armee und Marine Mitwirken?" Dekan Uhl, der den Redner vorstellte, schickte in der Begrüßung voraus, daß über dieSoldatenheime", die das spezielle Werk desSoldatenbundes" seien, zur Zeit gute und böse Gerüchte umgehen. Erwähnt wurden namentlich dis beiden Einwände: einmal, daß die Erstellung solcher auf die Soldatenfürsorge bedachten Einrichtungen von Rechtswegen Sache des Staates sei, und dann, daß diese Soldatenheime in unver­antwortlicher Weise das örtliche Gewerbsinteresse schädigen, zumal da sie häufig von Schmarotzern einfach zu billiger Verköstigung ausgenützt und miß­braucht werden, von Leuten, die im übrigen den eigentlichen Zwecken dieser Heime nichts weniger als ergeben seien. Bezüglich des ersteren Einwands wurde hervorgehoben, es sei eine bekannte Tatsache der Geschichte, daß der Staat in vielen Fragen der Wohlfahrts- und Erziehungspflege sich erst habe den Weg zeigen lassen von der vorausgehenden frei­willigen Arbeit der christlichen Liebe oder der Inneren Mission" diese habe also nun einmal ihren geschichtlichen Beruf wobei übrigens nicht vergessen werden dürfe, daß immerhin der Staat schon jetzt gerade zu Gunsten dieser Soldatenheime mancherlei Entgegenkommen betätigt habe. Rücksicht­lich des zweiten Einwands wurde daran erinnert, daß schließlich nichts in der Welt gegen Mißbrauch gefeit sei, aber der Mißbrauch hebe den rechten Gebrauch niemals auf. Mit einer kurzen Schilderung der gegenwärtigen Stärke unserer Armee und Marine und einem Vergleich zwischen Einst und Jetzt be­ginnend, führte Inspektor Schmidt aus, daß es für die Leistungsfähigkeit und Verläßlichkeit des Heeres keineswegs nur ankomme auf die zahlenmäßigen Machtmittel, sondern ganz hervorragend auf die innere Gesinnung, auf das Pflichtgefühl, auf die hingebende Ausdauer der Truppe, im letzten Grunde aber auf den religiösen Halt, der dem einzelnen eigne. Die schlimmsten Feinde des Soldaten seien Trunksucht und Unzucht. Als freundliche Heim­stätten, als einladende Orte edler, fördernder Gesellig­keit bieten dieSoldatenheime" sich an, deren erstes auf württembergischem Boden dort bei Mün- singen entstanden sei. Aus guten Gründen sei der Ausschank alkoholischer Getränke aus diesen Heimen ausgeschlossen. Würde er eingeführt, so würde das Unternehmen allerdings finanziell sofort ganz anders vorwärts kommen, aber auf diesen lockenden Ge­winn müsse um höherer Vorteile willen schlechter­dings verzichtet werden. Durch denChristlichen Soldatenbund", eine Abzweigung desSüd­deutschen Jünglingsbunds", ins Leben gerufen, haben diese Soldatenheime schon überaus viel Segen ge­stiftet. An einigen packenden Beispielen aus der Praxis wurde gezeigt, welch bemerkenswerten, treff­lichen Einfluß die Arbeit des Soldatenbundes und des von ihm bestellten Soldatensekretärs schon geübt habe namentlich auch auf die menschenwürdige, richtige Behandlung des Soldaten seitens seiner Vorgesetzten und auf Abstellung zur Entdeckung gelangter Mißstände, unter deren Druck der einzelne oft schwer zu leiden hatte, ohne recht zu wissen, wie er sich daraus helfen solle. Nachdem Dekan Uhl dem geschätzten Redner den Dank der Anwesenden ausgesprochen, erfolgte noch eine Anzahl von Bei­trittserklärungen zumChristlichen Soldatenbund", der jetzt 32 Mitglieder hier zählt.

Turnerisches. Nächsten Sonntag machen die Turnvereine des Unt. Schwarzwaldgaues (Oberamt Neuenbürg) eine Winterturnfahrt ver­bunden mit einem sog. Kriegs spiel nach Herrenalb. Die eine Hälfte der Vereine sammelt sich morgens 9 Uhr in Dobel und geht direkt nach Herrenalb, um die Zugänge dorthin zu besetzen und der anderen Hälfte, die um 9 Uhr in Schwann abzumarschieren hat, den Einmarsch in Herrenalb zu versperren. Stößt eine Abteilung auf eine gegnerische, die ihr an Zahl überlegen ist, hat sie sich als außer Gefecht gesetzt zu be­trachten, ebenso wenn eine Abteilung oder das Gros vom Gegner unverhofft überrumpelt wird. Ist der Angreifer um 1 Uhr noch nicht in Herrenalb ein­marschiert, muß er sich für besiegt bekennen. Zweck dieser Turnfahrten soll sein, bei unseren jungen Leuten den Wandersinn, die Lust und Liebe zum Walde zu wecken, ihnen zu zeigen.

