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ins Krankenhaus, so daß er seinen Zweck indirekt doch erreichte. (Tüb. Ehr.)
Winnenden, 3. Sept. Bei der heute hier stattgehabten Versteigerung des Ertrags an Obst auf den städt. Bäumen wurden 547 ^ erlöst; der Ertrag ist zu 180 Simri geschätzt, es würde also das Simri auf 3 zu stehen kommen.
Mergentheim, 3. Scpt. Zum heutigen Schweine markt wurden gebracht 496 Saug- und 7 Läuferschweine, das Paar Saugschweine kostete 20—40 das Paar Läuferschweine 48 bis 68 <^. Der Handel ging flott, es blieben nur einzelne Stücke unverkauft.
Ulm, 3. Sept. (Obcrkciegsgericht.) Im Justizgebäude verhandelte heute das Oberkriegs- gericht aus Stuttgart über die Berufungssache des Leutnants Hetze! vom 9. württ. Jnf.- Regt. Nr. 127, der vom hiesigen Divisionsgericht am 3. Juli d. I. wegen groben Unfugs, unbefugter Befehlsanmaßung und Vers. Anstiftung eines Untergebenen zur Unterlassung einer dienstlichen Meldung neben Dienstentlassung zu 9 Wochen Gefängnis und 1 Woche Haft verurtcit worden war. Hetze! legte Berufung zum Oberkriegsgericht ein. Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil auf, sprach Hetze! von der Verübung groben Unfugs und dem Vergehen der unbefugten Bcfehlsanmaßung frei und verurteilte ihn wegen versuchter Beeinflussung eines Wachthabenden zu 14 Tagen Stubenarrest.
Aus Baden,1. Sept. (W e i n.) Während die Witterung in den ersten drei Augustwochen für die Entwicklung der Trauben nichts weniger als günstig war, ist die dann einsttzende Temperatur für dieselben wie geschaffen gewesen. Heiße Tage, warme Nächte und hier und da Niedergang eines erfrischenden Regens sind dem Winzer nur willkommene Erscheinungen. Die Trauben begannen denn auch gelbe Färbung anzunehmen, dem bekanntlich Hell- und Weichwerden folgt. Reife F-iüh- burgunder sind durchaus keine Seltenheit mehr. Der Behang ist reichlich und das Aussehen gesund. Wenn sonst störende Naturereignisse nicht mehr eintreten, kann man auf eine verhältnismäßig gute Ernte rechnen. Außer der erwähnten Traubensorte versprechen noch Klevner, Franken, Traminer, Gutedel und Riesling befriedigenden Ertrag. Oidium und Peronospora, die in den letzten Wochen fast in allen Lagen sich bemerklich gemacht, wurden durch wiederholte Bekämpfung mit Schwefel und Kupferkalkbrühe auf ihren Herd beschränkt; sie konnten eine größere Ausbreitung nicht gewinnen. Der Sauerwurm hat sich zwar auch gezeigt, doch ist anzunehmen, daß er bei anhaltender Wärme nicht viel Schaden anzurichten vermag. Nach Lage der Verhältnisse kann bei recht bedeutendem Mengeertrag immer noch ein Mittelwcin eingebracht werden.
Lörrach, 30. Aug. Das rasende Tempo der Automobilfahrer hat in Hirrlingen zu einem
schweren Unfall geführt und ein armes Mädchen zeitlebens unglücklich gemacht. Ein 18jähriges Mädchen, das ihren Brüdern und anderen Arbeitern auf einem Kinderwagen das Essen überbringen wollte, wurde auf der Landstraße von einem in Schnellzugsgeschwindigkeit daherrasenden Automobil überfahren. Es erlitt einen Beinbruch, die Kleider wurden ihm teilweise vom Leibe gerissen. Nach Ansicht des Arztes dürfte das Mädchen ein steifes Bein als Andenken an den Fall behalten. Die drei Insassen des Automobils fuhren schnell davon, wurden aber auf sofortige telegraphische Meldung an die Gendarmeriestation Leopoldhöhe noch rechtzeitig aufgchalten und ihre Personalien ermittelt. Dann ließ man die Herren, welche aus Frankreich sind, weiterfahren.
Mainz, 4. Sept. Heute morgen '/'? Uhr ist durch den Scharfrichter Brandt von Gotha der 18 Jahre alte Schreiner Magnus Anton Detrois durch das Fallbeil hingerichtet worden. Detrois war sehr gefaßt und betete noch laut auf dem Schaffst. Bemerkenswert ist, daß der Kopf nicht abgeschlagen wurde, sondern nach der Hinrichtung noch an einer Sehne blutüberströmt am Halse hing.
