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Berlin, 28. Aug. In einer Zuschrift an den „Vorwärts" verwahrt sich der Reichstags- Abgeordnete Eduard Bernstein gegen die Angriffe, die in den letzten Berliner sozialdemoktratischen Versammlungen gegen ihn gerichtet wurden und erklärt, sein Vorschlag betreffend die Besetzung des Vizepräsidenten-Postens des Reichstages durch die sozialdemokratische Partei hätte lediglich den Zweck gehabt, dem Verzicht auf eine Position zu widerraten, von der er überzeugt sei, daß ihre Besetzung im Interesse der Partei liege.
Berlin, 28. August. Infolge des Genusses gifti ge r Pilze erkrankten nach einer Meldung aus Trier in Diesdorf 4 italienische Arbeiter und deren Wirtin. Einer der Arbeiter ist bereits tot, die andern schweben in Lebensgefahr.
Berlin, 28. Aug. Für die Rückkehr des Fürsten Ferdinand nach Sofia, die in den nächsten Tagen erfolgen soll, hegt man große Befürchtungen. Die Eisenbahnlinien, auf welchen der Fürst zurückkehren kann, werden scharf bewacht.
Berlin, 28. Aug. Einer Budapester Depesche der Vossischen Zeitung zufolge mehren sich die Leichenfunde in dem Schutt des verbrannten Waren-Magazins Goldberger von Tag zu . Tag. Wenn auch eine gründliche Durchsuchung des Hauses wegen der noch immer glimmenden Trümmer und der Einsturzgefahr bisher nicht möglich war, gewinnt die Vermutung, daß in den Flammen mehr Leute umgekommen sind als durch die Todessprünge bei den Rettungsversuchen, an Wahrscheinlichkeit. — Aus allen größeren Städten Europas sind Sachverständige hier angekommen, um die Bauverhältnisse des Hauses zu studieren. Die meisten erklären, daß das Unglück sich hätte nicht ereignen können, wenn man bei Erteilung der Bau- Erlaubnis nicht so leichtsinnig verfahren und wenn die Feuerwehr nicht so kopflos gewesen wäre.
Berlin, 28. Aug. Nach einer Washingtoner Depesche meldet der amerikanische Gesandte in Konstantinopel, daß der amerikanische Vizekonful Nagelßen in Beirut während einer Ausfahrt am letzten Sonntag ermordet worden fei. Der Stellvertreter des Staatssekretärs Hay antwortete dem Gesandten sofort, er solle bei der Pforte die Verhaftung und Bestrafung der Schuldigen fordern. Das Marineamt kabelte an den Admiral Cotton, das Mittelmeer-Geschwader bereit zu halten. — Anläßlich der Ermordung des amerikanischen Konsuls auf türkischem Boden sieht man in London, wie dem Berliner Tageblatt telegraphiert wird, interessanten Entwickelungen entgegen, weil ein amerikanisches Eingreifen in die orientalischen Wirren in Aussicht stehe.
Bremerhafen, 27. Aug. Gestern Abend hat an der Wesermündung ein Dampferzusammenstoß stattgefunden. Der Fischdampfer „Polyp" wurde von einem andern Dampfer angerannt und
derart beschädigt, daß er im Fahrwasser bei Hoher- weg gesunken ist. Die Mannschaft wurde von dem Fischdampfer „Sophie" gerettet und in Geestemünde gelandet.
S t. M o r i tz, 28. Aug. Von dem Morterat s ch stürzte ein Tourist mit seiner Gattin und dem Führer ab. Bis jetzt wurde nur die Leiche des Führers aufgefunden.
Zürich, 27. August. Der Redakteur der „Neuen Zür. Ztg.", Major Albert Wegmann, ist im Züricher See ertrunken. Die Leiche ist bis jetzt nicht gefunden.
Bozen, 28. Aug. In der Nähe von Arco stießen zwei Automobile zusammen. Beide Fahrzeuge wurden vollständig zertrümmert. Der Führer des einen, einem italienischen Grafen gehörig, wurde schwer verletzt, während die übrigen Insassen mit leichteren Verletzungen davon kamen.
Wien, 28. Aug. Der Kaiser trifft am Sonnabend hier ein und begibt sich am 3. Sept. nach der Abreise des Königs Eduard zu den Korpsmanövern in Südungarn und kehrt am 7. Sept. nach Wien zurück. Am 10. wird der Kaiser dem Requiem für weiland die Kaiserin Elisabeth beiwohnen. Am 12. wird die Reise nach Lemberg angetreten. Am 16., nach Beendigung der Kavallerte- manöver in Galizien, wird der Kaiser nach Wien zurückkehren und am 18. hier ankommen, um den Kaiser Wilhelm zu begrüßen.