> wie man in Wald und Flur, auf Schritt und Tritt die erhabene Schöpfung der Mutter Natur bewun­dern kann, sie aus dem allsonntäglichen Wirtshaus­sitzen herauszureißen, ihnen Gelegenheit zu geben, durch das gemeinsame Wandern mit Brudervereinen ihre turnerischen Erfahrungen auszutauschen, endlich sie von dem auch in unserem Gau sich bemerkbar machenden Hinüberlaufen in die Sportvereine zurück­zuhalten. in die sie meist nur der Kitzel der allsonn - täglichen Wettspiele hineintreibt, ihnen zu zeigen, daß die Turnerei ganz andere Anforderungen stellt, wie jene, daß wir so vielseitige Uebungsarten haben, daß der ganze Mensch aus- und durchgebildet wird ohne bei denselben zu verrohen. Hoffen wir. daß aus diesem ersten Versuch eine bleibende Einrichtung wird, daß die Teilnehmerzahl alljährlich größer wird, ähnlich wie im Achalmgau, wo an einem der letzten Sonntage annähernd 900 Turner sich an einer sol­chen Winterturnfahrt beteiligten.

** Pfinzweiler, 20. Febr. Unser allgemein beliebter Lehrer Unger hat, weder Opfer noch Mühe scheuend, auf heute abend in dem hiezu sehr geeigneten Sonnensaale einen Kinderabend veran­staltet, zu dem beinahe die ganze Einwohnerschaft und auch von auswärts viele Gäste erschienen. Mehrstimmige Lieder, kleine lustige Stückchen, Zeichenübungen und Szenen aus Teil und Schnee­wittchen, von Schulkindern frisch und sicher vorge­tragen, zeigten von fleißigem Einstudieren und all­seitiger Liebe zur Sache. Der Abend hat zweifel­los manchen guten Samen in die Herzen aller ge­legt und die Gemeinde darf auf einen wohlgelungenen Abend zurückblicken, der speziell der Familie Ünger und der Schule Pfinzweiler zur Ehre gereicht.

§. Langenbrand, 21. Febr. Auch hier konnte ein Ehepaar das Fest der goldenen Hochzeit feiern. Johann Friedrich Eberhardt, Bäcker und seiner Ehefrau Sofie, geb. Volle, war es vergönnt, im Kreise ihrer Kinder, Enkel und Urenkel diese seltene Feier zu begehen. Seine Majestät der König ließ mit den besten Glückwünschen eine Bronzetafel mit seinem Bildnis überreichen. Möge dem Jubel­paar auch fernerhin ein schöner Lebensabend be- schieden sein.

Neuenbürg, 21. Febr. Wie der Frühling und Sommer wird. Die jetzigen schönen Früh­lingstage, die ungewöhnlich frühzeitig das Erwachen des Lenzes verkünden, lassen, wie ein meteorologischer Mitarbeiter schreibt, die Frage angebracht erscheinen, wie die Aussichten für den kommenden Frühling und den Sommer sind. Ueber diese Frage lassen sich nicht nur Vermutungen anstelle», sondern es gibt ganz bestimmte Anhaltspunkte, die für das kommende Wetter und für die Gestaltung der kommenden Jahreszeiten maßgebend sind. Bisher war der Monat Februar durchschnittlich um 3 Grad wärmer, als die Normaltemperatur dieses Monats. Ein warmer Februar aber hat stets schöne Frühlingstage und einen recht warmen Sommer zur Folge. Wäh­rend im vorigen Jahre der Februar noch voll­kommen den Charakter des Winters hatte und sogar noch die Monate März und April einen durchaus winterlichen Anstrich hatten, liegt die Temperatur des diesjährigen Februars ungefähr auf der Höhe der Temperatur Ende April 1909. Die ungewöhn­lich kalten Wintermonate 1908/09 ließen einen sehr kalten Frühling erwarten, in dessen Gefolge wieder ein kalter und regnerischer Sommer wahrscheinlich war. Auf der anderen Seite aber waren sehr milde Winter wie die der Jahre 1857, 1874, 1882, 1903 stets von schönen Frühlingstagen und warmen Som­mertagen begleitet. Besonders das Jahr 1903 zeichnete sich durch eine Temperatur aus, die der des Jahres 1910 sehr ähnlich war. Auch das Jahr 1903 hatte einen ungemein milden Winter und einen sehr frühzeitigen Frühling, der schon im März voll einsetzte. Ebenso, wie wir im Jahre 1903 sehr günstiges Frühlings- und Sommerwetter hatten, so ist mit ziemlicher Bestimmtheit anzunehmen, daß auch der Frühling des Jahres 1910 nicht nur recht­zeitig beginnen wird, sondern daß er uns auch einen vollen Ersah für den völligen Ausfall des Frühlings 1909 bringen wird. Man wird nach den bisherigen Feststellungen von wissenschaftlicher Seite folgende Uebersicht aufstellen können: Der Februar wird seinen Charakter als milden Monat bewahren. Der Monat März wird in seiner zweiten Hälfte uns den Eintritt des Frühlings bringen, und der Monat April wird voraussichtlich dem April des Jahres 1906, der bekanntlich einer der wärmsten April­monate war und uns Hochsommertemperaturen brachte, nichts nachgeben. Für den Monat Mai wird vielleicht eine geringe Abkühlung vorauszusagen