Mainz, 4. Sept. Gestern abend traf ein Mann namens Fischer seine Frau in seiner Wohnung mit einem andern Manne an. Aus Gram hierüber sprang er mit seinen beiden Kindern in den Rhein. Ein 6 Monate altes Kind ertrank. Der Mann und ein anderes Kind wurden gerettet.
Kaiserslautern, 4. Sept. Die „Pfälz. Presse" meldet aus Landstuhl: Beim Brigadeexerzieren der 3. Feldarttlleriebrigade scheute gestern das Pferd des Leutnants Hartmann zwischen Weselberg und Zeselberg, wodurch derselbe unter das Geschütz geriet und tödlich verletzt wurde. Ein weiteres Geschütz fuhr auf das erste auf, wodurch mehrere Kanoniere, darunter 3 schwer verletzt wurden. Leutnant Hartmann ist gestern nachmittag 5 Uhr im Krankenhaus gestorben.
N ü rn b e r g, 59. Aug. (Moderne Lebensmittelfälschungen). Die Süddeutsche Landpost veröffentlicht nachstehende Zuschrift eines Nürnberger Juristen: „Vor einigen Tagen war hier eine Verhandlung betreffs Lebensmittelfälschung, welche sehr lehrreich war. Eine Sp-zereihändlerin hatte Eiernudeln verkauft, welche mit Anilinfarbstoff gelb gefärbt waren. Dies geschieht, um dem Publikum den Glauben beizubringen, daß recht viele Eier zu den Nudeln verwendet worden wären. Im Laufe der Verhandlung stellte sich heraus, daß sonst gewöhnlich in dem betreffenden Laden ein Plakat angebracht war, welches verkündigte, daß die Nudeln „leicht gefärbt" sind. Es trat nun Freisprechung ein, da angenommen wurde, daß das Plakat nur ausnahmsweise fehlte. In der Verhandlung selbst aber wurde nicht mit Unrecht betont, daß das Publikum oft sehr dumm sei und sich durch den Schein über das wahre Sein der Ware täuschen lasse. Wenn übrigens mit der Anfhängung eines einfachen
Plakats genügt ist, so dürften sich heutzutage u. a. besonders noch folgende Plakate empfehlen: „Wurst, rot gefärbt," „Erbsen, gelb gefärbt," „Kaffee, braungrünlich gefärbt", „Marmelade, rot gefärbt, mit Salicylsäurezusatz", „Preißelbeeren, rot gefärbt, mit Salicylsäure", „Preißelbeeren, rot gefärbt, mit Stärkesyrup", „Eingemachte grüne Erbsen, schwach mit Kupfer gefärbt", „Pfeffer mit Staub und Schalen", „Zitronensaft mit Salicylsäure und etwas künstlichem Saft", „Weinessig, der keine Spur von Wein hat", „Edamer Käse, außen rot, innen gelb gefärbt", u. s. w. u. s. w. Das ist gewiß eine angenehme Liste von täglich vorkommenden Verfälschungen, und nur bei einem Teil derselben ist es heute juristisch möglich, einzugreifen!
Dresden, 4. Sept. Auf Einladung des Rates der Stadt Dresden haben heute Vormittag im Saale des Stadthauses die Vertreter von hundert deutschen Städten sich zu einer Besprechung zusammengesunden, in welcher sie sich mit Z 13 des neuen ZolltarifgesctzeS betreffend Aufhebung der städtischen Verbrauchsabgaben beschäftigten. Sie beschießen, diesen Paragraph entschieden zn bekämpfen und setzten zu diesem Zweck eine Kommission ein. Derselben gehören folgende Städte an: Nürnberg, Augsburg, Hamburg, Dresden, Karlsruhe, Ulm, Darmstadt, Worms, Straßburg, Mainz, Weimar, Göttingen, Aachen, Kassel, Posen und Wiesbaden.
Berlin, 4. Sept. DaS Programm für den Besuch Kaiser Wilhelms in Wien ist nunmehr ausgestellt. Die Anknnft des Kaisers iu Wien erfolgt am 18. Abends findet in der Hofburg Gala-Diner statt und darauf Besuch der Hofoper. Unter anderem ist auch eine Hosjagd in der Nähe Wiens in Aussicht genommen. Das diplomatische Korps wird der Kaiser nicht empfangen.
Berlin, 4. Sept. Nach einer Meldung aus Wien wird der Zar, der am 30. September nach Wien kommt, im Jagdkostüm das Dejeuner im Schönbrunner Schlosse einnehmen und dann sofort mit dem Kaiser und der Jagdgesellschaft nach Mürzsteg abrcisen. Bei der am 4. Oktober erfolgenden Rückkehr des Zaren nach Wien steigt er in der russischen Botschaft ab und besichtigt dann die neu gebaute russische Kirche.