Budapest, 28. August. Infolge einer um Mitternacht ausgebrochenen Feuersbrunst auf dem Südbahnhofe brannte der Dachstuhl der Haupthalle, das Restaurationslokal und die Wartsäle 1. und 2. Klasse nieder. 3 Feuerwehrleute wurden schwer verletzt.
Rom, 28. August. Der „Messagero" veröffentlicht in einer Extraausgabe folgende Einzelheiten über das Eisenbahnunglück zwischen Pasian Schiavonesco und Codroipo: Der Zusammenstoß fand gestern abend 10 Uhr zwischen den Zügen 2465 und 2468 statt. Der Zug 2465 kam von Udine und war völlig mit Soldaten besetzt. Bei Beano sah der Lokomotivführer den andern Zug mit Volldampf cntgegenkommen und gab sofort Gegendampf. Der Zusammenstoß konnte jedoch nicht mehr verhindert werden und war furchtbar. Die Wagen beider Züge stürzten übereinander und wurden zertrümmert. Die Dunkelheit machte den Vorgang noch schrecklicher, steigerte die Verwirrung und verzögerte die Hilfeleistung. Erst nach 10 Minuten gingen Meldungen nach Codroipo und Pasian Schiavonesco mit der Bitte um Hilfeleistung ab. In Erwartung der Hilfszüge versuchte man die Verwundeten aus den Trümmern zu befreien, was wegen der Dunkelheit mit großen Schwierigkeiten verbunden war. Nach dem Eintreffen der Hilfszüge wurden die Rettungsarbeiten erfolgreich fortgesetzt. Bis heute mittag sind 15 Tote und 6V Ver
wundete geborgen worden. Die letzteren, von denen 12 lebensgefährlich verletzt sind, wurden nach Udine gebracht. Man glaubt, daß das Unglück dadurch veranlaßt wurde, daß der Militärzug 2465 mit Verspätung von Udine abging und um diese Verspätung einzuholen, mit großer Geschwindigkeit fuhr und so mit dem Güterzug 2468 zusammentraf, der, von der anderen Seite kommend, die Strecke für frei hielt.
Paris, 28. August. Als gestern Mittag auf derMetropolitanbahn einvon „Place de la Nation" kommender Zug auf der Station Hotel de ville eintraf, schlugen plötzlich aus dem Motorwagen Flammen. Es entstand eine Panik. Ein Teil der Reisenden sprang auf das Geleise. Hierbei wurden zwei Personen schwer verletzt. Eine junge Frau erlitt einen Schädelbruch, einem Manne wurde die linke Schulter auSgerenkt.
Paris, 28. August. Ein Einwohner von Croix bei Roubaix hat ein neues Gewehrmodell angefertigt, mit welchem in Paris vom 10. bis 15. September Versuche angestellt werden sollen. DaS neue Gewehr, eine Art Mitrailleuse, ermöglicht es, bei geringem Pulververbrauch 40 Schüsse in der Minute abzugeben.
Sofia, 28. August. Alle Ortschaften in der Nähe von Melkotinowo im Vilajet Adrianopel sind in den Händen der Insurgenten. Alle Wacht- häuser sind bis zur Meeresküste zerstört worden und die türkischen Wachtposten getötet oder vertrieben.
Belgrad, 28. August. Die hier eingetroffenen Nachrichten aus Jpek lauten äußerst alarmierend. Die Albanesen massakrieren die Christen auf offener Straße. Die Bazare in Jpek mußten gesperrt werden. Alle Blätter fordern die Regierung auf, etwas zum Schutze der serbischen Bevölkerung zu tun.
Standesamt ßakrv.
Geborene.
13. Aug. Anna Luise. Tochter des Jakob Friedrich Talmon, Heizers hier.
18. „ Frida Elisabethe, Tochter des Johann Heinrich
Heugle, Jacquardwebers hier.
24. „ Albert, Sohn des Jakob Weber, Lokomotiv
führers hier.
Gestorbene.
20. Aug. Erwin Bayer, Sohn des Gotthilf Bayer, Malers hier, 7 Wochen alt.
27. „ Luise Barbara Keck, Tochter des Göttlich
Keck, Fuhrmanns hier, 4 Monate alt.