sein, während hingegen die folgenden Sommermonate uns viel Sonnenschein und Hitze bringen werden. Der Grund hierfür liegt in dem Umstande, daß in gewissen Zeiträumen die Erde erfahrungsgemäß eine bestimmte Anzahl von schönen Tagen bezw. eine bestimmte Dauer von Sonnenschein aufzuweisen hat. Diese Prozentziffern sind fast konstant und schwanken nur in sehr geringem Umfange. Da aber das Vor­jahr hinter dieser Zahl bedeutend zurückblieb, so wird nach den bisherigen beobachteten Naturgesetzen dieses Jahr einen Ausgleich bringen. Der Anfang hierzu war schon in dem milden Wetter und ist vor allen Dingen jetzt in den vorzeitigen Frühlingstagen zu erblicken. Ein weiterer äußerer Umstand besteht darin, daß die Flüsse und Seen, die im Vorjahre bis weit in den April hinein mit Eis bedeckt waren und die Frühlingswärme in großen Mengen für den Auftauungsprozeß absorbierten, in diesem Jahre schon jetzt fast durchweg eisfrei sind. Auch die Schneedecke ist verhältnismäßig sehr gering gewesen, so daß eine Erwärmung des Erdbodens und somit die damit im Zusammenhang stehende Erwärmung der Luft ohne jedes Hindernis eintreten kann. Die günstigsten Bedingungen sind also gegeben und es ist zu hoffen, daß der Erfolg den Erwartungen und Voraussetzungen entspricht.

Calw, 21. Febr. Auf dem hiesigen Bahnhof ereignete sich in der Nacht vom Samstag auf Sonn­tag ein höchst bedauerlicher Unglücksfall. Beim Rangieren von Wagen des um ff-1 Uhr von Pforz­heim eintreffenden Güterzugs, fand durch irrtümliche Gleisangabe ein Zusammenstoß mit einem leer­stehenden Güterzug statt, wodurch der Ankuppler Georg Schaible von dem Dach des durch den Anprall in Trümmer gehenden Kabriolhäuschens erschlagen wurde. Der Verunglückte ist 25 Jahre alt, er hinterläßt eine Frau mit einem Kinde.

vLnrrischrLs.

Der Kaiser als Geschäftsmann. Der Berliner Baumeister Lesser, der schon wiederholt vom Kaiser in Audienz empfangen wurde, war dieser Tage wiederum nach dem Berliner Schloß befohlen worden. Nach dem Eintritt in das kaiserliche Privatzimmer machte Lesser seine Verbeugung vor dem Kaiser. Sich aufrichtend, gewahrte er indessen, daß auch der Monarch sich vor ihm verbeugt hatte, und zwar noch bedeutend tiefer als er es getan. Natürlich machte der Künstler ein sehr erstauntes Gesicht, der Kaiser aber lächelte und sagte:Ja, ja, mein lieber Baumeister, Sie wundern sich wohl, daß ich Ihnen diese Reverenz erweise. Das muß ich aber tun, denn wir wollen doch in Geschäfts­angelegenheiten reden. Sie sind doch mein Kunde und ich Ihr Lieferant. Ich weiß sehr wohl, daß man mit Kunden sehr zart umgehen muß, um sich das Geschäft nicht zu verderben!" Dabei klopfte er seinem Besucher recht kräftig auf die Schulter und fuhr fort:Na, nun wollen wir als Geschäftsleute reden!" Baumeister Lesser ist in der Tat ein sehr guter Kunde des Kaisers. Bei seinen Pracht­bauten verwendet er vorzugsweise Kacheln und Fliesen in Majolika und andere Erzeugnisse der Tonindustrie, welche in der dem Kaiser gehörenden, dem Publikum leider unzugänglichen Majolika­werkstätte Cadinen im Elbinger Landkreise hergestellt werden.

Logogriph.

Was mit die Menschheit kann erheben Ueber dieser Welt gemeiner Kram,

In der Künstlerhand ist es gegeben.

Wie aus Dichters Mund man einst vernahm.

Doch mit U fällt es gar oft beschwerlich. Wenn im Leben man darunter schwitzt; Mancher seufzt darunter unaufhörlich.

Ohne daß ihm das mit W dann nützt.

Leicht mit H dagegen ist's zu tragen,

Wenn sein Umfang auch sehr groß zumeist; Aus dem Feld wird oft es aufgeschlagen.

Wo es Herden schützend sich erweist.

Auflösung der zweisilbigen Charade in Nr. 2S.

Wechsel.

Aus dm Ciytiiler

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