Berlin, 4. Scpt. Einem Konstantinopeler Telegramm des „Berliner Tageblattes" zufolge glaubt man im dortigen diplomatischen Korps hinsichtlich der Lage auf dem Balkan nicht an eine unmittelbare Gefahr. In der vergangenen Nacht wurden zahlreiche Bulgaren unter dem Vorgeben, Mitglieder des macedonischen Komites zu sein, verhaftet. Angeblich hat man in einer Kirche Höllenmaschinen gefunden.
Pest, 3. Sept. Uebcr die Ergebnisse der Untersuchung in Sachen des Warenhausbrands berichtet die „N. Fr. Pr.": Die hauptstädtische Kommission sür Prrvatbauten erschien am 2. Sept.
Mn dem entzückten Ausruf: „O wie schön, wie wunderschön!" wollte Fritz die Geliebte m seine Arme schließen, doch Tante Martha wehrte dem Ungestümen: „Aber nicht so, Fritz, du verdirbst ja die Robe, gieb doch acht!"
Das half aber sehr wenig. In aufwallender Zärtlichkeit drückte Heßfeldt die Braut an seine stürmisch klopfende Brust und küßte sie innig.
„Du süße. Holde, Reine," flüsterte er tief bewegt, „du mein Glück, mein Alles, mein Sonnenschein! Wie schön bist du! Kaum kann ich es fassen, daß du ganz die Meine sein sollst!"
Susanne wehrte errötend: „Aber Fritz, wir sind ja nicht allein!"
Dann zupfte sie ihm die Kravatte, die etwas schief s- ß, zurecht und ordnete das Myrthensträußchen, das er im Knopfloch trug.
Tante Martha ging kopfschüttelnd die Treppe hinab. Gleich aber rief sie hastig, wie in freudiger innerer Bewegung : „Susanne, Fritz, — kommt doch schnell herunter, — seht nur, was ich habe!" In der Hand hielt sie ein Blatt Papier, das sie lustig hin und her schwenkte, wie eine Fahne.
„Von Kurt?" schrie Susanne mit freudigem Schrecken, und als die Tante lebhaft mit dem Kopfe nickte, raffte die junge Braut die lange Atlasschleppe zusammen, und eilte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinab, um im nächsten Augenblick das Telegramm an sich zu reißen.
„Bin auf der Rückreise treffe in einigen Tagen bei Euch ein, freue mich auf mein stilles Buchecke und auf alle. — Kurt," las sie, noch atemlos vom raschen Lauf.
„Ach, Kurt, — endlich, — endlich kehrt er zurück!" jubelte Susanne, „o wie ich mich freue, und daß gerade heute diese Nachricht eintrifft, gerade heute!"
„Wenn wir das geahnt hätten," meinte Fritz, der lächelnd sein glückliches
Bräulchcn betrachtete, „dann hätten wir mit d^r Hochzeit noch einige Tage gewartet."
„Ach ja, ich wäre so froh, wenn Kurt dabei sein könnte!"
„Nun, wenn Kurt da ist, halten wir eine Nachfeier, mein Schatz," tröstete
Fritz.
Eine halbe Stunde später bewegte sich der Hochzeitstag hinüber zu der kleinen Kapelle. Die Sonne flutete durch die gemalten Fenster und warf ihren Schein auf ein glückseliges Paar, das an den Stufen des Altais kniete und sich Treue gelobte fürs ganze Leben.
XIII.
In einem hübsch und gemütlich eingerichteten Zimmer lag Graf Tennewitz auf dem Nuhesopha aukgestreckt. Von Zeit zu Zeit stöhnte er schmerzlich auf, das Gesicht verzog sich in Falten und ein Zug von Ungeduld trat deutlich darauf hervor. Seine Tochter saß neben dem Lager, ein Buch in der Hand haltend. Anscheinend hatte sie dem Kranken daraus vorgelesen, doch ließ sie den Band in den Schoß sinken und starrte vor sich hin, während zwei dicke Tränen die sie heimlich und rasch abtrocknete, zwischen den langen Wimpern hindurchquollen. Das liebliche Antlitz zeigte eine auffallende Blässe, ein leiser Seufzer entfloh ihren Lippen. Der Vater wandte ihr das Gesicht zu, und forschte aufmerksam in ihren bleichen Zügen.
„Ich bin dir eine rechte Last, nicht war, Jsa? Warum muß man leben, wenn mann doch nicht arbeiten kann, um sich seinen Unterhalt zu verdienen? Nun mußt du armes, kleines Ding auch noch für mich sorgen, während ich untätig hier liegen muß, und zusehen, wie du darbst und täglich schmäler wirst."
(Fortsetzung folgt.)