28. „ Amalie Friedrike Weber, 3 Wochen alt.
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nun zaudre nicht länger, halte das Glück fest, damit es dir nicht noch einmal entwischt. Wer hätte ahnen können, daß alles so kommen würde! Wäre Jsa doch hier geblieben, ich wollte sie treu behüten, und wenn Kurt zurückkommt, dann würde Frohsinn und Freude wieder hier einkehren, und dauernd bei uns wohnen! Wo sollen wir nun das Mädchen sucken?"-
Sie reichte Fritz die Hand. Es war sehr spät geworden, als man sich trennte. * *
Mit jähem Ruck hielt der Zug. Jsa fuhr erschrocken aus dem Halbschlummer auf, der sie umfangen gehalten. Auf dem Bahnsteig wurde es lebendig, Schaffner liefen hin und her, öffneten geschäftig die Türen, eine bunte Menge drängte nach den Ausgängen. Mancher blieb stehen und blickte der jungen Dame nach, die mit ihrer vollgepaäten Reisetasche sich hastig Bahn zu brechen suchte. Forschend schaute sich Jsa um, ob sie nicht vielleicht einen der früheren Bekannten entdecken könne, denn chr bangte vor dem weiten Weg, den sie zurücklegen mußte, ehe sie die Woh- n ung des Vaters erreichte. Doch lauter fremde, gleichgiltige Gesichter erblickte sie. Niemand kümmerte sich um das junge, einsame Mädchen, das unentschlossen, was es beginnen sollte, am Ausgange des Bahnhofes stand und mit furchtsamen Augen die vorüberflutende Menge musterte.
Ein Herr im grauen Paletot trat auf Jsa zu. „Suchen Sie vielleicht — mich, mein Fräulein?"
Einige Vorübergehende lachten über den schlechten Witz. Jsa wandte sich ab, ohne etwas zu sagen. Sie war kaum zwanzig Schritte gegangen, als ein anderer sie anredets: „Mein schönes Fräulein, darf ich's wagen, Arm und Geleit Euch anzutragen?"
Jsa konnte ein leises Lächeln nicht unterdrücken, das machte den Fremden noch dreister; denn er legte es sich zu seinen Gunsten aus. Er blieb dicht an
ihrer Seite, aber sie sah ein, daß es unmöglich war, allein, ohne jeglichen Schutz zu so später Nachtstunde vorwärts zu kommen. Glücklicherweise erinnerte sie sich rechtzeitig, daß sie ja ausreichende Geldmittel besaß. Sie war so jung und unerfahren und vermochte sich nicht zu wehren gegen die Zudringlichkeiten dieser Menschen. Sie winkte eine Droschke heran und stieg rasch ein, nachdem sie dem Kutscher Straße und Hausnummer genannt. Etwas verblüfft starrte der Zurückbleibende dem davonrollenden Gefährt nach.
Jsa fühlte sich sehr müde nach all der Aufregung, welche ihr die letzten Stunden gebracht. Auch plagte sie jetzt der Hunger, sie hatte ja seit mittag nichts gegessen. Nun, der Vater würde schon für sie sorgen; sie war ja nun bald bei ihm. „Wie er sich wundern wird," dachte sie, „wenn ich plötzlich vor ihm stehe." O, er sollte an ihr eine zärtliche, liebevolle Tochter finden, die ihm balf, sein schweres Los zu tragen. Sie wollte ihn mit aller Liebe umgeben, er sollte ferner nicht mehr so einsam und verlassen dastehen, sie war ja sein Kind, um zu schaffen und zu arbeiten.
Wenn Jsa sich im Augenblick noch kein klares Bild machen konnte, welcher Art die Arbeit sein würde, die sie vollbringen wollte, so fand sie doch eine große Beruhigung in dem Gedanken, dem Vater auf die eine oder andere Weise nützen zu können. Das erste, was geschehen mußte, war, daß Graf Dornbusch sein Geld zurückbekam, daß der Vater sich völlig frei machte von diesem Menschen.
Die Droschke hielt vor dem hohen, stattlichen Hause, in dem Jsa mit dem Vater gewohnt hatte. Sie stieg aus, bezahlte den Kutscher und zog die Klingel, der Portier mochte wohl schon schlafen, denn sie mußte eine geraume Weile warten, ehe man ihr öffnete.
„Ist mein Papa zu Hause?" fragte sie den schläfrig dastehenden Alten, der sie mit den halbgeöffneten Augen blöde anstarrte. (Forts, folgt.)